Ulrich von Liechtenstein

Ist es nicht sehr viel einfacher die Pferde, ein paar Stunden auf einer Weide grasen zu lassen und die Besitzer in irgendeiner Weise zu entschädigen, anstatt ein Extra-Haferpferd mitzuschleifen? Und fütterst du als Züchter deine Pferde tatsächlich ausschließlich mit Hafer? Heu hingegen, das man sicher auch im Mittelalter unterwegs erwerben konnte, kommt nicht in den Trog?
Ich hatte das so verstanden, dass @Vestigator von Hafer spricht, weil das weil am nahrhaftesten in geringster Menge gefüttert werden muss. Wenn ich mich da an unsere Pferde erinnere: Die haben schon ne Menge Heu weggezogen. Und da wurde dann noch Kraftfutter in sehr viel geringerer Menge zugefüttert.

Das entkräftet allerdings nicht dein Argument, statt mitzuführen könne man unterwegs besorgen. Ob Hafer oder Heu dürfte da vom Angebot abhängen und wohl vom Preis.

Grasen kostet aber auch viel Zeit. Und ob man Vorräte braucht, hängt wohl von der Gegend ab, in der man unterwegs ist.
 
Klar füttere ich auch Heu und lasse grasen.
Pferd ist aber nicht Pferd. Ein Turnierpferd bzw. ein Streitroß sind wohl mit einem heutigen Turnierpferd vergleichbar, also quasi ein Hochleistungsgerät. Solche Pferde kannst Du nicht wirklich nur mit Heu/Gras füttern, die brauchen Kraftfutter, um ihre Leistungen zu erbringen. Ein hochtrainierted Pferd baut bei Unterfütterung sehr schnell ab. Drei, vier Tage zu wenig/kein Kraftfutter, und zwei bis drei Monate Training sind Minimum weg. Von Hafer bin ich in meiner Rechnung ausgegangen, weil Hafer das gängigste, am Besten verfügbare Kraftfutter mit dem besten "Leistungsgewicht" ist, das im 13.Jhdt für Pferde state of the Art war. Heute gibt es klarerweise andere Futtermittel. Der von mir angenommene Haferverbrauch ist ein Durchschnittswert. Wollte man ein Hochleistungssportpferd rein nur mit Hafer (und Heu) füttern, müsste man für ein ca. 4-500kg Pferd, daß im Training steht, mit ca. 6-12kg Hafer/Tag rechnen, ein Turnierpferd/Streitroß bewegte sich wohl auch in dieser Größenordnung.

Futter "unterwegs" zu "erwerben" war wohl nicht so einfach. Woher/von wem? Die Landbevölkerung hatte kaum etwas zu verkaufen. Warum? Weil die Menschen gerade genug oder so und so zu wenig für sich selbst hatten. Die konnten einfach kaum etwas entbehren.
Die Herrschaft hatte auch nicht wirklich Überfluß, sie lebte ja von dem mit, was die Bauern erwirtschafteten. Die Landwirtschaft war generell noch lange nicht gewinnorientiert, sondern nur auf die Grundbedürfnisse abgestimmt. Das erkennt man sehr gut, wenn man bedenkt, wie schnell EINE Mißernte zu katastrophalen Hungersnöten führte, oder wenn man sich den Warenumschlag in/für eine Stadt ansieht. Zur Versorgung einer Stadt wurden Lebensmittel sehr weit transportiert.
Wir dürfen uns nicht vorstellen, daß Herr X quasi von Burg zu Burg reiste und überall ein willkommener Gast war, der bewirtet wurde. Die Kapazitäten, 6-8 Personen mehr mitzuversorgen, gab es einfach nicht. Und zum Turnier in A-Dorf reist ja nicht nur Herr X mit Gefolge, sondern auch viele Andere.

Schauen wir uns mal die Bewegungen des Herzogs (Friedrich II von Babenberg) an. Sowohl Enikel als auch der Liechtensteiner schreiben ja von ihm. Entweder hält er sich auf eigenen Besitzungen auf, selten in Städten oder Klöstern, meistens aber in FELDLAGERN. Also selbst er kampiert. Und das, obwohl Herrensitze (ich lag den Begriff Burg nicht besonders) in der Nähe sind.

Bevor ich wieder einen Rüffel bekomme, diese Informationen sind bei:
Karl Lechner, Die Babenberger
Heide Dienst: Die Schlacht an der Leitha 1246
Josef Lampel: Das Local der Leithaschlacht (1246)
Adolf Ficker: Herzog Friedrich II, der letzte Babenberger
Ulrich von Liechtenstein: Frauendienst
et alii jederzeit überprüfbar und nachzulesen.

Mit besten Grüßen,

Vestigator
 
Hallo Vestigator, vielen herzlichen Dank für Ihre Beiträge! Das finde ich ausserordentlich interessant, über die Versorgung der Pferde hatte ich bis jetzt gar nicht so nachgedacht, ich glaube mich erinnern zu können, dass von Liechtenstein von einem Mann, der eine Art Schneider für Pferdeschmuck und/oder -geschirr war, erzählt, leider finde ich die Passage aber nicht mehr.

Zu dieser Stelle hier hätte ich eine Frage:

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Wir dürfen uns nicht vorstellen, daß Herr X quasi von Burg zu Burg reiste und überall ein willkommener Gast war, der bewirtet wurde. Die Kapazitäten, 6-8 Personen mehr mitzuversorgen, gab es einfach nicht. Und zum Turnier in A-Dorf reist ja nicht nur Herr X mit Gefolge, sondern auch viele Andere.

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Vestigator

Das kommt doch mit Sicherheit auch auf die Größe der Burg, auf die Größe des Landes, Anzahl der Untertanen und den daher kommenden Reichtum des Burgeigners etc. etc. an. Klar kann man nicht in eine Burg, mit dessen Eigentümer man verfeindet ist, aber im Falle wechselseiten Wohlwollens wird das doch wohl grundsätzlich bzw. gegen ein wie auch immer geartetes Entgelt möglich gewesen sein. Offengestanden dachte ich immer, die Burgen waren u. a. auch eine Art Hotels für Ritter bzw. Adelige, ist dem nicht so? Z. B. am Inn stand wohl damals im Abstand von teilweise wenigen Kilometern auf so ziemlich jeder geeigneten Anhöhe am Fluss eine Burg. Von denen ist heute teilweise nichts mehr übrig, aber es gibt teilweise Grundrisspläne und historische Abbildungen, aus denen hervorgeht, dass es sich um wirklich große, mehrstöckige Gebäude gehandelt haben muss. Der Inn war damals infrastrukturell wichtig, es fand ein großes Mass an Flussschiffahrt auf diesem Fluss statt und es gab auch gehobene Passagierschiffe, auf denen die Adligen zwischen den Flussstädten herumschipperten. Irgendwo hab ich in diesen Zusammenhängen mal gelesen, Flüsse wie der Inn waren infrastrukturell vergleichbar mit heutigen Autobahnen. Ich dachte, die Burgen hatten neben ihren Sicherheits- und Zollaufgaben auch eine Funktion als eine Art Autobahnrastätte. Natürlich nicht für die einfachen Innschiffer, aber eben für die reichen Adligen, die den Fluss als Reiseroute nutzen. Meinen Sie, da lieg ich grob falsch? Belegen kann ich Ihnen meine Vermutungen nicht.

Bei Ulrich v. Liechtenstein ist mir das nicht ganz klar, er schreibt immer von Tagesreisen. Ich habe das so verstanden, dass die Etappen seiner Turnierfahrt nur jeweils eine Tagesreise voneinander entfernt war, mag aber durchaus sein, dass das falsch verstanden habe. Bei einem der größeren Turniere schlagen sie ein Lager auf, das besteht aus mehreren Hütten und Zelten. Einmal glaube ich mich zu erinnern, dass sie in einem Gasthaus am Turnierort einquartiert sind.
 
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