Scorpio
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Woher wissen wir, dass es eine solche Chance nicht gab?
Es ist schlicht nie ernsthaft versucht worden.
Wenn man den Krieg aus der deutschen Perspektive betrachtet, war vom militärischen Standpunkt her mehr oder minder klar, dass man ab Ende 1941 wusste, dass man gescheitert war.
Aber wussten das auch die Sowjets? Ich denke, wenn man versucht sich in die Perspektive der sowjetischen Informationslage, Sicht und Probleme hinein zu versetzen, dann wird man finden, dass den Sowjets vermutlich erst Anfang-Mitte 1943 klar wird, dass aus ihrer Perspektive der Krieg mit noch einigermaßen hinnehmbaren Verlusten zu gewinnen sein würde.
Ich halte dagegen und behaupte, dass ich Chancen auf einen hypothetischen deutsch-sowjetischen Sonderfrieden bis mindestens Ende 1942 für absolut gegeben halte.
Im Westen wollte keiner mehr mit Hitler verhandeln, er hatte sich gründlich diskreditiert
Es war aber zumindest von sowjetischer Seite selbst noch 1943 eine gewisse Bereitschaft für Verhandlungen vorhanden. Die Sowjetunion band bei weitem die größte Zahl an deutschen Verbänden, und die Sowjetunion hatte auch die schlimmsten Verluste an Menschen und Material. 1943 landeten die Alliierten in Sizilien, eine 2. Front, die die Sowjetunion noch stärker und deutlicher entlastete, war aber noch nicht in Sicht.
Letztlich war das aber mit Hitler nicht zu machen, er dachte nur in Kategorien von Siegern und Besiegten, von Sieg oder Untergang. In seinem politischen Testament sagte er, er habe immer nur schlagen gekannt. Es war als Eigenlob gemeint, deckte aber die Mängel in Hitlers Weltbild charakteristisch auf. Die politischen Chancen, die sich für Deutschland ergaben sah er überhaupt nicht. Überhaupt war der ganze Krieg so unnötig wie nur etwas. Deutschland war die Hegemonialmacht auf dem Kontinent. Das Münchner Abkommen war ein enormer außenpolitischer Erfolg-Hitler aber hat das nicht gepasst, er hätte lieber Krieg gehabt.
1940 ergab sich die Chance einer Neuordnung Europas. Mit einem großzügigen Frieden wäre es möglich geworden, die Besiegten einzubinden in eine von Deutschland dominierte Friedensordnung. GB hätte dann kaum noch einen Grund und eine Rechtfertigung gehabt, weiterhin Krieg zu führen.
Dann wäre Hitler aber eben nicht Hitler gewesen. Die Kriegsplanung hatte er seiner eigenen Biographie untergeordnet, er wollte den Krieg lieber früher, als später völlig unabhängig davon dass die Wehrmacht noch im Aufbau und die deutsche Wirtschaft kaum vorbereitet war, auf einen langen und großen Krieg gegen mehrere Großmächte. Die Anti-Hitler-Koalition war ein Bündnis mit extrem unterschiedlichen Partnern. Es brach auseinander, als er endlich weg war- aber so lange hielt es. Versuche, dieses unnatürliche Bündnis zu sprengen, hat er nicht unternommen. Er hatte sich so gründlich diskreditiert, dass im Westen nach 1939 keiner mehr mit ihm verhandeln wollte. An der Ostfront gab es hypothetische Möglichkeiten selbst noch 1943. Prinzipiell gab es noch politische Möglichkeiten, als schon absehbar war, dass ein totaler militärischer Sieg über die SU illusorisch war.
Aber wie gesagt, mit Hitler war so etwas nicht zu machen, und es wäre Hitler auch nicht Hitler gewesen, wenn er seine monströsen rassistischen Vorstellungen rationalen Erwägungen untergeordnet hätte.