Rom und Mowgli vs. Rotkäppchen, die drei kleinen Schweinchen und die Sieben Geißlein

Gibt es denn Erfahrungen, die besagen, daß Einzelgänger vielleicht gefährlicher sind?

Fälle, dass Wölfe Menschen angreifen, waren und sind selten, und noch seltener sind Fälle, in denen Wölfe zu Maneaters wurden. Bei diesen seltenen Fällen ( Wolf von Ansbach, Wölfe vom Perigord, Wolf von Gysinge u. a.) handelte es sich meist tatsächlich um Einzelgänger oder einzelne Tiere.

Das ein gesamtes Rudel sich auf Menschenfleisch umstellt, ist ein sehr seltenes Phänomen. Im Zuge von Kriegen Seuchen kam es vor, dass Wölfe menschliche Kadaver verzehrten, dass sie wegen zum erliegen kommender Jagd sehr lästig und auch gefährlich werden konnten. Die Fälle, dass ein ganzes Rudel sich auf Menschen als Beute spezialisiert, beschränken sich auf wenige Einzelfälle in Extremsituationen und in Habitaten, wo tatsächlich der Mensch und seine Haustiere die einzige Beute geworden waren und zuvor schon Wölfe auf menschliche Kadaver zurückgreifen konnten und dadurch die Scheu vor dem Menschen verloren.
 
Beim Schmökern noch eine (historische) Wolfs-Episode recherchiert. Im 15. Jahrhundert wurde Paris von einer Wolfsplage heimgesucht. Die Stadt Paris erhoffte sich Abhilfe, indem sie Pesttote außerhalb der Stadtmauern den Wölfen zum Fraß vorwarf, in der Hoffnung, dass sich die Epidemie unter den Wölfen ausbreitet.

Man wusste nicht, dass Pesterreger anscheinend selten Wölfe befallen, die Praxis war keine gute Idee, da Wölfe sich so an den Verzehr von Menschenkadavern gewöhnten. Die Umgebung von Paris ließ sich gefahrlos nur noch in größeren, bewaffneten Konvois passieren, und es häuften sich Angriffe auf Haustiere und Menschen.

Es war sogar der Rudelführer namentlich bekannt, ein riesiger Alpharüde mit rötlichem Fell, der "Courtaud" _Stummelschwanz genannt wurde.

Paris war sozusagen eine Insel damals, von Mauern umgeben und zum großen Teil von der Seine. In der Stadt wurde Vieh gehalten, und Paris war schon damals auch der Bauch Frankreichs. Paris war Endstation zahlreicher Ochsentrecks, und es gab viele Schlachthöfe, wo natürlich reichlich Schlachtabfälle anfielen. Außerdem weidete außerhalb der Stadt reichlich Vieh. Für Wölfe war sozusagen die Dinnerglocke geläutet, einstweilen aber konnte man sich in der Stadt noch sicher fühlen, denn durch die Stadtmauern kamen Wölfe nicht durch. Jedenfalls bis Courtaud spitz hatte, dass es eine unterspülte Bresche an der Seine gab, durch die Wölfe in die Stadt gelangen konnten.

Courtaud und sein Rudel machte eine Gourmet-Tour durch Paris. Das Hors d´ouvres war eine Gruppe von etwa 30 Mönchen, danach ein paar Hunde, Schafen und Ziegen und mehrere Pariser Bürger.

Es dauerte eine ganze Weile, bis man das Leck bemerkte. Der Hauptmann der Stadtwache gab Befehl aus, dass keine Abfälle mehr außerhalb der Stadtmauern gekippt werden durften, und es wurden mehrere Tiere geschlachtet, und man ließ an einer Stelle ein Fallgitter bewusst leicht geöffnet, um das Rudel in die Stadt zu locken. Es dauerte mehrere Tage, bis sich die Wölfe in die Stadt begaben. Es wurde ein Platz abgeriegelt, wo man die Wölfe vernichten wollte. Die Stadtwachen schossen die Wölfe mit Bogen und Armbrüsten ab. Courtaud aber verschanzte sich hinter einem Brunnen. Man ließ kräftige Hunde auf die Wölfe los, sie wurden alle getötet. Schließlich wagte sich der Hauptmann der Stadtwache und seine Truppe auf den Platz, um Courtaud und die letzten überlebenden Wölfe mit Spießen zu töten. Dabei wurden zahlreiche Männer verwundet oder getötet, und Courtaud und der Hauptmann töteten sich gegenseitig.

Literatur Ernest Thompson Seton, Mainly about Wolves.
 
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@Scorpio der Wolfsstein bei Melsungen
 

Den kannte ich noch nicht, gleichwohl aus Nordhessen. Im Knüllgebirge konnte kürzlich ein wildlebender Luchs bestätigt werden. Vor ein paar Jahren büxte ein Wolf aus dem Wildpark Knüll bei Homberg/Efze aus und wurde einige Wochen später in Baden-Württemberg überfahren. An der Eder ist wieder ein Biber heimisch, und es wurden von Sportanglern mehrere Sichtungen am Mittellauf der Schwalm bestätigt. Zwei Fischotter (durch Wildkamera bestätigt) haben die Kois von meinem Nachbarn gefressen, und auch Kolkraben gibt es wieder im Schwalm-Eder Kreis. Es kehren Arten zurück, die man nicht mehr auf dem Schirm hatte. Löns schrieb um 1909, dass Wölfe wohl nie wieder in Friedenszeiten Deutschland besiedeln könnten. Hin und wieder gab es Wölfe als Wechselwild in Ostpreußen, seltener noch in den Vogesen.

Das Canis Lupus in Deutschland wieder heimisch wurde, verdankte er einer ungewöhnlichen Situation im Kalten Krieg. Über die Hintertür ist er wieder eingewandert, ohne sich um bürokratische Hürden zu scheuen-und jetzt ist er wieder da. Einige erklären Wölfe kategorisch für harmlos. Aussagen dass es in den letzten 150 Jahren keine Angriffe auf Menschen gab, stützten sich vor allem auf Literatur aus Nordamerika und gaben durchaus den aktuellen Forschungsstand wieder.

Aus Europa und Asien gibt es zahlreiche Berichte von Wolfsangriffen und Maneaters. Die kulturgeschichtliche Rezeption des Wolfs in Europa ist so unterschiedlich und heterogen wie ihr Gegenstand. 1. Als bewunderter Jäger und Totemtier, als Symbol für Aggressivität und Stärke, 2. Als Begleiter von Göttern, 3. Als Ungeheuer das den Weltenbrand auslöst, 4. Als Symbol des Antichristen, "reißende Wölfe", "Wölfe im Schafspelz" die die Gemeinde bedrohen. 5. Als Viehräuber und Jagdschädling, Ungeziefer, das von jedermann gejagt und getötet werden durfte. 6. Als trotzdem geschätzte Jagdbeute und Trophäe. 7. Als Sinnbild für die dissoziale, reißende Natur des Menschen vor irgendwelchen Gesellschaftsverträgen (vgl. Thomas Hobbes Homo homini lupus est. 8. Als Sinnbild und durchaus positiv bewertetes Modell des Sozialdarwinismus. Der Wolf tut das, wozu ihn die Evolution gemacht hat, und nur Gutmenschen und Humanitätsdusler bedauern, dass er das Kranke und Schwache ausmerzt. Wolf ja auch der Spitzname eines selbsternannten Schädlingsbekämpfers, Opern- und Hundefreundes. Schließlich das Wolfsbild Als politisch korrekter Beutegreifer und missverstandene Kreatur, artengeschützt und kategorisch harmlos-solange er nicht den freilaufenden Yorkshireterrier frisst.

Wölfe sind Raubtiere, hochentwickelte Beutegreifer, die in freier Wildbahn ausgewachsene Elche, Bisons und Wapitis (Elk) erlegen. Normalerweise greifen sie Menschen nicht an, gehen ihnen aus dem Weg. Es weidet Vieh nicht mehr im Wald, es wird nicht von Kindern und Jugendlichen gehütet, Epidemien sind selten geworden, jedenfalls werden nicht Leichen in der Wildnis entsorgt, es gibt ausreichend natürliche Beute für Wölfe, und die existierenden Rudel werden durchaus aufmerksam beobachtet. Es gibt Vergrämungsabschüsse mit schwach geladenem Pulver und Gummischrot, und es ist Möglich "Problem-Wölfe" abzuschießen.

Ich gehöre nicht zu den Wolfsliebhabern-Wenn ich aber auch "Horror-Geschichten" über Wölfe-sie sind wahr-gepostet habe, begrüße ich die Rückkehr der Wölfe. Der Mensch war nicht immer an der Spitze der Nahrungskette, und zuweilen zeigt sich auch heute noch, dass er ein Glied darin werden kann. Was er ist, dass ist er in der Auseinandersetzung mit großen Beutegreifern und charismatischem Großwild geworden. Wenn die völlig aus seinem Bewusstsein verschwinden, wenn man sie nur noch als Exponate aus Naturkundemuseen kennenlern oder Zoologischen Gärten, verarmt auch der Mensch kulturell.

Ich würde zu gerne mal einen Wolf in freier Wildbahn beobachten und mit einer Hasenklage, oder Kitzangstruf zum zustehen bringen und vors Objektiv locken.
 
@Scorpio ich war in Melsungen um Fachwerk, Bartenwetzerbrücke und die sogenannte "Schottenschanze" (Geschützstellung aus dem 7jähr. Krieg) anzuschauen. Die Schanze... sehenswert ist anders.. Auf der Karte ist es nicht weit zum Wolfsstein, ich dachte, das sei ein Felsen so a la Teufelskanzel und war dann vor Ort überrascht - und musste gleich an deine historischen Ausführungen zu Wölfen denken, denn der Stein ist ja quasi eine Illustration dazu.
 
Aussagen dass es in den letzten 150 Jahren keine Angriffe auf Menschen gab, stützten sich vor allem auf Literatur aus Nordamerika und gaben durchaus den aktuellen Forschungsstand wieder.

Aus Europa und Asien gibt es zahlreiche Berichte von Wolfsangriffen und Maneaters.
Wir sind vor ein paar Jahren zu Weihnachten beim Dorf meiner Schwiegermutter einem bis drei Wölfen im Wald begegnet. Wahrscheinlich war es nur einer, der drei Mal unseren Weg kreuzte (leider war er immer zu schnell weg, bevor ich ihn photographieren konnte), aber es könnten eben auch drei verschiedene Tiere gewesen sein.
Die erste Sichtung wollte ich zu meiner Frau sagen: "Guck mal da steht ein Reh.... äh nein, das ist ein Hund.... oh! Das ist ein Wolf."
Uns gegenüber aggressiv war das Tier nicht. Bei unserer ersten Begegnung schaute es uns an, bei der zweiten und dritten fitschte es nur kurz über den Weg.
Ich habe mich daraufhin beim zuständigen Forstamt gemeldet, dass wir einen (oder maximal drei) Wölfe gesehen hätten, ob man da nicht Sicherheitsmaßnahmen für Kinder, die im Wald spielten, ergreifen müsse, man signalisierte mir, das für Kinder keine Gefahr bestünde.
Der Wald war - obwohl Ende Dezember - so dicht, dass wir das Tier immer nur dann gesehen haben, wenn es auf dem Weg war.
Ich muss ganz ehrlich sagen: Wenn ich einem Rudel begegnen würde, wäre mir schon mulmig zumute.
 
Wir sind vor ein paar Jahren zu Weihnachten beim Dorf meiner Schwiegermutter einem bis drei Wölfen im Wald begegnet. Wahrscheinlich war es nur einer, der drei Mal unseren Weg kreuzte (leider war er immer zu schnell weg, bevor ich ihn photographieren konnte), aber es könnten eben auch drei verschiedene Tiere gewesen sein.
Die erste Sichtung wollte ich zu meiner Frau sagen: "Guck mal da steht ein Reh.... äh nein, das ist ein Hund.... oh! Das ist ein Wolf."
Uns gegenüber aggressiv war das Tier nicht. Bei unserer ersten Begegnung schaute es uns an, bei der zweiten und dritten fitschte es nur kurz über den Weg.
Ich habe mich daraufhin beim zuständigen Forstamt gemeldet, dass wir einen (oder maximal drei) Wölfe gesehen hätten, ob man da nicht Sicherheitsmaßnahmen für Kinder, die im Wald spielten, ergreifen müsse, man signalisierte mir, das für Kinder keine Gefahr bestünde.
Der Wald war - obwohl Ende Dezember - so dicht, dass wir das Tier immer nur dann gesehen haben, wenn es auf dem Weg war.
Ich muss ganz ehrlich sagen: Wenn ich einem Rudel begegnen würde, wäre mir schon mulmig zumute.

Wahrscheinlich handelte es sich um junge Tiere oder ein junges Tier , das erst noch seine Welt erkunden muss und sich noch nicht ganz sicher ist, was es mit dieser komischen Spezies Homo sapiens auf sich hat, die anders riecht, sich anders benimmt als alle anderen Tiere und rätselhafte Dinge tut.

Immer wieder hört man, dass "Tierfreunde" Wildtiere füttern. Sie tun weder den Tieren, noch ihren Mitmenschen damit einen Gefallen. Tiere können davon krank werden, und wenn ein Tier den Menschen als Futterquelle kennengelernt hat, endet es oft damit, dass ein Tier dann erschossen werden muss.

Ich muss gestehen, dass ich es bei potenziell gefährlichem Wild, Wildschweinen oder Wölfen, vorziehen würde, wenn ich bei Beobachtungen auf einer Kanzel oder einem Baum sitze.

Vor ein paar Jahren schoss der zuständige Jagdpächter beim letzten Büchsenlicht ein junges Wildschwein und überließ mir die Kanzel. Kurze Zeit später näherte sich ein Radfahrer der Rotte, und es waren Frischlinge darunter.
Ich rief dem Radfahrer eine Warnung zu. Entweder hat er mich nicht verstanden, oder er wusste nicht, was eine Bache ist.
Die alte Leitbache stieß ein Knurren aus, dass man hätte glauben können da lag ein Tiger im Unterholz. Die Bache unternahm einen Scheinangriff, und der Radfahrer warf sein Bike auf den Acker und flüchtete in heller Panik.

Die Rotte wagte sich nach Einbruch der Dunkelheit wieder an den Futterplatz, und ich hörte noch mehrmals in der Nacht wie die alte Leitbache die Kanzel umkreiste. Ich halte es nicht für undenkbar, dass sie attackiert hätte, wäre ich bei Nacht von der Kanzel geklettert.
 
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