Romanisch-germanische Sprachgrenzen im frühen Mittelalter

Diese Karte ist von 1978 und teilweise überholt, vermag aber einen ungefähren Eindruck zu vermitteln:
Vordeutsche nichtgermanische Gewässer-und Siedlungsnamen - Detailseite - LEO-BW

Ich habe hier mal ganz grob vier Zonen markiert:

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Grün (unterer Neckar / Nordschwarzwald bis Odenwald) - sehr schwache Siedlungskontinuität
Diese Region war in römischer Zeit am dichtesten besiedelt, wurde von der Bevölkerung jedoch bis auf geringe Reste verlassen. Hier sind noch punktuell einige wenige antik-römische Siedlungsnamen erhalten geblieben.

Rot: (Schwäbische Alb / Oberschwaben) - keine Siedlungskontinuität
Diese Region war in römischer Zeit mäßig dicht besiedelt, sie wurde von der Bevölkerung nahezu komplett verlassen. Hier sind so gut wie keine antik-römische Siedlungsnamen erhalten geblieben.

Blau: (Breisgau/Hochrhein) - partielle Siedlungskontinuität
Diese Region war in römischer Zeit relativ dicht besiedelt, es setzte aber bald eine ebenfalls dichte alemannische Besiedlung ein. Die romanische Bevölkerung wurde entweder assimiliert oder zog sich in die abgelegeneren Schwarzwaldtäler zurück. Hier sind die relativ meisten antik-römischen Siedlungsnamen erhalten.

Gelb: (Mittlerer Schwarzwald) - keine Siedlungskontinuität
Diese Region war in römischer Zeit nahezu unbesiedelt. Erst nach dem Vordringen der Alemannen entstand hier ein romanisches Rückzugsgebiet ("Schwarzwaldromania"). Es gibt keine antik-römischen, jedoch frühmittelalterlich-romanische Siedlungsnamen.
 
Hast du die Karte in einer besseren Auflösung, so dass du die Legende ausschneiden und extra präsentieren kannst?
 
Wie ich bereits bemerkt hatte, ist die Karte von 1978 und entspricht nicht mehr in allen Punkten dem heutigen Forschungsstand.
Ein paar Anmerkungen zu einzelnen Ortsnamen:

Ulm: "Dem Ortsnamen liegt ein mehrfach bezeugter Gewässername zu Grunde." (Manfred Niemeyer, Deutsches Ortsnamenbuch, Berlin/Boston 2012)

Sülchen wurde von Lutz Reichardt noch im Ortsnamenbuch des Kreises Tübingen (Stuttgart 1984) von Solicinum abgeleitet. Diese Ableitung hat Reichardt später zugunsten einer Herleitung von germanischen Sprachwurzeln aufgegeben.
Frühere Ableitungsversuche von Sumelocenna sind schon länger ad acta gelegt. Dazu hatte ich bereits verlinkt: Siehe: Franz Quarthal, Der heilige Meinrad und der Sülchgau
https://elib.uni-stuttgart.de/bitstream/11682/5853/1/Uni_63.pdf

Von Füssen war in diesem Thread schon die Rede: Romanisch-germanische Sprachgrenzen im frühen Mittelalter

Zu beachten ist der Hinweis unter der Liste der Ortsnamen: "Überwiegend keltischen, vereinzelt auch vorrömischen Urspungs sind folgende Namen, unter denen ein hoher Prozentsatz möglicher Gewässernamen auffällt"

Im gesamten württembergischen Landesteil bleiben dann folgende sechs Ortsnamen:
keltisch/vorrömisch: Brag, Brie, Cannstatt, Wimpfen
keltisch (gallisch): -
keltoromanisch: Lorch
lateinisch: Welzheim
 
"Überwiegend keltischen, vereinzelt auch vorrömischen Urspungs
Das ergibt für mich wenig Sinn. Da keltisch in der Region eine Teilmenge von vorrömisch ausmacht, müsste man das nichtkeltische vorrömisch irgendwie definieren, etwa so: Überwiegend keltischen, vereinzelt auch anderen vorrömischen Urspungs...
 
Das ergibt für mich wenig Sinn. Da keltisch in der Region eine Teilmenge von vorrömisch ausmacht, müsste man das nichtkeltische vorrömisch irgendwie definieren, etwa so: Überwiegend keltischen, vereinzelt auch anderen vorrömischen Urspungs...

Über diese Formulierung bin ich auch gestolpert. Hier sind jedenfalls Namen gesammelt, die nicht eindeutig als gallische oder römische Siedlungsnamen bestimmt werden können, darunter auch solche, bei denen eine römische Deutungsmöglichkeit in Frage käme.
 
Ich habe hier mal ganz grob vier Zonen markiert:

Anhang anzeigen 20067
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Rot: (Schwäbische Alb / Oberschwaben) - keine Siedlungskontinuität
Diese Region war in römischer Zeit mäßig dicht besiedelt, sie wurde von der Bevölkerung nahezu komplett verlassen. Hier sind so gut wie keine antik-römische Siedlungsnamen erhalten geblieben.
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dazu kurz der Verweis auf #340 und die wohl belegte Weiterführung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung durch die germanischen Einwanderer
 
Ich habe hier mal ganz grob vier Zonen markiert:

Anhang anzeigen 20067

Grün (unterer Neckar / Nordschwarzwald bis Odenwald) - sehr schwache Siedlungskontinuität
Diese Region war in römischer Zeit am dichtesten besiedelt, wurde von der Bevölkerung jedoch bis auf geringe Reste verlassen. Hier sind noch punktuell einige wenige antik-römische Siedlungsnamen erhalten geblieben.

Rot: (Schwäbische Alb / Oberschwaben) - keine Siedlungskontinuität
Diese Region war in römischer Zeit mäßig dicht besiedelt, sie wurde von der Bevölkerung nahezu komplett verlassen. Hier sind so gut wie keine antik-römische Siedlungsnamen erhalten geblieben.

Blau: (Breisgau/Hochrhein) - partielle Siedlungskontinuität
Diese Region war in römischer Zeit relativ dicht besiedelt, es setzte aber bald eine ebenfalls dichte alemannische Besiedlung ein. Die romanische Bevölkerung wurde entweder assimiliert oder zog sich in die abgelegeneren Schwarzwaldtäler zurück. Hier sind die relativ meisten antik-römischen Siedlungsnamen erhalten.

Gelb: (Mittlerer Schwarzwald) - keine Siedlungskontinuität
Diese Region war in römischer Zeit nahezu unbesiedelt. Erst nach dem Vordringen der Alemannen entstand hier ein romanisches Rückzugsgebiet ("Schwarzwaldromania"). Es gibt keine antik-römischen, jedoch frühmittelalterlich-romanische Siedlungsnamen.

Ist natürlich auch eine steile These die Siedlungsdichte anhanf von Ortsnamen römischen Ursprungs fest zu machen. So weit ich weiß, waren die Erfolgsstratiege der Römer eben nicht alles zu "romanisieren" sonder stets die lokale Kultur zu respektieren. Judää wurde z.B. erst alles in römische Namen umbenannt, nachdem die jüdische Bevölkerung eine Rebellion startete und anschließend Jerusalem zerstört wurde.

Deswegen wieso sollen in diesen Gebieten die hier als fast unbesiedelt gelten, wirklich keine keltisch/germanischen Sippschaften und Siedlungen vorhanden gewesen sein? Im Gegensatz zu den Römern waren die Germanen ja auch nicht der Schriftkunde mächtig und konnten deswegen ihre Geschichte nicht festhalten.
 
Ein alter Siedlungsname muss nicht zwingend römisch sein.
Nehmen wir Zürich. Der Ortsname ist ursprünglich keltisch, Toriakon (o.ä.), römisch Toriacum. Der Ortsname hat das Eindringen der Alamannen überlebt und die hochdeutsche Lautverschiebung mitgemacht, die Flektionsendung ist - wie üblich bei römischen Namen im deutschen Gebrauch - abgefallen, durch regressive i-Umlautung (das i der zweiten Silbe verschwindet, färbt aber den Vokal der ersten Silbe) wird aus o > ü und - ebenfalls typisch für die hochdeutsche Lautverschiebung - wird aus dem anlautenden [t] ein [ts] (<z>).
Wenn du nun in der fraglichen Region kaum römische oder vorrömische Ortsnamen nachweisen kannst, diese sich aber aus dem Alamannischen erklären, dann kann im Einzelfall mal eine Umbenennung stattgefunden haben so wie im von Sepiola bemühten Bsp. von Altendorf und Ratprehteswilare (Alt-Rappertswil dessen Namen zu Gunsten von Neu-Rappertswil aufgegeben wurde). Oder eben bei Argentorate - Straßburg.
Wenn es nicht zu einem kompletten Bevölkerungsaustausch kommt, behalten Orte normalerweise ihre Namen. Sie machen dann im Laufe der Geschichte Veränderung mit - wie etwa Zürich die hochdeutsche Lautverschiebung - oder eben auch nicht. Anhand des Mitmachens solcher Veränderungen kann man Dialektgrenzen ausmachen oder das Siedlungsalter in etwa ablesen. Je sprechender ein Name für uns heute ist, desto jünger - pseudoetymologische Umdeutungen des Namens vorbehalten - ist er in der Regel.
Wenn also die Ortsnamen durchweg jünger sind, sich nur aus dem Deutschen und nicht aus dem Romanischen oder vorrömischen Substrat erklären lassen, dann liegt die Vermutung einer Siedlungslücke nahe.

Da ich mich historisch in Spanien wesentlich besser auskenne als in Dtld. will ich das mal an Sevilla skizzieren.
Der vorrömische Name von Sevilla lautete Hispale. Daraus machten die Römer Hispalis. Seit dem ersten Jhdt. ist im Lateinischen das H verschwunden. Wir wissen das, weil jetzt Hyperkrrekturen einsetzen (also H wird geschrieben an Stellen, wo es etymologisch nicht hingehört) und weil ein römischer Dichter sich über einen anderen lustig macht, der exaltiert überall -h-s einbaut, die dort auch etymologisch nicht hingehören. Aus Hispale/Hispalis wird also Ispale/Ispalis. In den iberoromanischen Sprachen gibt es eine Tendenz dazu <-s-> nicht [-s-] sondern [-ś-] auszusprechen. Im 8. Jhdt. fällt das mittlerweile erst byzantinisch, dann visigothisch gewesene Sevilla (was aber wegen weiterhin lateinischer Sprache nicht wesentlich verändert worden sein dürfte) an die Araber. Die Araber haben nun also nicht "Ispale" gehört, sondern "Iśpale", mit dem Laut [-ś-] konnten sie nicht viel anfangen, also haben sie ihn mit <-š-> statt mit <-s-> wiedergegeben, das entspricht unserem Trigraphen -sch-, also [⁠-ʃ-⁠]. Außerdem kennen die Araber das [-p-] nicht, also wurde aus "Ispale" bzw. "Iśpale" Išbīlīya, dieses arabisierte Išbīlīya finden wir dann in mittellateinischen Quellen als Sibille wieder und heute ist es Sevilla. Die Spanier mögen Wortanfänge Vokal-Konsonant-Konsonant nicht, daher der Lautwechsel von Iš > Se.

Hispale > Iśpale > Išbīlīya > Sevilla

Der Name von Sevilla ist im Kern immer noch derselbe, wie vor der römischen Eroberung. Wir haben hier aber Lautwechsel im Laufe der Geschichte, die über das Lateinische, über das Hispanolateinische, über das Arabische und über das Spanische zu erklären sind.
 
OT:
also wurde aus "Ispale" bzw. "Iśpale" Išbīlīya, dieses arabisierte Išbīlīya finden wir dann in mittellateinischen Quellen als Sibille wieder und heute ist es Sevilla. Die Spanier mögen Wortanfänge Vokal-Konsonant-Konsonant nicht, daher der Lautwechsel von Iš > Se.
Irgendein Teufel muss mich hier geritten haben, denn die Erklärung für die Metathese von Iš > Se ist nicht ganz stimmig, wenn man bedenkt, dass der spanische Landesname España lautet und überhaupt alle lateinischen Wortanfänge mit s- + stimmlosen Plosiv (p/t/k) im Spanischen mit einem e- versehen wurden:

España
Escipion (Cornelius Scipio/Scipio Africanus)
escándalo (Skandal)
espada (Schwert < spatha)
estaño (Zinn < stannum)
esdrújula (aus dem Italienischen sdrucciolo, hier sogar mit stimmhaften Plosiv!)

Da muss ich drüber nachdenken, entweder sind die Kombinationen s + Plosive eine Ausnahme der Regel oder ich habe etwas falsch erinnert und wiedergegeben.
 
OT:

Irgendein Teufel muss mich hier geritten haben, denn die Erklärung für die Metathese von Iš > Se ist nicht ganz stimmig, wenn man bedenkt, dass der spanische Landesname España lautet und überhaupt alle lateinischen Wortanfänge mit s- + stimmlosen Plosiv (p/t/k) im Spanischen mit einem e- versehen wurden:

España
Escipion (Cornelius Scipio/Scipio Africanus)
escándalo (Skandal)
espada (Schwert < spatha)
estaño (Zinn < stannum)
esdrújula (aus dem Italienischen sdrucciolo, hier sogar mit stimmhaften Plosiv!)

Da muss ich drüber nachdenken, entweder sind die Kombinationen s + Plosive eine Ausnahme der Regel oder ich habe etwas falsch erinnert und wiedergegeben.

Die spanische Wiki hat folgende Literaturhinweise:

Lapesa, Rafael (1981). Historia de la lengua española. Rba Publicaciones. ISBN 8424900723., p. 140.
Sevilla - Wikipedia, la enciclopedia libre

José Antonio Correa Rodríguez (2000). «El topónimo hispal(is)». Philologia hispalensis 14 (1): 181-190. ISSN 1132-0265.

Historia de Sevilla - Wikipedia, la enciclopedia libre
 
Die Problematik ist ja nicht die Entwicklung des Toponyms, sondern meine fehlerhafte Angabe für die Metathese (Iš > Se)
 
Dann will ich von der iberischen Halbinsel wieder zur Sprachgrenze in Mitteleuropa zurückkehren: ich habe vor Jahren in einem Museum in Belgien gelesen, dass die heutige Sprachgrenze zwischen Flämisch und Wallonisch darauf zurückzuführen sei, dass dort eine befestigte Militärstraße sich befand, die gleichsam als Sperre gegen die germanischen Eindringlinge wirkte, so dass entlang dieser Linie sich die Sprachgrenze sich bildete.

Leider habe ich bei Internetrecherchen weder auf Deutsch noch auf Französisch dazu weitere Informationen gefunden, ob das so zutraf.
 
Dann will ich von der iberischen Halbinsel wieder zur Sprachgrenze in Mitteleuropa zurückkehren: ich habe vor Jahren in einem Museum in Belgien gelesen, dass die heutige Sprachgrenze zwischen Flämisch und Wallonisch darauf zurückzuführen sei, dass dort eine befestigte Militärstraße sich befand, die gleichsam als Sperre gegen die germanischen Eindringlinge wirkte, so dass entlang dieser Linie sich die Sprachgrenze sich bildete.

Ich halte das für Unsinn. Eine Sperre gegen germanische Eindringlinge bestand bis ins 3. Jahrhundert am Rhein und am Limes, danach gab es immer wieder germanische Plünderungszüge bis weit in gallisches Gebiet; dadurch entstanden aber keine Siedlungsgrenzen, schon gar nicht entlang einer "Militärstraße". Die Sprachgrenze bildete sich erst allmählich aus: In Köln, Mainz und Trier wurde bis in merowingische Zeit noch Latein/Romanisch gesprochen, im Moseltal sogar noch im Hochmittelalter.
 
Die Sprachgrenze bildete sich erst allmählich aus: In Köln, Mainz und Trier wurde bis in merowingische Zeit noch Latein/Romanisch gesprochen, im Moseltal sogar noch im Hochmittelalter.

Im Moseltal war das das sog. Moselromanische Sprache – Wikipedia . Ich wollte gerade noch fragen, wie eigentlich die Belege für das Romanische im frühen MA von Köln bis Mainz aussehen, aber da habe ich schon diesen Post von Sepiola gefunden:


Im Süden der ehemaligen Germania inferior (Köln/Bonn) erfolgte die Germanisierung erst viel später:
Christoph Bernhard Rüger ("Lateinische Schriftlichkeit im römischen Grenzgebiet gegen die Germanen")
 
Es geht um eine etwas andere Gegend und eine etwas andere Zeit.

Bekanntlich wurde den salischen Franken zwei oder dreimal ein erweitertes Siedlungsgebiet bestätigt. Für solche Abgrenzungen sollen diese Straßen eine Rolle gespielt haben. Aber so überzeugend fand ich das auch nicht.

Im Prinzip ist die Sprachgrenze zur Zeit des Chlodio erreicht, wenn wir den Karten bei Nonn folgen. Und die späteren Merowinger erweitern ihre Herrschaft dann nicht nur über galloromanisch besiedeltes Gebiet, sondern auch als römische Amtsträger.

Es wäre seltsam zwei nur zufällig ähnlich verlaufende Grenzen zu haben, auch wenn der genaue Zusammenhang - Verwaltungsorganisation? Eine andere Zusammensetzung der Bevölkerung?* - zunächst offen bleibt. Es ist ja mittlerweile (beginnend schon vor über 100 Jahren) auch bei anderen Sprachgrenzen die Bedeutung von Herrschaftsgrenzen für die diese Grenzen anerkannt.

Das ist aber natürlich trotz allem erst einmal nur eine zu überprüfende Ähnlichkeit.

*Zumindest ein Teil des zuvor fränkisch gewordenen Gebiets gilt als zuvor siedlungsleer.
 
Der Folgende Beitrag über den Zusammenhang von Straßen und Dialekten ist rein hypothetisch und beansprucht keinerlei Faktizität, es handelt sich um eine Art Arbeitshypothese. Natürlich bilden Straßen keine Grenzen (Ausnahme: moderne Verwaltungsgrenzen, die tw. an Straßenverläufen definiert werden, wo dann auch der Mietspiegel teilweise von Straßenseite zu Straßenseite erheblich variiert, weil z.B. die Westseite der Straße zu Beverly Hills gehört und die Ostseite zu West Hollywood; dort wo mittelalterliche Stadtbefestigungen niedergerissen wurden und sich Stadtteile der Alt- und Neustadt durch die ehemaligen Stadtmauern, nun Straßenverläufe voneinander abgrenzen). Aber Straßen sind die Infrastruktur, die bei - im Prinzip reden wir ja über die linguistischen Folgen der VWZ - Wanderungsbewegungen genutzt werden. Wenn also eine linguistisch definierte Gruppe in ein Gebiet einsickert, dann lässt sie sich links und rechts der Straße nieder. Die Straße ist somit nicht die Grenze eines Dialektgebiets, aber vielleicht definiert sie den Raum, in dem sich die linguistischen Neuzuwanderer niederlassen. Die Frage ist dann, ob die alteingesessene Bevölkerung die Sprache der Neuzuwanderer übernimmt oder die Neuzuwanderer die Sprache der alteingesessenen Bevölkerung, wie lange eine Diglossie-Situation bestehen bleibt und welches Substrat die alteingesessene Sprache in der Sprache der Neuzuwanderer hinterlässt bzw. welches Superstrat die Sprache der Neuzwanderer in der Sprache der Alteingesessenen hinterlässt.

Jedes Sub- oder Superstrat ist zur Zeit der Diglossie ein Adstrat. Substrata sind die Überreste einer (dann auch sprachlich) unterlegenen Bevölkerung in der Sprache der Neuzuwanderer, die sich am Ende durchsetzt. Also Beispielsweise das gallische im Französischen oder das iberische im Spanischen und Katalanischen als aus dem jeweiliugen lateinischen Dialekt entwickelte Idiome. Superstrata sind die Überbeleibsel der Sprache der (meist militärisch erfolgreichen) Neuzuwanderer in der Sprache der (meist militärisch) Unterlegenen, die sich aber am Ende durchsetzt (germanische Elemente im Italienischen, Französischen, Iberoromanischen...)
 
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