Serie: Becoming Elizabeth

Timestheus

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https://de.wikipedia.org/wiki/Becoming_Elizabeth

Eigentlich wollte ich diese Serie empfehlen - bin mir aber etwas unsicher, da ich nun (nachdem ich mir die erste Staffel gekauft habe) erfahren musste, dass bereits nach Staffel 1 Schluss ist. Was wirklich - aus meiner Sicht - sehr schade ist.

Zu der Ausstattung kann ich wenig sagen, da dies nicht mein Schwerpunkt ist, wo ich wirklich bescheid wüsste. Die Ausstattung an sich macht aber auf mich einen recht historischen Eindruck. Auch sonst was das alltägliche Leben angeht - scheint mir alles sehr historisch realistisch dargestellt.

Was ich sehr wohltuend fand ist die Story an sich, die sich sehr eng an die historischen Geschehnisse hält, bis hin sogar zum manchen Details, wo ich während der Serie damit gar nicht gerechnet hatte und positiv überrascht war. Die Serie zeigt die Jugendjahre der jungen Elizabeth mit Eduard dem VI auf dem Thron als Kindkönig. Die Story setzt beim Tod des alten König Henry ein.

Der Kindkönig wird vom neuen Lord Protector in Beschlag genommen - die junge Prinzessin Elisabeth kommt in den Haushalt von Catherine Parr und ihrem Liebhaber und späteren Mann Thomas Seymour (und Bruder des Lord Protector Eduard Seymour).

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Es kommt so ziemlich alles vor, was man detailliert in den Geschichtsbüchern nachlesen kann. es wird sogar auf jede Kleinigkeit eingegangen. Wie Thomas Seymour der jungen Elizabeth nachstellte im Hause Parr - dabei fanden so Details wie das "spielende kitzeln" ebenso Einzug in die Serie, wie Thomas auch im Gemach der jungen Prinzessin mit "nackten Beinen" erschien. Ebenso wie Details des Todes von Catherine Parr an Kindbettfieber und die Anspielung, ob es wirklich dies war. Oder als Eduard Seymour die Unterschrift über das Todesurteil seines Bruders mit so zittriger Schrift setzen musste - dass man die Unterschrift kaum erkennen konnte. Oder die spätere Hinrichtung des Eduard Seymour mit einer Störung durch einen Reiter.

Die Script Schreiber haben sehr viele damalige Details in die Serie mit einbezogen und verarbeitet. Wer die Details kennt - wird immer wieder aufs Neue überrascht.

Natürlich sind dennoch ein paar kleinere fiktive Dinge dabei. So ist der "störende Reiter" während der Hinrichtung nicht eine allgemeine Störung durch das "Publikum" - sondern in der Serie ein Freund der verspätet zur Hinrichtung kommt - aber man sieht daran gut, man kann historisches gut mit fiktivem verbinden ohne das es unlogisch wird.


Aber anscheinend - mehr Fantasy a la "Barbaren" kommt beim Publikum besser an. Bei "Becoming Elizabeth" bekommen wahrscheinlich nur "wir" Geschichtsinteressierte feuchte Hände. Das Publikum das einfach nur eine weitere spannende "Tudor Serie" erwartet sind das Details, welche nicht verstanden werden oder die echte Geschichte ist zu langweilig. Lange Rede, kurzer Sinn, die Serie wurde nun nach Staffel 1 abgesetzt. Das ist sehr schade.

Neben der guten Nähe zu den historischen Ereignissen - war aus meiner Sicht die Serie auch wirklich gut besetzt. Die zwei Seymours wussten ebenso zu überzeugen, wie die leicht "nervöse" spätere Bloody Mary, der junge Eduard VI, Lady Parr und auch Elizabeth wusste wirklich zu überzeugen.

Aber wahrscheinlich zu wenig Intrigen, zu wenig Blut, zu wenig rollende Köpfe, zu wenig Kleider Karneval... wahr wohl zu historisch.

Ob man jetzt die rund 16 Euro für die erste Staffel ausgeben sollte - wohl wissend, dass es keine Fortsetzung mehr geben wird. Wer das Leben von Elizabeth vom Regierungsantritt des Eduard bis zu seinem Tode anschauen mag - kann man das Geld ausgeben. Aber nochmals - es schmerzt - denn die Staffel hatte gerade mit dem drohenden Konflikt zwischen Marry und Elizabeth fahrt aufgenommen.
 
Bemerkenswert fand ich, wie man aus Pedro de Negro einen Subsahara-Afrikaner gemacht hat; da regt sich wieder einmal das Gespenst der erzwungenen Diversität in historischen Stoffen. Zwar gibt es tatsächlich Stimmen, die vermuten, dass dieser Mann aus Afrika stammte, aber die meisten Quellen legen nahe, dass er Italiener war und allenfalls einen dunklen Teint hatte.
 
Das neue Mittelalter kommt. Die Wissenschaft wird gerade aufgegeben.
Ach,warumdenn so pessimistisch? Ich habe eher den Eindrtuck, dass die Kritik zugenommen hat, denn das Bemühen um Diversität ist schon alt. Wann ist denn zum Beispiel Robin Hood - König der Diebe rausgekommen? Gibt es in den letzten 20 Jahren nicht sogar eher einen Trend hin zu mehr Historizität?

Die Frage sollte also eher sein, warum regen sich die Leute so darüber auf (im Vergleich zu früher)? Weil die Diskussion angeheizt wird, nicht zletzt in den sozialen Medien.

Hier im Forum werden historische Stoffe oft an der Historizität gemessen. Das kann ich nachvollziehen, da sich hier ja eine Teilmenge der Gesellschaft, die Geschichstinteressierten, sammelt. Aber ich glaube nicht, dass das das Ziel von Kreativen in der Filmbranche ist. Unterhaltung steht im Vordergrund und nicht unbedingt die Vermittlung historischer Fakten. Es ist also gar nicht die Absicht eine historisch akkurate Serie zu drehen, sondern eine unterhaltsame Serie, die auf historischen Fakten (mehr oder weniger lose) basiert. Das ist ja auch ganz in Ordnung. Ich persönliche schätze Fantasie und Kreativität sehr hoch.

Möglicherweise geht es auch nicht anders. Denn um eine Geschichte zu erzählen , muss man die Lücken in der Geschichtsschreibung schließen. Es ist also fast immer unmöglich, Hinzugedichtetes von bezeugten Fakten zu unterscheiden. Bei Dokus wäre ich daher auch wesentlich kritischer, da dort der Bildungsauftrag im Vordergrund stehen sollte.


war gibt es tatsächlich Stimmen, die vermuten, dass dieser Mann aus Afrika stammte,
Also ist die Besetzung nicht völlig ohne Grundlage. Das ist eben die Freiheit einses Kreativen gegenüber einem Wissenschaftler, er kann sich auf die Ausnahme stürzen und von ihr inspirieren lassen. Ehrlichgesagt, genauso arbeite ich auch, wenn ich schreibe. Ein Detail weckt mein Interesse und ich spinne es weiter. Der Fakt ist nunmehr nur noch Aufhänger für eine Geschichte.

Was wirklich uralt ist, ist das Bemühen jedem Zuschauer eine Person zu bieten, mit der er sich identifizieren kann. Das war schon bei TKKG so: Der nerd, der Sprtler, der Träumer etc. Das leigt der Gedanke nahe, auch was die ethnische Herkunft betrifft, Zuschauer mit ins Boot zu holen. Ich kann das aus persönlicher Erfahrung nicht nachvollziehen, aber es muss schon ein komisches Gefühl sein, wenn die eigene Hautfarbe nie im Fernshen (fast) nie repräsentert wird. Gerade für Heranwachsende sind doch Idole und Figuren zur Identifizierung wichtig für die Persönlichkeitsbildung. Ich gönne den Leuten das jedenfalls, auch wenn es zum Teil sehr bemüht wirkt.

Also, aus der Perspektive eines Historikers oder Geschichstnerds kann ich Kritik versehen, aber von diverser Besetzung geht die Welt auch nicht unter. Vielleicht überwiegen ja sogar die Vorteile.
 
Ach,warumdenn so pessimistisch? Ich habe eher den Eindrtuck, dass die Kritik zugenommen hat, denn das Bemühen um Diversität ist schon alt. Wann ist denn zum Beispiel Robin Hood - König der Diebe rausgekommen? Gibt es in den letzten 20 Jahren nicht sogar eher einen Trend hin zu mehr Historizität?
Das kann man meiner Meinung nach nicht vergleichen. In den 80ern und vor allem den 90ern gab es den "Quotenschwarzen": In viele Filme und vor allem Fernsehserien wurde auf Biegen und Brechen ein schwarzer Charakter eingebaut. Das ist aber immer noch etwas anderes als wenn in einer Produktion ein historischer Charakter "umgefärbt" wird, also etwa Anne Boleyn plötzlich zur Afrikanerin wird. Das mag man als "Diversität" bemänteln, ist aber dennoch pure Geschichtsverfälschung. Und ja, natürlich ist eine Fernsehserie oder ein Film keine wissenschaftliche Arbeit, aber dennoch wird dem Publikum ganz bewusst ein falscher Eindruck vermittelt. Es spricht nichts gegen mehr Diversität, aber dafür kann man neue Stoffe entwickeln. In einer Anwalts- oder Zombieserie kann die Hauptfigur durchaus eine lesbische schwarze nonbinäre Transgender sein. Dafür muss man nicht historische Stoffe verfälschen.
 
Ich denke an etwas ganz anderes: Die Vergangenheit wird wie die Gegenwart betrachtet. Das ist mittelalterlich.

Was möglich ist, ist zudem egal. So etwas kann ja mal Stilmittel sein. Aber zur Kunst eines Autors und Regisseurs gehört es, sich in einem gegebenen System zu bewegen. Danach werden Werke der Vergangenheit beurteilt und das müssen sich auch Werke von heute gefallen lassen. Das gilt auch für Fantasy und SciFi. Es muss innerhalb der erdachten Welt funktionieren. Wenn das von einem Autor geändert werden muss, ist es ein schlechter Autor,

Jeder historische Roman muss von der Vergangenheit abweichen. Das geht nicht anders. Wie modern geschrieben werden kann, ohne die Vergangenheit zu ignorieren zeigen die Krimis von Ellis Peters. Ihre Figuren bleiben in der Rolle, In der Rolle, wie Peters sie sah, schließlich ändert sich der Blick auf die Vergangenheit. Dennoch thematisiert sie Ausgrenzung, Unfreiheit und die Rolle der Frau. Klar, der Großteil der Autoren hat die Zeit nicht studiert und z. B. Robert Fabbri ist ein Beispiel, wie es trotz Bemühungen des Autors von einer modernen Sicht der Vergangenheit abweichen kann.

Felix Dahn und Victor von Scheffel machen gleich zu Beginn klar, dass wir nicht wissen können, wie es war und daher "Fehler" im Werk sind. Fehler? Eher eine falsche Sicht der Dinge, denn was zum Bild gehört, passt ja und wo es mehrere Möglichkeiten gibt, muss entschieden werden. Aber bei beiden wird es eine fundierte Sicht. Wenn bei Scheffel die spätmittelalterliche Rüstung bei dem Ungarnüberfall in Szene gesetzt wird, ist das ein Stilmittel, dass zum Deus ex Machina passt. Der Großteil seines Poblikums wird das nicht verstanden haben. Der ironische Beginn ist denn auch deutlicher gestaltet. Dahn spielt auch damit: Gleich am Anfang haben verschiedene Ansichten zur Bekleidung ihren Auftritt.

Den neuen Rassismus lehne ich genauso ab wie den alten. Dazu habe ich schon woanders genug geschrieben.
 
Ach,warumdenn so pessimistisch? Ich habe eher den Eindrtuck, dass die Kritik zugenommen hat, denn das Bemühen um Diversität ist schon alt. Wann ist denn zum Beispiel Robin Hood - König der Diebe rausgekommen? Gibt es in den letzten 20 Jahren nicht sogar eher einen Trend hin zu mehr Historizität?
Falls du auf Azīm anspielst: dessen Dabeisein wird durchaus plausibel erzählt.

Hier im Forum werden historische Stoffe oft an der Historizität gemessen. Das kann ich nachvollziehen, da sich hier ja eine Teilmenge der Gesellschaft, die Geschichstinteressierten, sammelt. Aber ich glaube nicht, dass das das Ziel von Kreativen in der Filmbranche ist. Unterhaltung steht im Vordergrund und nicht unbedingt die Vermittlung historischer Fakten. Es ist also gar nicht die Absicht eine historisch akkurate Serie zu drehen, sondern eine unterhaltsame Serie, die auf historischen Fakten (mehr oder weniger lose) basiert. Das ist ja auch ganz in Ordnung. Ich persönliche schätze Fantasie und Kreativität sehr hoch.
Ja, aber....

Also du hast schon Recht, Fantasie und Kreativität sind toll. Aber häufig genug wundern wir uns doch darüber, dass die echte Geschichte an und für sich spannend genug ist, um einem Breitenpublikum erzählt zu werden und trotzdem bauen Drehbuchautoren und Regisseure irgendwelche unnötigen ahistorischen Plots ein, also beispielsweise, dass William Wallace die französische Schwiegertochter des Schottenhammers pimpert (und implizit als Vater Edwards III. dargestellt wird, wohingegen die historische Isabell zum Todeszeitpunkt des historischen Wallace gerade 9 Jahre alt war).

Natürlich muss man Dinge dazuerfinden, diese bilden den Kitt zwischen dem historisch Bezeugten in einem Roman oder einer Verfilmung, das würden die wenigsten bestreiten. Aber doch bitte nicht entgegen der historischen Überlieferung (sofern es an dieser nicht berechtigte Zweifel gibt).
 
Der 'Robin Hood'-Streifen von 1991 basiert auf einer Sage und enthält außerdem Elemente wie Hexerei. Vor diesem Hintergrund war mir das Casting von Morgan Freeman egal. Ähnlich sah ich die vielen weiblichen Charaktere in 'Vikings', die Serie konnte auf ihre literarische Vorlage mit zwei recht streitbaren Damen verweisen. Anders sieht es für mich aus, wenn ein Film realitätsgetreu zu sein behauptet.

Was mich an ahistorischem Casting oder ahistorischen Charakterisierungen stört (mal ganz abgesehen von der Vereinnahmung fremden Kulturguts durch die angloamerikanische Politik), ist vor allem, dass die Fürsprecher solcher Entscheidungen eines nicht begreifen: Sie führen ihr Ziel ad absurdum. Denn Anachronismen wie z.B. dunkelhäutige Mitglieder der mittelalterlichen Oberschicht oder offen gelebte Homosexualität verleugnen doch die wahren gesellschaftlichen Bedingungen zur dargestellten Zeit.

Im Namen der politischen Korrektheit wird eine Toleranz und Diversität vorgespiegelt, die es nicht gab.

Wie also unterscheiden sich solche "künstlerischen Freiheiten" z.B. von den zahlreichen Hollywood-Schmonzetten der 1980er und -90er über die amerikanische Geschichte bis zum Sezessionskrieg, die etwa die Sklaverei schlicht verschweigen oder gar die Stirn besitzen (bspw. in 'Der Patriot'), Sklavenhalter und sadistische Massenmörder zu Helden und Sympathieträgern zu machen? Ich finde das lächerlich.
 
Das sehe ich genauso.

Z. B. fiel mir in der jüngsten Verfilmung des Artus-Stoffes, nämlich Guy Ritchies „King Arthur: Legend of the Sword“, sofort negativ auf, dass im London des 5./6. Jhdts. Chinesen leben.
Allerdings basiert der Film auf einer Sage, und das obendrein nur sehr lose, enthielt diverse Anachronismen und pfiff auch sonst auf jegliche Authentizität etwa bei der Ausstattung. (Bemerkenswerte Ausnahme: Beim Stadtbild von London wurde berücksichtigt, dass damals diverse römische Bauten noch in einigermaßen gutem Zustand präsent gewesen sein müssen.) Unterm Strich war der Film nicht einmal eine ernstgemeinte Verfilmung der Artus-Sage, sondern einfach nur ein beliebiger Fantasy-Streifen. Da konnte ich über solche Freiheiten eher hinwegsehen.

Ein anderes Beispiel wäre „Last Knights – Die Ritter des 7. Ordens“ mit Clive Owen und Morgan Freeman. Der Film basierte zwar auf der wahren Geschichte der 47 Ronin, verlegte sie aber in eine Art europäisches Fantasy-Mittelalter ohne jede Authentizität. Da konnte ich dann auch über die Präsenz von Schwarzen sogar in Machtpositionen hinwegsehen.

Etwas anderes ist es, wenn ein Film sehr wohl vorgibt, reale historische Ereignisse darzustellen oder eine ernsthafte Werkverfilmung zu sein.
 
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