Bleivergiftung bei den Römern!

Da die Lebenserwartung im römischen Reich - und sicher bei Legionären - nicht höher als 30 Jahre lag, spielte eine Bleivergiftung wohl eine eher untergeordnete Rolle.
Wie kommst Du denn darauf? Das mag maximal auf die durchschnittliche Lebenserwartung zutreffen, wenn man also Personen, die als Babys und Kleinkinder gestorben sind, miteinrechnet. (Aber auch da kommen mir 30 Jahre extrem wenig vor. Heutzutage verfügen auch Dritte-Welt-Länder mit immer noch hoher Säuglings- und Kindersterblichkeit über eine höhere durchschnittliche Lebenserwartung.)

Wer aber die Kindheit überlebte und nicht im Kampf fiel, wurde schon älter.
Immerhin durfte man in der Republik erst mit 43 Konsul werden, was sinnlos gewesen wäre, wenn (fast) niemand dieses Alter erreicht hätte.
Bis ca. 40/42 galt man übrigens als „iuvenis“, d. h. als „junger Mann“, was auch sinnlos gewesen wäre, wäre kaum jemand überhaupt so alt geworden.
Es sind auch Römer und Römerinnen bekannt, die über 70, 80, ja sogar 90 oder 100 wurden.

Auch Legionäre hatten die Aussicht, älter als 30 zu werden. Immerhin gab es ab der späten Republik Programme zu ihrer Altersversorgung, die sich erübrigt hätten, wenn niemand das Ende seiner Dienstzeit erlebt hätte. Diese Programme existierten nicht nur in der Theorie, sondern es sind genügend Beispiele für Landzuweisungen an Veteranen überliefert.
 
Kleine Ergänzung: Die Römer mussten ihren Wein nicht panschen. Da zur Aufbewahrung von Wein Bleigefässe verwendet wurden, fand eine chemische Reaktion statt: Blei(II)-acetat bildet sich durch Reaktion von Blei(II)-oxid mit Essigsäure. Saurer Wein süßte sich sozusagen selbst, dank Blei. Praktisch, aber schädlich. Da die Lebenserwartung im römischen Reich - und sicher bei Legionären - nicht höher als 30 Jahre lag, spielte eine Bleivergiftung wohl eine eher untergeordnete Rolle.

Wein wurde doch nicht in Bleigefäßen gelagert . Wein wurde in Fässern, Amphoren oder Schläuchen aufbewahrt und gelagert. In Gallien existierte ein hochentwickeltes Küfersystem, das auch von den Römern kopiert wurde. In Köln hat sich der Grabstein eines Weinhändlers erhalten, und darauf sind Fässer abgebildet. Außerdem existierte auch eine hochentwickelte Glasindustrie.

Verkauft wurde Wein in Amphoren und Fässern. Für Eigenverbrauch wurde er auch vom Fass gezapft und in Krüge Keramikgefäße oder in Schläuche abgefüllt. Schläuche wurden mit Mastixharz abgedichtet.

Eine Lebenserwartung von 30 Jahren dürfte bereits in der Jungsteinzeit erreicht worden sein. Solche Zahlen resultieren daraus, das darin u. a. extrem hohe Kindersterblichkeit enthalten ist. Die war im 18. Jhd. sowohl in Palästen wie Hütten sehr hoch.

Im Imperium Romanum hatte ein Mensch, der die Kindheit überlebte durchaus gute Chancen, als Mann älter, als 60 zu werden. Augustus, der zeitlebens eine schlechte Gesundheit hatte, wurde am Ende fast 77 Jahre alt. Auch Tiberius wurde über 70. Das Amt des Quästors konnte man mit 30, das des Ädils mit 36, die Prätur mit 39 und das Konsulat mit 42 Jahren antreten. Einige erreichten auch in der Antike ein biblisch hohes Alter. Galba war um die 70, als er von den spanischen Legionen zum Kaiser ausgerufen wurde. Gordianus I. war sogar schon 80, als er 238 zum (Gegen)-Kaiser ausgerufen wurde.

Der Dienst in den Legionen oder Hilfstruppen dauerte 20-25 Jahre. Es gibt reichlich Zeugnisse von Veteranen, die nach ihrer Dienstzeit eine Familie gründeten und noch Jahre nach ihrem aktiven Dienst lebten und am öffentlichen Leben teilnahmen.
 
Nachgeschlagen:
Auszug zur weiteren Lebenserwartung nach Alter: (nach Grabsteinen, Papyri und der Lebensalter-Tabelle Ulpians)

Geburt: 21,11 (Sterbequote im ersten Jahr: 46,69%)
10: 34,5 (Sterbequote in dem Alter: 0,99%)
20: 28,41 (1,72%)
30: 23,13 (2,23%)
40: 18,05 (3,06%)
50: 13,33 (4,73%)
60: 9,14 (7,84%)

(Jahr plus weitere Lebenserwartung ergeben die Lebenserwartung in dem jeweiligen Alter.)

Statistisch wird von einer häufigen Rundung des Alters auf 5 aufgrund von Schätzung des Alters ausgegangen, weshalb die Tabelle 5-Jahres-Schritte angibt. Zudem wird vermutet, dass die Kindersterblichkeit mangels Erfassung höher lag.

(Tabelle in Karl-Wilhelm Weeber, Alltag im Alten Rom, Düsseldorf, Zürich ³1997 (Artemis und Winkler), S. 229.)

Edit: 4,62% der Bevölkerung hatte nach jener Tabelle das 60. Lebensjahr vollendet.
 
Text auf dem Grabstein des Veteranen Flavius Sterius:

Dis / Manibus / F(lavio) Sterio / veterano / an(n)orum C / F(lavius) Vehemens(!) f(ilius) / et he(res) posuit

Übersetzung:
Den Totengöttern
Dem Veteranen
Flavius Sterius
100 Jahre alt
Hat Flavius Vehemens
Sein Sohn und Erbe
(diesen Stein) gesetzt


Der Mann wurde nach seinem Grabstein 100 Jahre alt. Die Wissenschaft geht davon aus, dass dies jedoch nur bedeutet:

Er wurde uralt. Das genaue Alter kannte man nach Vermutung der Wissenschaftler nicht.

http://lupa.at/26007


Die deutsche Übersetzung habe ich beim Land Baden-Württemberg einfach kopiert und zwei Fehler in der Übersetzung geändert.
 
Trinkwasser hatte in den römischen Leitungen eine hohe Fließgeschwindigkeit, dementsprechend weniger Gefahr einer Bleiaufnahme durch Rohrsysteme, vermutlich geringer als in deutschen Mietshäusern mit Bleirohren, bei denen die Standzeiten im Trinkwasserleitungssystem höher waren.
Die Beimengungen von Bleisulfaten in Nahrungsmitteln und Kosmetika ist etwas weitaus Gefährlicheres.
 
Plinius der Ältere bringt im 7. Buch seiner Naturgeschichte (48. Kap.) verschiedene Beispiele für uralt gewordene Römer und Römerinnen. Dass eine gewisse Clodia, Gattin eines gewissen Ofilius, gar 115 geworden sein soll, muss man freilich nicht glauben.
LacusCurtius • Pliny the Elder's Natural History — Book 7

Von Lukian von Samosata gibt es eine eigene Schrift über "Langlebige", wobei auch hier nicht alle Angaben unbedingt glaubwürdig oder nachprüfbar sind: Die Altgewordenen – Wikisource
 
Trinkwasser hatte in den römischen Leitungen eine hohe Fließgeschwindigkeit, dementsprechend weniger Gefahr einer Bleiaufnahme durch Rohrsysteme, vermutlich geringer als in deutschen Mietshäusern mit Bleirohren, bei denen die Standzeiten im Trinkwasserleitungssystem höher waren.
Die Beimengungen von Bleisulfaten in Nahrungsmitteln und Kosmetika ist etwas weitaus Gefährlicheres.
Eine hohe Fließgeschwindigkeit vermindert aber die Bildung von Passivschichten durch Bleiverbindungen. Es stellt sich ein Gleichgewichtszustand ein. Die jeweiligen Folgen sind schwer abschätzbar und hängen letztendlich von der Menge der Trinkwasseraufnahme ab.
 
Darf ich provokant fragen, welches Gleichgewicht? Durch den ständigen Austausch des Wassers kommt es zu keinem Gleichgewicht. Und wenn ich mir die Bilder der Wasserleitung aus der Eifel, welche nach Köln führte, dann habe ich da starke Ablagerungen gesehen. Und der größte Teil der Leitung war in Stein oder dem römischen Zement ausgeführt. Nur Innerstädtisch wohl in Bleileitungen. Also war das Wasser relativ lange ohne Kontakt zum Blei. Was auch nicht zu verachten ist, sind die Spurenelemente im Wasser. Sie können ein Bleiaufnahme begünstigen oder auch behindern. Aber das Know-how dahinter, das wäre wohl Zuviel verlangt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Eifelwasserleitung
 
Es geht um Vorgänge an der Innenwand von Bleirohren. Im Neuzustand erfolgt eine erhebliche Bleiabgabe an das Wasser. Nach einiger Zeit bildet sich eine Schicht von Bleicarbonat, die eine Bleiabgabe verringert. Deshalb sind alte Bleirohre weniger gefährlich. Die Schicht wächst am Stärksten beim Durchsatz null und wird durch die Strömung bis zu einer Gleichgewichts-Schichtdicke abgetragen. Aber bei stehendem Wasser diffundiert trotzdem Blei durch die Schicht und wird zur Gefahr, wenn man bis zur Nutzung nicht eine gewisse Menge ablaufen lässt. (bekannter Todesfall durch morgentliches Trinken ohne ablaufen zu lassen)
 
Aber bei stehendem Wasser diffundiert trotzdem Blei durch die Schicht und wird zur Gefahr, wenn man bis zur Nutzung nicht eine gewisse Menge ablaufen lässt. (bekannter Todesfall durch morgentliches Trinken ohne ablaufen zu lassen)
soweit mir bekannt, gab es bei römischen Wasserleitungen keine Wasserhähne zum abdrehen (auch nicht in den Verteilungsverzweigungen in wohlhabende Privathäuser), kurzum gab es kein stehendes Wasser: die Wasserleitungen hatten einen permanenten ununterbrochenen Frischwasserdurchlauf. Die Gefahren von stehendem Wasser scheiden also aus.
 
soweit mir bekannt, gab es bei römischen Wasserleitungen keine Wasserhähne zum abdrehen (auch nicht in den Verteilungsverzweigungen in wohlhabende Privathäuser), kurzum gab es kein stehendes Wasser: die Wasserleitungen hatten einen permanenten ununterbrochenen Frischwasserdurchlauf. Die Gefahren von stehendem Wasser scheiden also aus.
Ich erinnere mich aber, in Pompeji eine Blei-Wasserleitung mit modern erscheinendem Absperrhahn gesehen zu haben.
 
Es geht um Vorgänge an der Innenwand von Bleirohren. Im Neuzustand erfolgt eine erhebliche Bleiabgabe an das Wasser. Nach einiger Zeit bildet sich eine Schicht von Bleicarbonat, die eine Bleiabgabe verringert. Deshalb sind alte Bleirohre weniger gefährlich. Die Schicht wächst am Stärksten beim Durchsatz null und wird durch die Strömung bis zu einer Gleichgewichts-Schichtdicke abgetragen. Aber bei stehendem Wasser diffundiert trotzdem Blei durch die Schicht und wird zur Gefahr, wenn man bis zur Nutzung nicht eine gewisse Menge ablaufen lässt. (bekannter Todesfall durch morgentliches Trinken ohne ablaufen zu lassen)

Was Du meinst nennt sich Fouling. Bewuchs oder auch Verkrustungen durch zum Beispiel Korrosionsprozesse. Ein Gleichgewicht in einer Lösung stellt sich in stehenden Sachen ein oder Rührgefässen. Aber nicht bei Rohrreaktoren oder Systemen, die durchflossen werden. Das einzige ist das bei einer Probennahmestelle sich nach einiger Zeit, bei gleichem Durchfluss, gleicher Temperatur immer der gleiche Wert bestimmt wird. Das ist aber kein Gleichgewicht.
 
stark!
Das war mir neu.

Für den Festungsfreak Dekumatland:
In der Ausstellung im Rheinischen Landesmuseum in Bonn 1994, und im zugehörigen Katalog, zum Schiffsfund von Mahdia in Tunesien von 1907 war eine Lenzpumpe zu sehen: Eine radbetriebene umlaufende Bronzekette, mit daran aufgehängten Bronzescheiben, die formschlüssig in Bleirohren zum tiefsten Punkt des Schiffes und zurück nach oben liefen. Kontinuierliche Entwässerung in rotierender Bewegung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was Du meinst nennt sich Fouling. Bewuchs oder auch Verkrustungen durch zum Beispiel Korrosionsprozesse. Ein Gleichgewicht in einer Lösung stellt sich in stehenden Sachen ein oder Rührgefässen. Aber nicht bei Rohrreaktoren oder Systemen, die durchflossen werden. Das einzige ist das bei einer Probennahmestelle sich nach einiger Zeit, bei gleichem Durchfluss, gleicher Temperatur immer der gleiche Wert bestimmt wird. Das ist aber kein Gleichgewicht.
Bleiwasserleitungen setzen Carbonat an. Bewuchs scheidet aus. Die Schichtdicken können von Millimetern bis zu Zentimetern anwachsen, in Abhängigkeit von der Wasserentnahme. Das meine ich mit dem Gleichgewicht.
 
Zurück
Oben