Unterschiedliche Deutung der kretisch-minoischen Kultur

Wenn ich das richtig verstanden habe, taucht der Begriff das erste Mal auf der großen Karnak-Inschrift auf, wo eine Schlacht des Pharao Merneptah ca. im Jahr 1207 gegen landnehmende Invasoren behandelt wird. Ein Teil kam aus Lybien, genannt werden aber auch mehrere Völker (z.B. Sherden, Ekwesch, Shekelesch) "von den fremden Ländern der See".

Siehe auch Killebrew/Lehmann, Sea People:

"The modern term “Sea Peoples” refers to peoples that appear in several New Kingdom Egyptian texts as originating from “islands” (tables 1–2; Adams and Cohen, this volume; see, e.g., Drews 1993, 57 for a summary). The use of quotation marks in association with the term “Sea Peoples” in our title is intended to draw attention to the problematic nature of this com- monly used term. It is noteworthy that the designation “of the sea” appears only in relation to the Sherden, Shekelesh, and Eqwesh. Subsequently, this term was applied somewhat indiscrimi- nately to several additional ethnonyms, including the Philistines, who are portrayed in their earliest appearance as invaders from the north during the reigns of Merenptah and Ramesses III (see, e.g., Sandars 1978; Redford 1992, 243, n. 14; for a recent review of the primary and sec- ondary literature, see Woudhuizen 2006). Henceforth the term Sea Peoples will appear without quotation marks."

Die Inschriften versehen einige Völker zB Eqwesh mit dem Zusatz "vom Meer/der See" oder "von der Insel". Das sind die direkten Erwähnungen mit Zusatz. Die Völkerlisten sind jedoch in verschiedenen Inschriften zu finden, so dass man auch diese (früheren Listungen ohne "Zusatz") gelten lassen könnte.

Der Sammelband enthält einen Anhang mit der (derzeit) vollständigen Aufstellung über die Nennung in antiken Quellen.

Zu den Ursachen: ein monokausaler Ansatz, etwa Klima, wird nmE nirgends ernsthaft vertreten. Die "Wirkungsketten", von ElQ und Rena nochmal sehr instruktiv gelistet, sollen auch nach meinem Verständnis keine Ursache als allein ausschlaggebende hervorstehen, sondern sind eher als Verständnis des Prozesses zu sehen, bei dem die Frage offenbleiben kann, welche Gewichtung jeder einzelne Aspekt hatte. Wenn Klimaänderungen also "am Anfang stehen", heißt das nicht, dass dieser Faktor der entscheidende Treiber war, und sich alles andere sozusagen zwangsläufig ergibt.
 
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Hier noch ein Nachtrag zu #133. Ich hatte dort über die in Knossos gefundenen Siegelsteine geschrieben. Wofür werden heute Siegel in Sendungen verwendet? a) Als Warenplombe (Sendung im Originalzustand), b) zur Bestätigung wichtiger Verträge und c) auf wichtigen Ernennungsurkunden. So haben in den heutigen USA Ärzte an der Wand ihres Sprechzimmers ein gerahmtes und gesiegeltes Diplom.
Was ist aber mit den gesiegelten Fundstücken in Knosos, z.B. auf Türstoppern? Auch hierfür gibt es in der heutigen Welt Beispiele. So tragen die Bilder einer Gemäldegalerie auf ihrer Rückseite den Stempel der Galerie zusammen mit einer Nummer (z.B. Alte Pinakothek München 10314). Verläßt ein Besucher die Galerie mit einem solchen Bild unter dem Arm kann er nicht behaupten, das gehöre ihm schon lange. Genauso kann ein Maler nicht einfach eines seiner Werke in der Galerie aufhängen, um sein Prestige zu erhöhen. Die Siegelung ist hier also ein Eigentumsnachweis ("gehört der Palastanlage Knossos") zusammen mit dem Ort, wo der Gegenstand hingehört, selbst als einfacher Türstopper.
 
Möglich ist es natürlich, aber trotzdem kann man nicht so einfach von sehr vagen Parallelen der heutigen Zeit auf einen identischen Zweck in einer fremden Kultur vor dreieinhalbtausend Jahren schließen.
 
Neue Erkenntnisse zur minoischen Kultur. Vor 4.000 Jahren bevorzugte man auf Kreta die Verwandtenehe. Nach einer genetischen Untersuchung heirateten bevorzugt Cousins und Cousinen 1. Grades. Ein Erklärungsversuch ist die Lebensweise der Minoer, welche langlebige Pflanzen wie Reben und Olivenbäume kultivierten. Durch Heiraten innerhalb der Familie wollte man diesen Besitz innerhalb der Familie halten.

Eine weitere Erkenntnis aus einer genetischer Untersuchung im mykenischen Kontext ist, dass die Söhne auf dem Hof der Familie verblieben. Frauen dagegen zogen eher auf andere Höfe.

In einem Zeitungartikel wurden die beiden Ergebnisse durcheinander geworfen. Dort stand, dass die Vorstellung von einem Matriachat auf Kreta wie eine Seifenblase geplatzt sei.. Es gab in der Vergangenheit die Vorstellung, dass friedliebende Kreter von Frauen regiert worden seien. Das wäre durch das Ergebnis widerlegt. Dies ließe sich aber schlecht mit einem Weggeben der Töchter an andere Höfe in Einklang bringen. Ist aber Unfug, der Zeitungsartikel.


https://www.mpg.de/19732034/0111-evan-heirat-im-minoischen-kreta-150495-x
 
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Eine weitere Erkenntnis aus einer genetischer Untersuchung im mykenischen Kontext ist, dass die Söhne auf dem Hof der Familie verblieben. Frauen dagegen zogen eher auf andere Höfe.
Mit welcher Methode will man das festgestellt haben? Das geht ja nur, wenn die Bestattungen im unmittelbaren Umfeld des Hauses stattgefunden haben, die Belegung mehrgenerationell waren UND das Knochenmaterial aus hinreichend Grabstätten gut genug erhalten für DNS-Analysen.
Wie sahen die Bestattungssitten der helladischen Kultur aus?
 
Mit welcher Methode will man das festgestellt haben? Das geht ja nur, wenn die Bestattungen im unmittelbaren Umfeld des Hauses stattgefunden haben, die Belegung mehrgenerationell waren UND das Knochenmaterial aus hinreichend Grabstätten gut genug erhalten für DNS-Analysen.

"Erst jüngste methodische Fortschritte in der Produktion und Auswertung alter genetischer Datensätze haben es nun ermöglicht, auch in Regionen mit klimabedingt problematischer DNA-Erhaltung wie Griechenland umfangreiche Daten zu produzieren. Für das Gehöft einer mykenischen Familie des 16. Jahrhunderts vor Christus ist es sogar gelungen, die Verwandtschaft der Bewohner zu rekonstruieren - der erste Familienstammbaum, der bislang für den gesamten antiken Mittelmeerraum genetisch rekonstruiert werden konnte.
Anscheinend wohnten einige der Söhne auch noch im Erwachsenenalter im Gehöft der Eltern. Zumindest wurden ihre Kinder in einem Grab unter dem Hof des Gehöfts bestattet. Eine der einheiratenden Ehefrauen brachte gleich noch ihre Schwester mit in die Familie, deren Kind ebenfalls dort bestattet wurde."
 
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