1914 - NEUE ?? Erkenntnisse ??

Mich wundert bei Betrachtungen oder Analysen des ersten Weltkriegs immer wieder das Aussparen des Attentats von Sarajevo, die darauf folgende Julikrise (wer da nicht alles mobil gemacht hat) und die Frage: Cui bono?
 
Na ja - das ist eigentlich ein etwas anderer aspekt. Aber gut. Mich wuerde dan interessieren, ob das Attentat die eigentliche Urschae war oder nur dazu benutzt wurde endlich losschlagen zu koennen. Waere der 1. WK auch ohne das attentat spaeter unter anderem Vorwand ausgebrochen?

Aber mehr interessiert mich aktuell, ob die vielen Aspekte die der Autor in seinem Werk genannt hat, auch so stehen gelassen werden koennen? Also die "Weiterfuehrung des Krieges quasi nach 1918 oder was die Kriegsbegeisterung betrifft. Nur das buergeliche Lager? U.s.w. Eine Menge Stoff, der ggf. auch so stehen gelassen werden kann?
 
Hallo!

Kann man das alles so - mehr oder weniger - stehen lassen, oder muss doch...
Doch, doch, dieses sprachliche Bild erinnert mich an einen Koffer. Nein, ehrlich, es fehlte nur noch dieser Flatus. Es hätte auch irgendetwas anderes seien können, woran sich Europa entzündete. Ein Jahr später, vielleicht auch zwei... Hat was von Fatalismus (allerdings von Menschenhand gemacht). Ängste spielen da eine Große Rolle: German Angst ? Wikipedia Man kann nicht aus seiner Haut.
 
Mich wundert bei Betrachtungen oder Analysen des ersten Weltkriegs immer wieder das Aussparen des Attentats von Sarajevo, die darauf folgende Julikrise (wer da nicht alles mobil gemacht hat) und die Frage: Cui bono?


Bei Christopher Clark - Die Schlafwandler - steht das Attentat im Mittelpunkt der Betrachtung, die allerdings mit dem Ausbruch des Krieges endet.
 
Na ja - das ist eigentlich ein etwas anderer aspekt. Aber gut. Mich wuerde dan interessieren, ob das Attentat die eigentliche Urschae war oder nur dazu benutzt wurde endlich losschlagen zu koennen. Waere der 1. WK auch ohne das attentat spaeter unter anderem Vorwand ausgebrochen?

Aber mehr interessiert mich aktuell, ob die vielen Aspekte die der Autor in seinem Werk genannt hat, auch so stehen gelassen werden koennen? Also die "Weiterfuehrung des Krieges quasi nach 1918 oder was die Kriegsbegeisterung betrifft. Nur das buergeliche Lager? U.s.w. Eine Menge Stoff, der ggf. auch so stehen gelassen werden kann?

Das Attentat war ganz gewiss nicht die Ursache, es war "nur" der Anlass, für den Weltkrieg. Wenn du dich mit den Ursachen beschäftigen möchtest, musst du bis zur Jahrhundertwende zurückgehen. Und dann bedarf es einer Betrachtung der Motive der Protagonisten, der Innenpolitik der fünf Großmächte und einer umfassenden Auswertung der Diplomatiegeschichte jener Zeit. Da wird der Janz, ich habe sein Werk noch nicht gelesen, kann also auch nichts dazu sagen, definitiv nicht ausreichen.
 
Die "Kriegsbegeisterung" 1914 ist sicher ein interessantes Thema.

Als ich 1984 in Basel maturiert habe, da war es noch weitgehend unbestritten, dass man kriegsbegeistert war. In unserem Geschichtsbuch ist ein Foto von Soldaten am Eisebahnwagon, wo Sätze wie "Auf Wiedersehen auf dem Boulevard", "Ausflug nach Paris" und "Auf in den Kampf, mich juckt die Säbelspitze" (Von Zeiten und Menschen, Band 3, Schöning - Schroedel.. heute noch wohlerhalten mit den zwei anderen Bändern in meinem Regal). Als wie diesen Band zum ersten Mal in der Hand hielten (er beginnt mit der Aufklärung), ist uns dieses Foto aufgefallen (es ist fast ganz hinten), da hatten wir uns mit einem Schulkameraden an den Kopf gefasst und gesagt: Das war doch alle Spinner.

Heute sieht man das ja differenzierter, das Bürgertum war begeistert, die Arbeiter weit weniger und die Bauern mitten in der Erntezeit schon gar nicht.

Da interessiert mich die Frage: Wie war eigentlich die finanzielle Entschädigung der Soldaten? Wie konnten sie ihre Familien durchbringen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Die "Kriegsbegeisterung" 1914 ist sicher ein interessantes Thema.

Bei Christopher Clark, 'Die Schlafwandler', heißt es dazu u. a. in Bezug auf Adrian Gregory, 'The Last Great War. British Society and the First World War':
Vereinzelt gab es Bekundungen chauvinistischer Begeisterung für den bevorstehenden Kampf, aber das waren Ausnahmen. Der Mythos, dass die Europäer eifrig die Gelegenheit ergriffen hätten, einen verhassten Feind zu schlagen, ist inzwischen völlig widerlegt.

Die angeführten Beispiele deuten an, dass die "Kriegsbegeisterung" wohl umgekehrt proportional zur Wahrscheinlichkeit wahr, sie am eigenen Leib zu erfahren.

W. Churchill schrieb am 28. Juli:
Alles treibt auf eine Katastrophe und Zusammenbruch zu. ... Ich bin interessiert, gerüstet und glücklich."

Dagegen unter Bezug auf Sanborn, 'Mobilization of 1914', S. 272:
In den Dörfern der russischen Provinz herrschte eine >>fassungslose Stille<<, die nur von dem Klang >>weinender Männer, Frauen und Kinder<< gestört wurde.

Unter Bezug auf Stephen Graham, 'Russia and the World' schreibt Clark über die Verwirrung über den vermeintlichen Gegner:
Ein englischer Reisender erinnerte sich an die Reaktion in einer Kosakensiedlung im Altai .... die Kosaken ... >>brannten darauf, gegen den Feind zu kämpfen<<. Aber wer war der Feind? ... Das Telegramm zur Mobilmachung machte dazu keine Angaben.

Als Gerüchte wurden zunächst China und dann England! gehandelt.
Erst nach vier Tagen drang so etwas wie die Wahrheit zu uns durch, und dann wollte keiner sie glauben.
 

Gandolfs Beiträge sind mir auch schon positiv aufsgefallen.

Wie stand es jetzt aber mit den finanziellen Entschädigungen der Soldaten? Aus meiner Schulzeit weiss ich, dass es selbst in der Schweiz ein Problem war, als die mobilisierten Soldaten nur Sold bekamen, der wohl nur für Zigaretten und ein Bier im Ausgang gereicht haben dürfte. Im Zweiten Weltkrieg wurde dann eine Erwerbsersatzordnung geschaffen, die schon viel besser war.

Wie war das in den anderen Ländern?
 
Danke fuer die Antworten. Natuerlich ist mir auch klar, dass das Attentat nur dazu genutzt wurde, einen Waffengang zu rechtfertigen. Was ich aber auch nicht uninteressant fand:
Oliver Janz stellt in seinem Buch - siehe Eingangsfrage/link - die These auf, dass
nach 1918 der Krieg "verlaenget" wurde. Ost- und Südosteuropa, Naher und Mittlere Osten.
 
Und die Unternehmen aus Industrie und Banken?

In dem eingangs von mir genannten Buch von Janz


( hier der direkte link zur DLF Buchbesprechung: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/andruck/2277951/ )


wird ja auch gesagt, welche Schichen der Bevoelkerung
fuer bzw. gegen einen Krieg gewesen sein sollen.


".... auf wenige Schichten beschränkt: das national eingestellte Bürgertum,
Teile des Militärs und der akademischen Jugend.
Die Landbevölkerung stand unter Schock,denn zu Kriegsbeginn fehlten nun die jungen Männer, um die Ernte einzubringen.
Auch die nach Zahlen stärkste politische Kraft, die SPD, stand dem Krieg ablehnend gegenüber.
Die bürgerliche Presse berichtete jedoch nur einseitig und prägte so ein fehlerhaftes Geschichtsbild mit...."

Auf eine andere wichtige Gruppe (in Deutschland) weist heute eine sehr interessante Sendung im Radio hin:

"Lag der Erste Weltkrieg wirklich im Interesse der deutschen Großindustrie? Unter Historikern war diese These lange Zeit dominant, doch nun wächst der Widerspruch."
In Mannheim befasste sich eine Konferenz mit der Rolle der deutschen Unternehmen: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/studiozeit-ks/2289831/


Gruss


El Gringo
 
Nun ja, die Analyse scheint mir doch etwas zu sehr generalisierend zu sein.
Mein Opa , selbst Kriegsteilnehmer mit Somme- und Verdunerfahrung erzählte mir immer,daß die Jungen relativ kriegsbegeistert waren,die Alten,also seine Großeltern , die die Kriege bis 1871 noch mitgemacht hatten,also die Realität des modernen Krieges kannten, eher betroffen waren.
Die Kriegsbegeisterung war also durchaus eine Generationenfrage und möglicherweise auch eine regionale Frage,je nachdem,wie nah man an der potentiellen Front war.

Ähnlich verhält es sich mit dem Interesse der deutschen Industrie am Krieg-das war wohl branchenspezifisch unterschiedlich- bei uns in der Region z.B. gab es eine Sekt-und Weinindustrie mit Besitz und starken geschäftlichen und verwandtschaftlichen Verbindungennach Frankreich und insbesondere in die Champagne
Und da hielt sich die Begeisterung für einen Krieg eher in Grenzen.
 
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