5. PK Umfrage WW1/ Medizin

JankoH

Neues Mitglied
Ich halte meine Präsentations- Abiturprüfung in den Fächern Bio und Geschichte und stelle diese Umfrage um andere Sichtweisen auf das Thema und Expertenmeinungen zu erfahren. Meine Leitfrage ist folgende: Der Erste Weltkrieg – Ein Katalysator für medizinischen Fortschritt und die Entwicklung im Umgang mit Infektionskrankheiten?
Ich habe vor diese Umfrage und Antworten möglicherweise in meiner Prüfung zu verwenden, und freue mich deshalb über jede Antwort.

Ich habe folgende 3 Fragen

Frage 1: Welchen Einfluss hatten Krankheiten im WW1 und der Erste Weltkrieg selbst auf die Behandlung und den Umgang von Infektionskrankheiten nach dem Ersten Weltkrieg? (Gerne am Beispiel von Pandemien/ Krankheiten nach dem Ersten Weltkrieg)

Frage 2: Aus der Perspektive der Kriegsparteien, Welche Intention verfolgte man mit dem Ziel nach raschem Ausbau des Medizinischen Standards während des Ersten Weltkrieges und wie ist sie ethisch zu bewerten?

Frage 3: Was war im Ersten Weltkrieg anders, dass die Medizin auf einmal so auf die Probe gestellt wurde?

Vielen Dank

- Janko
 
Hm...
Keine Expertise meinerseits. Sogar ob das so war - also dass WWI medizinischen Fortschritt beschleunigt hat - ist mir nicht bekannt. Ich verlass mich diesbezüglich auf deine positiv formulierte Fragestellung und gebe in der Folge also "Allerweltsantworten", die mir - ohne jede Nachprüfung - logisch erscheinen.

ad 1) Wenn Zehntausende dichtgedrängt bei nicht optimalen Wetterbedingungen und unter "verbesserungswürdigen" hygienischen Bedingungen in Schützengräben zusammengepfercht werden, dann feiern Viren und Bazillen Weihnachten und Ostern gleichzeitig. Insofern war WWI sicher ein 1a-Studienobjekt für Seuchenforschung am gerade noch lebenden Subjekt. Auch wenn die Medizin an der zu Kriegsende auftretenden "Spanischen Grippe" dann ja wieder kolossal gescheitert ist...

ad 2) positiv formuliert: Erhöhung der Überlebenschancen für die Kämpfenden; negativ formuliert: sicherzustellen, dass die Soldaten an "was Sinnvollen starben" (also im Kugelhagel bei Frontalangriffen) und nicht nur so vor sich hin. Neue (Soldaten) waren nämlich nur begrenzt verfügbar und mussten zudem für gutes Geld ausgebildet und herangekarrt werden.

ad 3) Erklärt sich eigentlich aus 1) und 2) recht gut. Stellt man sich vor, dass bei grossen Offensiven schon mal Zehntausende an einem Tag fielen und daher ein Mehrfaches davon verwundet in Lazarette eingeliefert wurden, dann ist "auf die Probe stellen" eigentlich ein Euphemismus: Eigentlich ist es Granatsplitter oder Gliedmassen entfernen sowie ohnehin hoffnungslose Fälle zum Sterben beiseiteschieben am Fließband.
 
Hallo Janko,

dieses Thema ist für eine Umfrage wohl kaum geeignet. Umfragen eignen sich dazu um Meinungen oder Einschätzungen abzufragen, nicht Wissen. Nun könntest du argumentieren "Nun ja, es geht ja um Einschätzungen zur Medizin während des Ersten Weltkriegs", aber letztlich wirst du allenfalls in einem medizinhistorischen Institut für deine Fragen ein Publikum finden, was dir dazu Einschätzungen geben kann, denn auch Einschätzungen basieren auf Wissen. Daher macht man Umfragen zu Meinungsthemen oder aktuellen Ereignissen.

Wenn du fragst: "Hat die Covid-Pandemie den wissenschaftlichen Fortschritt vorangebracht?" dann ist das noch in vielen Köpfen präsent und auch viele Laien könnten dir sagen "ja, also die RNA-Impfstoff-Forschung wäre sicherlich noch viel weiter zurück, wenn sie sich nicht als Chance für eine einigermaßen funktionierende Covid-Impfung herausgestellt hätte". Der erste Weltkrieg ist aber vor 111 Jahren begonnen. Frag mal, was die Leute über die "Spanische Grippe" wissen. Da werden vermutlich die meisten Menschen, die sich nicht mit dem Ersten Weltkrieg oder historischen Pandemien befassen, nur mit den Schultern zucken.
 
Frage 1: Welchen Einfluss hatten Krankheiten im WW1 und der Erste Weltkrieg selbst auf die Behandlung und den Umgang von Infektionskrankheiten nach dem Ersten Weltkrieg? (Gerne am Beispiel von Pandemien/ Krankheiten nach dem Ersten Weltkrieg)
Mir wäre kein solcher Einfluss bekannt. Faktisch reichten während des Krieges die medizinischen Kapazitäten nicht hin um in der Armee grassierende Infektionskrankheiten überhaupt im größeren Stil behandeln zu können. Die meiste Zeit über dürften die Lazarette voll damit beschäftigt gewesen sein, sich um die von den unmittelbaren kampfhandlungen Betroffenen zu kümmern.
Hinzu kommt, dass zumindest die Zentralmächte durch die Seeblockade von überseeischen Zufuhren abgeschnitten waren, so dass es an Rohstoffen für die chemische Industrie, als Schlüsselsektor für die moderne Medizin eher mangelte.
In der Regel dürfte man, zumindest auf Seiten der Zentralmächte bei Infektionskrankheiten an der Front wahrscheinlich kaum eine andere Wahl gehabt haben, als betroffene Soldaten heraus zu nehmen und in Quarantäne zu verlegen um weiteres Ausgreifen in der Truppe zu verhindern.

Ich weiß nicht, ob die Spanische Grippe, auf seiten der Entente-Mächte zu irgendwelchen Erkenntnissen (z.B. Hygienemßnahmen bei Überseetransporten/-Reisen geführt hat).

Frage 2: Aus der Perspektive der Kriegsparteien, Welche Intention verfolgte man mit dem Ziel nach raschem Ausbau des Medizinischen Standards während des Ersten Weltkrieges und wie ist sie ethisch zu bewerten?
Geh mal davon aus, dass medizinische Standarts eher radikal ab-, als ausgebaut wurden, um mit den Massen an Verwundeten fertig werden zu können.
In den Lazaretten an den Fronten, musste das medizinische Personal, in einer Form Überstunden schieben, dass es wegen dem Ausmaß an Überarbeitung unter anderen Umständen kaum zu verantworten gewesen wäre. Es fehlte für diese Masse an Patienten an Platz, an Betäubungsmitteln, an Desinfektionsmitteln, etc, so dass die Chance sich in Lazaretten selbst gefährliche Krankheiten qua Übertragung einzufangen relativ hoch gewesen sein dürfte.
Dadurch das ein Großteil des medizinischen Personals und der verfügbaren Betäubungs-/Desinfektionsmittel etc. an den Fronten benötigt wurde, fehlte das natürlich alles abseits der Fronten in den kriegführenden Ländern selbst, so dass die medizinische Versorgung auch für die Zivilisten durch Mangel an Fachpersonal und Mittel, sich rapide verschlechtert haben dürfte, während jedenfalls auf Seiten der Zentralmächte und in Russland die Anfälligkeit für Krankheiten durch die schwierige Ernährungslage der Bevölkerung tendenziell eher gestiegen sein dürfte.

Das Einzige, was mir ad hoc einfällt, was sich in der Zeit verbessert haben dürfte, dass dürfte die Forschung im Bereich von Ersatzstoffen für Arzneimittel gewesen sein, deren Inhaltsstoffe wegen der Blockade nicht mehr importiert werden konnten (Zentralmächte), wobei ich allerdings nicht weiß, ob dabei irgendwas herausgekommen ist, dass sich dauerhaft auch nach der Widerherstellung des Friedens und der internationalen Handelsbeziehungen noch vernünftig verwerten ließ und dass unter den Gegebenheiten die Produktion von einigermaßen preisgünstigen Prothesen in Gang gesetzt wurde, weil das auf Grund der massenhaften Nachfrage, wegen der Menge an Amputationen im Zusammenhang mit dem Kampfgeschehen an den Fronten, für die Industrie interessant wurde.

Ob man dass allerdings als "verbesserten Standart" sehen kann, weiß ich nicht, könnte mir aber vorstellen, dass das über den Weltkrieg hinaus durchaus Nutzen hatte, für Personen, die durch Arbeitsunfälle Gliedmaßen verloren oder ähnliches.


Frage 3: Was war im Ersten Weltkrieg anders, dass die Medizin auf einmal so auf die Probe gestellt wurde?
Die Masse an Verwundeten und Erkrankten, die über alles hinausging, was man aus Friedenszeiten kannte und sofern es die Zentralmächte und Russland betrifft, der Wegfall von Rohstoffen, zur Produktion von Behandlungsmitteln, so wie die schlechte Ernährungslage (Schwächung des Immunsystems en gros).
 
Alexander Fleming, der später das Penicillin entdeckte und dafür 1945 den Nobelpreis erhielt, endeckte schon während des WKI im Lazarett, das Antiseptica anstatt Wundbrand zu heilen, diesen unterstützten, weil sie tatsächlich die Ausbreitung von WUndbrand heilenden EInflussfaktoren aufhielten. Er publizierte noch während des Krieges darüber, konnte aber zunächst keine Verbesserung erzielen (vermutlich wiel die Ärzte in den Lazaretten keine Zeit hatten, seine Forschungen zur Kenntnis zu nehmen).
 
Bei diesem Thema würde ich nicht an den "Engel von Sibirien" und ihrer Helferin Ethel von Heidenstam vorbei kommen. Beide stammen aus Schweden.
Ohne die beiden Frauen wäre so mancher an Fleckfieber und/oder Typhus gestorben.

Den Engel von Sibirien findet man leicht im Netz.
Bei Ethel von Heidenstam wird es schwieriger (Heidenstam, Ethel von - Deutsche Biografien).
 
Ich danke, für die Antworten und die neuen Sichtweisen die ich dadurch erhalten habe, und für alle noch folgenden Antworten. Ich bin mir sicher ich kann manche Sachen gut in die Präsentation mit einbauen.
Selbstreflektierend muss ich sagen das der Begriff Umfrage hier eher unpassend war und meine Fragestellungen leider zu sehr aus meinem Fachwissen hervorgingen.
 
Da fallen mir zwei Begriffe ein. Zum einen der Sauerbruch-Arm. Hierbei handelt es sich um die Versorgung von Amputierten mit damals neue Prothesen.


Und zum anderen der Grabenfuss.


Und was hat sich geändert? Die Größe der Streitkräfte und immer stärker werdende Waffen. Damit deutlich größere Verluste als z. Bsp. in der frühen Neuzeit.
 
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Ich habe das Thema jetzt erst gesehen. Ich bin der Meinung, dass der 1. Weltkrieg sehr wohl den medizinischen Fortschritt befördert hat.
Im übrigen ein Interview aus dem Jahr 2019, vor der Pandemie mit Covid-21, und leider sehr sehr prophetisch:

Zum aktuellen Thema: Der Fortschritt der Medizin war vor allem in der besseren Organisation. Bei der hochvirulenten spanischen Grippe gab es eine geringere Sterblichkeit in den Städten, die ein klares Hygienekonzept hatten und konsequent umsetzten.

Die Schwester meiner Großmutter starb 1919 an der spanischen Grippe.
 
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Ich hatte in Aachen studiert und durfte dort einen Teil der Ausbildung in den luftigen Pavillons (einstöckige Kliniken) verbringen, die die Talbot-Stiftung vor und nach dem 1. Weltkrieg ermöglicht hatte. Was für ein Platz, welche guten Konzepte! Ich bin heute noch dankbar für die Einsicht in das, was medizinisch und menschlich möglich ist.
Talbot stellte Lazarettzüge zur Verfügung. Die dezentrale Patientenversorgung war eine wichtige Fortentwicklung der hygienischen Konzepte des 19. Jahrhunderts.
 
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