6. Juni 1944: Alternative Überlegungen zur Normandie.

salvus

Aktives Mitglied
Im Nachhinein sind die Gründe für eine Landung in der Normandie durchaus nachvollziehbar, z.B. die vergleichsweise geringen deutschen Verteidigungsstellungen, sowie die günstigen Möglichkeiten zum Vorstoß im Hinterland. Allerdings gab es auch Risiken, wie z.B. die recht große Entfernung zu Großbritannien oder auch die durchaus vorhandene Steilküste.

Wurde die Entscheidung bezügl. der Normandie eigentlich schnell getroffen? Oder gab es durchaus auch Alternativen? Wie sah es z.B. mit dem Pas-de-Calais wirklich aus? War das eine ernstzunehmende Alternative für die Alliierten? Oder war das aufgrund der massiven Verteidigungsmaßnahmen dort schnell vom Tisch?
Ich weiß, daß es auch Überlegungen hinsichtlich des Balkangebiets gab, welche allerdings wohl schnell verworfen wurden - vieleicht auch im Hinblick auf die Sowjets.
Und gab es wirklich ernsthafte Überlegungen an der norwegischen Küste zu landen?
Und in wie weit gab es vieleicht auch Gedankengänge der Westallierten hinsichtlich des Ortes der Invasion im Hinblick auf die Sowjetunion?

Zu diesem Thema habe ich nicht viele Informationen gefunden.
Welche Alternativen zur Normandie haben die Alliierten ernsthaft in Erwägung gezogen?
 
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Wir hatten das Thema bereits mal andiskutiert in Posting # 41:

Nochmal zum Thema: Auswahl des Landplatzes für die Invasion.

Durch die COSSAC Planer wurde im Juni 1943 die späteren Invasionsstrände ausgewählt. Es standen sechs Orte zur Diskussion und erstreckten sich von Niederländisch-Belgischen Küste bis zun den Stränden in der Nähe von Bourdeux (Lewis: Omaha BeachS. 134).

Die Planer legten sich auf die Stände in der Normandy fest. Die Kriterien für diese Entscheidung basierten auf der Fähigkeit, den Luftschirm von England aus zu gewährleisten und vor allem war der Ort ideal, da zu diesem Zeitpunkt die Verteidigungsanlagen lediglich rudimentär ausgebaut waren und lediglich eine Division für den Bereich zuständig war. (Lewis: Omaha Beach, S.134ff).

Die zentralen Annahmen, die der Invasionsplanung zugrunde gelegt wurden waren folgende Anforderungen:
1. vollständige Luft und Seeüberlegenheit in dem Gebiet
2. Lage innerhalb des Luftschirms von Südengland
3. Verfügbarkeit von Hafeneinrichtungen, um die Anlandung von 3 bis 5 Divisionen pro Tag zu ermöglichen
4. Ausreichende operative Entfaltungsmöglichkeiten für die anlandenden Korps, um die Operationsfreiheit sicher zu stellen.
5. die Strände müssen prinzipiel geeignet sein für amphibische Landungen
6. das Hinterland des Invasionsgebiets muss über ein ausreichendes Strassen-und Eisenbahnennetz verfügen, um den Fortgang der Operationen zu unterstützen
7. der angegriffene Sektor muss möglichst schwach verteidigt sein
8. die Hindernisse am Strand müssen durch Bombardierungen neutralisiert werden
9. der Sektor sollte auch mittelfristig keine starken Zuführungen von Verstärkungen ermöglichen
10. möglichst nahe an den strategischen Zielen in Deutschland liegen.
(ebd. S.132)

An der Auflisting dieser Kriterien, die sicherlich eine interne Gewichtung erfahren haben, wird deutlich wir multidimensional die Analyse der Planer verlief.

Es wird aber auch deutlich, dass diese Kriterien zu plausibel sind, als dass ein geschulter deutscher Generalstäbler nicht zu völlig identischen Einschätzungen kommen mußte.

Vor diesem Hintergrund ist vermutlich am ehesten zu erklären, warum Rommel gerade die Normandy als bsonders gefährdet ansah und seine Aktivitäten zur Stärkung im ersten Halbjahr 1944 auf diesen Abschnitt richtete.

Gegen die sehr schwach verteidigten Strände in der Nähe von Bordeaux als Invasionsgebiet sprach im wesentlich die nicht ausreichende Absicherung durch die Luft und die geringe Nähe zu den strategischen Zielen in Deutschland.

Hitler hätte sich sehr schwer getan, Truppenteile von der 7. oder 15. Armee abzuziehen und nach Süden zu verlagern, da er ja lange Zeit an die zweit Invasionsfront durch die "Armee Patton" glaubte.

Teilweise auch mit anderen Schwerpunkten:

http://www.geschichtsforum.de/f68/krieg-im-westen-44-45-auftakt-zum-untergang-31491/#post562360
 
Yep,
vielen Dank.

Die Gründe für die Anlandung in der Normandie liegen durchaus auf der Hand.
Auch die durchaus vorhandenen Nachteile.

Die Frage bleibt.
Welche Alternativen wurden warum zur Normandie dikutiert - oder gab es keine? Was ich mir eigentlich nicht denken kann.
 
Zur Normandie hat Thanepower schon den Hinweis gebracht. Eine Ergänzung: die operative Idee war eng an die schnelle Gewinnung der Höhenlage jenseits von Caen geknüpft. Südlich der Seine wären dann die geografischen Bedingungen ideal gewesen, zum Ausbruch aus dem Brückenkopf Richtung Paris, und damit war der Bewegungskrieg gegen die Wehrmacht erzwingbar.

Die Seine war außerdem durch die alliierte Luftmacht leicht zu kontrollieren, die Brücken waren im Invasionsfall zu zerstören, der Nachschub-Fluss erschwert.

Nach den ursprünglichen Invasionsplanungen Montgomerys war der Ausbruch über das Höhengelände östlich Caen wenige Tage nach der Landung vorgesehen. In der Realität dauerte es über 6 Wochen.

Zu den Planungen für den Balkan:
Thomas M. Barker - The "Ljubljana-Gap"-Strategy: Alternative to Anvil/Dragoon or Fantasy?
 
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Yep,
vielen Dank.

Die Gründe für die Anlandung in der Normandie liegen durchaus auf der Hand.
Auch die durchaus vorhandenen Nachteile.

Die Frage bleibt.
Welche Alternativen wurden warum zur Normandie dikutiert - oder gab es keine? Was ich mir eigentlich nicht denken kann.

Das hatten wir auch in einer früheren Diskusion. Churchill war gegen einen solchen direkten Angriff, der eher auf amerikanischen und sowjetischen Vorstellungen basierte. Die britische Regierung wollte lieber in ihrer traditionellen Weise (so war man bereits gegen Napoleon vorgegangen) den Gegner von der Periferie aus aufreiben, mit Landungen in Italien -wie stattgefunden- Griechenland, Norwegen, Balkan oder höchstens Südfrankreich.
 
Da unterschätzt Du aber sehr die britische Strategie.:winke:
Ich mache ja keine Wertung davon.

Ich muss suchen wo ich es gelesen hatte (Overy?). Churchill musste von den Amerikanern geradezu gezwungen werden, diese Variante zu akzeptieren entgegen einer von ihm favorisierten Landung im Balkan. er moserte nach der Entscheidung noch eine Weile herum.

Man muss schliesslich bedenken, dass zu dem Zeitpunkt als dieses beschlossen wurde, die Briten viele Niederlagen und relativ wenige Erfolge verbucht hatten und das Risiko für eine so "direkte" Konfrontation von Teilen des Britischen Stabes als zu hoch erachtet wurde.
 
Vor 1943 gab es ja durchaus andere Pläne, bekannt unter dem Namen "Operation Sledgehammer" (Landung und Eroberung von Brest oder Cherbourg). Diese Operation sah als Neben-Operation eine Invasion Norwegens vor (Operation Jupiter). Die Amerikaner drängten sogar auf diese Operation und wäre die Sowjetunion 1942 zusammengebrochen, so hätte man sie mit großer Wahrscheinlichkeit gewagt.
 
...Churchill musste von den Amerikanern geradezu gezwungen werden, diese Variante zu akzeptieren entgegen einer von ihm favorisierten Landung im Balkan. er moserte nach der Entscheidung noch eine Weile herum. ...

Nur so als Hinweis, leitende Politiker haben auch ihre eigenen Erfahrungen, die manchmal bitter sein können. Immerhin "stolperte" Churchill über eine amphibische Aktion im I. WK.

Vllt. deswegen die Aversion?

M. :winke:
 
Es gab aber weder eine Aversion, noch eine Abnutzungsstrategie an der Peripherie, die die Landung an der Kanalküste ersetzen sollte.

Die Entwicklung von Roundup, Bolero, Sledgehammer, Jubilee, Overlord usw. steht immer nur im Kontext der aktuellen Kriegslage und den daraus geschätzten Erfolgsaussichten. Roundup ging 1942/43 nicht, also improvisierte man über Gymnast und Super-Gymnast zu Torch.
http://de.wikipedia.org/wiki/Operation_Roundup

Die Kontroversen um Südfrankreich, Italien oder Balkan (s.o. "Ljubljana-Gap") waren in dem Sinne immer Diskussionen um die Unterstützung an der Peripherie. Die konnte aber kriegsentscheidende Bedeutung besitzen, wie es angesichts der Rohstofflage für das Deutsche Reich im Fall des Balkans gegeben war.

Um beim Ljubljana-Gap zu bleiben: niemand dachte daran, den Stoß über den Balkan auf Wien über Berlin fortzusetzen, und damit den kurzen Weg über die Kanalküste ins Deutsche Reich zu ersetzen. Die strategischen Ansätze konkurrierten nicht, sondern ergänzten sich.

Hinzu kam die britische strategische Sicht auf den Balkan angesichts des Vormarsches der Roten Armee.
 
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Aus Richard Overys "Die wurzeln des Sieges":


"Die britische Führung begegnete allen Plänen einer Invasion über den Ärmelkanal stets mit großer Zurückhaltung und lehnte einen umfassenden Angriff auf das europäische Festland für das Jahr 1942 ab. Statt dessen gelang es Churchill im Juli, Roosevelt für die Idee einer anglo-amerikanischen Landung in Nordafrika zu gewinnen - sehr zum Mißfallen der amerikanischen Stabschefs, die ihren Präsidenten vergeblich umzustimmen versuchten. Im Gegenzug erklärten sich die Briten damit einverstanden, vorbereitende Planungen für einen Frontalangriff auf das von den Deutschen besetzten Europa einzuleiten. Erst im April 1943 wurde jedoch ein entsprechender Planungsstab bei einem noch zu ernennenden alliierten Oberbefehlshaber eingerichtet, dessen Leitung der britische General Frederick Morgan übernahm (Chief of Staff to the Supreme Allied Commander - Cossac). Von seinen amerikanischen Mitarbeitern stimmten alle für einen Trans-Kanal-Angriff, während die britischen Planer eher "vorsichtig" waren und Morgan selbst die Risiken eines derartigen Unternehmens für "erschreckend " hielt. Die Briten bevorzugten den indirekten Weg über das Mittelmeer und die Bombardierung des deutschen Reichsgebiets, um Hitler zu besiegen. Sie legten Wert auf eine flexible Strategie und betrachteten die amerikanische Fixierung auf die Invasion als Hypothek für die künftige Kriegführung.

Im Verlaufe des Jahres 1943 vergrößerte sich die Kluft in der Strategiefrage zwischen beiden Westmächten. Auf der Casablanca-Konferenz im Januar 1943 war noch keine endgültige Entscheidung zugunsten der Invasion getroffen worden, sie stellte lediglich eine von mehreren Optionen dar. Churchills Vorhaben . die alliierte Präsenz in Nordafrika für einen größeren Druck auf Italien und den Balkan zu nutzen, wurde von Roosevelt weder begrüßt noch abgelehnt, und die Beraterstäbe beider Staatsmänner blieben ohne klare Anweisungen für künftige Pläne."


Danach lässt er sich über die weiteren Diskussionen bis zu der Konferenz in Quebec, die Sowjetische Verärgerung über die Zögerlichkeit bei der Planung und Gründe dieser britischen Einstellung, von den rezenten Niederlagen gegen die Deutschen bis zu den positiven Erfahrungen aus den Napoleonischen Kriegen. In Quebec im August 1943, wurde nach harten Verhandlungen der ersten Planung für "Overlord" zugestimmt, um dann kurz danach die Zustimmung wieder zurück zu nehmen. Noch im Oktober 1943 schlug Churchill Unternehmungen auf dem Balkan als Alternative vor.

Bei der Konferenz von Teheran wurde er dann von Roosevelt und Stalin praktisch gezwungen Overlord zuzustimmen, obwohl er noch bis zuletzt versuchte, Operationen in der Agäis vorzuschlagen, was von Stalin als Kräftevergeudung abgetan wurde.

Es waren fast zwei Jahre während denen zwischen Briten und Amerikaner darübrer diskutiert wurde, bis Stalin diesem Disput ein Ende setzte.
 
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Vor 1943 gab es ja durchaus andere Pläne, bekannt unter dem Namen "Operation Sledgehammer" (Landung und Eroberung von Brest oder Cherbourg). Diese Operation sah als Neben-Operation eine Invasion Norwegens vor (Operation Jupiter). Die Amerikaner drängten sogar auf diese Operation und wäre die Sowjetunion 1942 zusammengebrochen, so hätte man sie mit großer Wahrscheinlichkeit gewagt.


Interessante Kiste. Aber wie sollte das genauer Aussehen?

a.) die norwegischen Küsten sind nun nicht gerade berühmt für ihre schönen Sandstrände
b.) das Material über diesen weiten Seeweg zu bringen, zumal das Nordmeer nicht gerade für seinen ruhigen Seegang geliebt wird
c.) die Briten haben eine Invasion schon mal verloren, trotz übermächtiger Navy
d.) die Briten haben es nicht einmal geschafft, dass Schlachtschiff Tirpitz erfolgreich zu neutralisieren, jedenfalls bis fast zum Ende des Krieges

Und dann gleich zwei Anlandungsunternehmen? Kräfte aufsplitten? Keine gute Idee.
 
Was sollte mit einer Invasion in Norwegen geschafft werden? Kriegstechnisch machte es 44 keinen Sinn. Um von Norwegen ins Reich vorzustossen musste immer noch eine Landung auf dem Festland gemacht werden.
$0 hätte eine Invasion in Norwegen sinn gemacht. Weniger Häfen, in denen sich Deutsche Schiffe verkriechen können. Und für die Geleitzüge in die Sowjetunion währe die Tour sicherer gewesen. Die Operation Weserübung war denn Briten nur kurz zuvor gekommen.
Eine Landung bei Calais? Kürzere Anfahrt von Dover aus. Klar, dafür stärkere Artilleriegefahr direkt nach dem Auslaufen.
Landung in Cherbourg? Schon mal den Hafen angeguckt? Der ist stark befestigt, schon zu Zeiten von Napoleon III, und immer weiter ausgebaut.
Brest war auch stark befestigt. Und eine Landung in der Nordbretagne ist auch kein Zuckerschlecken. Felsen und Gezeitenunterschiede bis 12m. Und die Kanalinseln im Rücken.
Die Landung in der Normandie ist wohl von den Küsten am Kanal die einfachste Lösung gewesen. Und es konnten etliche Häfen in England zum Einbooten benutzt werden und dann formiert werden. Wenn die gleichen Häfen für den Pas de Calais benutzt worden währen, währe mehr Zeit auf See notwendig gewesen. Und die Gefahr der vorzeitigen Entdeckung war auch größer.

Apvar
 
Eine Invasion Norwegens wäre 1944 sicherlich nicht mehr so effektiv, aber in Jahren zuvor durchaus eine interessante Option im Sinne der von Silesia angesprochenen Perepherie-Strategie zur Ausschaltung wichtiger Rohstoffquellen für das Deutsche Reich.

Zum einen wären im Erfolgsfall wichtige Häfen für die Kriegsmarine ausgeschaltet worden.
Zum anderen, hätte man die schwedischen Eisenerzlieferungen effektiv bedrohen und sogar verhindern können (im Winter, wenn die Ostsee zufriert und das Erz über Narvik verschift wurde). Insbesondere die Briten waren der Auffassung, dass Deutsche Reich könne den Krieg ohne das schwedische Eisenerz nicht lange fortführen.

Welche Kräfte man für eine Invasion benötigt hätte, ist schwer zu sagen. Es ist richtig, dass die Versorgungswege für die Allierten ein Problem gewesen wären, aber für das Deutsche Reich ebenfalls, zumal die Allierten die Seeherrschaft inne hatten.

Eine Landung und Eroberung von Cherbourg oder Brest wäre sicherlich eine riskante Operation und die Erfolgschancen schlecht. Sie waren aber nicht so schlecht, als dass man es nicht hätte wagen können, wenn die UdSSR aus dem Krieg auszuscheiden droht, denn nach einem Zusammenbruch der Sowjetunion wäre eine Landung in Frankreich deutlich schwerer gewesen, weil viel mehr Truppen und Ressourcen zur Abwehr einer Invasion nach Frankreich verlegt worden wären. Eisenhower sah die Erfolgschancen offenbar so:

General Eisenhower was unable to defend SLEDGEHAMMER as an operation offering even a fair chance of tactical success. Eisenhower personally estimated that the chances of a successful landing were one in two and of being able to build up on the Continent to a force of six divisions about one in five. Still, he did point out that "if we are convinced that the Russian Army is now in a desperate situation . . ." the question of the tactical success or failure of SLEDGEHAMMER was of little moment, and "the only real test of SLEDGEHAMMER'S practicability is whether or not it will appreciably increase the ability of the Russian Army to remain a dangerous threat to the Germans next spring." He admitted that the desperateness of the Russian situation was a matter of pure conjecture, in which there was "considerable difference of opinion."
Quelle:SLEDGEHAMMER

Dabei ist zu berücksichtigen, dass vor dem Dieppe Raid es schwer einzuschätzen war, wie schwierig die Landung und Eroberung eines Hafens ist. Erfolgschancen von 1:2 bzw. 1:5 sind sicherlich nicht gut, aber zumindest keine völlig aussichtslosen Chancen (wie z.B. bei der Ardennenoffensive der Wehrmacht 1944).
 
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Die Entwicklung von Roundup, Bolero, Sledgehammer, Jubilee, Overlord usw. steht immer nur im Kontext der aktuellen Kriegslage und den daraus geschätzten Erfolgsaussichten.

Das ist m.E. die zentrale Aussage zu dem Kontext. In Abhängigkeit von der politischen Diskussion der "Big Three" und der zur Verfügung stehenden Transportkapazität bzw. der Divisionen änderte sich der Focus.

Dabei spielte auch der Pazifik eine Rolle bei der Betrachtung und auch das Treffen in Cairo von FDR und Chiang Kai-shek im Rahmen der "Weltpolizistenrolle" die die "Big Four" einnehmen sollten als regionale Hegemonialmächte.

Vor allem aus der Sicht von Churchill und FDR basierte die Peripheriestrategie in 1942 in hohem Maße auf einer Stärken- Schwächen - Analyse der Potentiale.

Stärke: Maritime- und Luftüberlegenheit. Potential zur Unterstützung von Aufständen, vor allem auf dem Balkan. Noch gravierender waren die Überlegungen zur politischen Lage im Mittelmeer. Und in diesem Zusammenhang spielte bei der Frage der Planung der amphibischen Operationen der Seitenwechsel von Vichy Frankreich, die Neutralität von Spanien und die ungestörte Durchfahrt bei Gibraltar und natürlich auch der Eintritt der Türkei auf Seiten der Alliierten und die Öffnung der Dardanellen für LL-Transport in die UdSSR. Und diese Sichtweise lief für 42 und teilweise noch 43 auf eine eher periphere Kriegsführung hinaus.

Als Schwäche wurde das schwer einzuschätzende amphibische Potential und die Widerstandsfähigkeit der WM im Rahmen der Abwehr einer Invasion eingeschätzt, die nur positiv zu beurteilen war unter den Kriterien von #2. Unter anderen Voraussetzungen wäre das militärische Potential der WM als sehr hoch eingeschätzt worden.

Bei der Konferenz von Teheran wurde er dann von Roosevelt und Stalin praktisch gezwungen Overlord zuzustimmen, obwohl er noch bis zuletzt versuchte, Operationen in der Agäis vorzuschlagen, was von Stalin als Kräftevergeudung abgetan wurde.

Es waren fast zwei Jahre während denen zwischen Briten und Amerikaner darübrer diskutiert wurde, bis Stalin diesem Disput ein Ende setzte.

Folgt man der Darstellung des Verlaufs des ersten Tags in Teheran von Churchill (Second World War, Vol. V, S. 302ff) dann ergab sich eine sehr differenzierte Diskussion zwischen FDR, Stalin und ihm. Und unter der Voraussetzung!!, dass die Türkei in das Allierte Lager übertritt, wäre, so Stalin, ein erweitertes Engagement im östlichen Mittelmeer zu rechtfertigen gewesen. Ansonsten war Stalin gegen die Zersplitterung der Kräfte von Overlord.

Dennoch kommt in der Darstellung seine ambivalente Haltung sehr deutlich zu Tage. Einserseits stellt Churchill sich hinter "Overlord" als alternativlos, andererseits verfolgte er eine Reihe von Mittelmeeroptionen, inklusive der Besetzung Italiens, die auf eine faktische Schwächung von Overlord hinausliefen bzw. zu einer Verzögerung geführt hätten mit nicht kalkulierbaren Folgen bei der Beurteilung des Wetters im Spätsommer.

Vor diesem Hintergrund einer unterschiedlichen Bewertung zogen beispielsweise die US ihre 7 Divisionen aus dem Mittelmeer ab, um sie im Rahmen der Operation Bolero für Overlord zu stationieren. Gegen den britischen Widerstand.

Sowohl bei Liddel Hart (The History of the Second World War, S. 506) als auch bei Weinberg (Eine Welt in Waffen, S. 634) wird dieser Sicht von Churchill tendenziell widersprochen.

Im Vorfeld zur Konferenz in Teheran hatten sich die USA und GB nicht auf eine gemeinsame Vorgehensweise für die Niederwerfung des 3. Reichs einigen können. In Teheran bestellten sie Stalin zum Schiedsrichter und er unterstützte Overlord und !!!! Anvil als die politisch und militärisch sinnvollste Variante.

Obwohl Stalin wohl überrascht war, überhaupt über militärische Aspekte zu diskutieren, da nur Voroshilov als Militär in seinem Stab anwesend war.

Eine Invasion Norwegens wäre 1944 sicherlich nicht mehr so effektiv, aber in Jahren zuvor durchaus eine interessante Option im Sinne der von Silesia angesprochenen Perepherie-Strategie zur Ausschaltung wichtiger Rohstoffquellen für das Deutsche Reich.

Im Rahmen der Operation Fortitude (North- (Norwegen) and South- Fortitude) wurde ein Teil der Planungen herangezogen für umfangreiche Täuschungsmanöver, um von der Normandy abzulenken. Und wirkten so über die reale Planung hinaus als "vorgetäuschte Planung" weiter.

http://de.wikipedia.org/wiki/Operation_Fortitude
 
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Thanepower hat das schon dargestellt, aber ich greife das Overy-Zitat nochmal auf und setzte einige Einfügungen /Fettdruck/ hinein, um das Overy-Zitat von Bdaian zu verdeutlichen:

Aus Richard Overys "Die wurzeln des Sieges":
"Die britische Führung begegnete allen Plänen einer Invasion über den Ärmelkanal stets [für 1942/43] mit großer Zurückhaltung und lehnte einen umfassenden Angriff auf das europäische Festland für das Jahr 1942 [als unrealistisch] ab.

Statt dessen gelang es Churchill im Juli, Roosevelt für die Idee einer anglo-amerikanischen Landung in Nordafrika zu gewinnen - sehr zum Mißfallen der amerikanischen Stabschefs, die ihren Präsidenten vergeblich umzustimmen versuchten [Kontroverse Gymnast/Torch versus Bolero/Roundup bzw. späteres Overlord]. Im Gegenzug erklärten sich die Briten damit einverstanden, vorbereitende Planungen für einen Frontalangriff auf das von den Deutschen besetzten Europa einzuleiten [besser: fortzuführen, britische Planungen gab es schon seit Ende 1941].

Erst im April 1943 wurde jedoch ein entsprechender Planungsstab bei einem noch zu ernennenden alliierten Oberbefehlshaber eingerichtet, dessen Leitung der britische General Frederick Morgan übernahm (Chief of Staff to the Supreme Allied Commander - Cossac). Von seinen amerikanischen Mitarbeitern stimmten alle für einen Trans-Kanal-Angriff [1943], während die britischen Planer [für 1943] eher "vorsichtig" waren und Morgan selbst die Risiken eines derartigen Unternehmens für "erschreckend " hielt. Die Briten bevorzugten den indirekten Weg über das Mittelmeer und die Bombardierung des deutschen Reichsgebiets, um Hitler zu besiegen [das ist missverständlich: die "underbelly"-Strategie Churchills war keine Substitution für "Roundup", wie man am kräftig weiterlaufenden "Bolero" für "roundup" ablesen kann. Hier ging es vielmehr um die ergänzende Mittelmeer-Strategie Sardinien/Sizilien-"Husky"/Süditalien, Balkan mit dem "Ljubljana-Gap"].

Sie legten Wert auf eine flexible Strategie und betrachteten die amerikanische Fixierung auf die Invasion als Hypothek für die künftige Kriegführung. Im Verlaufe des Jahres 1943 vergrößerte sich die Kluft in der Strategiefrage zwischen beiden Westmächten [nicht im Sinne einer Substitution von Roundup durch die "underbelly"-Strategie, sondern im Sinne des Streit um eine flexible Ergänzung].

Auf der Casablanca-Konferenz im Januar 1943 war noch keine endgültige Entscheidung zugunsten der Invasion getroffen worden, sie stellte lediglich eine von mehreren Optionen dar [es ging nur um die Ergänzung von Overlord um eine zweite (!) Invasion in Südfrankreich/Anvil oder auf dem Balkan] .

Churchills Vorhaben . die alliierte Präsenz in Nordafrika für einen größeren Druck auf Italien und den Balkan zu nutzen, wurde von Roosevelt weder begrüßt noch abgelehnt, und die Beraterstäbe beider Staatsmänner blieben ohne klare Anweisungen für künftige Pläne [das ist nebulös formuliert, klar war: Anvil wurde als Ergänzung für Overlord an die Planungsstäbe überwiesen, die Balkan-Option war abgelehnt. Churchill hielt sich daran bis zum Frühjahr 1944, als die Schwierigkeiten in Italien klar geworden waren, und nun überwunden schienen - Rom - und die Option des "Ljubljana-Gap" wieder erwogen wurde. Diese Überlegungen gingen bis 9 Tage vor Dragoon/Südfrankreich weiter.]."

für die Einfügungen siehe:
Butler, Grand Strategy, Bände II, III, IV, V
Barker, The Ljubljana Gap Strategy: Alternative to Anvil/Dragoon or Fantasy?
Molony etc., The Mediterranean and the Middle East, V und VI/1
 
Die von Dir zitierten Werke habe ich nicht gelesen. Bei Overy liesst sich das definitiv anders und er zitiert dafür verschiednen Quellen, u.A. die zeitnah verfassten Memoiren von General Allen.

Beevor schreibt im ersten Kapitel von D-Day folgendes dazu: " Im Jahr zuvor hatte Stalin allmählich den Glauben daran verloren, dass die Westalliierten, wie sie es seit 1942 versprachen, überhaupt in Nordeuropa einmarschieren würden. Churchill plädierte stets für eine indirekte oder periphäre Strategie im Mittelmeerraum, um ein weiteres Blutbad in Frankreich zu vermeiden, wo die jungen Männer seiner Generation den Tod gefunden hatten".

Ich behaupte nicht, dass noch 1944 eine Alternative erwogen wurde, aber bis weit in das Jahr 1943 haben die Briten offensichtlich gemauert.
 
Die von Dir zitierten Werke habe ich nicht gelesen. Bei Overy liesst sich das definitiv anders und er zitiert dafür verschiednen Quellen, u.A. die zeitnah verfassten Memoiren von General Allen.

Welche denn, die von der ergänzten Darstellung oben abweichen? Butler ist das Standardwerk auf Grundlage der Archive und die Monographie zur Strategie schlechthin.

Beevor schreibt im ersten Kapitel von D-Day folgendes dazu: " Im Jahr zuvor hatte Stalin allmählich den Glauben daran verloren, dass die Westalliierten, wie sie es seit 1942 versprachen, überhaupt in Nordeuropa einmarschieren würden. Churchill plädierte stets für eine indirekte oder periphäre Strategie im Mittelmeerraum, um ein weiteres Blutbad in Frankreich zu vermeiden, wo die jungen Männer seiner Generation den Tod gefunden hatten".
Ich behaupte nicht, dass noch 1944 eine Alternative erwogen wurde, aber bis weit in das Jahr 1943 haben die Briten offensichtlich gemauert.

Natürlich haben sie gemauert, weil es stets um den richtigen Zeitpunkt und den Abschluss von BOLERO ging (Aufmarsch der USA in Großbritannien mit Luft- und Landstreitkräften), und wie man die Zwischenzeit an der Peripherie richtig nutzt.

Beevors Zitat verkennt die Doppelstategie, bzw. verkürzt die britische Stategie auf das Mittelmeer. Das ist insoweit bereits unlogisch, als BOLERO für RoundUp bereits lief. Der Hinweis auf unnötige Blutbäder bezieht sich wieder auf die oben dargestellte Kontroverse des Zeitpunkts für die Landung in Frankreich. Stalin nahm in Teheran auf das Ganze nur soweit Einfluss, als dass Anvil festgelegt wurde (anstelle des Balkans, in Italien befand man sich schon), und er auf die Zeit drückte. RoundUp war schon vorher auf "so früh wie möglich" in 1944 verschoben worden.

Der (zeitlich) unrealistische Teil von Roundup geht auf das Konto der US-Planungen, die 1942 zu optimistisch eingestellt waren. Das änderte sich 1943, als man Probleme in den ersten Landschlachten in Nordafrika, Sizilien, und dann in Italien bekam. Die optimistische geplante Niederringung der Luftwaffe und die Ausschaltung von Schlüsselindustrien durch den Luftkrieg erlebten dann 1943 auch einige Probleme. Der Pessimismus der britischen Seite bzw. deren vorsichtigere Einstellung gegen überhastete Aktionen wurde damit bestätigt.
 
Overy bezeichnet Roundup und Sledghammer als amerikanische Pläne. Butler habe ich wie bereits gesagt nicht gelesen.

Bei Overy werden als Quellen zu diesen angeblichen Dissens u.A. M.Howard, "The Mediterranean Strategy in the Second World War" , Weigley, "American Way of War" und M.A. Stoler " The Politics of the second Front. American Military Planning and Diplomacy in Coalition Warfare 1941-1943"

Neben Overy und Beevor kann ich mich jedoch erinnern auch in anderen Texten über das langzeitige lavieren Churchills gelesen zu haben. Vielleicht ist das ja auch nur die amerikanische Darstellung, aber im Nachhinein ist es einfach zu behaupten, man hätte ja immer vorgehabt eine Invasion zu starten jedoch lediglich auf den richtigen Moment gewartet.

Gut, spätestens wenn die Sowjets an der Oder gestanden hätten, wären die Briten in Frankreich gelandet.
 
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