6. Juni 1944: Pleiten, Pech und Pannen?

salvus

Aktives Mitglied
Sicherlich war der 6. Juni 1944 und die damit verbundene Invasion (mit-) entscheidend für den Ausgang des 2. Weltkrieges.

Trotz der Schwierigkeiten im Abschnitt "Omaha" kann und muß man insgesamt von einem gelungenen Unternehmen sprechen. Rommel hat gegenüber seinem Ordonnanzoffizier einmal geäußert, daß die ersten 24 Stunden einer möglichen Invasion entscheidend seien.

Sieht man sich diese ersten 24 Stunden der Invasion genauer an, so bleibt die (natürlich spekulative) Frage, ob genau diese Zeitspanne nicht sehr von "Pleiten, Pech und Pannen" auf deutscher Seite geprägt waren.

Rommel rechnete nicht mit einer Invasion zu diesem Zeitpunkt und war garnicht zugegen.
Das OKW glaubte weiterhin, die Invasion sei am Pas-de-Calais zu erwarten und ging von einem Ablenkungsmanöver aus (obwohl jeder deutsche Soldat in der Normandie das Gegenteil bestätigen konnte).
Viele deutsche Offiziere waren wohl aufgrund eines "Planspiels" nicht direkt vor Ort.
Wichtige Reserven, insbesondere Panzerreserven wurden nicht bzw. zu spät herangezogen.
Die deutsche Luftwaffe war faktisch nicht vorhanden, da kurz vorher entsprechende Staffeln verlegt worden sind.
Fraglich sind natürlich auch die unterschiedlichen Sichtweisen einer Invasion und wie man einer solchen begegnen sollte bei Rommel und v. Rundstedt.

Das wirft Fragen auf, wie stark die allierte Invasion wohl von solchen Dingen begünstigt wurde.
 
Vielleicht hilft der Link mit Infos zu dem Thema und da #1 als Einstieg unjd auch als Antwort:

http://www.geschichtsforum.de/f68/krieg-im-westen-44-45-auftakt-zum-untergang-31491/index4.html

Das hatte ich übersehen.

Vielen Dank für den Link.

Trotzdem möchte ich dieses Thema aufrechterhalten.

Hier erscheinen mir die deutschen Panzerreserven im Hinterland als sehr bedeutsam.
Oder ist das nur in der Literatur so?
Hätte die Invasion bei rechtzeitigem Einsatz dieser Reserven gestoppt werden können?

Fraglich auch die Positionen der Oberkommandierenden.

Lt. v.Rundstedt wäre eine Landung nicht verhindert werden können. Der Angriff auf die Invasionstruppen sollte im Hinterland stattfinden. Rommel war gänzlich anderer Meinung.

Bleibt auch die Frage zum Ort der Invasion. Wieso hat man sich beim OKW so auf den Pas-de-Calais versteift? Nur weil die Entfernung so gering war? Der gesunde Menschenverstand spricht für diesen Ort. Aber eigentlich mußte man mit der Invasion an anderer Stelle rechnen. Eben weil...
 
Hier erscheinen mir die deutschen Panzerreserven im Hinterland als sehr bedeutsam. Oder ist das nur in der Literatur so?
Hätte die Invasion bei rechtzeitigem Einsatz dieser Reserven gestoppt werden können?

Worauf beziehst Du Dich da? Welche Reserven, welche Literatur?
 
...
Bleibt auch die Frage zum Ort der Invasion. Wieso hat man sich beim OKW so auf den Pas-de-Calais versteift? Nur weil die Entfernung so gering war? Der gesunde Menschenverstand spricht für diesen Ort. Aber eigentlich mußte man mit der Invasion an anderer Stelle rechnen. Eben weil...


Moin

Wie hättest du heute argumentiert, wenn es genau umgekehrt gekommen wäre: Truppenkonzentration in der Normandie / Landung bei Calais!

Da gäbe es sicher reichlich Kommentare wie: "Wie blöd waren die denn, Calais wäre doch viel wahrscheinlicher gewesen!"
 
Worauf beziehst Du Dich da? Welche Reserven, welche Literatur?

Ich habe kürzlich nach vielen Jahren wieder einmal das Buch von Ryan gelesen. Er erwähnt darin die 12. SS-Panzerdivision, sowie eine Panzer-Lehrdivision, die wohl in der Nähe von Paris in Reserve lagen. Diese Divisionen unterstanden wohl direkt dem OKW. Letztlich sind diese wohl zu spät in Gang gesetzt worden. Stellt sich wohl auch die Frage warum diese Divisionen so weit weg von der Küste lagen.
 
... Stellt sich wohl auch die Frage warum diese Divisionen so weit weg von der Küste lagen.

Hätte man die Divisionen zu früh in ihre Bereitstellungsräume an der Küste geführt, so hätte der Gegner reichlich Zeit diese Positionen aufzuklären und zu bekämpfen.

Aufgrund der schlechten Wetterbedingungen an den Vortagen der Invasion war für die Deutschen keine akute Gefahr gegeben. Die Alliierten hatten dagegen den Vorteil den Wetterumschwung schneller erkennen zu können!
 
Wären die deutschen Reserven früher frei gegeben worden, dann hätten die Invasionstruppen wohl deutlich höhere Verluste erlitten. Ob deshalb der ganze Plan gescheitert wäre? Ich glaube nicht, dazu war die Menge an alliiertem Kriegsmaterial einfach zu groß. Die Brückenköpfe hätten wohl auch beim Eingreifen der deutschen Truppen erst einmal erobert werden können und nach den ersten Tagen rollte die Invasion. Letztlich waren erst Abnutzung der Fahrzeuge und der zu große Transportweg für Nachschub innerhalb Frankreichs eine Bremse und weniger der deutsche Gegner.

Stellten sich Truppen, dann wurden sie in Kämpfe verwickelt und zusammen mit der Luftüberlegenheit aufgerieben, es konnte keine wirklich geschlossene und starke Verteidigungslinie etablieren.

Solwac

P.S. Bei derartig großen Aktionen wie der Invasion im Juni 1944 wird es immer "Pleiten, Pech und Pannen" geben, auf beiden Seiten. Die Frage ist nur, was davon wirkt sich nennenswert auf das Ergebnis aus?
 
Wer auch immer mir einen Roten mit dieser Erklärung
"Es geht aber nicht um das Heute, sondern um dem 06.06.1944."

für folgendem Kommentar zugedacht hat

Wie hättest du heute argumentiert, wenn es genau umgekehrt gekommen wäre: Truppenkonzentration in der Normandie / Landung bei Calais!
Da gäbe es sicher reichlich Kommentare wie: "Wie blöd waren die denn, Calais wäre doch viel wahrscheinlicher gewesen!"

Wir bewerten aber nun mal heute die Entscheidungen von damals!

Die Wehrmachtführung hatte eine 50:50 Chance bezüglich Calais oder Normandie richtig zu liegen. Beide potentiellen Landungsplätze könnten bei der zur Verfügung stehenden Truppenstärke ja nicht abgedeckt werden.

Gruß
Andreas
 
Die Wehrmachtführung hatte eine 50:50 Chance bezüglich Calais oder Normandie richtig zu liegen. Beide potentiellen Landungsplätze könnten bei der zur Verfügung stehenden Truppenstärke ja nicht abgedeckt werden.

Ich halte Deine Argumentation für völlig plausibel. Die "Wetten" standen aufgrund der alliierten Täuschungsaktionen mE sogar noch schlechter, bzw. zugunsten der Kanalenge.

Bzgl. Wettermeldungen: 1944 waren die U-Boot-Meldungen aus dem Atlantik, die für zuverlässiger Vorhersagen benötigt wurden, reine Selbstmordaktionen und daher nahezu ausgefallen.
 
Bei derartig großen Aktionen wie der Invasion im Juni 1944 wird es immer "Pleiten, Pech und Pannen" geben, auf beiden Seiten. Die Frage ist nur, was davon wirkt sich nennenswert auf das Ergebnis aus?

Das bringt die Sache gut auf den Punkt.

Abseits aller Propaganda und Hollywood-Aufarbeitungen gelang den Alliierten die Bildung des Brückenkopfes, um den dann 6 Wochen gerungen wurde, unter sehr geringen Verlusten. Die Relation unterschreitet erheblich solche Szenarien wie Saipan, Okinawa oder Iwo Jima bei solchen amphibischen Operationen und befestigten Landungsabschnitten.

Tatsächlich gelang der Wehrmacht das Festhalten im Brückenkopf Normandie solange, bis die gepanzerten Korsett-Divisonen nahezu ausgebrannt waren. Der Streit um die Aufstellung der Reserven war hauptsächlich von Rommels Erfahrungen geprägt, dass die alliierte Luftüberlegenheit letztlich bei ohnehin gegebener materieller Überlegenheit am Boden den Ausschlag geben würde.

Die deutsche Führung hatte noch Anfang Juli 1944 ambitionierte Pläne, den Brückenkopf durch einen Panzerkeil aufspalten zu lassen. Das scheiterte schon daran, dass die in der Front gebundenen gepanzerten Teile nie herausgezogen und durch einfache Infanteriedivisionen abgelöst werden konnten.

Die Schlacht ist in der Gesamtbetrachtung, ähnlich den Beiträgen von solwac und Xander, eben nicht durch die Disposition oder die ersten 48 Stunden entschieden worden. Nicht einmal die direkt bereit stehende 21.PD um Caen konnte Entscheidendes in dieser Phase ausrichten, sondern zog sich nach heftigen Kämpfen zurück. Bei Ryan und in der Verfilmung "Der längste Tag" sieht das etwas anders aus: die tatsächlich bis an den Strand vorgestoßenen Panzergrenadiere warteten auf "auf ein paar Panzer", um die Landungsflotte zu vertreiben. Das hatte aber mit den Realitäten nichts zu tun.

Sicherlich war der 6. Juni 1944 und die damit verbundene Invasion (mit-) entscheidend für den Ausgang des 2. Weltkrieges

Ist OT, aber ein Hinweis: zwischen Januar und August 1944 wurden an der Ostfront rd. 100 deutsche Divisionen zerschlagen, und diese waren im Vergleich zu den Westdivisionen keinesfalls "minderwertig".
 
Zuletzt bearbeitet:
Sieht man sich diese ersten 24 Stunden der Invasion genauer an, so bleibt die (natürlich spekulative) Frage, ob genau diese Zeitspanne nicht sehr von "Pleiten, Pech und Pannen" auf deutscher Seite geprägt waren.

Zur Einschätzung der Invasion durch Hitler und das OKW:
Dass die Invasion in Berchtesgarden im Führerhauptquartier bewusst zur Kenntnis genommen wurde und "freudig" begrüßt wurde kann man in den Tagebüchern von Goebbels nachlesen (Tagebücher, Bd. 5, Piper, S.2051).

Wobei sich Hitler am 06.06.1944 gegenüber Speer auch anders geäußert hat und weitere Invasionspunkte für wahrscheinlich hielt. (Ose: Entscheidung im Westen, S.113). Damit gab es eine Übereinstimmung in der Lagebeurteilung zwischen Rundstedt und Hitler. Alle folgenden Entscheidungen über die Freigabe von Reserven sind vor diesem Hintergrund zu bewerten.

Und zur Beurteilung der Invasionsfront. Die Fehleinschätzung der Feindlage und die Entscheidungen über den Einsatz der Kräfte ging von Hitler aus, der die "Armee Patton" am Pas de Calais erwartete, bestätigt und irregeführt durch den angloamerikanischen Geheimdienst.

Hitler fühlte sich subjektiv informiert und glaubte zu wissen, was in der Normandy passiert. Allerdings ist objektiv einzuschränken, dass die Feindaufklärung der WM absolut unzureichend war, sieht man von SIGINT und Kampfaufklärung ab, da es nahezu keine Luftaufklärung mehr gab. Die Täuschung von Hitler ging von den alliierten Geheimdiensten aus, die systematisch die Bedrohung der 15. Armee durch die Armee Patton versucht haben möglichst lange aufrechtzuerhalten (vgl. A.C. Brown: Bodyguard of Lies).

Wirft man ein Blick auf die Chonologie der Ereignisse, dann steht im Kriegstagebuch des WFSt folgendes:
"16.06.1944: ...die eigenen Massnahmen werden durch die Absprungbereitschaft der 1. amerikanischen Heeresgruppe [umgangssprachlich die Armee Patton] in Südostengland, die einen Angriff gegen die Front der 15. Armee wahrscheinlich macht, verzögert." (S. 456)
"07.07.1944: Weisung für die Kriegsführung im Westen: Da eine Landung bei der 15.Armee, sowie an der Mittelmeerküste wahrscheinlich, .... Die Reserven hinter der 15.Armee müssen vorläufig bleiben." (S.458)
"18./19.06.1944:...Es beginnt sich in Abfluß von Verbänden der Heeresgruppe Patton in Südengland in den Landekopf abzuzeichnen, wodurch die Wahrscheinlichkeit ener feindlichen Großlandung beim AOK 15 abnimmt." (S. 458)

Diese Irreführung hielt bis Ende Juli an und führte dazu, dass die 15. Armee völlig passiv blieb und weiterhin den größten Anteil des Nachschubs erhielt. So hat Hitler die rechtzeitige Freigabe der OKW-Reserven verhindert und dafür gesorgt, dass der durchaus als "heroisch" zu bezeichnende Abwehrkampf der 7. Armee zu einem sinnlosen Opfer wurde, da sich die Reihen der Divisionen dramatisch lichteten und bis Mitte August nicht mehr zu ersetzende Verlust in der Höhe von 250.000 deutschen Soldaten eintraten.

Zum Tag der Invasion:
Betrachtet man Warlimont (Im Hauptquartier der deutschen Wehrmacht 1939 bis 1945, Bd. 2, S.454) dann wird ersichtlich, dass der Chef des Generalstabs des OB West bereits um 06 Uhr am 06.06.1944 dem stellvertretenden Chef des WFSt. einen Bericht gab und auf die Invasion hingewiesen hat. Die Entscheidung über die Nicht-Freigabe von Reserven (Panzereinheiten) zur schnellen Bekämpfung der lokalen Bedrohung in der Normandy wurde von Jodl getroffen. Somit verhinderte das OKW eine schnelle Reaktion und nicht die lokalen Spitzengliederungen!

Ein paar Anmerkungen zur Dislozierung einzelner Truppenteile am Tage der Invasion, auch um die Frage zu beleuchten, ob es hätte besser gemacht werden können. Beispielsweise bezogen auf die 12. SS Pz. Div.

Die tiefgreifenden unterschiedlichen Konzepte der Führungsgremien (Hitler, OKW, OB West, OB HG sowie der beteiligten Kommandeure der Panzereiheiten sei nur als Rahmenbedingung hingewiesen. Vor diesem sehr wichtigen Hintergrund des von Hitler im wesentlichen zu verantwortenden Befehls- und Dislozierungs-Chaos ist die Vermutung bzw. die Unterstellung, diese Division hätte bereits im Morgengrauen die Invasionsstrände angreifen können, einfach absurd. In Unkenntnis der Bedrohungssituation war im Rahmen der Reduzierung der Unsicherheit eine "Kampfaufklärung" in Richtung Caen durch die 12. SS Pz Div. vorgenommen worden.

Dabei sind die nachfolgenden Befehle einer Versammlung dieser Einheit bei Lisieux militärisch sinnvoll und geradezu zwingend gewesen. Ein Blick auf die Karte offenbart den Grund. Es gab keine Alternative zu Lisieux wollte man die Division in Richtung Caen zusammenziehen. Das ergibt sich aus dem Stationierungsraum der Division auf der Linie: Bernay, Orbee, Vimoutiers. Für alle drei Bereiche war Lisieux gleich gut zu erreichen. Von Lisieux führte ein gut ausgebautes Straßennetz nach Caen.

Die mit diesem Vormarsch und dem Versammlungsraum antizipierten Verluste bleiben dann auch aus. Insgesamt erfolgte das Vorrücken der 12. SS Pz-Div. im Rahmen der vorhandenen Beurteilung der Feindlage. Diese war gekennzeichnet durch unvollständige Informationen und am 06.06.44 konnte kein Divisionskommandeur in diesem Raum beurteilen, wie sich die Feindlage objektiv darstellt! Es hätte auch ein erweitertes Kommandounternehmen ala Dieppe sein können, oder ein Ablenkungsangriff im Rahmen einer Invasion, die an anderen Punkten stattfindet

Erst- bzw. Zweitklassigkeit der eingesetzten Divisionen. Es wird teilweise unterstellt, dass es sich bei der 21 Pz Div um eine zweitklassige Division handeln würde und so eine Erklärung für ihr "Versagen" bereitstellen. An diesem Punkt soll auf Zetterling verwiesen werden und seine Darstellung der Einheiten. Im einzelnen gibt Zetterling das Mengengerüst wie folgt wieder: "Since this was an unusal division it can be of interest to present its equipment in detail:
Stab Pz.Rgt. 22 3 Pz III, 1 Pz III (Bef), 5 Pz IV lg
Stab I./Pz.Rgt. 22 1 Pz III, 1 Pz III (Bef), 5 Pz IV lg
1./Pz.Rgt. 22 17 Pz IV lg.
2./Pz.Rgt. 22 17 Pz IV lg.
3./Pz.Rgt. 22 17 Pz IV lg.
4./Pz.Rgt. 22 17 Pz IV lg.
Stab II./Pz.Rgt. 22 5 Pz IV lg., 3 Somua (Bef)
5./Pz.Rgt. 22 5 Pz IV lg., 9 Somua
6./Pz.Rgt. 22 5 Pz IV lg., 2 Hotchkiss, 13 Somua
7./Pz.Rgt. 22 5 Pz IV lg., 13 Somua
8./Pz.Rgt. 22 6 Pz IV kz. "

Insgesamt kann man erkennen, dass es sich absolut nicht um eine zweitklassige Pz. Division gehandelt hatte. Bezogen auf ihre Ausstattung mit LKW und Zugmaschinen gehörte sie sogar zu den besser ausgestatteten Einheiten.

Ein weiterer Punkt, der zur Diskussion anregt, war der zeitgleiche Abtransport der Panther Abteilung der Panzerlehr-Division. Die verladenen Panzer/Panther gehörten organisatorisch zur 3. Pz. Division, die im Osten stationiert war. Die Verlegung folgte somit, trotz der drohenden Gefahr der Invasion, aus primär organisatorischen Überlegungen. Am 05. 06.44 waren die östlichsten Züge bereits bei Magdeburg während die letzten noch bei Paris waren.

Die Ursache für den Abfluss der Pantherabteilung war, dass die 3. Panzer Div aufgefrischt werden sollte. Ihr Status war im Juni 44: Reserve, unterstellt bei 6. Armee in der Südukraine am Dnjestr bei Kishinev. Für 2 Monate (Juni und Juli) war sie aus den aktiven Kämpfen herausgezogen worden.

Die Verlagerung dieser Panzer ist militärisch vermutlich unsinnig gewesen, deswegen auch der Protest von Bayerlein. Und Panzer von der Westfront an die Ostfront zu verlegen war in doppelter Hinsicht schwierig. Zum einen war die ausdrückliche Genehmigung von Hitler für die Verlegung zu erwirken, um dem Ausbluten des Westheeres im Vorfeld der Invasion entgegen zu wirken und zum anderen die Bereitstellung von ausreichendem Transportraum für die Verladung der Panzer. Ab Mitte 1944 zeichnete sich eine "Transportkrise" ab, die spätesten im November 44 zu einer harten Reglementierung von Transporten führte.

Die Verlegung war jedoch mittelfristig bereits eingesteuert worden und somit völlig unabhängig von irgendwelchen Terminen im Rahmen der Invasion.

Die Dislozierung und die Verlegung des III Flakkorps stellt einen weiteren Aspekt dar, über die Dislozierung von WM-Einheiten im Rahmen der Invasion wild zu spekulieren.
1. Das Flakkorps war nach der Neuformierung Anfang März/April 44 erst einsatzbereit.
2. Im Kern bestand es aus 4 motorisierten Flak-Sturmregimentern.
3. Anfang Mai die Forderung von Rommel an Göring, es dem Heer zu unterstellen und im Raum Orne Vire, dem späteren Invasionsraum zu stationieren. Göring lehnte es ab und so blieben die überwiegenden Teile direkt am Kanal stationiert.
4. Ende Mai (25.05) übernahm W. Pickert (W. Pickert: Das III Flakkorps in der Normandie-Schlacht) das Korps.
5. Flak-Sturmregiment 2- 4 lagen zu diesem Zeitpunkt am Kanal (Nähe Pas de Calais), während das 1. Flak-Sturmregiment bereits in Bayeux, also in der Normandie, am D-Day lag! Es wurde dahin kurz vor Beginn der Invasion verlegt (vgl. Pickert, s.o. S. 6).
6. Noch am 06.06.44 wurde der Befehl erteilt, das restlich Korps in die Normandie - also für FStReg. 2 bis 4 !!!! in die Normandy zu verlegen.
7. Während der kritischen Tage im Rahmen der Schlacht in der Normandy wurde Pickert zur Berichterstattung zu Göring zitiert.

Das Fazit: Es waren insgesamt weniger Pleiten, Pech oder Pannen, sondern eine gezielt Desinformation von Hitler durch die angloamerikanischen Täuschungsmaßnahmen und eine desaströse Gesamtlage in Italien und an der Ostfront.

Das Bild einer Decke, die man nach rechts zieht und sofort die linke Seite entblößt, wäre vermutlich eine angemessene Methaper, um die extreme Überbeanspruchung der WM zu illustrieren. Im Rahmen der wenigen zur Verfügung stehenden Optionen, haben die Verbände der WM einen relativ erfolgreichen, aber völlig sinnlosen Abwehrkampf geliefert. Und dieses war Leuten wie Rommel oder Speidel bewußt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ist OT, aber ein Hinweis: zwischen Januar und August 1944 wurden an der Ostfront rd. 100 deutsche Divisionen zerschlagen, und diese waren im Vergleich zu den Westdivisionen keinesfalls "minderwertig".
Die Invasion war politisch entscheidend für den Ausgang des ganzen Krieges:

Durch den Angriff konnten die westlichen Alliierten besser als in Italien nach Deutschland vorrücken und so die komplette Besetzung Mitteleuropas durch die Rote Armee verhindern. Auch konnte Stalin nicht mehr behaupten, seine Soldaten würden alleine siegen. Außerdem wurde Frankreich so u.a. von de Gaulle und den Truppen des freien Frankreichs befreit, wichtig für das Selbstbewußtsein der Grande Nation und die Anerkennung als Siegermacht.

Militärisch war die Entwicklung an der Ostfront höchstens zu verzögern. Die gesteigerte Produktion im Jahr 1944 ist zwar beeindruckend, aber der Materialvorteil (nicht zuletzt durch alliierte Hilfe) der Roten Armee wurde dennoch größer.

Solwac
 
In dem Zusammenhang meine ich mich zu erinnern, von einem "Invasionsplanspiel" gelesen zu haben, das in den 50er Jahren in England stattgefunden haben soll. Neben den damals beteiligten Vertretern der alliierten Streitkräfte nahmen auch Deutsche teil, die die Sicht der Gegenseite repräsentieren konnten. Ziel dieser Veranstaltung war neben der Rekonstruktion der Invasion eine Fehleranalyse der Entscheidungen.

Auf die Schnelle konnte ich zu dieser "rekonstruierten Invasion" nichts finden. Trügt mich hier mein Gedächtnis ganz oder teilweise? Falls nicht, welche Schlüsse wurden dann aus diesem "Planspiel" gezogen?
 
Moin

Wie hättest du heute argumentiert, wenn es genau umgekehrt gekommen wäre: Truppenkonzentration in der Normandie / Landung bei Calais!

Da gäbe es sicher reichlich Kommentare wie: "Wie blöd waren die denn, Calais wäre doch viel wahrscheinlicher gewesen!"

Das ist wohl nicht ganz von der Hand zu weisen...:pfeif:

Letztlich ist es wohl so das es utopisch ist eine derartig lange Küstenlinie entsprechend zu kontrollieren.

Hier fällt dann aber wieder auf, daß die 7. Armee zunächst nicht in Alarmbereitschaft versetzt wurde - im Gegensatz zur 15. Armee.
 
Zu den Panzerreserven noch ein kurzes Wort:
Viel entscheidender als die inaktivität der Panzer war das Fehlen von starken Luftwaffenkräften im Westen. 1944 war die Luftüberlegenheit der Alliierten so massiv, dass selbst wenn die Panzer noch am Tag der Invasion in Marsch gesetzt worden wären, sie bei einer Tagesbewegung massivste Verluste durch die Alliierten Schlachtflieger (primär Hawker Hurricane und P-47 Thunderbolt) erlitten hätten.
 
Die Invasion war politisch entscheidend für den Ausgang des ganzen Krieges:

Ich meinte allerdings nicht politisch entscheidend, sondern militärisch entscheidend. :winke:

Die Ostfront-Verluste stellten alles andere weit in den Schatten, auch die Normandie inkl. Kessel von Falaise.
 
Zu den Panzerreserven noch ein kurzes Wort:
Viel entscheidender als die inaktivität der Panzer war das Fehlen von starken Luftwaffenkräften im Westen. 1944 war die Luftüberlegenheit der Alliierten so massiv, dass selbst wenn die Panzer noch am Tag der Invasion in Marsch gesetzt worden wären, sie bei einer Tagesbewegung massivste Verluste durch die Alliierten Schlachtflieger (primär Hawker Hurricane und P-47 Thunderbolt) erlitten hätten.

Hierzu eine kurze Frage:

Ist es richtig, das v. Rundstedt diese Reserven eigenmächtig in Gang gesetzt hat und die Panzer dann im zerstörten Caen steckengeblieben sind?
 
Hierzu eine kurze Frage:

Ist es richtig, das v. Rundstedt diese Reserven eigenmächtig in Gang gesetzt hat und die Panzer dann im zerstörten Caen steckengeblieben sind?

Die 21.PD bekam mittags die Freigabe und rückte dann westlich der Orne in die Hügelketten nördlich Caen Richtung Invasionsstrand mit ihrem Panzerregiment vor. Dort wurde sie vor einer Anhöhe von inzwischen errichteten britischen Pak-Linien unter recht erheblichen Ausfällen gestoppt. Die 12. SS-PD schloss sich weiter westlich an.

Die Panzer sind nicht in Caen am 6.6. steckengeblieben. Oder meinst Du ein anderes Ereignis?

Siehe auch hier ab #7
http://www.geschichtsforum.de/f68/w-re-eine-invasion-mittelfrankreich-erfolgreicher-gewesen-26133/
 
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