Ab wann begann die systematische wissenschaftliche Forschung?

Griffel

Mitglied
Der gute Griffel ist es mal wieder.:cool: Ich habe mir mal wieder ein paar Gedanken gemacht und dabei, bin ich auf die oben genannte Frage gestoßen.

Der Einfachheit halber, fangen wir mal mit "Deutschland" an oder besser gesagt, dass was mal Deutschland werden sollte.:rolleyes: Ich gebe zu, ich habe keine umfangreichen Quellen. Aber was die gängigen Naturwissenschaften angeht, kann ich sagen, dass man von einer wirklich professionellen Forschung, samt Universitäten und Laboren, erst am der zweiten Hälfte des 19. Jhrd. sprechen kann.

Gurt! Ich weis, es gab vorher schon einige Wisschaftsintusiasten wie z.B. Humboldt. Aber und seine Zeitgenossen, wurden eher als komische Vögel angesehen!:confused: Natürlich gab es auch Unterschiede! Es hing zum Einen vom Land ab und zum Anderen von der Diziplin! Im Falle der Geographie beispielsweise, gab es schon früh umfangreiche Unternehmungen. Diese waren stets politisch motiviert. Versprach man sich doch Vorteile im Ringen der Weltmächte. In diese Kategorie fallen ganz klar Captain Cook und seine Fahrten! (Ganz Recht, ich meine nicht den mit den Saxophonen.:D)

Die meisten sogenannten Entdeckungsfahrten, waren aber weniger von wissenschaftlicher Neugier geprägt. Als von klaren Gewinninteressen. Dennoch würde mich interessieren, ob es irgendwelche Fixpunkte, in der Wissenschaftsgeschichte gibt.
 
Die meisten sogenannten Entdeckungsfahrten, waren aber weniger von wissenschaftlicher Neugier geprägt. Als von klaren Gewinninteressen.
Die Frage ist, ob man das so einfach trennen kann. Wenn heute die Arktis von Wissenschaftlern besucht wird, stecken da mehr als nur wissenschaftliche Interessen dahinter. Die Staaten, die als "Anrainer" ein streitbares (streitbar, nicht unbestreitbar) Recht auf Meeresböden beanspruchen, weil geologisch irgendeine Unterwasserstruktur zu Finnland, Norwegen, Russland, Kanada oder den USA gehört, schicken wissenschaftliche Expeditionen los, denen man die Wissenschaftlichkeit nicht absprechen kann und die dennoch deshalb losgeschickt werden, weil sich da Leute was von versprechen. Man kann aber den Wissenschaftlern deswegen nicht ihre wissenschaftliche Neugier absprechen.

Bevor wir aber von Wissenschaft sprechen können, benötigen wir eine wissenschaftliche Methodik. Ein Kolumbus oder ein Dom Enrique oder ein Vasco da Gama hatten diese Methodik noch nicht, zumindest nicht in unserem Sinne, aber deswegen würde ich ihnen nicht das Interesse an Erkenntnisgewinn, über die monetären Gewinnabsichten hinaus, absprechen wollen.

Ich würde sogar sagen, dass mit der Entwiclung des Kapitalismus sich auch die Wissenschaft entwickelt hat, weil letztlich beides Errungenschaften der bürgerlichen Gesellschaft und ihres Gesellschaftsmodells sind.
 
Sorry @Griffel,

was ich sagen wollte; es macht absolut keinen Sinn damit in einem Land zu beginnen, noch dazu in einem das nur in der eigenen Vorstellung besteht.

Und dann ist es natürlich die Frage welches Gebiet die Forschung hat. Nimmt man die Astronomie, dann geht systematische Forschung sehr weit zurück. Chinesische und japanische Aufzeichnungen aus dem Jahre 1054 sind heute sehr wertvoll um die Dynamik des Krebsnebel zu deuten. Doch wurden systematische Beobachtung des Himmels schon sehr viel länger durchgeführt.

Nimmt man die Physik, dann beginnt die wohl erst viel später. Um 1600 baut Galilei ein Physiklabor auf, in dem er z.B. die Fallgesetze bestimmt und nebenbei Aristoteles in dieser Sache widerlegt.
Ob vor Galilei schon jemand so etwas aufgebaut hat, ist nicht bekannt. Bekannt ist, dass mit Galilei sich die Experimentalphysik durchsetzt. Als fangen wir der "Einfachheit halber" besser mit Italien an, das es auch noch nicht gab?
 
Systematische Wissenschaft basiert auf einer Reihe von Elementen, die zu sehr unterschiedlichen Zeitpunkten in der Menschheitsgeschichte an Bedeutung gewonnen haben.

1. Die Formulierung einer Theorie, die als "Paradigma" eine intersubjektive Akzeptanz erhalten hat (vgl. Kuhn, S. 10 ff). Das betrifft im wesentlichen den Bereich, den Kuhn als "Normal Science" begreift.

Diese Form von Erkenntnis dürfte in der Antike an Bedeutung gewonnen haben, wie beispielsweise die Übernahme von "Wissen" der Griechen von den Ägyptern.

2. Sie basiert aber auch in der Fortführung von "Paradigmen" auf der Tradierung und der Vorstellung einer Kumulativen Mehrung des Wissens im Rahmen von Paradigmen. Zumindest bis zum Zeitpunkt eines "Paradigmenwechsels".

Diesen Aspekt der "Fortführung" und "Ergänzungs" von Theorien berührt Merton bei seinen "gelehrigen" Betrachtungen zur Frage des Sitzens auf den Schultern von Riesen. Eine Formulierung, die u.a. von Bewunderern Newtons ihm zugeschrieben worden ist. (Merton, S. 39)

4. Ihre Ergänzung findet Wissenschaft in der spezifischen Organisationsform und den damit zusammenhängenden
Netzwerken der jeweiligen Personen. Und - wie oben schon angedeutet - zeigt Rexrodt, dass wichtige Impulse zur Ausformung einer Organisationsform von "Wissensproduktion" im Rahmen von Universitäten durch die unterschiedlichen Schulen der Scholastik mit initiert worden ist.

5. Wichtige Probleme im Rahmen der Erkenntnistheorie, die die Ausformulierung einer universellen Form von Wissenschaft erleichterten und die Idee einer empirischen Fundierung im Zuge von "Falsifikation" für viele Disziplinen anregte, wurden neben Bacon auch von Descartes formuliert.

Ein zentraler Aspekt, der uns Heute mehr denn je betrifft, wenn "Fakenews" und seriöse Wissenschaft mit ihren überprüfbaren "Allsätzen" von vielen hinsichtlich ihrer "Wahrheitsfähigkeit" nicht mehr angemessen in ihrer Unterschiedlichkeit hinsichtlich des "Geltungsanspruchs" verstanden werden.

Aus diesem historischen Flickenteppich heraus entstand in Europa ein bestimmtes Verständnis der "Wissensproduktion", die durch die säkularen Aspekte der Aufklärung in ihrer Dynamik beschleunigt wurde.

Dabei darf man nicht übersehen, dass in Indien und China ebenfalls eine hochentwickelte Form von "Wissensproduktion" betrieben worden ist.

Kuhn, Thomas S. (1970): The structure of scientific revolutions. 2. ed., enlarged. London: University of Chicago Press.
Merton, Robert King (1983): Auf den Schultern von Riesen. Ein Leitfaden durch das Labyrinth der Gelehrsamkeit. 1. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp
 
Zuletzt bearbeitet:
Folgt man Alison Gopnik, dann betreiben Kleinkinder üblicherweise systematisch physikalische Experimente und werten diese auch statistisch aus. Mensch & Geist: Kleinkinder begreifen mehr
Wer selbst die Freude hatte einem Kleinkind, das noch nicht einmal richtig selbständig essen kann, zuzusehen wie es immer und immer wieder verschieden Gegenstände runterwirft um staunend hinterher zu schauen, dem mag das einleuchten.
Oder gib einer/einem Dreijährigen einen Vollgummiball und schau zu was passiert. Da wird das Impulserhaltungsgesetz mit unermüdlicher Begeisterung studiert. (Ausprobieren, wenn der kleine Mensch dergleichen noch nicht kannte, dann wird er nicht bald aufhören den Effekt zu bestaunen.)
Und wie anders könnte es auch sein, dass der Mensch zwar Computer nicht mehr im Schach besiegen kann, doch vergleichsweise sehr mühelos einen Ball spielt?

Oder sag zu einem Baby fünfmal "Bubububu" und beim sechsten Mal "Bubububa". (Einfach mal ausprobieren.)
Plötzlich schaut das Baby anders. "Was war das?"

Man kann annehmen, dass systematische Forschung bereits dem Kleinkind innewohnt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist doch mal schön! :)

Ich glaube, ich muss hier erst einmal ein Missverständnis aufklären! Eines, welches ich selbst verursacht habe.:confused:
Wisschaftliche Forschung, war seit jeher einem starken Wandel unterworfen. So gab es ja schon in der Antike, viele interessante Ansätze. Man denke nur an die Architektur.

Aber immer wieder, waren ja vor allem politische und religiöse Motive, ein Grund dafür, dass die Wissenschaft behindert wurde. Die Kirchen sind hier ein gutes Beispiel. Nikolaus Kopernikus und Konsorthen, standen ja stets mit einem Bein im Kerker - wenn, sie glück hatten. Und auf dem Schafott wenn, sie pech hatten.

Erst ab dem 17. Jahrhundert, besserte sich die Lage allmählich. Man denke an Sir Issac Newton. Aber auch hier, war die Entwicklung stark vom Staat abhängig.

Was nun das sogenannte Heilige Römische Reich deutscher Nation anging, da war die Sache noch etwas komplizierter! Aufgrund der starkten Zersplitterung, gab es zwar einerseits viel Konkurrenz. Da die einzelnen Herrschaften, versucht waren, sich gegenseitig auszustechen. Aber andererseits, führte das auch zu unnötigen Doppelefekten.

Das zeigte sich ja speziell, beim Bauen. Nicht umsonst, wollte jeder, sein eigenes Versailles haben.:rolleyes: Zwar wurden auch verschiedene Universitäten gegründet bzw. ausgebaut. Aber soweit mir bekannt ist, waren die zur damaligen Zeit, eher für die Ausbildung der Staatsbeamten gedacht. Auch die Existenz, wissenschaftlicher Fachbereiche, bildete sich erst langsam Heraus. Siehe den Herrn Leibnitz. Aber man kann nicht leugnen, dass speziell Deutschland bis zur 2. Hälfte des 19. jhrd. erheblichen Nachholbedarf hatte. Was ja auch die eher langsame Industriealisierung erklärt.

Aber ich denke, es ist wohl nicht falsch wenn, zumindest für Europa, England eine Vorreiterrolle zugesteht. Dort hat Schulbildung, eine lange Tradition. Was sich durch die vielen Internate belegen lässt. Dies wiederum begünstigte natürlich die Forschung. Und das dürfte seinen Teil zum Aufstieg Englands zur See und Weltmacht beigetragen haben.
Besonders in den technischen Bereichen, Bauwesen, Schiffsbau, Architektur.
 
Man kann von systematischer wissenschaftlicher Forschung wahrscheinlich erst mit der Gründung der Universitäten sprechen. Dazu bietet sich diese Tabelle an. Als deren Vorläufer würde ich die Schulen Pythagoras, Platons und andere Schulen Athens sehen, die aber keine lange Kontinuität hatten, d.h. zwischen diesen Schulen und den Universitäten des Hochmittelalters klafft eine ca. eintausendjährige Lücke.

Das ist natürlich nur auf Europa bezogen.
 
Ohne die Bedeutung der Universitäten im Mittelalter und der septem artes liberales geringschätzen zu wollen: Wissenschaft in unserem Sinne ist das noch nicht. Die Scholastik hat sicherlich ein Instrumentarium geschaffen, dass wir teilweise auch heute noch in den Wissenschaften immer noch finden, und das sich bewährt hat, war aber insgesamt zu autoritätsgläubig um genau das zu tun, was Wissenschaft ausmacht: Die Autoritäten zu überholen. Einem Aristoteles, einem Isidor oder gar der Bibel widersprach man einfach nicht.
 
Das kann man nicht so generell sagen, El Quijote, denn der Stauferkaiser Friedrich der Zweite widersprach Aristoteles durchaus – siehe sein Werk De arte venandi cum avibus („Über die Kunst mit Vögeln zu jagen“) –, denn er schrieb nicht einfach ab, was andere vor ihm geschrieben, sondern verließ sich auf eigene Beobachtungen, und war auf diesem Gebiet selbst ein Naturwissenschaftler. Er gründete 1224 auch die Universität von Neapel (mit naturwissenschaftlichen Fächern!), an der die Kleriker – und damit zumindest teilweise die Bibel – nichts zu sagen hatten.
 
Harari macht den Schnitt exemplarisch bei Kolumbus und Vespucci: während Kolumbus noch ganz ein Mensch des Mittelalters (der Scholastik, aber die erwähnt Harari nicht explizit) gewesen sei, der sich nicht vorstellen wollte, dass es außer den in der Bibel genannten Kontinenten Afrika, Asien und Europa noch weitere Kontinente gab, so habe Vespucci eben erkannt, dass es sich um keinen dieser Kontinente handele und es ein eigener Kontinent sei, daher habe Behaim fälschlich aber folgerichtig den Kontinent nach Vespucci benannt. Im Mittelalter habe die Kartenmalerei keine weißen Flecken gekannt, im 15. und 16. Jhdt. gab man zu, dass man nicht so genau wusste, wie die Welt aussah, dies sei gewissermaßen die wissenschaftliche Revolution.
Man mag das als sehr (oder zu) plakativ kritisieren (ich würde das z.B. tun), aber der Gedankengang ist durchaus nachvollziehbar.
 
Ohne die Bedeutung der Universitäten im Mittelalter und der septem artes liberales geringschätzen zu wollen: Wissenschaft in unserem Sinne ist das noch nicht.

Motto der Royal Society ist „Nullius in Verba“, das sich mit „nach niemandes Worten“ übersetzen lässt (gemeint ist wohl „auf niemandes Worte schwören“ – Nullius in verba iurare). Es steht für den erklärten Willen der Gesellschaft, eine nur experimentell bewiesene Wissenschaft zu begründen, die sich nicht damit begnügt, Autoritäten zu zitieren. Obwohl es heute selbstverständlich scheint, war dies zum Gründungszeitpunkt ein deutlicher Bruch mit der bis dahin vorherrschenden Wissenschaftsphilosophie.
 
Friedrich der Zweite widersprach Aristoteles durchaus – siehe sein Werk De arte venandi cum avibus („Über die Kunst mit Vögeln zu jagen“) –, denn er schrieb nicht einfach ab, was andere vor ihm geschrieben, sondern verließ sich auf eigene Beobachtungen, und war auf diesem Gebiet selbst ein Naturwissenschaftler.
Er übersetzte auf dessen Wunsch das Abbrevatio de animalibus des Avicenna, das achte Buch der Naturkunde im Buch der Genesung,[2] welches dann Friedrich II. für sein Falkenbuch De arte venandi cum avibus verwendete.
Michael Scotus – Wikipedia
 
Das ist doch mal schön! :)

Ich glaube, ich muss hier erst einmal ein Missverständnis aufklären! Eines, welches ich selbst verursacht habe.:confused:
Wisschaftliche Forschung, war seit jeher einem starken Wandel unterworfen. So gab es ja schon in der Antike, viele interessante Ansätze. Man denke nur an die Architektur.

Aber immer wieder, waren ja vor allem politische und religiöse Motive, ein Grund dafür, dass die Wissenschaft behindert wurde. Die Kirchen sind hier ein gutes Beispiel. Nikolaus Kopernikus und Konsorthen, standen ja stets mit einem Bein im Kerker - wenn, sie glück hatten. Und auf dem Schafott wenn, sie pech hatten.

Erst ab dem 17. Jahrhundert, besserte sich die Lage allmählich. Man denke an Sir Issac Newton. Aber auch hier, war die Entwicklung stark vom Staat abhängig.

Was nun das sogenannte Heilige Römische Reich deutscher Nation anging, da war die Sache noch etwas komplizierter! Aufgrund der starkten Zersplitterung, gab es zwar einerseits viel Konkurrenz. Da die einzelnen Herrschaften, versucht waren, sich gegenseitig auszustechen. Aber andererseits, führte das auch zu unnötigen Doppelefekten.

Das zeigte sich ja speziell, beim Bauen. Nicht umsonst, wollte jeder, sein eigenes Versailles haben.:rolleyes: Zwar wurden auch verschiedene Universitäten gegründet bzw. ausgebaut. Aber soweit mir bekannt ist, waren die zur damaligen Zeit, eher für die Ausbildung der Staatsbeamten gedacht. Auch die Existenz, wissenschaftlicher Fachbereiche, bildete sich erst langsam Heraus. Siehe den Herrn Leibnitz. Aber man kann nicht leugnen, dass speziell Deutschland bis zur 2. Hälfte des 19. jhrd. erheblichen Nachholbedarf hatte. Was ja auch die eher langsame Industriealisierung erklärt.

Aber ich denke, es ist wohl nicht falsch wenn, zumindest für Europa, England eine Vorreiterrolle zugesteht. Dort hat Schulbildung, eine lange Tradition. Was sich durch die vielen Internate belegen lässt. Dies wiederum begünstigte natürlich die Forschung. Und das dürfte seinen Teil zum Aufstieg Englands zur See und Weltmacht beigetragen haben.
Besonders in den technischen Bereichen, Bauwesen, Schiffsbau, Architektur.

Die ältesten Universitäten im Heiligen Römischen Reich waren Prag und Heidelberg. Im 16. Jahrhundert wurde von Landgraf Philipp Marburg als erste protestantische Universität gegründet. Auch Leipzig, Jena und Königsberg waren renommierte Universitäten. Unterschiedliche Fachbereiche wie philosophische Fakultät, theologische, juristische und medizinische gab es relativ früh. Die Georgia Augusta, die Georg August Universität in Göttingen wurde relativ spät, 1737 gegründet. Der britisch-hannoversche Hof investierte großzügig, und Göttingen erwarb sich bald international einen guten Ruf als eine der renommiertesten deutschen Hochschulen. Um adelige Studenten anzuziehen, wurde sogar eine Reithalle gebaut. Die Reithalle gibt es leider nicht mehr, dort wo sie stand, befindet sich heute die JVA Göttingen.

Insgesamt hatten deutsche Hochschulen durchaus einen guten Ruf, und eigentlich kann auch keine Rede davon sein, dass Deutschland, oder besser gesagt die deutschen Länder GB bis ins 19. Jahrhundert rückständig gewesen wären. Sicher war GB stärker und früher industrialisiert, auf dem Gebiet der chemischen Industrie waren deutsche Wissenschaftler führend, auch in den Fachbereichen Medizin, Geschichtswissenschaft, Astronomie, Physik waren von deutschen Hochschulen seit dem 17. Jahrhundert bedeutende Impulse ausgegangen.
Reine Kaderschmieden für Staatsbeamte waren die deutschen Hochschulen nicht, die Verwicklungen um die schon erwähnten Göttinger Sieben zeigten, dass Hochschullehrer auch recht renitent sein konnten.
 
Das ist doch mal schön! :)

Ich glaube, ich muss hier erst einmal ein Missverständnis aufklären! Eines, welches ich selbst verursacht habe.:confused:
Wisschaftliche Forschung, war seit jeher einem starken Wandel unterworfen. So gab es ja schon in der Antike, viele interessante Ansätze. Man denke nur an die Architektur.

Aber immer wieder, waren ja vor allem politische und religiöse Motive, ein Grund dafür, dass die Wissenschaft behindert wurde. Die Kirchen sind hier ein gutes Beispiel. Nikolaus Kopernikus und Konsorthen, standen ja stets mit einem Bein im Kerker - wenn, sie glück hatten. Und auf dem Schafott wenn, sie pech hatten.
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Die Lehre von Kopernikus galt aber zu seinen Lebzeiten als Kuriosum, nicht als Ketzerei. Du spielst vermutlich auf Galileo Galilei an. Der wurde aber eigentlich relativ glimpflich behandelt, Papst Urban gestattete ihm, über das kopernikanische Weltbild zu forschen, solange er dieses als Hypothese behandelte. Ich bin nicht wirklich bewandert in der Biographie Galileis, so dass ich mich da lieber zurück halte.

Die russisch-orthodoxe Kirche hat vielen der Reformen, die Russland nach Westen öffnen sollten, zähen aktiven und passiven Widerstand entgegengesetzt und stand wissenschaftlichem Fortschritt äußerst kritisch gegenüber. Der renommierte Philosoph Christian Wolff verlor seine Professur in Halle wesentlich durch den Einfluss des Pietisten Franke. Francke hatte Wolff Atheismus vorgeworfen, und Friedrich Wilhelm I. hatte Wolff des Landes verwiesen. Mit Atheismusvorwürfen wurde auch Johann Gottlieb Fichte konfrontiert. Die Kirchen reagierten unter Umständen heftig, wenn sie ihre Autorität durch bestimmte Meinungen verletzt sahen oder sich herausgefordert fühlten. Es gab schon relativ früh Listen von indizierter Literatur, es finden sich heute noch durchaus lesbare Klassiker darunter: Die Werke von Marquis de Sade, Karl Marx, D. H. Lawrence und anderen.

Es ist aber fraglich, ob man den Kirchen prinzipiell Wissenschaftsfeindlichkeit vorwerfen kann. Viele Hundert Jahre verfügte die Kirche über ein Bildungsmonopol, hat Wissen der Antike bewahrt, und Kardinäle und Päpste haben Künstler und Wissenschaftler durchaus gefördert, die Jesuiten einer der bedeutendsten Orden der Gegenreformation war durchaus nicht bildungsfeindlich, Bücher von Jesuiten verfasst, zeichnen sich häufig dadurch aus, das sie wissenschaftlich nicht zu beanstanden sind. Die Grundprinzipien der Vererbungslehre wurden durch den Augustinerpater Gregor Mendel entdeckt.

Um überhaupt einschätzen zu können, ob die Autorität der Kirchen verletzt wird, mussten Kirchenleute und Zensoren immerhin rudimentäre wissenschaftliche Kenntnisse besitzen, mussten viele verschiedene Werke lesen, um die potenzielle Sprengkraft einer Idee überhaupt einschätzen zu können.
 
Aber immer wieder, waren ja vor allem politische und religiöse Motive, ein Grund dafür, dass die Wissenschaft behindert wurde. Die Kirchen sind hier ein gutes Beispiel. Nikolaus Kopernikus und Konsorthen, standen ja stets mit einem Bein im Kerker - wenn, sie glück hatten. Und auf dem Schafott wenn, sie pech hatten.

Ob sie mit einem Bein im Kerker standen und warum, hängt stark von ihrer eigenen Vorgehensweise ab.

Scorpio hat es an Hand von Galilei schon aufgeführt. Es brachte durchaus nicht unbedingt in den Kerker, was mal als Hypothesen erörtert wurde, da gab es denn schon auch gewisse Unterschiede.


Erst ab dem 17. Jahrhundert, besserte sich die Lage allmählich. Man denke an Sir Issac Newton. Aber auch hier, war die Entwicklung stark vom Staat abhängig

Was ist denn zum Beispiel mit den sich seit der Rennaiccance verbreitenden Kenntnissen hinsichtlich etwa der menschlichen oder tierischen Anatomie?
Die Vermessung und Kartographie neu entdeckter Teile der Welt, die Beschreibungen der Tier- und Pflanzenwelt der beiden Amerikas und dessen, was man von Asien zunehmend kannte.
Waren das keine (Natur)wissenschaftlichen Leistungen?
Du schießt dich da sehr auf den Bereich Physik ein, wie aber schaut es beispielsweise mit Biologie und Geographie aus?
Ich würde mal meinen, im Kontext der außereuropäischen Entdeckungsreisen und der Gründung von Kolonien in der "Neuen Welt", wurde hier bereits im ausgehenden 15. und beginnenden 16. Jahrhundert beachtlichlich geleistet.


Was nun das sogenannte Heilige Römische Reich deutscher Nation anging, da war die Sache noch etwas komplizierter! Aufgrund der starkten Zersplitterung, gab es zwar einerseits viel Konkurrenz. Da die einzelnen Herrschaften, versucht waren, sich gegenseitig auszustechen. Aber andererseits, führte das auch zu unnötigen Doppelefekten.

Das zeigte sich ja speziell, beim Bauen. Nicht umsonst, wollte jeder, sein eigenes Versailles haben.:rolleyes:

Naja, aber längst nicht jeder baute sein eigenes Versailles und schon überhaupt nicht in der frühen Neuzeit. Auch sollte man die tatsächliche Geschlossenheit der größeren Staatengebilde in dieser Zeit nicht unterschätzen und die Möglichkeiten der "Zentrale" kapazitäten und Mittel aus den Provinzen zu aquirieren.

- Frankreich etwa ist in der frühen Neuzeit schon relativ ausgedehnt, es ist aber noch nicht annähernd durchzentralisiert. Da sind nach wie vor diverse Provinzen, mit unterschiedlich starken Steuerprivilegien und teilweise eigenen Rechtstraditionen und das bleibt, auch wenn es sich in Richtung auf die Französische Revolution hin zunehmend vereinheitlicht, am Ende bis 1789 so.
- Großbritannien gibt es erst ab Anfang des 18. Jahrhunderts. Vorher ist Schottland völlig eigenständig, Irland bleibt bis 1801 administrativ eigenständig.
- Spanien: In Spanien führen die ganze freie Neuzeit hindurch die Länder der aragonesischen Krone nach wie vor ein von der Kastilischen Krone durchaus getrenntes Eigenleben. Das ändert sich im Prinzip erst unter den Bourbonen nach dem Spanischen Erbfolgekrieg endgültig und da ist man dann in den 1720er Jahren.
- Bei den Österreichischen Habsburgern ganz das Selbe. Österreich ob der Enns und unter der Enns, die Steiermark, Kärnten, Tirol und die Krain, waren nach Kaiser Friedrich III. einigermaßen zusammengefasst, was ihre Verwaltung angeht. Eine administrative Zusammenfassung, alleine mit den Bömischen Ländern gibt es erst seit Mariä-Theresianischer Zeit und den Haugwitz'schen Reformen im kontext der schlesischen Kriege und des Österreischischern Erbfolgekrieges.

Das die Tatsache, dass zu dieser Zeit noch viel de facto in Personalunion, regiert wurde, ist da keine bloße Formalität, denn Steuern oder das Stellen von Soldaten, war gemäß der damaligen Reglements nicht selten daran gebunden, das die Leistungen auch der jeweiligen administrativen Einheit zugute kamen, sonst stellten sich die Stände mitunter dagegen quer und ohne die geht es in der frühen Neuzeit noch nicht.
Insofern war ein großes Länderkonglomerat in dieser Zeit keineswegs gleichbedeutend damit die Mittel, die man dadurch insgesamt aquirieren konnte, auch effektiv zenralisieren zu können.







Zwar wurden auch verschiedene Universitäten gegründet bzw. ausgebaut. Aber soweit mir bekannt ist, waren die zur damaligen Zeit, eher für die Ausbildung der Staatsbeamten gedacht.
Nun, selbstredend waren die Universitäten vorwieged erst einmal dazu da, den Bedarf an Theologen und Juristen zu decken, weswegen in der Regel die Theologie und die Jurisprudenz die bedeutensten Fakultäten an den Universitäten darstellten.
Daneben wurden aber aber durchaus auch auch Mathematik, naturwissenschaftliche Ansätze und "Artes" unterrichtet. Natürlich nicht annähernd so ausdifferenziert wie heute.

Dafür spielte daneben aber auch das private Mäzenatentum eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Denken wir da z.B. mal an da Vinci und seine ingenieurtechnischen und mechanischen Pionierarbeiten.
D'accord, das war noch nicht im modernen Sinne einer öffentlichen Universität instutionalisiert sondern in Privatisierter Form in den Händen der großen Familien, aber letztendlich fand es doch statt und letztendlich waren das auch nicht nur Kuriositäten, sondern in weiten Teilen Wissen, dass auch ganz konkret weitergegeben wurde.
 
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