Abweichende Adels-Titel

Hallo,
ich hoffe, dass ich den richtigen Bereich des Forums gewählt habe.

Mich interessiert, was die Hintergründe für variierende Adels-Titel innerhalb eines Geschlechts bedeuten.

Auf Wikipedia, finden sich zum Beispiel unter dem Lemma der Familie Reventlow diverse Vertreter, die 'von R.' hießen & einige, die 'zu R.' genannt wurden.

Ähnliche Diskrepanzen sind mir auch schon bei den Schulenburgs untergekommen. In der Regel heißen diese 'von der S.', manche jedoch nur 'von S.' Wie z.B. dieser hier.

Dass diese und andere aristokratische Namen auch komplett ohne Namenszusatz vorkommen, ist mir klar. Mir geht es aber nicht um die Modalitäten eines Verlustes des Adelsprädikats.

Ein Bekannter behauptete mal, dass es sogar Vorschriften gäbe, ob man 'von' oder nur 'v.' schreiben dürfe & dass Adelskundige daran erkennen würden, ob es sich um Stamm- resp. Seitenlinien handele.
Ein anderer meinte, das seien in der Regel Hinweise auf ehrliche, eheliche oder außereheliche Geburten.

Kann das wirklich sein?
Wenn ja, wo kann ich solche Reglements nachlesen? Hier im Forum - wie auch auf vielen anderen Netz-Seiten - ist zwar schon etliches über Adels-Titel verlautbart worden, meine Frage fand ich jedoch nirgends beantwortet.

Kann bitte ein Sachkundiger helfen?!


Danke & bis denne LG Pennersen

 

Regierende Herrscher aus dem niedrigen Adel hießen "zu", der Graf "zu XY" war also der Herrscher des Gebiets/der Burg "XY", während der Graf "von XY" aus dem Haus XY entstammte und dann, sobald er ein Gebiet als Lehen erhielt ein "zu" hinzubekam. So gab es vor allem in der frühen Neuzeit viele Grafen "von A zu B", die aus Geschlecht oder Gebiet A entstammten und in Gebiet B herrschten. Die Unterscheidung wurde irgendwann in der NZ, spätestens mit dem Reichsdeputationshauptschluss aufgegeben. Danach blieben die vons und zus aber noch bestehen.

 

Es gab dazu keine festgelegten Vorschriften. Ursprünglich war das sehr variabel beim alten Adel (Uradel), da finden wir neben "von" und "zu" und "von und zu" durchaus auch "de" und andere Varianten. Der Norddeutsche Adel trug oft überhaupt kein Adelsprädikat. Erst im 18. Jh. wurde es in Preußen üblich, das Adelsprädikat "von" abzukürzen, ganz einfach zur Unterscheidung von Herkunftsnamen mit "von" und eben dem Adelsprädikat "von". Das war recht praktikabel und wurde auch in anderen deutschsprachigen Herrschaftsbereichen so übernommen. Es gab aber nirgendwo ein Gesetz über diese Vorgehensweise beim Adel.

Der Unterschied von "von" und "zu" ist eigentlich ganz einfach erklärt. Das "von" ist das Adelsprädikat, das sich beim Uradel meist auf ihren Ursprung bezieht, beim Briefadel wurde das Adelsprädikat verliehen. Das "zu" weist auf den Sitz des Geschlechtes hin, wurde aber längst nicht von allen alten Adelsgeschlechtern so geführt. Auch hier gilt, es gab in keinem Herrschaftsbereich diesbezüglich eine Vorschrift. Bei den Adelsgeschlechtern, die sich dieses Prädikates bedienten, kann man dann durchaus auch verschiedene Linien des Geschlechtes unterscheiden. Das "zu" wurde aber auch oft beibehalten, wenn es sich gar nicht mehr um den aktuellen Sitz des Geschlechtes handelte.

Fazit: Adelsprädikate sind bei uradeligen Geschlechtern durchaus sehr variabel und es gab keinen Standard dazu. Erst ab 1918, als sowohl die Titel als auch Prädikate fester Namensbestandteil wurden, waren diese Prädikate nicht mehr abänderbar.

 

Als Ergänzung:

Das Beispiel von dem Knesebeck:

www.vondemknesebeck.org - 750 Jahre

zeigt auch, dass sich das Adelsprädikat auch änderte. (de zu von dem)

"Beide Lehnritterfamilien nannten sich nun - wie damals üblich - nach der Burg oder dem Ort, also von dem Knesebeck."

Dies belegt, dass es üblich (Regel) war, die Geografie in den Titel einzubinden. Bestes Beispiel ist wohl Graf von der Schulenburg.

Grüße
excideuil

 

Vielen Dank!

Hallo,

erst einmal vielen Dank für Eure Erklärungen. Ich entnehme ihnen unausgesprochen, dass die Kolportage über uneheliche Geburt etc. Unfug ist & werde das mal so an die entsprechende Adresse weitergeben.

(Ob es wohl möglich ist, sich bereits im Umlauf befindliche Idiotien zu stoppen?:grübel

LG & bis denne Pennersen

 

Absolut hoffnungslos .

Viele Grüße
Hina