Adolf Hitler als Rhetoriker

Smoky

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Hallo,
folgendes würde mich wirklich interessieren. Da ich aber leider von Rhetorik wenig Ahnung habe, möchte ich euch mit diesem Thema fragen, ob Hitler ein professioneller Rhetoriker war. Dass er Massen bewegen konnte und es schließlich geschafft hat ein ganzes Volk mit seinen Äußerungen zu "verführen" ist wohl allen klar. Jedoch hätte mich interessiert, ob er dabei nach einem gewissen Schema vorgegangen ist, oder ob er sozusagen seinen ganz eigenen Weg der Rhetorik gefunden bzw erfunden hat. Ich hoffe dass es ein ähnliches nicht schon gibt, wenn ich es übersehen haben sollte, möchte ich mich dafür entschuldigen.
Bedanke mich jetzt schon mal für eure Antworten
 
Hitlers Rede ist aus der Sicht einer literarisch orientierten Rhetorik oft bewertend als schlecht abgetan worden. Zurecht, wenn man bedenkt, daß seine Rede im Bezug auf Logik, passende Bilder und treffende Argumentation wenig zu überzeugen vermag. Und dennoch: er wirkte. Eine Rhetorik, die nur Negatives bemerkt, muß es sich sagen lassen, in einem wirkungsbezogenen Sinne an der Realität vorbei interpretiert zu haben. (1) Wie aber begeisterte Hitler die Massen durch seine Rhetorik?

http://www.dr-ulonska.de/assets/images/a_Hitler1_1.gif
 
Danke, für die Antwort. Eine Frage hätt ich jedoch noch. Hab se oben leider etwas undeutlich formuliert. Hatte Hitler überhaupt eine Ahnung was er da macht. Hat ihm irgend jemand etwas in der Richtung beigebracht, oder hat er einfach nur "drauflosgeredet" ohne überhaupt zu wissen, wie er die zuhörer überhaupt erreicht hat?
 
Hitler hat schon als Soldat bei seiner Einheit schwadroniert und Aufmerksamkeit, positiv und negativ, erfahren.
Ich habe das erst vor einigen Tagen gelesen. Da muß ich nachschauen. Vielleicht weiß das noch jemand.
 
Hallo,
folgendes würde mich wirklich interessieren. Da ich aber leider von Rhetorik wenig Ahnung habe, möchte ich euch mit diesem Thema fragen, ob Hitler ein professioneller Rhetoriker war. Dass er Massen bewegen konnte und es schließlich geschafft hat ein ganzes Volk mit seinen Äußerungen zu "verführen" ist wohl allen klar. Jedoch hätte mich interessiert, ob er dabei nach einem gewissen Schema vorgegangen ist, oder ob er sozusagen seinen ganz eigenen Weg der Rhetorik gefunden bzw erfunden hat. Ich hoffe dass es ein ähnliches nicht schon gibt, wenn ich es übersehen haben sollte, möchte ich mich dafür entschuldigen.
Bedanke mich jetzt schon mal für eure Antworten


Ich halte Hitler für rhetorisch mittelmäßig. Natürlich setzte er z.B. Mimik und Gestik ein, doch wirken sie, von heutiger Betrachtung aus, eher schelmenhaft und komisch, als von Redekunst zeugend. Wichtiger als seine Rhetorik ist die Person Hitler, von der eine Faszination auf die meisten Menschen ausging. Sebastian Haffner widmet sich in seinen Büchern mehrmals diesem Phänomen und bezeichnet Hitler als einzige politische faszinierende Person des anfänglichen 20. Jhr. neben Walther Rathenau. Nur konnte Walther Rathenau diesen Umstand nicht ausleben.

Neben der Person Hitler und seiner natürlichen Faszination, die mehrere Leute beeindruckend beschreiben, war der verführerische Teil wohl das, was Hitler inhaltlich sagte. Das ist vor allem von den Befürwortern der "Verführung" nicht gerne gehört, da es sie als Individuum plötzlich verantwortlich macht, für das was sie taten.
Die alleinige Verführung durch Rhetorik und Redegewandheit scheint mir ein ziemlich gern genutzes Mittel der Entschuldigung zu sein, weil man sich so von größerer Belastung entfernt und Schuld auf einen Leithammel projeziert.


Das heißt nicht, dass Hitler nicht übte oder Reden plante. Das tat er tatsächlich und er nahm sogar Schauspielunterricht. Bei wem und wann weiß ich jetzt nicht mehr. Und dieses Wissen entnehme ich keinem neueren Film, jegliche Suchmaschinen führen leider nur zu Helge Schneider.
Rhetorik war Hitler aber ohne Zweifel wichtig und er wollte gut ankommen. Wutausbrüche, Hetze und immer wiederkehrende Anklagen haben in seinen Reden tatsächlich Struktur, Schlagwörter und Parolen werden bei Vorträgen absichtlich oder unabsichtlich passend plaziert.
 
Er erzählte den Leuten, was sie hören wollten. Hitler wäre ein guter Barbier geworden.
Sie seien gut (gottgleiches Volk aus Blut, Eisen und Stahl), die anderen seien schlecht. Der 1.Weltkrieg war nicht verloren, die Versailler Verträge haben die Sieger gemacht um Deutschland zu vernichten. Na und wenn dann eins ins andere kommt, wie die Weltwirtschaftskrise dann braucht man kein großartiger Rhetoriker zu sein.
Ob er vielleicht Le Bon (Psychologie der Massen, 1895) gelesen hat, kann sein, kann auch nicht sein.
Buch bei amazon erhältlich mit einer längeren Kurzbeschreibung des Buches.
Amazon.de: Psychologie der Massen: Bücher: Gustave LeBon
 
Hitlers Rede ist aus der Sicht einer literarisch orientierten Rhetorik oft bewertend als schlecht abgetan worden. Zurecht, wenn man bedenkt, daß seine Rede im Bezug auf Logik, passende Bilder und treffende Argumentation wenig zu überzeugen vermag. Und dennoch: er wirkte. Eine Rhetorik, die nur Negatives bemerkt, muß es sich sagen lassen, in einem wirkungsbezogenen Sinne an der Realität vorbei interpretiert zu haben. (1) Wie aber begeisterte Hitler die Massen durch seine Rhetorik?
Ja, er begeisterte in seinen Reden viele durch seine Rhetorik und durch Psycholgie. Ich habe gerade versucht, einen Artikel darüber zu finden, aber ich muß wohl noch weiter suchen.
 
Danke erstmal für eure schnellen Antworten. Doch muss ich jetzt doch nochmal einhaken. Das Hitler eine "faszinierende" Person war, wenn auch im negativen Sinne, ist wohl allen klar. Aber wirkte sich das wirklich auch auf seine Reden aus. Dazu gab es mal ne interessante Doku wo gesagt wurde dass Abgesante aus anderen zt auch feindlichen Ländern Hitler gerade wegen seines Aussehens eher für eine Witzfigur hielten, wie auch die gesamte Naziführung, die immer von den "großen Ariern" gepredigt haben und selber eigentlich dem Gegenteil davon entsprochen haben. Jedoch, kam es mehrmals vor, das solche Vertreter nach dem Sie eine Rede von ihm gehört hatten, von der Ideologie und Idee des NS Geistes begeistert waren, obwohl diese eigentlich zt feinde des Deutschen Reiches waren. Daraus schließe ich, dass es wohl nicht an seiner Person lag. Ebenso, sagt man immer so leicht, das es leicht ist die Massen zu überzeugen wenn man ihnen erzählt was sie hören wollen. Jedoch, trifft das auf solche Menschen wie Goebbels und andere hohe Nazigrößen wohl nicht zu. Denn diese waren doch recht intelligent und konnten als einzelne Person darüber nachdenken und nicht nach dem Motto was alle schreien schrei ich auch wie des zu der Zeit doch recht stark war und oft vorkam. So ne Art Gruppenzwang, den es auch heute natürlich noch gibt. Trotzdem haben diese sich auch durch seine Reden überzeugen lassen.
 
Danke erstmal für eure schnellen Antworten. Doch muss ich jetzt doch nochmal einhaken. Das Hitler eine "faszinierende" Person war, wenn auch im negativen Sinne, ist wohl allen klar. Aber wirkte sich das wirklich auch auf seine Reden aus. Dazu gab es mal ne interessante Doku wo gesagt wurde dass Abgesante aus anderen zt auch feindlichen Ländern Hitler gerade wegen seines Aussehens eher für eine Witzfigur hielten, wie auch die gesamte Naziführung, die immer von den "großen Ariern" gepredigt haben und selber eigentlich dem Gegenteil davon entsprochen haben. Jedoch, kam es mehrmals vor, das solche Vertreter nach dem Sie eine Rede von ihm gehört hatten, von der Ideologie und Idee des NS Geistes begeistert waren, obwohl diese eigentlich zt feinde des Deutschen Reiches waren. Daraus schließe ich, dass es wohl nicht an seiner Person lag. Ebenso, sagt man immer so leicht, das es leicht ist die Massen zu überzeugen wenn man ihnen erzählt was sie hören wollen. Jedoch, trifft das auf solche Menschen wie Goebbels und andere hohe Nazigrößen wohl nicht zu. Denn diese waren doch recht intelligent und konnten als einzelne Person darüber nachdenken und nicht nach dem Motto was alle schreien schrei ich auch wie des zu der Zeit doch recht stark war und oft vorkam. So ne Art Gruppenzwang, den es auch heute natürlich noch gibt. Trotzdem haben diese sich auch durch seine Reden überzeugen lassen.

"Überzeugen lassen" - vergiß man nicht, dass damals Kriege das normalste im Alltag der Menschen waren, solange sie nicht das eigene Haus oder die Wohnung direkt konfrontierten. Es war zwar sehr schmerzhaft Väter, Brüder, Ehemänner zu verlieren, aber sie starben weit weg. Der Großteil der Anhänger des Nationalsozialismus bekam erst die Augen geöffnet, als der 2.Weltkrieg 1941 nach Osten weiter ging. Der Nationalsozialismus zeigte seine ganze Fratze, die unhin nicht verschleiert die Absicht war.
Hitler sprach von Einigung, Zusammenführen, Europa, Zukunft (die restlos ihnen gehören würde), die Welt vereint (unter Führung einiger weniger, verschwieg er), usw. Der Kolonialismus war noch nicht ausgerottet, Engländer, Amerikaner, Franzosen, Spanier, Italiener dachten nicht anders, wenn es um Abgrenzung oder Vernichtung "niederer Rassen oder Völker" ging.
Heute undenkbar ihm zu folgen, weil wir vereintes Europa bereits in Angriff genommen haben. Mit anderen Vorzeichen und unter Mitwirkung aller, ohne Ausgrenzung.
 
Das heißt nicht, dass Hitler nicht übte oder Reden plante. Das tat er tatsächlich und er nahm sogar Schauspielunterricht. Bei wem und wann weiß ich jetzt nicht mehr. Und dieses Wissen entnehme ich keinem neueren Film, jegliche Suchmaschinen führen leider nur zu Helge Schneider.

Es ist ja auch eine ganze Fotoserie erhalten geblieben, in der man sieht, wie Hitler vor einem Spiegel(?) Gesten und Mimik übt.
 
Möglich, dass ich mich irre, aber ich habe bei Szenen von Hitlers Reden (akustisch wie optisch) den Eindruck, dass er sich selbst in seinen Reden verlor, ja sich geradezu in einen Rausch redete (was eine natürlich nicht unbeachtliche Wirkung erzielte).

Wenn ich Goebbels daneben stelle, wirkte der auf mich viel beherrschter. Zwar auch aufbrausend, aber nicht ohne Maß dahinter.
 
Möglich, dass ich mich irre, aber ich habe bei Szenen von Hitlers Reden (akustisch wie optisch) den Eindruck, dass er sich selbst in seinen Reden verlor, ja sich geradezu in einen Rausch redete (was eine natürlich nicht unbeachtliche Wirkung erzielte).
Da würde ich dir recht geben, den Eindruck hatte ich auch schon, wobei ich auch das als beabsichtigt ansehen würde, genau wie der Aufbau seiner Reden, der von heutigen Psychologen als sehr wirkungsvoll (auf das Publikum) bezeichnet wird.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hitler war vor allem ein sehr guter Propagandist, Demagoge und Populist. Mehr als ein guter Rhetoriker. Seinen Reden fehlt oft ein logischer Aufbau, und die Metaphern und bildlichen Vergleiche, die er gebrauchte, waren stilistisch meist ganz unmöglich. Goebbels war auf diesem Gebiet bei weitem ein besserer Rhetoriker. Hitler aber verstand es, den Ton der Zeit, ihre Instinkte und Ängste sehr genau zu treffen. Joachim Fest hat das in seiner Hitlerbiographie sehr genau in den Kapiteln "Das granitene Fundament", die "große Angst" und "Blick auf eine Unperson" beschrieben.
In "Mein Kampf" gehören die Kapitel, die Hitler der "Phäakenstadt Wien" und "jener gewitterschwülen Atmosphäre über dem Balkan" widmet zu den gelungeneren. Er verstand es, die Ängste und Ressentiments zu verbalisieren, die Tausende unklar empfanden.
 
Eigentlich ein schöner Beweis dafür, dass die wissenschaftlich perfektere Rede (Goebbels) nicht unbedingt die bessere ist. Eben weil das Volk sich nicht hinsetzt und sich überlegt was denn an der Rede jetzt toll war, sondern der Moment entscheidend ist. Ich weiß nicht, welches Charisma es an Hitler war, aber wenn ich alte Filmszenen sehe, die die Reaktion des Publikums einfangen, wird mir immer wieder anders. Für die Menschen muss diesen Mann damals eine ungeheure Ausstrahlung besessen haben, was ja bei der Wirkung der Reden bestimmt auch seinen Anteil hatte.

@scorpio: Danke für den Tip, muss ich mal wieder genauer nachlesen. Fest ist schon ne Weile her (wobei ich mir sicher bin dass auch Ian Kershaw das gut thematisiert hat, aber frag mich nicht mehr, wo, die Bücher waren zu dick.)
 
Goebbels Sportpalastrede ist allerdings ein Meisterwerk der politischen Rhetorik wie der Demagogie. Er wurde ja auch zunehmend wichtiger, zumal sich Hitler immer mehr von der Öffentlichkeit zurückzog. Immerhin konnte der Propagandaminister mit seinen Durchhalte- und Endsiegparolen noch 1945 Massen mobilisieren.
 
Das heißt nicht, dass Hitler nicht übte oder Reden plante. Das tat er tatsächlich und er nahm sogar Schauspielunterricht. Bei wem und wann weiß ich jetzt nicht mehr.

Er hat meines Wissens bei einem Opernsänger Rhetorikunterricht gehabt, der Name fällt mir jetzt auch nicht mehr ein. Allerdings soll Hitler auch über mehrere Oktaven in seinen Reden gesprochen haben, was (angeblich) gewisse Sinne/Gehirnwasweissichfürnerven seiner Zuhörer lahmlegte.
 
Allerdings soll Hitler auch über mehrere Oktaven in seinen Reden gesprochen haben, was (angeblich) gewisse Sinne/Gehirnwasweissichfürnerven seiner Zuhörer lahmlegte.

Das halte ich mal für ein Gerücht. Denn rasch ist man dabei bei der Fistelstimme, die vielleicht beim Singen, aber beim Reden gar nicht gut kommt.
 
Gehört vielleicht nicht ganz zum Thema Rhetorik, aber der Redeninhalt sollte mit der Gestik in Verbindung gesehen werden (manche Reden im Wortlaut zB bei Domarus wirken nach meinem Eindruck anders, als wenn man sie im Film ansieht):

Zum Schauspielunterricht fallen mir die Bildserien Hitlers vor einem Spiegel ein, die Theatralik seiner Gesten im Selbststudium. Da wurde wohl nichts dem Zufall überlassen. Bei Fest nachzulesen sind auch die Gewichtsverluste nach mehrstündigen Auftritten und stundenlange Erschöpfungszustände mit apathischen Phasen.

Außerhalb der kontrollierten Gestik der Reden, die den Inhalt unterstützen sollten, gibt es mW wenig vergleichbare authentische Gefühlsausbrüche, die bildlich festgehalten werden konnten. Eines davon ist der "Freudensprung" mit dem "Aufstampfen" über das französische Kapitulationsangebot im Juni 1940.
 
Hallo,

mir ist gerade wieder was eingefallen. Die Frage ist oben auch schon öfter aufgetaucht. Der Opernsänger der Adolf Hitler Sprechunterricht gab, hieß Paul Devrient. Ich glaube es war im MDR wo mal eine Reportage über ihn kam. Er sagte über sich selber, dass er oft Schuldgefühle hat bzw hatte (Weiß leider nicht ob er noch lebt), da er der Meinung war dass er einen Teil dazu beigetragen hat, dass Hitler überhaupt so mächtig werden konnte, da er ohne dessen Unterricht nicht in der Lage gewesen wäre so lange Reden zu halten. Und auch nicht in so großer Stückzahl, da es sonst Probleme mit Hitlers Stimmbändern geben würde. Bzw die er auch schon nach einigen Reden hatte.
 
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