Zum "Medium":
Es handelt sich um eine Brettchenborte aus Seide und Goldfäden, extrem hochwertig. Dass es sich bei den sogenannten Goldtextilien des Frühmittelalters um Importe handelt, ist extrem wahrscheinlich. Das derartige Gewebe im Frankenreich, hergestellt wurden, wird meistens verneint. Als Herstellung wurde in der Regel das Byzantinische Reich und Italien vermutet.
Ich halte es daher für sehr wahrscheinlich, dass auch bei anderen wikingerzeitlichen Goldtextilien eine orientialische, wenn nicht arabische Herkunft nachgewiesen werden könnte.
Die Erkenntnis, dass derartige Goldtextilien keinen "nordischen" Stil haben, ist eigentlich ziemlich trivial.
Exkurs zum Hakenkreuz
Interessant ist auch, dass die betreffende Brettchenborte aus Birka eine der spärlichen Hinweise auf die Nutzung des Hakenkreuzes durch die "
Wikinger" ist. Das Hakenkreuz ist offensichtlich eine sehr quadratische Figur und ist in den geometrischen Kufi-Ornamenten öfters vertreten.
Trendsetter im frühen Mittelalter:
Die Modetrends kamen aus dem Osten. In der Spätantike bestimmten parthische und koptische Trends die byzantinische Mode, die wiederum von den Franken adaptiert wurde. Der Orient setzte die Trends. Zugleich konnten wertvolle Seidentextilien nur von der Ort imporiert werden.
Mit dem Aufstieg der arabischen Kultur wurden auch arabische Trends im Abendland aufgegriffen. Interessanterweise sind auch Nachahmungen und Fälschungen arabischer Kufi-Ornamente bekannt. Der Wikipedia-Artikel
Pseudo-Kufic bieten einen schönen Überblick darüber wie die Kufi-Ornamente als Scheininschriften in der abendlichen Kunst nachgeahmt wurden.
Selbst wenn es sich um arabische Buchstaben oder so etwas ähnliches handelt, müssen die Araber die Borte noch längst nicht hergestellt haben. Es könnte sich genauso gut, um ein byzantinisches Immitat handeln.
Dr. Larson meint, dass derjenige der die Charakter trug, ihren Symbolismus gekannt habe.
Reichlich spekulativ. Ich halte es schon für zweifelhaft, ob die frühmittelalterlichen Schweden überhaupt den Buchstabencharakter der Quadrat-Kufi erkannten. Die Grenzen zwischen dieser Form von Kalligrafie und abstrakter Ornamentik sind jedenfalls für sehr vage. Ich selbst erkenne die Buchstaben nicht als solche, sondern wundere mich eher wie sehr sich Quadrat-Kufi von herkömmlichen arabischen Buchstaben unterscheiden.
Der Gebrauch von Pseudo-Kufi in der europäischen Kunst spricht eigentlich dafür, dass die europäischen Künstler den Symbol- und Schriftcharakter der Ornamente nicht durchschauten. (Trotzdem gehe ich davon, dass auch Pseudo-Kufi auch im Abendland eine Symbolik hat. Sie steht dann eber für eklusiven Geschmack, vielleicht auch für die Exotik des Orients. Insofern stimme ich mit Stephennie Mulder überein.)
Ist das jetzt nicht schon eine Frühform des Orientalismus im Sinne von Edward Said?
Die Besuche arabischer und maurischer Reisender in Nordeuropa sind durch deren Reiseberichte überliefert. Hätte es im frühmittelalterlichen Nordeuropa bekennende Muslime gegeben, wir hätten davon durch sie wahrscheinlich erfahren.
Der
verlinke Blog offenbart jedenfalls, dass Larson eigentlich keine Ahnung hat.
“First I thought they were copied by someone who didn’t understand the message. But the patterns in the ribbons are like a puzzle or a rebus to read. I have spoken to Muslims that tell me that even today sometimes you don’t want to say/write/depict...God’s name [clearly], so then you can make it like a puzzle, and even mirror it. I think that is what [the Vikings] have done on these ribbons.”
DNA analysis is being done on the human skeletons found in these graves in hopes of finding more clues as to what the beguiling symbols are all about. Larsson says the whole meaning of research is to open new questions as a way to get new answers.
Sie bespricht, die ganze Sache mit Muslimen. Nicht, nicht mit Experten für Geschichte des Islams, den Handel im Frühmittelalter, arabische Kunst etc. pp., sondern mit
den Muslimen aus der Nachbarschaft. Deren Erklärung über die heutige Glaubenspraxis nimmt sie dankbar an und sie wird zur Grundlage für die Erklärung der 1000 Jahre alten Goldtextilie. Das ist eine unwissenschaftliche Herangehensweise!
Der nächste Schritt ist die DNS-Analyse. Was soll der Quatsch eigentlich? Warum keine Auseinandersetzung mit den Handelsbeziehungen von Wikingern und Arabern oder der Bedeutung der Quadrat-Kufi und ihrer Fälschungen in der abendländischen Kunst?