"Alles für Deutschland"

muck

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In der Hoffnung, dass es nicht wieder ausartet, möchte ich die Diskussion von neulich nochmals aufgreifen und eine im Höcke-Prozess geäußerte sogenannte Expertenmeinung zur Diskussion stellen. Betonung: Es soll hier nicht um Politik gehen, nicht um die AfD, nicht um die Person Björn Höcke.

Zur Einordnung, und um Nebenkriegsschauplätze gar nicht erst entstehen zu lassen:

Höcke wurde heute vom Landgericht Halle wegen Verwendung der SA-Parole "Alles für Deutschland" zu einer Geldstrafe verurteilt. Er hatte sich auf Nichtwissen berufen, das Gericht folgte dieser Argumentation jedoch nicht, da Höcke in engem Austausch gestanden habe mit Parteikollegen, die 2017 und 2020 wegen derselben Parole Ärger mit der Justiz hatten, und ihm ergo bewusst gewesen sein muss, dass sie strafbar sein kann. Bemerkenswert ist nun eine kurz vor Abschluss der Beweisaufnahme von der Verteidigung aufgebotene Expertenmeinung, Zitat aus den Medien:
Der dritte Verteidiger im Bunde, Ulrich Vosgerau, sieht schon den objektiven Tatbestand als "nicht erfüllt" an, nämlich, dass "Alles für Deutschland" eine wichtige Parole der SA gewesen sei.

Genau das hatte ein von Höckes Verteidigung überraschend aufgebotener Zeuge am Vormittag dargelegt. Die Rede ist von dem promovierten Historiker Karlheinz Weißmann, 65 Jahre alt, Studienrat im Ruhestand aus Göttingen und Experte für politische Symbole.

Der Mann, der regelmäßig für die Junge Freiheit schreibt und einst gemeinsam mit Götz Kubitschek das rechtsextreme "Institut für Staatspolitik" in Schnellroda gründete, soll dem Gericht die Frage beantworten, woher die Parole "Alles für Deutschland" stammt und welche Bedeutung sie insbesondere in der Zeit des Nationalsozialismus hatte.

Weißmann erklärt, dass die Losung "seit 1848 in Umlauf" ist und später unter anderem "in sozialdemokratischen Wehrverbänden" stark verbreitet war. In Kirchenkreisen ("Alles für Deutschland, alles für Christus"), im Widerstand gegen die Nazis ("Alles für Deutschland, nichts für Hitler") und während der SED-Diktatur in der DDR sei die Parole ebenfalls verwendet worden.

Auch die Nazis hätten sich "dieser Formel bedient", so der Zeuge, allerdings habe sie dort "keine starke Präsenz" gehabt, "keine besondere Bedeutung". Die Parole sei in ihrer Bedeutung nicht vergleichbar mit "Sieg Heil" oder "Deutschland erwache", so Weißmann. Als "eigentliche Schlüsselformel" der SA bezeichnete er "Deutschland erwache".

Der einstige Geschichtslehrer versichert, die Hintergründe der Parole seien "kein Gegenstand des Geschichtsstudiums und erst recht nicht des Geschichtsunterrichts" gewesen. Damit bestätigt er eine Aussage Höckes, der selbst viele Jahre Geschichtslehrer war, vom zweiten Verhandlungstag.

Karlheinz Weißmann erklärt weiter, die meisten Menschen würden im Spruch "Alles für Deutschland" wohl eher einen Ausdruck von "überschießendem Patriotismus" sehen. Aber so gut wie niemand würde wissen, dass der Spruch wegen seiner Verwendung bei der SA unter Strafe steht.

(Quelle)
Was ist zu den Ausführungen jenes Herrn Weißmann zu sagen? Ordnet er die Bedeutung der Parole in der NS-Zeit richtig ein? Sind die Vergleiche zu anderen Kontexten, z.B. den Revolutionen 1848/1849, zulässig? Mein Problem ist, dass mir die Parole "Alles für Deutschland" nicht bekannt war, obwohl ich mir immer damit geschmeichelt hatte, recht gut informiert zu sein. Und offenbar ist es anderen hier auch so ergangen, wie sie neulich bekannt haben.

[Anmerkung: Ich würde dafür plädieren, die Einlassung des 'Focus' zu Weißmanns politischer Ausrichtung zu ignorieren, ich habe sie nur übernommen, um den Text nicht zu verändern. Es wäre unsinnig, Weißmanns Glaubwürdigkeit schon deshalb infrage zu stellen, weil er Höcke entlasten will, was schlicht die Aufgabe eines Sachverständigen für die Verteidigung ist; obendrein kann man durchaus auch in falscher Absicht Wahres sagen.]

Nebenbei: Es wäre interessant zu wissen, was die Lehrpläne in Sachsen-Anhalt zu der Zeit vorsahen, als Höcke noch Geschichtslehrer war.
 
Auch Swastika und Losungen wie die deutsche Fassung des "Suum Quique", die in früheren und anderen Zusammenhängen genutzt wurden und werden, sind im NS zu NS-Symbolen umgewandelt worden. Selbst wenn "Alles für D." früher und woanders genutzt worden sein sollte, ergibt sich daraus nicht notwendig eine Entlastung, falls es aus dem SA Kontext in Agitation übertragen worden ist. Und die beklagte Verwendung erfolgte wohl weder in Kirchenkreisen, noch vor Vertretern des Widerstands gegen den NS.

Bei der angeblichen Verwendung durch Kirche und Widerstand wäre zu prüfen, ob diese Varianten nicht tatsächlich eben diese SA-Parole verändernd aufgriffen, sie also aus dem SA Kontext nahmen und gegen diese wandten. (Falls das zutrifft, hätte H. sich durch die Weglassung des ", alles für Christus." bzw. ", nichts für H." nochmal noch deutlicher zur braunen Seite der Macht hin orientiert.)

Andererseits ist der Spruch ziemlich banal und hat nicht wirklich eine geistige Schöpfungshöhe. Ich muss mich anstrengen, dabei nicht an Hausmeister Krause zu denken.
 
Björn Höcke...

In der Landesliste des Thüringer Landtags steht Herr Björn Höcke als Oberstudienrat, Gymnasiallehrer.

Er ist 1972 in Lünen geboren, ist verheiratet und hat vier Kinder. Lünen ist ja die größte Stadt im Kreis Unna.

Bei Wikipedia/Lünen lese ich, die AfD ist wohl seit den Kommunalwahlen ab 1975 erstmalig zu den Kommunalwahlen 2020 angetreten und hat da 6,3 % der Stimmen erhalten.

Weitere Angaben zu Herrn Höcke dann bitte hier:

Björn Höcke | Thüringer Landtag
 
Andererseits ist der Spruch ziemlich banal und hat nicht wirklich eine geistige Schöpfungshöhe. Ich muss mich anstrengen, dabei nicht an Hausmeister Krause zu denken.
Ich frage mich bei dieser Sache, welchen Zweck die Verwendung des Spruchs "A.f.D." (abgekürzt für "Alles für Deutschland") hatte, wenn außer ein paar ganz wenigen Fachleuten niemand den Hintergrund kennt. Dass Höcke selbst unterrichtet war, davon gehe ich mal aus. Ich sehe nur keinen echten politischen Sinn dahinter, außer vielleicht ein Wortspiel (AfD) in die Welt zu setzen, das wahrscheinlich auch niemandem aufgefallen ist.
(Leider kommt man durch das Fadenthema immer wieder auf den aktuellen Fall.)
 
Was ist eigentlich mit "Jedem das Seine" ?
Ich finde den Podcast Lanz & Precht zu den Gerichtsverfahren gegen Trump interessant.

 
Erinnert mich an Professor Bömmel...

Da stellen wir uns mal ganz dumm“.

Nach meiner Meinung muss man in seinen Wortschatz, seiner Wortwahl nicht unbedingt Wörter/Redewendungen verwenden die in der Historie auch missbräuchlich verwendet wurden.

Dieser Spruch stand ja am Eingangstor des KZ Buchenwald/Weimar. War aber nur von innen aus lesbar.
Bei den anderen KZ’s stand: „Arbeit macht frei“.

Das war/ist auch so ein Spruch wo man sich auf die Ehrenbürgerschaft des Herrn Lorenz Diefenbach (1806-1883) der Stadt „Offenbach am Main“, ala Professor Bömmel, berufen kann.
 
In der Hoffnung, dass es nicht wieder ausartet, möchte ich die Diskussion von neulich nochmals aufgreifen

mal 'ne blöde Frage: wie hatten doch das Thema über die Verwendung dieses Spruches kürzlich schon mal gehabt. Ich schaue gerade "meine" Themen durch, aber ich kann den Thread nicht mehr wiederfinden. Kann natürlich auch an mir liegen, aber wundern tue ich mich schon, wo der abgeblieben ist.
 
@muck
Ich bin nur Geschichtsinteressiert, würde für mich aber behaupten über die braunen Gesellen mehr, weit mehr als der Durchschnittsdeutsche zu wissen. Ich kenne auch aus dem Privaten und vor allem meiner Jugend so ziemlich alle "Codes" der Rechtsextremen - sei es Kleidung oder Schrift oder Symbolik.

Mir war die SA Losung unbekannt und auch ihre Strafbarkeit.

Höcke hat aber seit Jahren immer wieder ganz knapp an der Strafbarkeit vorbei ganz gezielt das Vokabular und die Formulierungen der Nazis verwendet, sei es nun Göbbels direkt oder eben solcher Organisationen wie der SA. Wer sich ein wenig auskennt hat das direkt gemerkt so plump wie er es in seine Reden einbaut.

Daher ist es für mich glasklar, das war wieder ein kokettieren mit den Stramm-braunen. Er hätte z.b. auch so ein HKNKRZ - T-shirt tragen können - käme aufs gleiche hinaus.
 
@schaf

Um den Straftatbestand der Volksverhetzung oder des Verwendens der Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu erfüllen, muss schon ein entsprechender Vorsatz vorliegen. Auf den Kontext kommt es an. So erhielt "Jedem das Seine" unlängst in der Ausprägung "Suum Cuique" die Unbedenklichkeitserklärung des Verteidigungsministeriums, weil trotz der gleichlautenden Bedeutung der Spruch auf Latein keine Verwendung durch die Nazis gefunden habe.

@Carolus

Wurde gelöscht. Weil jemand es für nötig hielt, jene von uns der Lüge zu bezichtigen, die sich dazu bekannt hatten, dass ihnen der Zusammenhang mit der SA unbekannt gewesen sei.

@corto

Zur Verurteilung führte die Überzeugung des Gerichts, dass Höcke die SA-Komponente und die Strafbarkeit der Losung bewusst gewesen sein muss, da er mit zwei aus dem gleichen Grund verurteilten Parteikollegen engen Kontakt hatte. Es dürfte ihm nicht nur darum gegangen sein, die Grenzen des Sagbaren zu verschieben, wie das Landgericht Halle befand. Aus Demagogensicht war es ein geschickter Zug, denn jetzt werden sich viele Leute fragen – die historische Komponente verkennend oder bewusst ausblendend –, warum ein deutscher Politiker dafür bestraft werden kann, dass er verspricht, "alles für Deutschland" zu geben. Wogegen bspw. das "Tout pour la France" der französischen Konservativen nicht strafbar wäre. Höcke will meiner Meinung nach die deutsche Erinnerungskultur lächerlich machen.
 
Ausgerechnet die linke 'taz' hat – in Unkenntnis oder Ausblendung der Urteilsbegründung, wonach Höcke die Strafbarkeit der Losung bekannt gewesen sein müsse – diesen in Schutz genommen und urteilt, das Gericht habe in dubio contra reum entschieden und dem Rechtsstaat einen Bärendienst erwiesen, weil 99,9% der Deutschen sicherlich nicht gewusst hätten, dass "Alles für Deutschland" die Losung der SA war. (Quelle)
 
Mag sein, dass die Taz formal Recht hat, aber ich male mir lieber nicht aus, was ein Freispruch für Höcke für Deutschland bedeutet hätte – die ganzen Naziparolen kämen wieder zu Vorschein und der Staat müsste ohnmächtig zusehen, wie sich die alle als Unschuldslämmer präsentierten, die keine Ahnung haben von der Geschichte des 12-jährigen 1000-jährigen Reich.

Das Nichtverbot der NPD war wegen der Bedeutungslosigkeit der Partei vielleicht richtig, aber jetzt hat man die Situation, dass man die AfD nicht verbieten kann, weil die Partei zu bedeutend ist und man mit einem Verbot vielleicht einen Fünftel der Wähler von der Teilhabe an der Demokratie ausschließen würde.
 
...jetzt dreht JesusG so richtig durch, veranstaltet ein infernalisches jüngstes Gericht:
Ich würde noch heute Erich und Margot Honecker sofort erschiessen, nichts anderes haben diese Menschen verdient.

Welch' Glück, dass ich fit in Fortifikationen bin und mich mit Befestigungsgruppen wappnen kann, falls dieses infernalische jüngste Gericht mich wegen Widerworten und Spott ebenfalls füsilieren will ;) :D:D:D:D

@MichaG tu allen den Gefallen, vor dem Abschicken von krass-kuriosen Zornausbrüchen erst mal eine Weile abzukühlen und darüber nachzudenken, ob deine Wuttiraden wirklich irgendeinen sachlichen Informationsgehalt haben und ob du dir damit einen Gefallen tust...
 
Höcke ist ein Riesenfan des Dritten Reiches und mir kann keiner erzählen, dass der das Zitat nicht kannte und nicht wusste, dass das von der SA stammte. Zudem hat die Afd bewusst über die Jahre hinweg widerliche Hetzwörter des Dritten Reiches wie "Altparteien" "Gutmenschen" und "Lügenpresse" in den deutschen Sprachgebrauch eingeführt.
Höcke und der Afd geht es darum, dafür zu sorgen, dass die Menschen sich wieder an NS Sprichwörter gewöhnen.
Erschütternderweise merken die meisten Menschen nicht mal, woher der Spruch oder Wörter wie Lügenpresse, usw. stammen.
Höcke ist ein fanatischer Nazi und widerlicher Lügner, und wer sein Buch "Nicht zweimal in denselben Fluss" gelesen hat, der weiß, dass er total verrückt ist, ein Narzist, der davon träumt, als Kopf der Afd der neue Hitler zu werden.
 
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