Alte Kommode (Historismus?)

Yupiter

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Guten Abend,

vor ein paar Jahren habe ich eine alte Kommode gekauft, die angeblich aus Deutschland kam. Seitdem versuche ich etwas mehr über sie zu erfahren – leider mit miserablen Ergebnissen. Die Informationen, die ich bisher gesammelt habe schließen sich meistens gegenseitig aus. Ich möchte Sie bitten, mir bei der Datierung und Festlegung des relevanten Möbelstils zu helfen. Die Kommode gehört nicht zu den Größten – sie ist 90 cm breit, 48cm tief und ca. 166 cm hoch. Auf dem letzten Bild ist eine Krönung zu sehen, wo ein Gesicht zu sehen ist – es ist wahrscheinlich der s.g. Grüner Mann. Dieses Teil scheint jedoch nicht ein Originalteil der Kommode zu sein.

Für jede Hilfe werde ich sehr dankbar.
Einen schönen Abend noch.
Peter
 

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Hier noch die letzten drei Bilder.
 

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Kann in diesem Fall kaum mehr beitragen, als was Du eh schon weißt … :confused:
Es handelt sich um einen Aufsatzschrank (keine »Kommode«); um einen tischhohen Konsolenschrank mit Schrankaufsatz (separate Konstruktion, ob abnehmbar oder nicht), wie bei Geschirrschränken (Buffets) seit dem 18. Jh. v.a. im deutschsprachigen Raum, inkl. dem gesamten Kaisertum Österreich verbreitet, im letzteren »Kredenz« (resp. »kredenc«, »kredenca«, etc.) genannt, der Aufsatz dort allerdings meist ein Vitrinenschrank oder Regal.

Geografische Zuordnung
Die vielen Trauben lassen eine Region mit Weinanbau als Entstehungsort vermuten, d.h. eher süddeutsch. Die weiteren Dekoelemente sowie die Bauart (vermute mal Eichenholz plus Nadelholz bei den von außen unsichtbaren Elementen) geben keine zuverlässigen Hinweise, um geografisch weiter einzugrenzen. Hierfür ist auch das jochförmige Kranzgesims zu wenig speziell.

Zeitliche Einordnung
Beim hohen gestalterischen Aufwand wird es sich um ein gutbürgerliches Möbelstück gehandelt haben, wobei die etwas grob gestalteten Schnitzereien auf eine Arbeit aus dem 19. Jh. hindeuten; v.a. die Dekoration der unteren Tür erinnert an groteske Ornamentik, was aus meiner Sicht die Neurenaissance am wahrscheinlichsten macht.

Auch mit der Bekrönung wirst Du vermutlich recht haben. Die Gestaltung der seitlichen Blätter und der Zunge passt jedoch zu den Schnitzereien an den Korpussen(Bild 7). Fratzen, d.h. Maskaronen waren seit der Renaissance an Möbeln ein beliebtes Sujet, hier mit der blätterartigen Zunge eine Blattmaske.

Unter dem Strich wäre meine Schnellzuordnung: vmtl. süddeutsch, um 1840/1880, Bekrönung später oder zumindest nachträglich hinzugefügt.

Und ich wünsche Dir noch einen schönen Sonntag.
Mashenka
 
Mashenka, herzlichen Dank für Ihre ausführliche Informationen. Ja, Sie haben recht, es ist keine Kommode!
Bei uns in Schlesien/Polen funktioniert natürlich auch eine Bezeichnung "kredens", die in unserem oberschlesischen Dialekt eine Form "byfyj" annimmt.
Was ich jedoch vergessen habe anzumerken - in der Tür des Schranks wurden Baldwin-Scharniere montiert.
Hier, was ich darüber gefunden habe: The Secret Joint Hinge
Aber diese Tatsache bestätigt nur Ihre zeitliche Einstufung, Mashenka. :)
Noch mal vielen Dank!
Peter
 

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Was ich jedoch vergessen habe anzumerken - in der Tür des Schranks wurden Baldwin-Scharniere montiert.
Hier, was ich darüber gefunden habe: The Secret Joint Hinge
Interessant! :) Danke für die Info. Wieder was dazugelernt. Hab mich jetzt kurz gefragt, ob das Möbel aus England importiert sein könnte, zumal die Engländer ab etwa 1700 viele Kastenmöbel nach Italien und dann auch nach Norddeutschland verschifft hatten. Darunter befanden sich zahlreiche Aufsatzschränke, allerdings mit eingebautem Sekretär und kaum mit Schnitzereien dekoriert. Doch wie gesagt, meine Kenntnisse bzgl. 19. Jh. sind sehr begrenzt. M.M.n. sprechen auf diesem Schrank nicht nur die Schnitzereien, sondern auch die Sujets deutlich gegen einen englischen Import. Möglich aber, dass Beschläge nach Kontinentaleuropa kamen (Birmingham scheint ein Zentrum für die Herstellung von Möbelbeschlägen gewesen zu sein), oder aber dass auch im deutschsprachigen Raum nach britischen Patenten produziert wurde.
 
Ein sehr schönes, und in sich selbst stilreines und stimmiges Möbel. Wie Du selber schon gezeigt hast, helfen die Beschläge weiter. Auf dem Bild "Komoda_11.jpg" ist dieser handgeschmiedete aber sicher halbindustrielle bzw. zugekaufte Riegel mit dem hellen Knopf, vermutlich aus Birnholz, der mit großen Schlitzschrauben eingebaut wurde. In "Komoda_12.jpg" hast Du ein auch mit Schlitzschrauben eingebautes Schloss. Wenn Du es zu Wartungszwecken ausbauen solltest (ohne die schönen Schrauben zu gefährden!), könntest Du über den Lieferanten des Schlosses eine weitere Zuordnung erreichen.
Auf mich wirkt die sehr schöne Kredenz österreichisch, sie erinnert mich an spätere und gröbere Exemplare die ich in Südtirol gesehen hatte.
 
Auf Anhieb könnte ich nicht mit gutem Gewissen sagen, welcher Stilepoche dieses >Buffet< zu zuordnen wäre, wenn...
Wenn da nicht wenigstens auf der Rückseite ein entsprechender Herkunftsnachweis ist.

Und es gibt ja auch im Möbelbereich viele Stile. Man kann sagen von der Romantik über weitere 10 Stilepochen bis hin zum Jugendstil.

Könnte von von einer Herstellungswerkstatt sein die dieses Buffet in Serie – zugeordnet einer Stilepoche - produzierten, könnte aber auch ein Einzelstück von einen Möbeltischler sein. Der Beruf Holzbildhauer war ja auch damals sehr verbreitet.
Der Möglichkeiten gibt es da ja viele.
Wenn man sich in den Applikationen die am Buffet vorhanden sind auskennt, könnte man vielleicht eine sichere Zuordnung vornehmen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist keine Massenproduktion! Dieses Stück ist absolut hochwertig verarbeitet. Die Platte mit dem Schnitzwerk (Adler auf Säule) ist aus einem Stück gearbeitet, durchgehende Maserung, keine Applikationen.

Die Ikonographie spielt sehr feinsinnig mit den Insignien römischer Symbolik (Adler, Säule), die durch die symmetrische Darstellung der Weinreben gebrochen wird, auch dadurch dass auf den Podesten der Säule Hunde statt Löwen sitzen.

Die Beschläge sind sehr hochwertig. Ich würde sie auch wegen der Baldwin-Scharniere auf die Zeit nicht später als 1850 - 1865 einordnen. Die Nägel für die Befestigung der Blende des Schlüssellochs sind keine Drahtstifte, sondern einzeln nicht-industriell geschmiedete Nägel (der obere Nagel mit 5seitigem Kopf), auch sind die Schlitzschrauben von Hand nachgearbeitet.

Aufgrund der Ikonographie würde ich an eine Auftragsarbeit denken, mit regionalem Bezug zum Weinanbau oder handel.
Mit der zentralen Palmette und den seitlichen Rosetten passt die Kredenz für mich auch nach Norditalien bzw. ins Welschtirol.
 
Herzlichen Dank für die vielen neuen Informationen. Eine kleine Kredenz und so viel Freude beim Entdecken deren Herkunft. :)
Noch mal kurz zu der Bekrönung - wie ich bereits am Anfang erwähnt habe, scheint die Bekrönung nicht original zu sein.
Hier im Anhang der Beweis - in dem Loch, wo die Stütze der Bekrönung steckt, ist eine grobe Gewinde zu sehen.
Auf dem zweiten und dritten Bild kann man klar sehen, dass die gegenwärtige Stütze keine Gewinde hat.
Darüber hinaus scheint die verwendete Holzart anders (wie die von der Kredenz) zu sein.
Fazit: die originale Bekrönung muss ganz anders ausgesehen haben.
Es macht nichts - diese Kredenz ist auch in diesem Zustand sehr schön und ich liebe sie so, wie sie ist. :)
Vielen Dank noch mal und einen schönen Abend.
Peter
 

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