Amerikanischer Unabhängigkeitskrieg

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Pacificus93

Gast
Hallo,

Ich beschäftigt momentan die Frage wie es möglich sein konnte, dass dreizehn Kolonien in der Lage waren das mächtigste Imperium ihrer Zeit zu besiegen. Rein oberflächlich betrachtet waren die Briten haushoch überlegen. Sie hatten das nötige Kleingeld und die Ressourcen um einen Krieg zu finanzieren. Die Royal Navy und dass Heer waren den Milizen deutlich überlegen und trotzdem wurde dieser Krieg verloren.

Habt ihr vielleicht eine Erklärung wie dies zustande kam und/oder Lesetipps?

Mfg

Pacificus93
 
Hallo,

Ich beschäftigt momentan die Frage wie es möglich sein konnte, dass dreizehn Kolonien in der Lage waren das mächtigste Imperium ihrer Zeit zu besiegen. Rein oberflächlich betrachtet waren die Briten haushoch überlegen.
Schauen wir mal:

Sie hatten das nötige Kleingeld und die Ressourcen um einen Krieg zu finanzieren.

Genau genommen war der britische Staatshaushalt nach dem siebnjährigen Krieg, bzw. in Amerika dem "French-and-Indian-War" ziemlich abgebrannt und die Tatsache, dass dem so war, war eine der Hauptursachen, weswegen man von London aus versuchte die Kolonien in größerem Maße zu besteueren.
Neben dem Bestehen auf der Grenze der Westausdehnung der Kolonien, war das bekanntlich einer der Hauptstreitpunkte zwischen London und den Kolonien, warum es überhaupt zur Auseinandersetzun kam. Mit anderen Worten: Nein, die britische Monarchie war damals ziemlich pleite.
Dazu kommt, dass die Kolonisten auch reichlich aus Frankreich unterstützt und subventioniert wurden. Das war die kleine französische Revanche für dafür, dass sie zuvor von den Briten in Amerika und Indien besiegt worden waren und ihren Einfluss dort weitgehend verloren hatten.
Trug im Übrigen in nicht geringem Maße dazu bei den französischen Staatshaushalt dermaßen zu ruinieren, dass man in die finanzielle Krise schlitterte, die sich dann mit den Missernten der späten 1780er Jahre vermengte und 1789 in die Revolution führte.


Die Royal Navy und dass Heer waren den Milizen deutlich überlegen und trotzdem wurde dieser Krieg verloren.
Die Navy nutzt einem bei Gefechten an Land, im Besonderen auch im Hinterland herzlich wenig. Damit konnte man effektiv die Küstenstädte bedrohen, mehr aber auch nicht und das auch nicht dauerhaft, sondern stark witterungsbedingt und dann sind auch Pulver, Trinkwasser und Nahrungsmittel irgendwann mal zu Ende. Auch mit dem war die Navy damals hatte, war eine Blockade der gesamten amerikanischen Küstenlinie völlig illusorisch, zumal ja auch noch gewisse andere Handeswege gesichert werden mussten, damit nicht noch Spanier, Franzosen oder Niederländer auf komische Ideen kommen.

Die Regulären waren vielleicht besser ausgebildet, als die amerikanischen Milizen, aber nur für die traditionelle Kampfweise in Europa. Mitnichten für Guerilliakämfe, da fehlte ihnen ja alleine schon die Ortskenntnis, was ihnen massive Nachteile verursachte.
Davon abgesehen, die Heere der Kabinettskriege des 19. Jahrhunderts, waren keine Massenheere. Insofern waren sie für dauerhafte flächendeckende Besetzungen relativ ungeeignet, das war keine Option. Damit ließen sich einzelne Feldzüge führen, das war es dann aber auch.
Wie weit man mit einzelnen Punktuellen Feldzügen kommt, naja, schau die die Ausdehnung des Gebietes mal an. Diese Art der Kriegsführung, verunmöglichte es z.b. der Französisch-Österreichisch-Russischen Koalition mit Sachsen als Anhängsel bereits Gebiete von elativ bescheidener Größe, wie Braunschweig-Lüneburg oder Brandenburg-Preußen vollständig zu besetzen.
Folglich konnte dass auf diese Art und Weise in Amerika erst recht nicht funktionieren.

Man darf sich Kriegsführung mit Armeen in einer Gestamtstärke von ggf. ein paar 10.000 Mann nicht vorstellen, wie eine Auseinandersetzung der Millionenheere des 20. Jahrhunderts.

Man hatte wesentlich weniger Kräfte zur Verfügung mit der man nicht das gesamte Territorium abdecken konnte und deswegen war es zum damaligen Zeitpunkt vor allem wichtig Schlüsselpositionen zu halten und den Gegner auszumanövrieren.
Dabei waren überlegene Kenntnisse des Geländes, die Möglichkeit mehr oder minder einen Guerilla-Krieg zu führen, jedenfalls in Teilen und die weitgehende Sympathie der Bevölkerung, die unterstützend eingreifen konnte, sehr von Vorteil.
Zumal die Amerikaner Verluste zumeist direkt aus der Bevölkerung vor Ort ersetzen konnten. Wenn die Briten Verluste hatten, mussten sie den Nachschub erstmal über den Atlantik bringen, das monate dauerte und reichlich kostspielig war.

Wenn man sich das unter diesen Vorzeichen betrachtet, ist das Ergebnis dieses Krieges alles andere als verwunderlich.
Schau dir auch einfach in den entsprechenden Wiki-Artikeln einmal an, welche nummerische Stärke die Heeren in den Schlachten des amerikanischen Bürgerkrieges annahmen und vergleiche das einfach mal, mit der nummerischen Stärke, der Heere des spanischen Erbfolgekrieges, mitunter des Siebenjährigen Krieges in Europa und der darauf folgenden Revolutionskriege.
Dann wirst du feststellen, dass der amerikanische Unabhängigkeitskrieg gemessen daran kaum mehr war, als eine Aneinanderreihung von Scharmützeln, in denen die Briten kaum dazu kamen ihre eigentlichen Stärken auszuspielen.






Habt ihr vielleicht eine Erklärung wie dies zustande kam und/oder Lesetipps?

Mfg

Pacificus93[/QUOTE]
 
Barbara Tuchman - Der erste Salut.
Fast schon hinreißend beschrieben von einer großen Historikerin, die nicht nur sehr plastisch und fundiert den Ablauf der Geschehnisse beschreibt, sondern auch den, zeitlich wie räumlich, weiteren Hintergrund der Bühne.
Das finde ich ganz gut. Der Gegensatz David gegen Goliath zählt hier m.E. tatsächlich nur bedingt. Man sieht es in den zeitgen. Zeitungen wie dauernd innerhalb Europas Drohgebärden gebraucht wurden. Z.B. 1790 als Österreich im Krieg mit den Osmanen verwickelt war wie dann Preußen suchte Druck auf Österreich auszuüben und die Schwäche des Kontrahenten auszunutzen. Ähnlich war es ja auch mit Großbritannien. Wir haben auf der einen Seite Frankreich mit der Planung eines Krieges schon direkt ab dem Siebenjährigen Krieg. Der Chevalier d'Eon soll ja für eine potenzielle Landung in England spioniert haben... Man kann hier natürlich frage inwiefern die Missernte der frühen 1770ern in Europa eine Rolle spielte als Hemmnis. Auch während des Krieges selbst schlug Großbritannien nicht unbedingt Sympathie auch von Dritten entgegen. Friedrich II. hat beispielsweise den Transport von Subsidientruppen behindert. Es ist interessant, dass sich anders als dann 1803 nicht der Krieg auf Kurhannover ausgewirkt hat - vielleicht weil das auch Preußen ins britische Lager getrieben hätte und Friedrich II. ja seit den 1740ern eigentlich eine antifranzösische Außenpolitik betrieb und auch z.B. in der polnischen Frage eine komplett gegensätzliche Haltung einnahm.
 
Hallo,

Ich beschäftigt momentan die Frage wie es möglich sein konnte, dass dreizehn Kolonien in der Lage waren das mächtigste Imperium ihrer Zeit zu besiegen. Rein oberflächlich betrachtet waren die Briten haushoch überlegen. Sie hatten das nötige Kleingeld und die Ressourcen um einen Krieg zu finanzieren. Die Royal Navy und dass Heer waren den Milizen deutlich überlegen und trotzdem wurde dieser Krieg verloren.

Habt ihr vielleicht eine Erklärung wie dies zustande kam und/oder Lesetipps?

Mfg

Pacificus93

Die USA standen ja nicht alleine: Frankreich, Spanien und die Niederlande stiegen in den Krieg ein und banden große Teile der Royal Navy. Nach dem Sieg bei Saratogo 1777 trat Frankreich in den Krieg ein, und Spanien und die Niederlande folgten.

In GB duldete das Parlament kein starkes absolutistisches Heer, und die britischen "Regulars" genügten bei weitem nicht, um die Schlachten des Vereinigten Königsreichs zu schlagen. Seit dem Spanischen Erbfolgekrieg existierten gute Beziehungen des Hofes von St. James zur Landgrafschaft Hessen-Kassel, das bereits im Siebenjährigen Krieg Söldner zur Verfügung gestellt hatte.

Eigentlich aber hätte Georg III. am liebsten von Katherina II. Soldaten gemietet. Man glaubte nicht, dass Hessen-Kassel und die anderen deutschen Fürstentümer, mit denen man schließlich handelseinig wurde (Braunschweig, Hessen-Hanau, Waldeck-Pyrmont und Anhalt Zerbst den Bedarf decken konnten.

Die 13 Kolonien hatten am Vorabend des Franzosen- und Indianerkrieges etwa 2, 5 Millionen Einwohner, am Vorabend der Amerikanischen Revolution dürften es 3 Millionen gewesen sein. Ein Großteil der männlichen Kolonialbewohner hatte entlang der "Frontier" gelebt und Erfahrungen im Klein- und Indianerkrieg gesammelt. Die meisten konnten mit Waffen umgehen und besaßen Jagdwaffen.

Im Grunde war der Unabhängigkeitskrieg auch ein amerikanischer Bürgerkrieg der zwischen "Whigs"/Patrioten und Torries/ Loyalisten ausgetragen wurde. Die Bedeutung und zahlenmäßige Stärke der Loyalisten haben die Briten überbewertet und viel zu stark geglaubt. Die Briten haben aber auch vor einer konsequenteren und brutaleren Haltung gegen die Kolonien zurückgeschreckt, weil man sonst befürchtete, die Hilfe der Loyalisten ganz zu verlieren. Dann spielten natürlich auch die indianischen Nations und Föderationen die Irokesenliga der 6 Nations oder die Cherokee auch eine Rolle im Konflikt.

Bei den Irokesen ging der Bruch durch die Liga: Die Mohawk, Oneida, Onandaga, Cayuga und Seneca blieben mit den Briten verbündet, während die Tuskarora sich mit den Amerikanern verbündeten.

Literaturtipps: Inge Auerbach, Die Hessen in Amerika, Charles Ingrao Zhe Hessian Mercenary State. Edmund Lowell, The Hessians and other German Mercenaries in the American Revolution
 
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