Angelsachsen im Krieg

Zomp schrieb:
so muss aber nu nochma nachhaken: es wurd ja vor nen paar beiträgen, wert auf die unterscheidung zwischen 'Angel-Sachsen' und 'England' gemacht (die sache mit den langbogenschützen). was hat sich im bezug auf die kriegsführung zwischen den beiden epochen getan? oder ist diese frage für das thema nicht mehr zulässig?

Ja, es gibt entscheidende Unterschiede, und Themistokles hat bereits einiges angesprochen.
Der Hauptpunkt aber hat zu tun mit der normannischen Eroberung Englands 1066: fortan wurde das Normanno-Französische dominant und verdrängte gerade im Militärischen und Kulturellen das zuvor geltende Angelsächsische, so daß England im Hochmittelalter auch zum französischen Kulturraum gerechnet werden muß.
Wie ich bereits in meinem vorigen Beitrag schrieb, verläuft so die militärische Entwicklung in England und Frankreich von 1066 an bis in das 13. Jh. analog.
Dies bedeutet - und auch da wiederhole ich mehr oder weniger Themistokles - die Herausbildung des Rittertums wie in Frankreich mit der damit verbundenen Kriegsführung: berittene Berufskrieger (Ritter & Sergenten/Servianten), denen die stärkste Bedeutung im Kampf zukommt, und dazu Fußtruppen incl. Bogen- und Arnbrustschützen, die jedoch während des gesamten Hochmittelalters als Hilfstruppen gelten.
 
so bin wieder da (hattte nen paar tage kein i-net)

ähm, was ist denn der unterschied zwischen rittern und sergenten?
 
Sergenten waren die Panzerreiter, welche im Gegensatz zu den Rittern nicht frei, sondern, wie auch die ostfränkischen Ministerialen, unfreie Soldaten waren.
 
Doch.

Britannien bzw. Britannia ist der lateinische Name, also "älter" als "England"!
Es gab den Stamm der Britonen vor der Ankunft der Angelsachsen aber kein Britannien das England, Wales und Schottland einschliesst. Anglia (England) als ein Staatengebilde oder politische Einheit ist daher aelter als Britannien.
 
Ich sprach nicht von Great Britain als Insel oder als modernes politisches Gebilde mit hochmittelalterlichen Wurzeln, sondern von Britannia als römischer Provinz und diese existierte nun mal unter diesem Namen lange, bevor irgendein Angel oder Sachse die Insel betrat.
 
Die Huscarle ... Sie waren nie besonders zahlreich, sondern wurden eher als Leibwache (wie bei Hastings) verwendet.
Was man schon gut an der Bezeichnung sehen kann.
Das heißt ja ganz wörtlich "Haus-Kerl", also ein Kerl/Krieger, der zum Haus(halt) eines Fürsten gehört.

Eine richtige Reiterei im Stile der Franken gab es nie.
Meiner Erinnerung nach kann man die angelsächsischen Reiter eher als "berittene Infanterie" bezeichnen.
D.h. man reitet, um schneller voran zu kommen, manchmal auch zur Aufklärung - aber wenn es zur Schlacht kommt, wird abgesessen und in Infanterieformation (Schildmauer) gekämpft.
 
Nur mal so zur Terminologie: In England kämpften in den genannten Schlachten keine Wikinger, sondern reguläre Truppen eines Königs, der diese besoldete. Dafür wurde das erhobene Danegeld verwendet. Die Kämpfer kamen nicht nur aus der nordmannischen Bevölkerung des Landes, sondern auch aus Dänemark und Schweden, wie die dortigen Runensteine für Gefallene bezeugen.
Was die Kampfausrüstung angeht, weiß ich nur aus Skandinavien Bescheid. Ich nehme aber an, dass die regulären Truppen von Erich Blutaxt und den anderen skandinavischen Königen ähnlich ausgerüstet waren, mit einem Unterschied: Die Schilde der Seekrieger waren rund, die der Nordmannen an Land waren Langschilde. Sie waren gefärbt, damit man Freund und Feind aueinanderhalten konnte. Die Dänen und auch die Nordmannen in England hatte überwiegend rote Schilde (auf dem Teppich von Bayeux sind sie links). In Irland waren sie weiß, was möglicherweise andeutet, dass ihre emotionale Bindung an die dänische Heimat bereits geschwinden war). Die Norweger in den dortigen Kämpfen hatten schwarze Schilde, in der Heimat aber auch weiße, die der Anführer waren oft mit Szenen bemalt. Der König trug einen vergoldeten Helm. Um ihn herum stand die Schildburg.

Der Kampf begann mit Kriegsgeschrei und dem Abschießen von Pfeilen und dem Werfen von Speeren ("Pfeile und Speere fielen wie Schneeflocken"). Dann erst ging man zum Nahkampf über: Die vordersten kämpften mit Schwert und Axt, die 2. Reihe mit dem Speer, die dritte und die weiter hinten mit Pfeil und Bogen.

Zur Ausrüstung eines Kampfschiffes gehörten Speere und Langbögen mit zwei Dutzend Pfeilen pro Mann (gesetzliche Mindestausstattung; die Schlachtbeschreibungen lassen auf viel mehr schließen). Die Speere wurden beim Schiffskampf immer geworfen, an Land zu Beginn der Schlacht ebenfalls, aber mit ihnen wurde auch gestochen. Es gab aber auch den "höggspjót", was meist fälschlich mit Hellebarde übersetzt wird. Es handelte sich um ein langes schwertähnliches Messer auf einem Speerstiel. Das war eine Stoßwaffe. Sie war nicht weit verbreitet, denn, wenn jemand eine solche Waffe hatte, dann wird das in den Quellen besonders hervorgehoben.
 
Es gab aber auch den "höggspjót", was meist fälschlich mit Hellebarde übersetzt wird. Es handelte sich um ein langes schwertähnliches Messer auf einem Speerstiel
Zur Hellebarde ein wort: dass es diese erst im 14. jh. im hundertjährigen krieg gibt, ist allseits bekannt, aber es gibt eine vorform der hellebarde, das sogenannte stangenbeil, welches vor allem im nordischen bereich genutzt wurde und einfach wie eine axt mit einem längeren stiel war.
@ fingalo: wurde diese art waffe auch im wikingischen bereich angewendet..wohl eher nicht, wegen der schiffe eine unhandliche wafe( zumindest hab ich nichts über so etwas gehört), aber in britannien wäre es doch gut möglich, oder???
 
Bei diesem Satz fällt mir eine Interessensfrage ein.
Haben die Kämpfer an vorderster Front etwas dafür bekommen, dass sie ganz vorne kämpften, da ja die forderste Seite meistens einem Todesurteil gleich kam, wie ich vermute ?
Oder war das sogar als ehrenvoll angesehen, und die haben sich darum gerissen vorne mitzumachen, da ja Walhalla wartet ?
In anderen Epochen wurde ja das durchaus belohnt.
Nur mal so aus Interesse.:grübel:
 
ich denk mal, du spielst auf doppelsöldner der landsknechtzeit an?
nun ja, bei den Angelsachsen könnte ich mir das schpn vorstellen, obwohl man da ja auch die heeresgliederung beachten muss: denn jeder fürst hatte ja seine eigenen kämpfer, seine eigenen "Hauskerle"...und die bewaffneten bauern, welche sich dann logischerweise um ihren fürsten scharten.
aber ich könnte mir schon vorstellen, dass die krieger in der ersten reihe schon etwas mehr honoriert wurden, in höherer gunst standen (genauso, wie diejenigen, die den fürsten direkt verteidigten, also seine schildmauer waren).
allerdings ist hinzuzufügen, dass die potenzielle Gefahr, in der ersten reihe zu stehen, bei weitem nicht so hoch war, wie der zustand, ein paar jahrhunderte später in der ersten reihe zu stehen, etwa als Musketier...
Außerdem glaube ich , kann eine regelmäßige materielle Belohnung für das "in-der-ersten-reihe-stehens" (und überlebens), wohl ausgeschlossen werden.
 
Ich meinte nicht das 14. Jahrhundert sondern schon die Jahrtausendwende.
Bei "disziplinierten" Linienformationen waren die Vordersten sicher arm dran, mich hätte es nur interessiert ob es bei stürmenden und "autarken" Kämpfern, wie den Wikingern und Germanen, dafür Kohle gab.
Da gab es keine geometrische Aufstellung der Truppe (wie eine Phalanx oder Ähnliches), was aber dazu beitrug die Opferzahlen an vorderster Front zu mindern, stelle ich mir zumindest vor.
Oder es war allgemein so, dass danach geplündert wurde, und sich der Extra-Sold somit erübrigte, wär ja auch möglich.
Ich gehe jetzt natürlich vom Klischee eines Wikingers oder Sachsen aus, wild kämpfend, jeder für sich, ohne der Gruppentaktik, sich gegenseitig zu schützen z.B..
Ich stelle mir dass immer wie in den offenen Schlachten im WW1 vor, Kanonenfutter halt. ;)
Da gab es nichts, außer einem Orden, das meinte ich.
 
Haben die Kämpfer an vorderster Front etwas dafür bekommen, dass sie ganz vorne kämpften
Die Ehre.
Und das war den Leuten früher deutlich mehr wert als heute (bis einschließlich zweiter Weltkrieg).

Wobei es natürlich auch einen indirekten materiellen Vorteil gab, wenn man sich als Kämpfer bewährte und Ruhm gewann - man steigerte seinen "Marktwert" und hatte mehr Anspruch auf Geschenke des Herrschers.

da ja die forderste Seite meistens einem Todesurteil gleich kam
Eher nicht.
Solange die Schlachtordnung fest stand, gab es ja meistens relativ wenige Opfer. Und Opfer wurde man vorzugsweise dann, wenn man weniger erfahren und schlechter gerüstet war - auch hier hatten die bewährten Krieger Vorteile.

Wenn die Schlachtordnung brach, wurde es natürlich kritisch. An und um die betreffende Stelle hatte man dann sehr schlechte Überlebenschancen. Und auch, wenn man als Leibgarde o. ä. eine besondere moralische Pflicht hatte, bis zum Tod auszuharren.

Ansonsten sind es aber auch eher die "Profis", die eine Niederlage überleben.
Sei es, daß sie einen geordneten Rückzug schaffen, während sich die Sieger eher darauf konzentrieren, wild Flüchtende zu töten oder zu plündern.
Oder sei es, daß man ihnen eher Schonung und Gefangenschaft anbietet, weil sie eben auch in der Niederlage noch zu fürchten sind und den Siegern unnötige Verluste beibringen könnten.
 
Danke, hätte auch vermutet dass es mehr um die Ehre und Loyalität ging, als in heutiger Zeit.

Oder sei es, daß man ihnen eher Schonung und Gefangenschaft anbietet, weil sie eben auch in der Niederlage noch zu fürchten sind und den Siegern unnötige Verluste beibringen könnten.

Die Klugen hätten so ein Angebot angenommen, aber es ist schon mehr als ehrvoll bis zum Tod für die Sache zu kämpfen.
Mich würde interessieren, ob viele so ein Angebot annahmen.
Die heutigen Kriege sind nicht mehr das, was sie mal waren (;)), aber soviel ich weiß war ja der erste Weltkrieg der letzte, wo noch menschlich mit Kriegsgefangenen umgegangen wurde, WW2 war nicht mehr so "ehrvoll".
Schließlich gab es fast doppelt so viele Opfer.
Aber jetzt hör ich auf, gehört in einen anderen Thread.
 
Die Klugen hätten so ein Angebot angenommen, aber es ist schon mehr als ehrvoll bis zum Tod für die Sache zu kämpfen.
Mich würde interessieren, ob viele so ein Angebot annahmen.
Das kommt nun sehr auf die Umstände an.
Es ist nicht automatisch klug, sich zu ergeben, und nicht unbedingt ehrenvoll, bis zum Tod zu kämpfen.
Das kommt sehr darauf an, welche Seiten gegeneinander antraten, ob sie z. B. derselben Kultur entstammten, welchen Anlaß die Schlacht hatte, in welchem Gefolgschaftsverhältnis die Krieger zu ihren jeweiligen Anführern standen.
 
Es wird auch sicher eine große Rolle gespielt haben, ob der Anführer ein ehrenvoller Mensch war, bzw kann ich mir in gewissen Situationen (das passt jetzt eher zu den Landknechten) schon vorstellen, das trotz unbezahltem Sold die Krieger für ihren Herrn kämpften, aus einem Ehrenkodex heraus, kann natürlich falsch sein. Aber das ist dann eh dass von dir gemeinte Gefolgschaftsverhältnis.
 
Bei diesem Satz fällt mir eine Interessensfrage ein.
Haben die Kämpfer an vorderster Front etwas dafür bekommen, dass sie ganz vorne kämpften, da ja die forderste Seite meistens einem Todesurteil gleich kam, wie ich vermute ?
Oder war das sogar als ehrenvoll angesehen, und die haben sich darum gerissen vorne mitzumachen, da ja Walhalla wartet ?
In anderen Epochen wurde ja das durchaus belohnt.
Nur mal so aus Interesse.:grübel:

Mit Walhalla hatten die Angelsächsischen Krieger zu der Zeit von der du sprichst nichts mehr wirklich zu tun.
Die Angelsachsen waren zum weit überwiegenden Teil christianisiert (offen heidnische Angelsachsen hat es um die Jahrtausendwende wohl kaum mehr gegeben) - die Angelsachsen waren sogar recht bedeutsam für die Christianisierung Mitteleuropas in den Jahrhunderten zuvor.
Daher darf wohl eher angenommen werden, dass jene, die sich durch besondere Tapferkeit auszeichneten auch entsprechend geehrt wurden, sei es durch einen Anteil an der Beute (oftmals waren die Waffen und Rüstungen der erschlagenen Feinde ein wichtiger Teil der Beute), sei es durch Land, das vom König an treue Vasallen vergeben wurde.
Ich bin kein Experte für angelsächisches Lehnsrecht, da werden andere mehr von wissen.

Was die wilde oder undisziplinierte Kampfweise der von dir genannten Sachsen und Wikinger angeht, da machst du dir wohl ein falsches Bild.
Gerade Heere von kleiner Zahl (die Wikingerheere waren nie besonders groß) haben sehr auf innere Disziplin geachtet, auch gab es Schlachtordnungen und taktische Manöver.
Natürlich nicht, wenn so ein Wikingerhaufen ein paar Mönche oder Dörfler erschlagen wollte, da wird sicher einfach jeder reingerannt sein, doch in Schlachten selbst wurde auf derlei schon geachtet, allein aus Selbstschutz, denn hat man einen guten Streiter an "seiner Seite" dann überlebt man schlicht länger.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Angelsachsen waren zum weit überwiegenden Teil christianisiert

Da habe ich in der Tat eine falsche Einstellung, ich verwechsle immerzu die Sachsen mit den Normannen, die um die Jahrtausendwende in Frankreich, Sizilien usw. tätig waren und dann christianisiert wurden.
Ich denke, sobald ich kriegerische germanische Stämme vernehme, sofort an Schillers energisches Prinzip, an ungestüme rohe Kerle mit Axt :D, Danke Enkidu.
 
Da ich gerade wegen anderer Dinge auf diesen Beitrag gestoßen bin...

... ich verwechsle immerzu die Sachsen mit den Normannen, die um die Jahrtausendwende in Frankreich, Sizilien usw. tätig waren und dann christianisiert wurden.

Es gehört zwar nicht mehr unbedingt zu den Angelsachsen, aber hierbei hast Du die zeitliche Abfolge und die Umstände vereinfachen wollen, was den Kontext etwas verdreht.
Die Normannen christianisierten und romanisierten sich - übrigens ganz freiwillig - nach der Landnahme in der Normandie (911), also bereits im Laufe des frühen 10. Jh. Als sie nach England - bekanntlich ab 1066 (Mitte 11. Jh.) - und nach Süditalien kamen - bekanntlich ab 999 (Wende 10./11. Jh.) beginnend -, waren sie bereits Christen...
 
Ich habe Thegn gegooglet und ich bin auf etwas interessantes gestoßen:

nicht auf angelsächsische Berufskrieger sondern auf angelsächsische Gefolgsleute

Kann mir das jemand erklären:help:
 
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