Aufgabenbereiche der HiPo

Shinigami

Aktives Mitglied
Mal eine Frage an die Experten zum Nationalsozialismus hier im Forum.

Mir ist über die sogenannte "Hilfspolizei" unter dem NS-Regime bekannt, dass sie sich zunächst aus Kadern von SA, SS und Stahlhelmbund rekrutierte und in der Anfangszeit des Regimes zu Repression politischer Gegner desselben eingesetzt wurde.
Ferner ist mir auch das Mitwirken von HiPo-Kadern im Rahmen der "Einsatzgruppen" in den besetzten Teilen Osteuropas und der damit verbundenen Massaker bekannt.

Mich würden bezüglich dieser Organisation einige Aspekte interessieren:

- Existierte die Organisation zwischen den Anfangsjahren des NS-Regimes und dem Beginn des Krieges eigentlich fort und wenn ja, welche Aufgaben übernahm sie, nachdem mit der Zerschlagung der Parteien und Gewerkschaften ein politischer Gegner in organisierter Form nicht mehr vorhanden war und die Bekämpfung dessen was an Untergrund noch vorhanden war primär in den Aufgabenbereich der GeStaPo und anderer Organisationen fiel oder wurde sie mit Kriegsbeginn neu gegründet?

- Ging die HiPo im In- vor allem aber auch im (osteuropäischen) Ausland noch anderen Aufgaben, außer dem Aufbau eines dortigen Repressionsapparates im Namen des NS unter Einbeziehung lokaler Kollaborateure, so wie der Durchsetzung der "Rassenpolitik" des NS im Rahmen der Einsatzgruppen nach oder beschränkte es sich darauf?


Ich wäre recht dankbar dafür, wenn mir jemand dazu brauchbare Literaturtipps nennen könnte. Über diverse andere NS-Organisationen finden sich zwar Unmengen an Material, bei allem, was ich bisher dazu gelesen habe, wird die HiPo allerdings eher stiefmütterlich behandelt und in der Regel nur gestreift, so dass sich mir die beiden oben genannten Komplexe bisher nicht so ganz erschließen.
 
Mir ist über die sogenannte "Hilfspolizei" unter dem NS-Regime bekannt, dass sie sich zunächst aus Kadern von SA, SS und Stahlhelmbund rekrutierte und in der Anfangszeit des Regimes zu Repression politischer Gegner desselben eingesetzt wurde.
Ferner ist mir auch das Mitwirken von HiPo-Kadern im Rahmen der "Einsatzgruppen" in den besetzten Teilen Osteuropas und der damit verbundenen Massaker bekannt.
Ich glaube, du verwechselst da die 1933 zur politischen Machtübernahme als Hiflspolizisten bei Razzien benutzten SA-Leute und die reguläre Ordnungspolizei, die im Krieg hinter der Front eingesetzt wurde und sich plötzlich damit konfrontiert war, in der "Bandenbekämpfung", wie die Massenerschießungen gerne gerechtfertigt wurden, eingesetzt zu werden. Die Ordnungspolizei war die reguläre uniformierte Polizei, die im Kriegseinsatz eine militärähnliche Uniform erhielt, so dass man grün-uniformierte Polizisten auf den überwiegenden Schwarz-weiß-Bildern nur anhand von Uniformzeichen von den "feldgrau"-uniformierten Wehrmachtssoldaten erkennen kann.
Schau mal nach Literatur von Martin Hölzl, Stefan Klemp, Christoph Spieker, Christopher Browning, Harald Welzer, Goldhagen. (Goldhagen und Browning haben fast zeitgleich veröffentlicht, während Browning zunächst vor allem in Historikerkreisen wahrgenommen wurde, hat Goldhagen eine geselleschaftliche Debatte über die Prädispositon der Deutschen zum Genozid ausgelöst, Browning und Goldhagen, die beide das Polizeibatallion 101 untersucht haben, sind zu völlig konträren Bewertungen gekommen).

- Ging die HiPo im In- vor allem aber auch im (osteuropäischen) Ausland noch anderen Aufgaben, außer dem Aufbau eines dortigen Repressionsapparates im Namen des NS unter Einbeziehung lokaler Kollaborateure, so wie der Durchsetzung der "Rassenpolitik" des NS im Rahmen der Einsatzgruppen nach oder beschränkte es sich darauf?
Da ich glaube - s.o. - dass du hier Hilfspolizei und reguläre Ordnungspolizei miteinander verwechselst, antworte ich mal fü die Ordnungspolizei: Die Ordnungspolizei übernahm im Grunde genommen polizeiliche Aufgaben in den besetzten Gebieten. Sie wurde aber auch entsprechend völkisch geschult.
 
Ich glaube ich habe meinen Fehler gefunden.

In einem Teil der Literatur wird schlicht bei der in den besetzten Gebieten eingesetzten HiPo nicht ausdrücklich benannt, dass es sich um lokal zusammengestellt, sprich nicht aus dem Reich importierte HiPos handelte. das wird da teilweise etwas ungenau ausgedrückt und damit beantwortet sich dann auch meine Frage als gegenstandslos.

Kann dementsprechend wieder zu.
 
Gut, ist "zu", dennoch eine Antwort.

Die Hilfspolizei nach 1941 hatte eine andere Funktion wie die SA 1933. Im Prinzip lief sie unter den Bezeichnungen "Trawnikis, Hiwis oder Wiwis (Hilfswillige) (vgl. z.B. Kühl). Teilweise auch als "Askaris" in Anlehnung an die einheimischen Truppen der Kolonialzeit benannt.

Dabei waren die Battailions- und Kompanieführer in der Regel Deutsche, während die Mannschaften sich aus Ukrainern, Polen, Letten, Litauern und Esten rekrutierten. Der Einsatz von Trawnikis fand in fast allen von der Wehrmacht besetzten Gebieten in der UdSSR statt.

Die Trawnikis wurden ab Frühjahr 1942 offiziell als "Wachmannschaften des SS- und Polizeiführers im Distrikt Lublin geführt" und mußten schriftlich sich verpflichten für die Kriegsdauer zu dienen und sich den Dienst- und Disziplinarverpflichtungen der Ordnungspolizei zu unterwerfen. (vgl. Kühl).

Die Trawnikis wurden für Partisanenbekämpfung, Objektschutz, Spitzeldienste, Bewachung von KZ, Räumung von Ghettos, Massenerschießungen und bei den Vergasungen in KZ eingesetzt.

Zur Durchführung des Holocaust im "Generalgouvernement" standen den 14.000 deutschen Ordnungspolizisten und 2200 deutschen Sicherheitspolizisten, Anfang 1943, die der SS direkt unerstellten 15.000 Mann der nicht deutschen Polizeikräfte zur Seite.

Zur generellen Unterstützung im weiteren Sinne bediente man sich einer breiten Ansammlung von proto-faschistischen Gruppierungen. Im einzelnen konnte man ukrainische Hilfspolizei, lettische Arajs-Kommandos, die slowakische Hlinka-Garde, das bulgarische "Judenkommisariat", die Sciherheitspolizei Ustaska Nadzorna Sluzba oder die faschistischen Milizen zur Unterstützung heranziehen.

Wildt schildert für die Ermordung der Minsker Juden - Oktober bis Dezember 1941 - durch Einsatzkommandos des RSHA, u.a. duch das SK 1b, die Teilnahme von Sicherheits- und Hilfspolizei.

Wette schildert dabei das Zusammenspiel deutscher Einheiten und der Trawnikis bei der Ermordung der Kiewer Juden in Babij Jar. Die "Aktion" wurde durch das Sonderkommando (SK) 4a unter SS-Standartenführer Blobel durchgeführt. Diesem Kommando gehörten Angehörige der Sicherheitspolizei, des Sicherheitsdienstes (frühere Polizisten), sowie eine Kp Waffen-SS und Kommandos des Polizeiregiments Süd. Zur Verstärkungen wurden zusätzlich Einheiten der ukrainischen Hilfspolizei herangezogen. Die ukrainische Hilfspolizei wurde u.a. als Wachpersonal herangezogen.

Kühl, Stefan (2014): Ganz normale Organisationen. Zur Soziologie des Holocaust. Berlin: Suhrkamp
Wette, Wolfram (2013): Die Wehrmacht. Feindbilder, Vernichtungskrieg, Legenden. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag
Wildt, Michael (2003): Generation des Unbedingten. Das Führungskorps des Reichssicherheitshauptamtes , Hamburg: Hamburger Ed.
 
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