Aus der Geschichte lernen; konkrete Beispiele

Necron

Mitglied
Ein Bekannter sagte zu mir, dass man er die Beschäftigung mit Geschichte langweilig fände und man ja sowieso daraus nicht lernen könne/ gerlernt habe.
Ich sprach dann aus dem Stegreif die Verfassungen des Dt.Kaiserreichs, von Weimar und das Grundgesetz an und habe versucht zu erläutern, dass man in diesen Fällen schon Schlüsse aus Fehlern der Vergangenheit gezogen hätte. Auch evtl aus den jeweiligen Enden der beiden Weltkriege. (Reparationszahlungen, etc.) Habt ihr weitere KONKRETE Beispiele, die aufzeigen, dass man aus der Geschichte gelernt hat? Bitte keine "philosophische" Diskussion, ob es möglich ist, aus der Geschichte zu lernen..;) Mich würden nur konkrete Beispiele interessieren.
 
Neben Politik und Recht kannst Du Dir Ökonomie anschauen.

Der gesamte empirische Teil dreht sich um das Lernen - Erkenntnisgewinn - aus der Wirtschaftsgeschichte.
Quantitative Easing der FED oder ECB ab 2009 (und vorher das Fluten der Finanzmärkte bei der dot.com-Krise 2002 ist eine direkte Schlussfolgerung aus den vorherigen Wirtschaftskrisen mit kontraktiver Geldpolitik.

Über die Analysen der WWK 1929ff sind Ozeane von Tinte vergossen worden.

Den Streit muss man nicht diskutieren, es ging um Schlussfolgerungen.
 
Fallen euch keine weiteren Beispiele ein?! ;)

Doch, *uns* schon - aber dir wohl nicht....
Falls du im Forum noch andere Threads außer deinen wahrgenommen und gelesen hast, solltest du bemerkt haben: Wir pflegen hier unsere eigenen Vorstellungen, wie wir Anfragen bearbeiten. Dazu gehört, daß wir ein Diskussionsforum sind und zB 'Hilfe zur Selbsthilfe' geben, aber keine fix-und-fertigen Lösungen mit freundlichem Lächeln und obendrein für umme ausspucken.

Dies betrifft auch Studierende, ReferendarInnen - sowie nicht zuletzt auch LehrerInnen, die uns für die umgehende Erledigung der Unterrichtsvorbereitungen einspannen möchten. Insbesondere mögen wir es nicht so gerne, wenn Anfragen (ähem...) in recht fordernden Tonfall gekleidet sind und kaum Bereitschaft erkennbar wird, den eigenen Denkapparatismus ebenfalls anzuwerfen. Solches Anspruchsdenken hemmt unsere Bereitschaft zur Produktivität ganz beträchtlich - während eine intensive Teilnahme des/der Anfragenden an der sich entwickelnden Diskussion sie dagegen erheblich beflügelt.

Wir würden uns freuen, wenn du dich ein wenig mehr an den Boardgepflogenheiten ausrichtest und freuen uns auf fruchtbare Unterhaltungen.
 
Ich gebe dir recht, dass meine Anliegen einen etwas "fordernden Charakter" aufweisen.
Andererseits habe ich nichts von "kryptischem Geschreibsel", da kann ich dann auch direkt wikipedia oder die Fachliteratur bemühen (, die ich nicht zur Hand habe).
Außerdem habe ich in folgendem Thema (Reichsrätekongreß (Berliner Vollzugsrat) vs. Rat der Volksbeauftragten ) selbst einen Beitrag geleistet, der mich schätzungsweise 3-4 Stunden an Recherche gekostet hat. Ich musste wirklich lange lesen um die politischen Geschehnisse nach dem 9.November 1918 in eine für mich sinnvoll-logische Reihenfolge zu bringen.
In diesem Thema geht es mir "nur" um einige konkrete Beispiele. Anders als in meinem Thema zum "Bundesrat im Kaiserreich" (wo ich wirklich nicht verstehe, inwiefern dieser die Exekutive kontrollieren konnte), frage ich hier nur rein interessehalber.
Nichts für ungut.
 
In diesem Thema geht es mir "nur" um einige konkrete Beispiele.
Natülich kann man ohne weiteres einige sehr konkrete Lehren aus der Geschichte ziehen, die Frage wäre nur inwiefern dich das weiterbringt. Solche lehren könnten etwa sein:

- Nach den Erfahrungen von 1914 und 1915 im Besonderen der Briten in Flandern haben wir gelernt dass es sich auf Grund des Drainageproblems verbietet Schützengräben in Senken oder am Fuß von Abhängen anzulegen, im Besonderen, wenn anzunehmen ist, dass sie bis in den Herbst oder das Frühjahr hinein gebraucht werden.

- Nach der Erfahrung von 1914-1921 mit besonderem Hinblick auf Russland und die Sowjetunion, haben wir gelernt, dass die Festsetzung von Preisen auf bestimmte Waren in der Regel zum Rückgang der Produktionsmengen führt, da die Produzenten dazu neigen werden ihre Kapazitäten auf solche Produkte umzustellen, deren Preise nicht reglementiert werden oder diese auf den Schwarzmarkt bringen oder Teile ihrer Kapazitäten einfach einmotten, im besonderen dann, wenn es sich bei den Produkten um Lebensmittel handelt und der Betrieb somit auch zur Subsistenzwirtschaft taugt.

- Nach den Erfahrungen von 1929-1930er Jahre haben wir gelernt, dass Vertrauen in die Selbstheilungskräfte des Marktes und Unterlassen staatlichen Eingriffs unter der Bedingung einer global vernetzten Weltwirtschaft ebenso unangebracht sind, wie fehlgeleitete Abschottungsversuche.
 
Zumal es da in demokratischen Ländern auch eine Opposition gibt und dann haben wir noch den Lobbyismus, der die entsprechenden "Sachzwänge" für oder gegen ein politisches Projekt formuliert

Die Schwierigkeit, politische Vorstellungen in politische Projekte umzusetzen und entsprechende Gesetzgebung zu initieren, hat Tsebelis im Rahmen der Ausführungen zur Rolle von "Veto-Player" formuliert.

Tsebelis, George (2011): Veto Players. Princeton: Princeton University Press.
 
Dieser Tage ist viel von Systemrelevanz die Rede, von systemrelevanten Berufen. Vor genau 2.500 Jahren, in der Seeschlacht von Salamis 480 bewiesen die Theten ihre Systemrelevanz (ohne sie wäre kein Schiff manövrierfähig gewesen) und konnten so ihr Mitspracherecht in der attischen Volksversammlung durchsetzen. Hier können Leute, die jetzt erfahren, wie systemrelevant ihr vielleicht zu schlecht bezahlter Beruf ist, draus lernen.
 
Dieser Tage ist viel von Systemrelevanz die Rede, von systemrelevanten Berufen. Vor genau 2.500 Jahren, in der Seeschlacht von Salamis 480 bewiesen die Theten ihre Systemrelevanz (ohne sie wäre kein Schiff manövrierfähig gewesen) und konnten so ihr Mitspracherecht in der attischen Volksversammlung durchsetzen. Hier können Leute, die jetzt erfahren, wie systemrelevant ihr vielleicht zu schlecht bezahlter Beruf ist, draus lernen.

Durchaus ernst gemeinte Frage zu der mir aus dem Stand auch keine Antwort einfallen will:
Ist auch das Gegenteil belegt?
Will heißen, gab es Berufe, für die während Krisen festgestellt wurde, dass sie absolut irrelevant waren? Die dann schlagartig verschwanden? Ggf. Hersteller von Luxusartikeln des Ancien Régime während der Französischen Revolution? ("Per Anhalter durch die Galaxis" als Quelle einmal außen vor.)

Ggf. weil sich der Arbeitsmarkt auf wesentliche berufliche Tätigkeiten konzentriert hat bzw. konzentireren musste? Oder einzelne Berufstätige mit allen Konsequenzen festgestellt haben, dass ihre Tätigkeit absolut irrelevant bzw. sogar schädlich war und sie deshalb selber nicht mehr weiter in dem Beruf tätig sein wollten? Oder weil sich plötzlich niemand mehr fand, der sie für solche Tätigkeiten bezahlen wollte? (Wie auch immer man "schädlich" definieren will?)
 
[…] gab es Berufe, für die während Krisen festgestellt wurde, dass sie absolut irrelevant waren? Die dann schlagartig verschwanden? Ggf. Hersteller von Luxusartikeln des Ancien Régime während der Französischen Revolution? […]
Die Herstellung von Luxusmöbeln (samt all den Werkstätten von Ebenisten, Bronzegießern und Goldschlägern) ging um 1790 flöten. Die meisten Pariser Ebenisten mussten ihre Arbeit aufgeben. Auch die Glanzzeit der Neuwieder Roentgen Werkstätte war vorbei. Paar wenige Hersteller konnten sich um 1800 wieder erholen, doch die große Ära der Luxusmöbel war vorbei.

(Apropos Roentgen: die Faszination der Automaten, der ›unsichtbaren‹ Mechanik, dauerte mehr oder weniger ungebrochen an und erreichte im frühen 19. Jh. ihre Glanzzeit. Da sich solche Spielereien an Möbeln niemand mehr leisten konnte, wurden sie in kleinere Schauobjekte, häufig in Uhren integriert. Die Begeisterung vermochte die Krise also nicht zu beenden, sondern nur zu verlagern.)
 
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