Aussagemöglichkeiten von Hortfunden

Afkpu

Aktives Mitglied
Ich habe unlängst im Rahmen meiner VFG Veranstaltung eine relativ hitzige Debatte zwischen einem Gastdozenten und meinem Dozenten bezüglich der Aussagemöglichkeiten die man durch Hort- bzw. Depotfunde aus der Bronzezeit hat mitbekommen. Ich finde, die These, welche ich anhand einiger literarischer Quellen bereits nachgelesen habe, dass Hortfunde aus der Bronzezeit größtenteils als religiöse Opfergaben zu betrachten sind und andere Deutungen (Als Händlerdepots, Verstecke, Waren-/Gießerdeptos) ersteinmal belegt werden müssen sehr schlüssig. Auch die Veränderung nach der Frühbronzezeit, dahingehend, dass vermehrt Bruchstückhafte Bronzeteile von Gegenständen welche i.d.R absichtlich zerschlagen, aber nicht direkt in den Boden gelangten (Umlauf als Zahlungsmittel, Akzeptanz der Gegenstände als Warenwert/Tauschobjekt bedingt durch ihre Verwendung als Opfer und umgekehrt, da man ihnen Wert zumaß), mögliche Schlüsse auf die Götterwelt der Bronzezeit durch Betrachtung der geopferten Gegenstände udn Vergleich mit den schriftlichen Überlieferungen der griechischen Regionen). Nun meine Frage hat hier jmd noch Anregungen für mich was Bücher, oder auch sehr gerne Weblinks angeht? Werde in den nächsten Tagen aufgrund von Krankheit eher nicht zur ULB kommen weswegen ich besonders für letzteres dankbar wäre. Allerdings ist Wikipedia hier als weiterführende Literatur nicht sehr geeignet.

Schonmal im Vorraus danke für eure Antworten.
 
Naja, die vierzehn Literaturangaben bei Wikipedia wollen auch erstmal gelesen sein. Und wenn Du zum Beispiel Depotfund googelst, kommt eine Menge bei raus, das mußt Du allerdings nach deiner Interessenlage entsprechend filtern.
 
Gegoogelt habe ich natürlich schon, leider enthalten die meisten Ergebnisse leider nur kurze Definitionen die ich ohnehin schon kenne. Und da unsere Ulb keinen Lieferservice hat werde ich auf Literatur die über meine momentane Verfügbarkeit hinausgeht leider erstmal nicht zugreifen können.
Vielmehr habe ich mir hier auch erhofft, dass ihr eure eigene Meinung (sofern Vorhanden), zu diesem Thema darlegt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dann erlaube mir kurz, etwas pedantisch zu sein und Dich darauf hinzuweisen, daß Dein mittlerer Satz etwas unverständlich formuliert ist, so daß ich etwas unsicher darüber bin, was jetzt genau Deine These ist.

"Auch die Veränderung nach der Frühbronzezeit, dahingehend, dass vermehrt Bruchstückhafte Bronzeteile von Gegenständen welche i.d.R absichtlich zerschlagen, aber nicht direkt in den Boden gelangten (Umlauf als Zahlungsmittel, Akzeptanz der Gegenstände als Warenwert/Tauschobjekt bedingt durch ihre Verwendung als Opfer und umgekehrt, da man ihnen Wert zumaß), mögliche Schlüsse auf die Götterwelt der Bronzezeit durch Betrachtung der geopferten Gegenstände udn Vergleich mit den schriftlichen Überlieferungen der griechischen Regionen)."
 
Meine These ist es natürlich erstmal nicht, nur eine die ich interessant finde und der ich mich anschließe, aber das war dir wohl auch schon klar ;)

Diese Aussagen beziehen sich größtenteils auf eine Sakrale Deutung von Depotfunden.

Laut meinem Material bestanden Horte/Depots in der Frühbronzezeit aus "heilen" Objekten welche wohl größtenteils benutzbar gewesen wären, auch wenn manche nur zum deponieren hergestellt wurden. Danach trifft man in Horten vermehrt auf Gegenstände welche i.d.R. absichtlich zerschlagen wurden (sichtbar an Meisselspuren und daran, dass die Gegenstände an Stellen zerbrachen, welche beim normalen Gebrauch nicht belastet wurden), die aber nach ihrer "Teilung" wohl als Tauschobjekt, bzw. Bezahlungsmittel im Umlauf waren, dies macht man daran fest, dass an den Bruchkanten starke Abnutzungsspuren auftraten und sehr selten passende Bruchstücle im selben Hort auftauchen, was ja der Fall wäre wenn es sich um Abfall- oder Altmetalldepots handeln würde. Laut einem Standpunkt ist hier ein Wandel zur Frühbronzezeit dahingehend zu sehen, dass zwar auch die Fundstücke der FBZ als Zahlungsmittel verwendet wurden (in gewisser Weise eine Art Gerätegeld), nun aber die Legitimation des Wertes (abseits vom Materialwert), durch seine Form als Werkzeug nicht mehr nötig war, da der Wert durch den Opfercharakter bedingt war. Die Gegenstände wurden allgemein als wertvoll akzeptiert da Sie geopfert werden konnten und umgekehrt. Vorher wurde ein Opfer im Wert gesteigert indem man viele Stücke im Hort deponierte, nun begannen sich scheinbar "Gewichtsstandards" herauszubilden, wie anhand einiger Beispiele bekannt wurde. Also erkennt man am Wandel der Depotfunde auch einen Wandel im bronzezeitlichen Wirtschaftssystem?

Unabhängig zu diesem Wandel könne man anhand des Inhaltes der Hortfunde Rückschlüsse auf das Religionsverständnis der BZ ziehen indem man vergleiche zum bronzezeitlichen Griechenland anstellt (Art des Opfers, Motive des Opfers (Do-Ut-des Prinzip = Hinweis auf "vermenschlichte" Götterwelt).

Ehrlichgesagt habe ich während dem Verfassen dieses Textes bei mir selbst noch mehr fragen aufgeworfen... naja ich werde weiter nachforschen und eventuelle Ideen hier einstellen.
 
Unabhängig zu diesem Wandel könne man anhand des Inhaltes der Hortfunde Rückschlüsse auf das Religionsverständnis der BZ ziehen indem man vergleiche zum bronzezeitlichen Griechenland anstellt (Art des Opfers, Motive des Opfers (Do-Ut-des Prinzip = Hinweis auf "vermenschlichte" Götterwelt).

Es gibt eine These, nach der der Austausch von Gütern zuerst in Form von Geschenken und Gegengeschenken stattfand und Handel, bemessen am Wert des Gutes, sich erst in den Metallzeiten entwickelte.
Danach wäre es folgerichtig, den Göttern Geschenke zu machen, wenn man eine Gegenleistung erbat.
Du meinst doch, dass die zerstörten Werkzeuge ein Indiz für eine Funktion von Metallstücken als Zahlungsmittel sind?
 
Ja das erscheint mri wahrscheinlich da die Bruchstücke ja 1. nicht sofort nach der "Anfertigung" unter die Erde gelangten (erkennbar an den abgenutzten Bruchkanten) und 2. Auch die Entdeckung vergleichbarer Gewichtsstandards auf eine gewisse Normisierung hindeutete
 
Nun meine Frage hat hier jmd noch Anregungen für mich was Bücher, oder auch sehr gerne Weblinks angeht?

Kennst du:
index-frameset
schau doch mal ob euer Seminar einen Key dafür hat, hier kannst du nach Stichworten u.A. suchen.

Einige Literatur:

  • [FONT=Verdana, sans-serif]Stein, Frauke:
    Bronzezeitliche Hortfunde in Süddeutschland, Beitr. zur Interpretation einer Quellengattung. Saarbrücker Beitr. Altertumskunde 23 (1976).
    [/FONT]
  • [FONT=Verdana, sans-serif]Menke, Manfred:[/FONT]
    [FONT=Verdana, sans-serif]Studien zu den frühbronzezeitlichen Metalldepots Bayerns. Jahresber. Bayer. Bodendenkmalpflege 19/20, 1978/79 ( 1982).[/FONT]
  • Krause, Rüdiger: Zur Entwicklung der frühbronzezeitlichen Metallurgie nördlich
    der Alpen. In (Hrsg. B. Hänsel): Mensch und Umwelt in der Bronzezeit Europas.(Kiel, 1998). S.163-192.
  • Krause, Rüdiger: Studien zur kupfer- und frühbronzezeitlichen Metallurgie zwischen Karpartenbecken und Ostsee. Vorgeschichtliche Forschungen 24.(Rhaden/Westfl., 2003).
  • Lennarz de-Wilde, Prämonetäre Zahlungsmittel in der Kupfer- und Bronzezeit
    Majolie: Mitteleuropas. In: Fundberichte Baden-Württemberg 20.
    (Stuttgart, 1995). S. 229-327.
Die Deutung der Hortfunde rein als sakrale Deponierung ist mir zu dürftig, monokausale Erklärungen für (soziales) Handeln, greifen m.M.n. meist zu kurz.
Mglw. gibt es dazu auch etwas in den Tübinger Taschenbücher der Archäologie, musste aber selbst suchen :).
Warum kann es nicht sein, das die Gegenstände ganz banal vergraben wurden, um sie später wieder zu bergen?
 
Hmm.. ich hab ja nichts dagegen, aber so wie ich das einschätze ist mein Dozent ein Anhänger der Theorie "erst sakrale Motive annehmen und ggf. falsifizieren". Allerdings soll man ja ohnehin von Fall zu Fall entscheiden.
 
Lieber Afkpu, von welchem Raum gehst Du eigentlich aus? Du erwähnst Vergleiche mit Griechenland, wobei ich das für die Bronzezeit auch nicht einfach finde, aber wo in Resteuropa ist Dein Ansatzpunkt? Oder faßt Du alles in einem Rahmen zusammen?
 
Die von mir gelesenen Texte vergleichen die Opferkulte (oder zumindest deren Intension) der Bronzezeit Griechenlands und Europas, wobei die Texte mit denen ich mich bisher beschäftigt habe sich hauptsächlich mit Mitteleuropa bzw. Süddeutschland beschäftigt haben. Ich versuche mir momentan eben noch einen allgemeinen Überblick über die Thematik zu verschaffen, was noch ein wenig dauern wird. Auch dank der nun hier aufgetauchten Hinweise.
 
„Es ist mir ein Rätsel, warum das Problem der Hortfunde so dogmatisch behandelt werden muss.“ (Pauli 1985).

„Die praktizierte Hortdeutung verzettelt sich daher immer von Ableitungen eigener Untersuchungen des kompakten Stoffes bis zur floskelhaften Wiederholung in der mehr beiläufigen Behandlung, sozusagen im Feldgeschrei der Parteigänger.“ (Torbrügge 1985).

Je mehr Aufsätze und Buchabschnitte ich lese, (und der Berg hat sich mittlerweile schon zusammensummiert), desto verwirrter werde ich. Verschiedene Theorien werden durchaus glaubhaft dargelegt, aber man hat das Gefühl, dass jeder Verfechter einer Theorie versucht systematisch anderer Erklärungsweisen systematisch als unglaubwürdig darzustellen. Auch wenn dies bei manchen Theorien (die teilweise ja bis zu 150 Jahre alt sind), in meinen Augen berechtigt erscheint, z.B Horte immer als Depots immer als Orte zu zählen die nur ein temporäres Versteck sein sollten, wobei dies zwar der früheren Wortdeutung entsprach, heutzutage aber einfach nicht mehr treffend ist. Diese Treffend als "dogmatisiert" zitierte Einstellung mancher Forscher scheint, wie ich ja selbst "live" als Zuschauer miterleben durfte wohl immer noch Boden. Und ich darf mir nun aussuchen welcher Gruppe ich mich anschließe?...
 
Die von mir gelesenen Texte vergleichen die Opferkulte (oder zumindest deren Intension) der Bronzezeit Griechenlands und Europas,
Ich finde das solche Vergleiche meist nicht wirklich tauglich sind, vorgeschichtliche Phänomene zu erklären.
Die kulturelle und auch geographische Distanz zwischen den Kulturen ist doch recht hoch, so das der Vergleich meist m.M.n. in etwa so ist wie Äpfel und Birnen zu vergleichen.
Leider ist das Mittel der Analogie eines der häufigsten Methoden derer sich die VFG bedient.
Andere theoretische Möglichkeiten, z.B. Handlungstheorien, werden kaum genutzt.
Hier zeigt sich leider wieder einmal, dass die Archäologie in der BRD, in der theoretischen Ausbildung noch einiges aufzuholen hat.
Ich würde vorschlagen erst mal klein regional zu arbeiten und die Hortfunde in ihrem eignen kulturellen Kontext zu analysieren.
Denkbar wäre z.B. das man die Lage der Hortfunde mit ihren Objekten korreliert und das ganze quantitativ auswertet. Sollte es "Regelhaftigkeiten" geben, z.B. Beilhorte werden zu 70% immer in einer Entfernung von 100m von Gewässern vergraben usw., so wäre man einen Schritt weiter. Der nächste Schritt wäre dann in die direkt benachbarten Räume zu schauen und die gleiche Analyse durchzuführen. Abschließend kann man dann die Ergebnisse gegeneinander stellen und interpretieren.
 
Je mehr Aufsätze und Buchabschnitte ich lese, (und der Berg hat sich mittlerweile schon zusammensummiert), desto verwirrter werde ich.

Tja, willkommen in der Archäologie. Ich sehe das Problem auch häufig, daß Leute gar nicht mehr verstehen, was sie da immer wieder abschreiben. Umso wichtiger ist, solche Theorienetze immer mal wieder zu überprüfen und zu entwirren, um dann festzustellen, was eigentlich noch eine beweisbare Argumentation bleibt.
Insofern volle ZUstimmung zu @Geistens Bemerkung: Immer schön eng am Material bleiben und erst mal dessen Aussage untersuchen. Die großen Bögen werden oft zu schnell geschlagen.
 
Diese Vergleiche halte ich selbst auch für eher weit hergeholt, auch das Verlangen einiger Stimmen Deponierungen zuerst als sakral anzusehen und dann zu falsifizieren. Mir sagt die Methode von Fall zu Fall zu entscheiden eher zu. Außerdem verstehe ich nicht, dass es so wichtig ist Horte einwandfrei auf die eigene Theorie umzumünzen. Wieso kann Brucherzdepot A), welches aus verschiedenen nicht generell zusammenpassenden Stücken besteht, und sich auf einer Bergkuppe befindet nicht als 1) Händlerdepot, da man nicht alles mit sich herumschleppen wollte 2)Votivgabe da man den Berg erfolgreich erklommen hat (bei einer Überquerung), 3)Eine Opfergabe an eine bestimmte, nicht unbedingt chtonisch Gottheit (Hoher Berg = Himmelsgottheit) micht so betrachten das alles möglich wäre? Natürlich wären einige Theorien laut unserer Auffassung wahrscheinlicher als andere, aber muss man nach Analyse von Fundsituation und Fundzusammensetzung immer zu einem eindeutigen Ergebnis kommen? Ich habe mir hier besonders den Bronzehort von Fließ angesehen, der meiner Meinung nach sowohl als sakrale wie als profane Deponierung gelten kann, einzelne Auslegungen dazu folgen sobald ich meine Notizen geordnet habe.
 
Natürlich wären einige Theorien laut unserer Auffassung wahrscheinlicher als andere, aber muss man nach Analyse von Fundsituation und Fundzusammensetzung immer zu einem eindeutigen Ergebnis kommen?

Nein. Gerade das Streben nach immer eindeutigen Aussagen über eine Zeit, die wir in den meisten Aspekten nur annäherungsweise erfassen können, ist meines Erachtens eine der größten Fehlerquellen. Es schreckt auch jeden Leser ab, wenn er eine Argumentation oft nicht mehr nachvolziehen kann, weil sich der Autor seine Argumente geradezu zurechtbiegen muß, um eine gewollte Theorie zu erhärten.

Generell sollte immer gelten: Keiner war dabei und keiner weiß, wie es war. Eine archäologische Aussage ist stets nur ein Vorschlag, der sich seiner Unsicherheit und seiner Vorläufigkeit (in den meisten Fällen) bewußt sein sollte.
 
Das erscheint mir wiederum sehr viel einleuchtender, aber die Problematik wird sein, das Verhalten welches ich mit dem obigen Zitat angesprochen habe zu durchbrechen. Mein Dozent ist allerdings nicht so stark dogmatisiert, nicht dass man mir diese Aussage nachsagt, allerdings hält er eine sakrale Deutung tendenziell für wahrscheinlicher. Aber ich habe ihm mal eine Mail geschrieben, vllt hat er Interesse daran einem armen Studenten im Einführungskurs mit seinem Wissen weiterzuhelfen (oder zu erschlagen).
 
Mglw. lohnt sich der Blick in folgendes Buch:
Spuren und Botschaften. Interpretation materieller Kultur. Tübinger Taschenbücher der Archäologie Band 4. (2003)

Gerade der Punkt Paradigmen könnte mglw. einige erhellende Sichtweisen enthalten.

Zum Thema Analogie:
[FONT=Arial,Helvetica]Peter F. Biel:
Chancen und Gefahren der Analogiebildungen: Back again to Baringo? In: Ethnographisch- Archäologische Zeitschrift 37-2, 1996, 253-262. [/FONT]

[FONT=Arial,Helvetica]Kontextuelle Archäologie: Zur Neubestimmung von Kontext und Analogie in der Vor- und Frühgeschichtsforschung. In Alexander Gramsch (Hrsg.) Vergleichen als archäologische Methode: Analogien in den Archäologien - mit Beiträgen einer Tagung der Arbeitsgemeinschaft Theorie (T-AG) und einer Kommentierten Bibliografie. BAR International Series: Oxford, 2000, 101-113.



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Das Buch werd ich mir baldesmöglich (leider kann ich mich nicht nur mit Dingen beschäftigen die mich zzt interessieren sondern muss auch Referate halten), besuchen. Analogien sind eben äußerst verlockend, besonders wenn man in den zeitlich passenden grieschichen Kulturen schriftliche Überlieferungen hat die irgfendwie umgemünzt werden können aber... nunja..
 
Das Buch werd ich mir baldesmöglich (leider kann ich mich nicht nur mit Dingen beschäftigen die mich zzt interessieren sondern muss auch Referate halten), besuchen. Analogien sind eben äußerst verlockend, besonders wenn man in den zeitlich passenden grieschichen Kulturen schriftliche Überlieferungen hat die irgfendwie umgemünzt werden können aber... nunja..

Ja, aber für die griechische Bronzezeit wird es mit schriftlichen Überlieferungen auch sehr eng.
 
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