Außenpolitik (Absolutistisches Frankreich - Drittes Reich)

Hallo,

ich habe eine Frage im Bezug zur Außenpolitik des Dritten Reiches im Vergleich zum absolutistischen Frankreich unter Ludwig XIV. :winke:

Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Sachen Außenpolitik lassen sich genau festmachen?

mfg KW
 
Auf Anhieb würde ich das für einen recht merkwürdigen Vergleich halten, schon wegen der Tatsache, dass Außenpolitik nicht ohne Verständnis des Umfeldes betrachtet werden kann, und das ist in diesem Vergleich recht unterschiedlich. Schließlich kann man kaum von "der" Außenpolitik des Dritten Reiches sprechen, oder soll dieser Vergleich etwa auf 1933/34 begrenzt werden?

Kann man etwas mehr über die Hintergründe der Fragestellung erfahren?
 
Der Grund ist, dass ich im April mein Abitur u.a. im Fach Geschichte schreiben werde und mich gut vorbereiten will für die Prüfung. :winke:

Da im Anforderungsbereich III semesterübergreifende Vergleiche bzw. Bezüge hergestellt werden müssen, ist es sehr wichtig, sich damit auseinander zu setzen.

Unser Lehrkörper hat uns empfohlen, noch einmal besonders die Grundzüge der Außenpolitk (v.a. USA, absolutistisches Frankreich, Deutschland 1914-1945) zu vergleichen, denn ein Semesterübergriff würde sich hier wohl hervorragend eignen.

Der Vergleich der Außenpolitik des absolutistischen Frankreichs mit der des Dritten Reiches, besonders im Bezug auf Machtbasis und das ideologische bzw. absolutistische Selbstverständnis liegt daher nahe.

Über den Vergleich der Außenpolitik des absolutistischen Frankreichs mit der Weimarer Republik bin ich schon informiert.

Ich wäre auch froh, wenn mir jemande weitere mögliche Vergleichspunkte zwischen den Semestern nennen könnte.
 
Na dann will ich mal eine ganz grobe, stark verkürzte Einschätzung der Außenpolitik des Dritten Reiches bis zum Kriegsausbruch 1939 versuchen (wesentliche Daten der Ereignisse setze ich mal voraus):

1. die Phase der Konsolidierung des Dritten Reiches:
(z.B. Höhne, Heinz, Die Zeit der Illusionen Hitler und die Anfänge 1933-1936, 1991)

Von Beginn an ist die Außenpolitik des Dritten Reiches auf die Revision des Versailler Vertrages gerichtet. Weil diese kalkuliert auch mit militärischen Mitteln durchgesetzt werden soll, beginnt frühzeitig die Aufrüstung der Reichswehr/Wehrmacht. Dieses erfolgt zunächst geheim, wie der Aufbau der Luftwaffe, etc., weil hierin bereits ein Verstoß gegen den Versailler Vertrag vorlag.
Hitlers Außenpolitik ist dabei durchaus (in seinen kleinen Anfangsschritten) machtbewußt und rational in den Entschlüssen: so folgt frühzeitig zur allgemeinen Überraschung der dt.-poln. Nichtangriffsvertrag, logisch insofern, als die ersten Ziele der Revision im Westen liegen (Saarland, Rheinland). Der Vertrag bringt die erforderliche Ruhe im Osten und den dort - wohl in Hitlers Vorstellungen nur temporär - notwendigen Ausgleich. (z.B. Ahmann, Rolf, Nichtangriffspakte: Entwicklung und operative Nutzung in Europa 1922-1939, aus 1988).

Die Außenpolitik der Phase 1933-1936 folgt insoweit den, noch recht rational eingeschätzten, machtpolitischen Möglichkeiten Die Durchbrechungen des Versailler Vertrages erscheinen rückschauend riskant, aber wohl-kalkuliert vor dem Hintergrund britischer Beschwichtigungspolitik, die auch auf deutscher Seite wohl vermerkt und benutzt wird, siehe dt.-britisches Flottenabkommen 1935 (die Abwesenheit der SU und der USA von der außenpolitischen Bühne Europas ist erwähnenswert). Auch andere Ereignisse, wie die Olympischen Spiele, fallen in diese Phase der Konsolidierungspolitik. Die dann folgenden Schritte sind bekannt, ich würde diese Phase mit der Achse Berlin-Rom und dem Antikominternpakt 1936 schließen. Interessanterweise ordnet Roosevelt trotz der zwischenzeitlichen Schritte (Rheinland, Wiederbewaffnung etc.) das Deutsche Reich 1937 noch nicht offen den „Aggressor-Staaten“ zu (Quarantäne-Rede, http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=7005&highlight=b%FCrgerkrieg ), als solche sieht er 1937 bislang nur Italien und Japan. Bei der Einmischung im spanischen Bürgerkrieg ist die deutsche Rolle gegenüber Italien und der Sowjetunion eher nachrangig einzuordnen.

2. Phase: Außenpolitik in militärischer Eskalation:
Der Einschnitt wird durch Hitlers „politisches Testament“ offen dokumentiert, in der Hoßbach-Schrift niedergelegt (und in den weiteren Besprechungen, Schmundt-Protokoll etc. fortgeführt). Es stellt in dieser Hinsicht den Abschluss der machtbezogenen Konsolidierungspolitik des Dritten Reiches dar. In der Besprechung wird ein Krieg als Szenario entworfen, um die weiteren Revisionen (Sudetengebiet, Danzig-polnische Frage, Memelgebiet), aber auch den Anschluss Österreichs zu erzwingen. Beide Phasen (Konsolidierung in der Vorstufe und folgende Aggression) würde ich gedanklich nicht trennen, die weiteren Schritte bedingen die Vorbereitung wie beschrieben. Der Osten war dabei stets im Blickfeld der Lebensraumvorstellung Hitlers, im Sinne seiner Vorstellung des politischen Darwinismus im „Überlebenskampf der Völker“. Konsequent wird nun die Außenpolitik ab 1937 dem gewachsenen militärischen Potential und den militärischen Notwendigkeiten der Durchsetzung und mit weitreichenden Zielen untergeordnet. Sie stellt zugleich Umsetzung der Machtpolitik wie auch Zulieferer der Anlässe für militärische Eskalationen dar. Im Fall der Besetzung des Sudetengebietes und der der Rest-Tschechei war sich Hitler vollkommen sicher, dass die Westalliierten nicht eingreifen werden. Nicht so zunächst im Fall Polen. Hier lag der machtpolitische Gipfel: Weil ein Zweifrontenkrieg ausgeschlossen werden musste, und die Westalliierten ohne den Beistand der SU nach Hitlers Auffassung nicht eingreifen würden, wurde entgegen nationalsozialistischer Weltanschauung ein temporärer Vergleich selbst mit dem ideologischen „Endgegner“ Sowjetunion gesucht. Dessen Territorium stellte nämlich stets erklärtes letztes Ziel der Lebensraumpolitik Hitlers dar. Zitat Hitler im November 1939: „Ich war mir unsicher, ob ich zuerst im Westen oder im Osten losschlagen sollte“. Die Machtpolitik kalkulierte also wechselnde Allianzen ein: noch 1938 gab es Erwägungen, Polen für eine gemeinsame Aufteilung der Ukraine zu interessieren, Hitler war daran kaum interessiert. Kurz nach der Einverleibung der Rest-Tschechei werden die Anweisungen für Fall Weiss entworfen, den Angriff auf Polen.

Zusammengefasst: Die Außenpolitik des Dritten Reiches ist von Beginn an der – wenn nötig – gewaltsamen Revision des Versailler Vertrages im Nahziel, der Lebensraum-Ideologie im Fernziel untergeordnet und zugleich Ausdruck ihrer Umsetzung. Diese ideologische Komponente der Machtpolitik überschreitet schließlich im Angriff auf Polen zugleich die - nur theoretischen - Revisionsgrenzen des Versailler Vertrages in der Einschätzung der anderen Großmächte Europas. Die Einschätzung der Reaktionen außenpolitischer Gegenspieler wurde dabei zunehmend der Realität entrückt, so wie die sachbezogenen Ratgeber der alten Weimarer Ministerialbürokratie im Außenministerium an Einfluss verloren. Das Verhalten anderer Staaten wurde nunmehr nach laienhaften Wunschvorstellungen bestimmt. Die Eskalation zum Krieg ist vorprogrammiert, so wie das Duo Hitler/Ribbentrop schließlich jeden Bezug zur Realität verloren hat.

Literatur z.B.:
Michalka, Ribbentrop und die deutsche Weltpolitik 1933 – 1940, Außenpolitische Konzeptionen und Entscheidungsprozesse im Dritten Reich, 1980
stark verkürzend auch:
http://lcweb2.loc.gov/cgi-bin/query/r?frd/cstdy:@field(DOCID+de0032)

P.s. sicherlich habe ich vieles in diesem Kurzabriß übersehen, aber die entsprechenden Daten sind leicht im Internet zu finden.
 
Danke dir, das war schon einmal sehr hilfreich.:winke:

Jetzt bräuchte ich nur noch einen Vergleich bzw. Bezug zu der Außenpolitik des absolutistischen Frankreichs, wobei möglichst die Gemeinsamkeiten und Unterschiede genannt werden sollten.

Oder vllt. zuerst einmal überhaupt eine Charakterisierung der Außenpolitik Frankreichs zu der Zeit Ludwig XIV. mitsamt Leitlinien und im Hinblick auf das Selbstverständnis des Absolutismus. Danach lässt sich dann vllt. eher ein Vergleich vornehmen.

Danke schon einmal für alle weiteren Antworten.
 
Das Thema sollte ich wohl eher Louis le Grand überlassen, bevor er meine Antwort in der Luft zerreißt. Aber ich versuche es dennoch mal kurz.
Anfangs überraschte mich, dass Du vergleichen willst zwischen dem franz. Absolutismus, einer Zeitspanne von immerhin ca. 150 Jahren mit dem kurzzeitigen Deutschen Reich. Natürlich waren Allianzen, wenn man Bündnispolitik als Leitlinie erkennen will, das unbestimmteste. Außer der Notwendigkeit aus dem Bedürfnis die habsburgische Umklammerung zu lösen, welches eine Allianz mit diesem Kontrahenten verbat, alliierte sich Frankr. auch in dem Teilzeitraum Louis XIV. mit vielen Staaten, wobei die expansiven Ziele und genanntes oberstes Ziel die Priorität darstellten. Die Réunion, welche von Louis bemüht wurde, war ja eher Mittel als Leitlinie. Als eine Folgerichtigkeit kann man die Bestrebungen auf einen dauernden Einfluss im Heiligen Römischen Reich erkennen, welche durch Allianzen mit verschiedenen Mittel- und Kleinstaaten erreicht wurde. Der Rheinische Bund bildet im Rahmen dieser Reichspolitik einen Höhepunkt.
Erst in der 2.Hälfte des 18.Jh. kam es zu einer Abkühlung der Verhältnisse besonders zu den bayerischen und pfälzischen Wittelsbachern, da Erstere scheinbar die katastrophalen Konsequenzen ihrer Bündnispolitik in dem Span. u. Österr. Erbfolgekrieg bestätigt sahen, welche beide Kurbayern am Rande des Existenzverlustes führte. Die beiden Ludwigs (XIV. und XV.) belohnten zwar die Bündnistreue mit einer gewissen Garantie des Erhaltes der Bündnispartner, aber mehr auch nicht. Schließlich waren ab den 1760ern nur noch Leichtgewichte wie Birkenfeld-Zweibrücken in der direkten Einflusssphäre der bourbonischen Außenpolitik. (Weiter dazu kommst Du mit dem Thread: http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=12673 ) Zur französischen Außenpolitik dürftest Du viel hier http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=2706 und im ganzen Unterforum finden.)
 
Also ich habe jetzt einige wichtige Vergleichspunkt gefunden.:winke: Ihr könnt ja dazu mal Stellung nehmen.

Die Machtbasis beruht auf folgenden Punkten:

- Herrschaftsgewalt liegt jeweils bei einer Person zentral (Monarch, Diktator)
- aggressive Machtentfaltung, administrative Bevormundung
- unumschränkte Machtbefugnis --> Entscheidung über Krieg oder Frieden
- Fehlen demokratischer Kontroll- und Partizipationsmöglichkeiten

Gemeinsamkeiten der Außenpolitik:

- Führen von Angriffskriegen, mit dem Unterschied, dass Ludwig XIV. dynastische Interessen verfolgte und Hitler rassitische Interessen, also geprägt vom Sozialdarwinismus und Imperialimus
- starke Aufrüstung, Aufbau stehender Heere, um außenpolitisch schlagkräftig zu sein
- Staatsoberhäupter sind jeweils die Obersten Befehlshaber der Streitkräfte
- durch die aggressive Außenpolitik kam es zu dramatischer Staatsverschuldung

Quelle: Zentralabitur 2007 - Niedersachsen (Stark-Verlag)
 
Hallo,

bei den Gemeinsamkeiten in der Außenpolitik würde ich folgendes anmerken.

1. Hitler - rassistische Interessen: für 1933-1939 würde ich revisionistische Interessen höher sortieren - selbst Polen 1939 ist noch nicht der weit greifenden Lebensraummanie unterzuordnen. Das Fernziel "rassistischer Interessen - Lebensraum im Osten" bedingt natürlich zunächst die Verbreiterung der Machtbasis und damit die Revision von Versailles als Fundament.

2. Oberbefehlshaber: erst und de facto mit Beseitigung des "Hindernisses" Blomberg ab 4.2.1938, vgl. Warlimont, Band 1, S. 17, Im Hauptquartier der Deutschen Wehrmacht. Der OB wurde also in der Spätphase übernommen, erst nach verbindlichen Bekanntgabe der kriegerischen Lebensraumziele am 5.11.1937.
 
Die Machtbasis beruht auf folgenden Punkten:

- aggressive Machtentfaltung, administrative Bevormundung


Also diese Aussagen hinken irgendwie.

1. Der Absolutismus strebte nach staatlicher Zentralisierung, was unbestreitbar positiv für die Entwicklung des Gemeinwesens war. Die Nazis hingegen wollten etablierte und gut funktionierende Strukturen aus reiner Machtgier zerstören. Das mag man von mir aus gern als Machtentfaltung bezeichnen, aber es hat nur den Namen gemein, ansonsten ist es etwas völlig anderes.

2. Was ist "administrative Bevormundung" ? Ich kenne keine Verwaltung in der Menscheitsgeschichte deren alleinige Existenzberechtigung Däumschen drehen gewesen wäre. Verwaltungen sind das wichtigste Machtinstrument einer jeden Regierung und deren Aufgabe ist es Macht auszuüben. Die Regierung "bevormundet" die Verwaltung und die wiederum "bevormundet" die Bürger. Ansonsten hätte man Anarchie. Damals wie heute.

Mit allen anderen Vergleichspunkten kann man problemlos mitgehen, auch wenn man leicht in die Falle laufen kann Monarchie und Diktatur nicht nur zu vegleichen, sondern plötzlich auch gleichzusetzen.

Wenn man sich schon auf den extrem unseeligen außenpolitischen Vergleich zwischen Ludwig XIV. und Adolf Hitler einläßt, dann sind zwei Unterschiede festzuhalten.

1. Hitler vefolgte eine offensive Expansionspolitik mit dem Ziel Europa zu erobern und zu unterwerfen. Ludwig XIV. verfolge hingegen eine defensive Expansion. Sein einziges Hauptziel war es Frankreich sicherer vor äußeren Übergriffen zu machen. Die Bedrohung durch die 150 Jahre andauernde Habsburgische Einkreisung spielte eine zentrale Rolle in seinem außenpolitischen Handeln. Allerdings verfolgte er diese Defensive auf sehr aggressive Weise, was aus heutiger Sicht natürlich problematisch zu bewerten ist.

2. Hitler war von einem Großen Plan angetrieben; Schlagwort Welteroberungsplan. Ludwig XIV. ging keinem Großen Plan nach, das war ihm völlig fremd. Er befolgte konsequent die außenpolitischen Vorgaben Franz' I., Heinrichs IV., Richelieus und Mazarins. Also die Sicherung der frz. Außengrenzen und die Wahrung des frz. Einflusses in Europa. Eben dieser langen Kontinuität in der Außenpolitik ist es zu verdanken, dass Ludwig XIV. bis heute als der mit weitem Abstand erfolgreichste Außenpolitiker der frz. Geschichte gilt. Ein Weltenzertrümmerer wie Hitler hingegen ist nur bekannt als eine der größten und blindesten Nieten der Menschheitsgeschichte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Solche Vergleiche sind eben deswegen u.a. schwierig, da man den einen Angriffskrieg nicht mit dem anderen vergleichen kann. Während des Absolutismus wurden keine Vernichtungskriege geführt, d.h. das vorherrschende Ziel war nicht den Gegner wirtschaftlich und militärisch zu Boden zu werfen bzw. gezielt deren Städte etc. zu zerstören. Dies war man bemüht durch eine disziplinierte Armee (man denke an die Bemühungen des Kriegsministers Louvois!) sogar zu verhindern. Wenn es zu Vernichtungen von Städten kam, dann aus militärischen Gründen (Bombardement zur Untergrabung der Moral der Verteidiger). Diese Auffassung vom Krieg in welchem man nach Möglichkeit Land und Leute schonte, ging soweit, dass Kriege reinen Ausmanöverierens und ohne Schlachten geführt wurden (siehe Bayerischer Erbfolgekrieg - Kartoffelkrieg 1778-79).
 
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