Auswirkungen der 68er Revolte auf die Gegenwart

Ich kann Ashigaru nur beipflichten und de fehlende Quantität der deutschen 68er betonen. Auf weite Teile der Bevölkerung hatten sie erstmal keinen Einfluss. Die Frage ist, ob die 68er eher bildungsferne Bevölkerungsgruppen oder für den ländlichen Raum überhaupt berührt haben.
Ich fürchte fast, es handelte sich eher um einen kleinen Keis von Studenten aus gutem Hause, vornehmlich in großen Städten studierend.

Gern vergessen wird auch die Radikalität der 68er. Misst man nun die weitere Entwicklung dran, was bleibt übrig?
Sie haben weder den Büstenhalter besiegt noch den Kapitalismus.
Gern vergessen wird ja die Idee einer sozialistischen Revolution, denn eigentlich sollte mehr eine Revolte werden. (Wobei die Abgrenzung vom real existierenden Sozialismus in DDR und UDSSR durch Hinwednung zu Mao und Co erreicht wurde.) Kampf gegen den Faschismus war das Thema, wobei dieser natürlich allgegenwertig und immer Bonner Parlamentarismus manifestiert war. Rudi Dutschke, der Quasi-Kopf der 68er, wollte die Stadtguerilla und er hat sie auch bekommen.
Anders als den französischen 68ern gelang es den deutschen nie das "Proletariat" auf ihre Seite zu ziehen und für ihre Ziele zu begeistern.
Einzig gelang den deutschen 68er die Bildung einer avandgardistischen Gegenkultur.
 
rena8 schrieb:
Edit: Bei den Hosen muß ich mich korrigieren, seit 1965 gab es "Hosen mit Schlag", daran erinnere ich mich, weil ich die in einem erstpubertären Anfall von meinen Eltern ertrotzen konnte. Davor trugen Mädchen im Winter so doofe Latexhosen, sahen wie Skihosen aus.

Der guten Ordnung halber und um den Ruf meiner Generation zu retten, möchte ich es nicht verabsäumen darauf aufmerksam zu machen, daß es sich selbstverständlich um Lastexhosen handelte....
 
Der guten Ordnung halber und um den Ruf meiner Generation zu retten, möchte ich es nicht verabsäumen darauf aufmerksam zu machen, daß es sich selbstverständlich um Lastexhosen handelte....

Klar, waren es Lastexhosen, ein nettes Verschreiberli - denn ich würde Rena8 keineswegs den Hang zu einer gewissen Verruchtheit unterstellen.
Aber es gab auch Hosen aus Wollstoffen, ähnlich eng wie die Lastex. Frühere Hosen (ab 1950 - ca. 1955) nähte mir meine Mutter auf meinen Wunsch, es gab schließlich noch keine Strumpfhosen (weder in der bewährten Nylonqualität noch als dicke "Blaustrümpfe") :winke:
 
Der guten Ordnung halber und um den Ruf meiner Generation zu retten, möchte ich es nicht verabsäumen darauf aufmerksam zu machen, daß es sich selbstverständlich um Lastexhosen handelte....


mit Steg!

Gaudiert hat mich die Nennung der "Beach boys", kann man ja gleich noch die Flippers nennen, oder die Band mit Ballaballa (Namen habe ich vergessen,) oder wie hießen gleich noch die tollen Schwyzer mit "Gruezi God Frau Stürniema" (phonetisch?)
dass die Jugend im Protest war, ist nun absolut nichts neues, war 68 nichts neues, schon James Dean hat ja hat ja genau genommen protestiert...
1962 hatten wir einen Erdkäspauker, Pullover, ewig langer Strickschal, Baskenmütze, Existenzialist.

Neu an 68 war, dass man sich in der großen Masse nicht nachträglich distanziert hat, sondern die "Älteren" mitgezogen hat, und weiter zu den Inhalten steht.

OT:
Mein Amischwager hat mich einst für "Stocks" (vulgo Aktien) interessiert, habe ich meine Konfirmationsgeschenke an der Börse investiert, und alle greifbaren Börsenbriefe "zur Probe" abbonniert, war so 65-66 ständige Kauf-Empfehlung "Schering Berlin" die haben die deutsche "Pille" produziert. Was Repolein aber damals nicht wusste..
 
Schön, dass ihr euch einig seid, allerdings hat das wenig mit der Diskussion im Bereich der Parteienforschung oder der Forschung zu den Neuen Sozialen Bewegungen zu tun.

Und das jemand das Generationenkonzept von Mannheim "enpassant" zusammen mit Schelksy`s "Skeptischer Generation" auf den Müllhaufen der entsorgten "Konstrukte" und "Theorien" wirft, weil "Er"/ bzw. "Sie" es persönlich anders sieht, muss eigentlich nicht kommentiert werden.

Es wäre schön, wenn Ihr für eure persönlichen Meinungen ein wenig theoretische oder empirische Evidenz bemühen würdet. So habe ich zumindet immer den Anspruch dieses Forum verstanden.

Also viel Spass weiterhin beim gegenseitig auf die Schulter klopfen. Allerdings frage ich mich, welche verquere Motivation vorhanden ist, einen neuen Thread aufzumachen (wobei dieses Thema schon xigmal thematisiert wurde) lediglich um seinen Unmut über die 68er los zu lassen. :autsch:

Zustimmung!
 
Das ist vermutlich weiter oben in der "Mütter-Verdienstkreuz-Debatte" untergegangen.

Der Unterschied der "68er" zu allen vorangegangen Protest-Generationen, ist, dass man sich im "reiferen Altern" nicht davon distanzierte, weiterhin dazu stand.
Und das war nicht einfach! ich erinnere in dem Zusammenhang nur mal an den berüchtigten "Radikalen-Erlass"! Für alle die ihre Zukunft im Öffentlichen Dienst suchen mussten mithin Existenzgefährdend.

Mithin führte das "dazu stehen" zum Ergebnis, dass erstmals eine Protestgeneration tatsächlich andauernde Erfolge vorweisen kann.

Die Welt würde heute anders aussehen, verstaubter, verkalkter, "brauner" ohne die 68er.

Weiter oben wurde Cohn-Bendit genannt, fällt mir in dem Zusammenhang ein, wer hat eigentlich den De Gaulle gestürzt? Wenn nicht der Mai 1968?
 
.

Mithin führte das "dazu stehen" zum Ergebnis, dass erstmals eine Protestgeneration tatsächlich andauernde Erfolge vorweisen kann.

Die Welt würde heute anders aussehen, verstaubter, verkalkter, "brauner" ohne die 68er.

Davon bin ich einfach nicht überzeugt, auch angesichts dessen, dass 1968 (und auch die Jahre davor) niemand je auf die Idee gekommen wäre, dass Übergriffe sog. "Neonazis" auf Menschen anderer Nationen sogar mit Todesfolgen in diesem Lande wieder möglich sind, so wie in den letzten Jahren geschehen!
Besonders ist dabei die Tatsache zu bedenken, dass die alte "braune" Generation mittlerweile allmählich den Platz für nachfolgende Generationen frei macht.

Andererseits kann es aber auch nicht an der politischen Bildung und Erziehung liegen. Es gab und gibt genug Informationen auf breiter Ebene.


Weiter oben wurde Cohn-Bendit genannt, fällt mir in dem Zusammenhang ein, wer hat eigentlich den De Gaulle gestürzt? Wenn nicht der Mai 1968?


Vielleicht hat der radikalere Ablauf in der "Grande Nation" eventuell mehr bewirkt als in der BRD (?). Im Übrigen möchte ich betonen, dass ich im Grunde Herrn Cohn-Bendit schätze, um keinen falschen Eindruck zu erwecken.
 
@ Thanepower, Scorpio

Geschichte ermöglicht erst in der zeitlichen Distanz zu ihren Abläufen die Möglichkeit zu wissenschaftlicher Erkenntnis und philsophischen Ansätzen.
Für die Zeitzeugen erschöpft sie sich in der Banalität des Alltäglichen.

Quod erat demonstrantum!

Ich möchte zugunsten dieser "Bewohner eines Elfenbeinturms" annehmen, dass ihre Kritik konstruktiv gemeint war und nicht etwa einem der "geschichtlichen Restbestände, die der sozialen Realität nicht mehr angemessen sind " (Schelsky) entspricht - etwa Kaiser Wilhelm "(die Krone) ...riecht mir zu sehr nach Volk".

Merke: Keiner hört dir gläubig zu, wenn du beginnst: Ich bin klüger als Du.
(Friedrich Rückert)
 
1. Ich hoffe, dass die Stigmatisierung "Bewohner eines Elfenbeinturms" nicht so gemeint war, wie sie formuliert wurde.

2. Es besteht eine ausreichende zeitliche Distanz, die Genese der "Neuen Sozialen Bewegungen" und die Bildung der neuen Parteien (alternativen Listen & Grünen) auf der Grundlage der ideologischen und organisatorischen Voraussetzungen durch die "68er" zu erkennen. Wie eine umfangreiche wissenschaftliche Literatur es indiziert und sie erschöpft sich durchaus nicht in "banalem". In diesem Fall liegt wohl eine Fehlwahrnehmung oder Unkenntnis der aktuellen Diskussion im Bereich der Parteien- und Verbändeforschung vor. Ein einfacher Suchvorgang bei "amazon" bringt eine ausreichende Evidenz.

3. Mit dem Hinweis auf Mannheim und Schelsky habe ich einen ausgesprochen konstruktiven Beitrag für das ursprüngliche Problem geleistet, der allerdings ein wenig in der "Banalität des Alltäglichen" unterging. Ein großer Teil dieser sozialen Phänomene wird bereits empirisch untersucht und es erfolgt bereits eine theoretische Aufbereitung.

4. Aber vermutlich sind es doch sehr unterschiedliche "Mentalitäten" und "Erwartungshaltungen", die hier im Forum aufeinandertreffen und zumindest bei mir für bestimmte Beiträge ein gewisses "Unverständnis" auslösen.
 
Zuletzt bearbeitet:
@ thanepower

ad 2), 3)
Es ist möglich, dass die zeitliche Distanz von 50 Jahren (ein Tropfen im Ozean der Geschichte) für spezifische wissenschaftliche Erkenntnisse genügt, wobei die Erkenntnis von heute oft der Irrtum von morgen ist.
Vielleicht haben die 68er die Gründung und den strukturellen Aufbau (mit)bewirkt. Ich bin auch davon überzeugt, dass ich die entsprechenden Evidenzen zu empirischen Forschungen nicht nur unter der angegebenen Internetadresse finden würde, wenn ich sie denn suchen wollte.
Aber einmal ganz schlicht und praktisch gesehen: Nützen all diese Erkenntnisse und Forschungen, philosophische Ansätze
etc. jetzt z. B. jenem Handwerker etwas, der - die überfällige Begleichung seiner Rechnung einfordernd - von dem sehr zahlungspotenten Auftraggeber (sog. ehemaliger 68er) damit abgewiesen wird, dass er nicht einsehe, seine gut verzinsten Ressourcen für die Begleichung solch einer "Lappalie" (1100,00 €) anzutasten (oder werden sie praktisch gesehen, irgend jemanden künftig nützen?). Nun möchte ich mich nicht in der Evidence solch beschämender Beispiele verlieren, aber in dieser Hinsicht sehe ich mich in meiner Meinung bestätigt - und da möchte ich F. v. Schiller zitieren -
"Jede politische Erneuerung bleibt ein politischer Traum, wenn nicht der Charakter der Bürger erneuert wird!"

ad 4)
Dieses Forum "für Geschichtsinteressierte und Geschichtsfans" ist demokratisch und hat keine Grenzen des Geistes weder nach oben noch nach unten gesetzt. Du musst Dich damit abfinden, dass Du hier auch Menschen meinetwegen anderer Mentalität, ohne Abitur und Studium findest (wie mich), die Information von "Wissenden" möchten und die evtl. auch in ihren "einfachen" geistigen Strukturierungen etwas weitergeben können. Man kann daher mit Fug und Recht von den "geistigen Riesen" unserer Zeit und der entsprechenden mentalen Flexibilität erwarten, dass sie nicht mit "Unverständnis" auf eine einfache Frage reagieren. Da fehlt mir z. B. das Verständnis. Und - sieh es doch ein - gerade die Vielfalt in den Foren macht sie doch interessant - alles Abgrenzen, gleich in welche Richtung, macht letztlich jeden zum Bewohner eines

(ad 1) Elfenbeinturms (oder Teilnehmer eines elitären Debattierclubs).
Gruß Ri
 
Ich bin der Meinung, dass dies nicht der Fall ist! Im Gegenteil, ich sehe, dass das eigentliche Ziel, mehr soziales Bewusstsein und Verantwortung in die Köpfe der "Besitzenden" zu bringen, gescheitert ist. Was meint Ihr dazu?

War das der Anspruch der 68-er?

Die 68er markieren den Generationswechseln von der Kriegs- zur Wirtschaftwunder-Generation (mit unterschiedlichem Zungenschlag bei den Siegern und bei den Verlierern des 2. WK)

3. Mit dem Hinweis auf Mannheim und Schelsky habe ich einen ausgesprochen konstruktiven Beitrag für das ursprüngliche Problem geleistet, der allerdings ein wenig in der "Banalität des Alltäglichen" unterging. Ein großer Teil dieser sozialen Phänomene wird bereits empirisch untersucht und es erfolgt bereits eine theoretische Aufbereitung.

Noch konstruktiver wäre, wenn du die Argumente, auf die du hinweist, kurz selber ausführen würdest

@ thanepower
Aber einmal ganz schlicht und praktisch gesehen: Nützen all diese Erkenntnisse und Forschungen, philosophische Ansätze
etc. jetzt z. B. jenem Handwerker etwas, der - die überfällige Begleichung seiner Rechnung einfordernd - von dem sehr zahlungspotenten Auftraggeber (sog. ehemaliger 68er) damit abgewiesen wird, dass er nicht einsehe, seine gut verzinsten Ressourcen für die Begleichung solch einer "Lappalie" (1100,00 €) anzutasten (oder werden sie praktisch gesehen, irgend jemanden künftig nützen?).

Dieses Beispiel verstehe ich nicht, was hat die unbezahlte Handwerkerrechnung mit 1968 zu tun?
 
@rena8: Das habe ich bereits in #3 getan.
Sorry, den Beitrag hatte ich zwar gelesen aber die Zuordnung war mir entfallen.
Mich stört es nicht so sehr, dass die Diskussion sich mehrgleisig entwickelt hat, das spiegelt die Bandbreite der Veränderungen seit den 60ern wider.

Da könnte man intensiv einsteigen und verschiedene Aspekte untersuchen. Als erstes müßte man den Kulminationpunkt, also die politische Revolte von Studentengruppen im Jahr 1968 von der Entwicklung davor und danach abtrennen.
Und das geht m.E. nicht, daher halte ich diese mediale Verkürzung auf den Sommer 1968 und Dutschke für nicht zielführend, wenn man die Veränderungen untersuchen will.

Ja @thanepower 68 wurde bereits in verschiedenen Threads andiskutiert, ich wollte die 60er irgendwo mit den 20ern vergleichen, auch um die Generationenwechsel einzubeziehen.
Auch Schelskys Anwachsen der Mittelschicht und die Veränderung der Familienstruktur wären Einstiegspunkte.
Allerdings verführt dieses Thema zur Anreicherung mit Anekdoten, was ich ganz reizvoll finde, da es Geschichte interessanter macht. Wie oft wünsche ich mir für meine Lieblingszeit, die neolithische Revolution, einen persönlichen Bericht eines Jägers, wie der die ersten Bauern beim mühsamen Roden beobachtet.
 
Zurück
Oben