Auswirkungen eines Sieges der deutschen Flotte im November 1918

Allenstein

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Hallo,

Welche Auswirkungen hätte es auf den Ausgang des Krieges gehabt, wenn der Flottenbefehl vom 24.10.1918 erfolgreich verlaufen wäre? Nehmen wir an, die grosse Entscheidungsschlacht zur See hätte stattgefunden und (vielleicht auch durch glückliche Umstände) mit einem überwältigenden Sieg der deutschen Flotte und einer vernichtenden Niederlage der Grand Fleet geendet. Die Seeblockade wäre gebrochen worden.

Hätte das den Ausgang des Krieges, zumindest im Hinblick auf die Bedingungen für einen Waffenstillstand und späteren Friedensvertrag noch beeinflusst?
 
...ich weiß nicht, was solche Spekulationen an historischem Verständnis erbringen sollen... hätte man nie Schießpulver erfunden, hätte man um Verdun herum wenig peng-peng gemacht...
 
Ein Sieg, gar ein überwältigender, stand überhaupt nicht zur Diskussion. Nicht mal die SKL und die übrigen Marinezitronenfalter deutscherseits hatten sich auch nur ansatzweise Chancen auf einen Sieg ausgerechnet. Die wollten nur noch heldenhaft untergehen lassen, sonst nix.

Selbst wenn sie es irgendwie geschafft hätten, die Grand Fleet zu schlagen: Die Briten hatten Reserven, die Deutschen nicht. Hätten sich Grand Fleet und Hochseeflotte gegenseitig vernichtet, hätten die Briten immer noch Dreadnoughts und Pre-Dreadnoughts in der Nachhand gehabt, die Deutschen nicht. HMS Dreadnought hatte als obsolet schon nicht mehr an der Skagerrakschlacht teilgenommen, während die Deutschen sich noch mit sechs Pre-Dreadnoughts belasteten, um, naja, das wussten sie damals schon nicht so genau, warum sie die noch mitgenommen hatten.

Ach übrigens, US Schlachtschiffe waren auch schon in der Nordsee eingetroffen.

Selbst wenn mit Unterstützung durch kleine grüne Männchen vom Mars sämtliche Ententeschlachtschiffe aus der Nordsee verschwunden wären: Wer hätte denn Ende 1918 noch welche Güter in nennenswerten Mengen an ein bankrottes Kaiserreich verfrachten wollen? Durch eine Nordsee, die voller Minenfelder und leichter Seestreitkräfte der Entente war.
Und selbst wenn, wie hätte das die Front in Frankreich stützen sollen oder gar einen Vormarsch gegen immer überlegener werdende Gegner begründen? Wo hätte Ersatz für die Mannschaften herkommen sollen, die sich jetzt schon heimlich, still und leise auf den Weg nach Hause gemacht hatten.

Im schlimmsten Fall wären in diesem Szenario die Waffenstillstands- und Friedensbedingungen noch härter geworden, um die erlittenen Verluste irgendwie auszugleichen. Spekulation? Eher nicht: Genau das fand statt, nachdem die selben Ehrenmänner der kaiserlichen Marine der Ansicht waren, die in Scapa Flow internierte Flotte mal eben an ihrer Regierung vorbei versenken zu müssen, einmal mehr aus Gründen von "Stolz" und "Waffenehre" und sowas (Reschpekt, Mann - man will ja kein Lauch sein!).

Nur ihrer Disziplin hatten die feinen Herren für sich selbst einmal mehr nicht erinnert. Warum sollten die Mannschaften dann solchen pflichtvergessenen Subjekten Folge leisten? ("Die Disciplin der Marine ist aber die ihrer Offiziere." (Adalbert, Prinz von Preußen, Allgemeiner Marine-Befehl Nr. 1, 1852))
 
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Ich sah vorige Tage eine Darstellung eines britischen (vom Akzent er schottischen) Historikers, der die Auffassung vertrat, dass das, was in den britischen Schulgeschichtsbüchern gelehrt würde, falsch sei. Nicht die Briten und Franzosen hätten die Deutschen besiegt, sondern der Erste Weltkrieg sei zu Ende gegangen, weil die deutschen Matrosen ihre Waffen genommen und sie gegen ihre Führung gerichtet hätten. Ich weiß nicht, ob er sich bewusst war, dass er damit die Dolchstoßlegende gewissermaßen rekapitulierte, jedenfalls meinte er - ich schätze ihn als linksgerichtet ein - das absolut positiv. Nicht als Sieg oder Niederlage (wie die DSL), sondern als Beendigung eines unhaltbaren Zustands, bei dem sich die Bevölkerung sinnlos gegnseitig die Köpfe einschlug.
 
Ich sah vorige Tage eine Darstellung eines britischen (vom Akzent er schottischen) Historikers, der die Auffassung vertrat, dass das, was in den britischen Schulgeschichtsbüchern gelehrt würde, falsch sei. Nicht die Briten und Franzosen hätten die Deutschen besiegt, sondern der Erste Weltkrieg sei zu Ende gegangen, weil die deutschen Matrosen ihre Waffen genommen und sie gegen ihre Führung gerichtet hätten.

Die Briten und Franzosen allein sicher nicht, die Amerikaner sind hier auch noch maßgeblich zu nennen.

Deutschland war spätestens im September 1918 militärisch besiegt; der Zusammenbruch war nur noch eine Frage der Zeit.
Die OHL ließ am 2. Oktober 1918 den Fraktionschefs des Reichtags mitteilen:
"Nach menschlichem Ermessen besteht keine Aussicht mehr, dem Feinde den Frieden aufzuzwingen."

Ludendorff am 23. Oktober 1918:
"Die militärische Lage ist derart, daß die Kräfte des Feldheeres zu einem sicheren Halten der Stellungen nicht mehr ausreichen. Der Ersatz gleicht die Verluste seit langem nicht mehr aus."

Trotzdem brachten am Abend des 24. Oktober Ludendorff und Hindenburg einen Heeresbefehl mit verlogenen Durchhalteparolen in Umlauf (der kurz darauf widerrufen wurde): "... Wilsons Antwort kann daher für uns Soldaten nur die Aufforderung sein, den Widerstand mit äußersten Kräften fortzusetzen. Wenn die Feinde erkennen werden, daß die deutsche Front mit allen Opfern nicht zu durchbrechen ist, werden sie zu einem Frieden bereit sein, der Deutschlands Zukunft grade für die breiten Schichten des Volkes sichert."

Den entscheidenden "Dolchstoß", wenn man einen solchen sehen möchte, setzte dann allerdings die Seekriegsleitung, die den Plan zu einem großangelegten, militärisch völlig sinnlosen Selbstmordkommando fasste, um die Flotte in den "ehrenvollen Untergang" zu schicken.
 
Im Wikipedia-Artikel zum Flottenbefehl sind zwar keine Quellen angegeben, aber da steht zum Beispiel:

"Die Flottenführung sah militärische Erfolgsaussichten, da die Hochseeflotte als Angreifer die Initiative hätte und unweit der eigenen Stützpunkte operieren könnte. Die Briten hätten immer erst klären müssen, ob die gesichteten Schiffe freundlich oder feindlich wären. Ferner war die deutsche Flotte zu diesem Zeitpunkt durch verschiedene Schiffsneu- und -umbauten stärker als bei der Skagerakschlacht von 1916. Die britische Flotte war außerdem auf solch eine Aktion keinesfalls vorbereitet. In der Summe hätte dies der deutschen Flotte nach der Meinung der Militärs einen Vorteil verschafft, der die zahlenmäßige Unterlegenheit ausgeglichen hätte."

Flottenbefehl vom 24. Oktober 1918 – Wikipedia

Das klingt für mich nicht nach "Selbstmordkommando", sondern als hätte man schon begründete Hoffnung gehabt mit der Flotte noch etwas ausrichten zu können.

Zu verlieren hatte Deutschland doch sowieso nichts mehr. Selbst wenn man die entscheidende grosse Seeschlacht verloren hätte, was hätte es dann am Ausgang des Krieges für Deutschland geendet? Wäre dasselbe Ergebnis gewesen.

Interessant finde ich aber die Frage, was es gebracht hätte, wenn Deutschland die Grand Fleet vernichtend geschlagen hätte.

Sicher hätte Deutschland dann nicht den Krieg total gewonnen. Aber vielleicht hätte es die Möglichkeit eröffnet, das Kriegsende noch hinauszuzögern und bessere Waffenstillstandsbedingungen auszuhandeln? Wie wahrscheinlich wäre das gewesen?
 
Welchen Nutzen hätte das gehabt? Noch mehr Tote und Kriegsversehrte. Aus solchen Gründen habe ich für solche Gedankenspiele wenig Verständnis.
 
Wie wahrscheinlich wäre das gewesen?

Das ist kompletter Unsinn, da alle Parameter auf Zusammenbruch standen. Im Zweifel wären die ohnehin verhärteten Fronten noch verhärteter gewesen. Und hätte vor allem die parallel verlaufenden Friedensbemühungen mit Wilson diskreditiert. Der Verlierer wäre vor allem das deutsche Volk gewesen, dass noch länger unter einer schlechten Versorgung litt.

Das interessierte die Herren der SKL wenig, da sie unter dieser mangelhaften Versorgung nicht litten und sich den Luxus einer Rettung ihrer "Ehre", auf Kosten der deutschen Bevölkerung erhofften.

Es wäre hilfreich, sich ein wenig mit dem politischen und militärischen Kontext Ende Oktober 1918 zu beschäftigen, bevor weiter irgendwelche unsinnigen und apologetischen Vorstellungen über "Entscheidungsschlachten" hier geäußert werden.

Ein erster Schritt wäre, sich mit der Idee des Konzepts der "Fernblockade" zu beschäftigen und dann sich die Richtung der geplanten Route im Rahmen des O-Plans anzusehen.
 
Naja, aus der Retrospektive hätte ein für Deutschland halbwegs ehrenvoller und gesichtswahrender Frieden sicher sehr viel weiteres Unheil im 20. Jahundert verhindert.

Aus damaliger Perspektive wäre es doch verständlich, wenn ein Land alles versucht um den Krieg zu gewinnen oder zumindest mit möglichst geringen Nachteilen da rauszukommen.

Mir will es irgendwie nicht in den Kopf, dass Deutschland kapituliert hat, während seine Truppen weit im Feindesland standen und man eine starke und intakte Kriegsmarine untätig im Hafen liegen hatte. Das hinterlässt bei mir den Eindruck, dass militärisch nicht alle Möglichkeiten bis zum Letzten ausgeschöpft wurden.

Daher interessiert mich halt die Frage, was es vernichtender Sieg zur See noch hätte bringen können. Das wäre ja mit Sicherheit auch ein riesiger Schock für Grossbriannien gewesen.
 
Der Verlierer wäre vor allem das deutsche Volk gewesen, dass noch länger unter einer schlechten Versorgung litt.

Hat sich denn die Versorgung der deutschen Bevölkerung durch die Kapitulation im November 1918 verbessert? Die Seeblockade wurde doch weitergeführt und als Druckmittel genutzt um die Unterschrift unter den Versailler Vertrag zu erzwingen. Viele deutsche Zivilisten sind durch die Fortsetzung der Seeblockade noch nach Kriegsende gestorben.
 
Die Fragestellung ist zu "zerlegen" und entsprechend zu beantworten. Dem Fragesteller scheinen eine Reihe von Punkten nicht wirklich klar zu sein. Die "Homefleet" beschränkte sich im wesentlichen auf die Fernblockade und war nicht bereit, sich unter ungünstigen Voraussetzungen, in der "Deutschen Bucht" im Umkreis von ca. 120 nautische Meilen (ca. 200 km) um Helgoland. "The British did not have to fight or risk the Grand Fleet to maintain that blockade. The Germans would have to come to them if they wanted to break it." (Halpern, Pos. 7484).

Das hätte bedeutet, dass die Hochseeflotte in 1918 deutlich nach Norden Richtung Scapa Flow hätte dampfen müssen, um auf ein Treffen mit der Homefleet zu hoffen. Die projektierte Richtung des O-Plans im Oktober 1918 wählte die südwestliche Richtung und hoffte ca. in der Nähe von Terschelling auf einen Feindkontakt. Die Wahrscheinlichkeit einer „Todesfahrt“ für die Besatzungen war vermutlich objektiv nicht hoch. Aber das konnten die planenden Seeofffiziere und erst Recht nicht die Mannschaften wissen.

Allerdings war durchaus bekannt, dass auf der geplanten Route zusätzliche Minensperren durch die RN gelegt worden sind. Das hätte gravierende Verluste für die Hochseeflotte bedeuten können, ohne auf ein BB oder BC der Engländer getroffen zu sein.

Im einzelnen ergeben sich folgende Aspekte:
1. Ausgangspunkt und "operative Freiheit". Für die Diskussion im Oktober 1918 ist zu beachten, dass es zu diesem Zeitpunkt bereits Kontakte zu den Allierten gab, auf der Basis der 14 Punkte von Wilson. Im Rahmen dieser Kontakte stellte die Marine ihre offensiven Angriffe auf die Handelsschiffahrt durch die U-Boote ein, um die Gespräche über eine n Waffenstillstand nicht zu gefährden (generell Deist, S. 185 ff) Diese Entwicklung lief zwischen dem 17. und 21, Oktober ab und führte zu einer Eskalation zwischen der politischen und der militärischen Seite. Da beide Seiten den Kaiser anriefen führte die Lösung duch den Kaiser zur Entlassung von Ludendorff und schwächte die Stellung der OHL und der SKL im Oktober 1918, die sich mit Ludendorff verbündet hattet.

Vor diesem Hintergrund sind die offensiven Planungen in der SKL um Admiral Scheer zu sehen, die durch die Einstellung des offensiven U-Bootkrieges im Oktober 1918 die „operative Freiheit“ für die Hochseeflotte zurück erhielten und sie somit als Flotte im Kampf gegen England nutzen wollten.

Am 25. 10.1918 finden sich entsprechende Eintragungen im KTB der SKL (Deist, S. 198, FN 32) die eine finale Ausfahrt intendierte. Und somit eine Grundlage dafür gibt, dass die Mannschaften in diesem Unternehmen eine sehr begründete „Todesfahrt“ sehen konnte.

2. Legalität des Befehls: In der Marineleitung war zunächst von Trotha die Auffassung vertreten worden, dass es für diesen „finalen“ einer Zustimmung durch die entsprechenden Stellen der Exekutive (Kanzler etc.) hätte geben müssen, veränderte sich die Sichtweise. Die Aktion wurde im wesentlichen unter aktiver Umgehung der politischen Stellen in Berlin geplant und vorbereitet. Diese Sicht belegen auch die Darstellungen von Dittmann im Rahmen des vom Reichstags eingesetzten Untersuchungsaussschusses.

Das ist insofern erstaunlich, da Scheer in einer Unterhaltung mit dem Kanzler am 25.10.1918 die volle Loyalität der Marine zugesagt hatte und gleichzeitig die laufenden Planungen nicht erwähnt hatte. (Deist, S. 200).

Der kleine Kreis der Geheimnisträger innerhalb der Marine wurde durch eine weitere Person erweitert. Nach seiner Rückkehr aus Berlin besuchte Scheer Ludendorff und berichtete ihm von dem geplanten Unternehmen der Marine.

Ludendorff unterstützte diese Planungen, da er sich eine „kräftige Ohrfeige“ für Wilson gewünscht hätte, „die den Reichskanzler …..zum Abbruch der Verhandlungen zwingen würden. Über die unausweichlichen Folgen eines solchen Bruches für Volk und Staat äußerte sich Ludendorff nicht.“ (Deist, S. 201).

An diesem Punkt wird die deutliche Distanz erkennbar, die die OHL und die SKL gegenüber den politischen Instanzen hatte. Und es wird ersichtlich, dass die klassische Unterordnung der Militärs unter politische Zielsetzungen für die OHL und die SKL im Oktober nicht mehr gegolten hatte.

Das führt zu folgender Gesamtbewertung: Der O-Plan und die Selbstversenkung der Flotte in Scapa-Flow ist ein deutlicher Hinweis auf den hohen Grad der Desorganisation der Institutionen des Deutschen Kaiserreichs (Deist, S. 199). Und für sich bereits ein Indikator, dass die SKL ein relatives Eigenleben führte, dass in der Aussage der Marine gipfelte, man würde keinen Waffenstillstand benötigen. Neben der Beurteilung des staatlichen Zerfalls des Kaiserreichs beinhaltet der Vorgang jedoch auch einen strafrechtlichen Aspekt, das Agieren des Militärs gegen die politische Exekutivgewalt - den Kanzler - bzw. gegen den nominellen Befehlhalber der Marine, den Kaiser.

Im Paragraph 84 StGB findet sich folgende Passage, um den Tatbestand des Hochverrats zu erfüllen:

....oder die ihm von dem Reiche oder einem Bundesstaate anvertraute Macht mißbraucht....

Entsprechend den obigen Ausführungen kann man für den Oktober 1918 festhalten, dass die SKL eindeutig gegen die Richtlinienkompetenz der vorgesetzten Stellen vorsätzlich verstoßen hat. Und nicht nur dass, die Aktivität zielte darauf ab, die Aktivitäten des Kanzlers bzw. des Außenministers zu konterkarieren. Somit hat die SKL im Oktober die ihr anvertraute Macht mißbraucht und bei Durchführung dem deutschen Volk einen deutlichen Schaden zugefügt.

Deist, Wilhelm (2009): Militär, Staat und Gesellschaft. Studien zur preußisch-deutschen Militärgeschichte. München: Oldenbourg
Dittmann, Wilhelm (1926): Die Marine-Justizmorde von 1917 und die Admirals-Rebellion von 1918: J.H.W. Dietz Nachf.
Halpern, Paul G. (2012): A Naval History of World War I. Annopolis: Naval Institute Press.
 
Zuletzt bearbeitet:
Naja, aus der Retrospektive hätte ein für Deutschland halbwegs ehrenvoller und gesichtswahrender Frieden sicher sehr viel weiteres Unheil im 20. Jahundert verhindert.
Reine Spekulation. Und Ehre ist ein ziemlicher missbrauchter Begriff. Gerade dann, wenn Ehre die Forderung bedeutet, sein Leben - ja wofür eigentlich?!? - hinzugeben.

Aus damaliger Perspektive wäre es doch verständlich, wenn ein Land alles versucht, um den Krieg zu gewinnen oder zumindest mit möglichst geringen Nachteilen da rauszukommen.
Was wäre mit noch mehr Toten gewonnen gewesen? Inwiefern hätte es weniger Nachteile gegeben, wenn die Flotte dem Flottenbefehl nachgekommen wäre?

Mir will es irgendwie nicht in den Kopf, dass Deutschland kapituliert hat, während seine Truppen weit im Feindesland standen
Das ist genau das, womit die Dolchstoßlegendenpropaganda gearbeitet hat. Nur weil die Schlachtfelder in Frankreich und Belgien lagen, war Dtld. lange nicht im "Vorteil". Die Leute hungerten. Das Reich hatte den Steckrübenwinter hinter sich. Die Wirtschaft lag am Boden.Den Truppen an der Front fehlte - aus rein militärischer Perspektive - menschlicher und materieller Nachschub (das ist nur nach dem Frieden von Brest-Litowsk ein wneig veschleiert worden).

Das hinterlässt bei mir den Eindruck, dass militärisch nicht alle Möglichkeiten bis zum Letzten ausgeschöpft wurden.
Selbst wenn es kein Selbstmordkommando gewesen wäre(!!): Wie kann man heute so etwas überhaupt noch für annähernd wünschenswert halten? Überhaupt war auch der Seekriegsleitung - im Gegensatz zu dir - klar, dass das Auslaufen NICHTS ändern würde:
Admiral von Scheer;
"Es ist unmöglich, dass die Flotte alsdann in dem Endkampf, der einem baldigen oder späteren Waffenstillstand voraus geht, untätig bleibt. Sie muss eingesetzt werden. Wenn auch nicht zu erwarten ist, dass hierdurch der Lauf der Dinge eine entscheidende Wendung erfährt, so ist es doch aus moralischen Gesichtspunkten Ehren- und Existenzfrage der Marine, im letzten Kampf ihr Äußerstes getan zu haben."​
Auch hier wieder dieser kranke Ehrbegriff, der nichts als Menschenleben kostet. Aber gut, wenn's nicht das eigene ist...

Daher interessiert mich halt die Frage, was es vernichtender Sieg zur See noch hätte bringen können. Das wäre ja mit Sicherheit auch ein riesiger Schock für Grossbriannien gewesen.
Das ist nichts als eine kontrafaktische Dumme-Jungen-Phantasie. Werd erwachsen und freu dich, dass du im Frieden lebst, umgeben von verbündeten Staaten.
 
Hallo,

Welche Auswirkungen hätte es auf den Ausgang des Krieges gehabt, wenn der Flottenbefehl vom 24.10.1918 erfolgreich verlaufen wäre? Nehmen wir an, die grosse Entscheidungsschlacht zur See hätte stattgefunden und (vielleicht auch durch glückliche Umstände) mit einem überwältigenden Sieg der deutschen Flotte und einer vernichtenden Niederlage der Grand Fleet geendet.
Selbst wenn das (und es ist pure Phantasterie, bei den Zahlenverhältnissen) zustande gekommen wäre, hätte das nicht viel geändert. ist ja nicht so, dass Frankreich und die USA, oder auch Italien und Japan keine maritimen Streitkräfte besessen hätten.
Um Auf See eine realistische Chance gehab zu haben die Überlegenheit der Entente zu brechen, hätte jedes Deutsche Schiff (je nach Typ) so zwischen 3 und 6 Feindliche Schiffe gleichwertigen Typs versenken müssen ohne selbst versenkt zu werden.
Wie wahrscheinlich es es ist, im Fall einer einzelnen Knfrontation eine drei bis 6 fache Überlegenheit zu schlagen, sollte klar sein und dass ein solches Ergebnis nicht beliebig repruduzierbar ist erst recht.


Die Seeblockade wäre gebrochen worden.
Njet.

Hätte das den Ausgang des Krieges, zumindest im Hinblick auf die Bedingungen für einen Waffenstillstand und späteren Friedensvertrag noch beeinflusst?
Der Krieg war spätestens mit dem Durchbruch der Entente-Mächte an der Saloniki-Front durch. Im Westen konnte man sich von deutscher Seite her so gerade eben noch halten und mit dem Durchbruch in Mazedonien waren sowohl Bulgarien, als auch das Osmanische Reich und Österreich-Ungarn gleichsam matt gesetzt.
Ein Aufrollen des Balkans von Süden her war nicht mehr zu verhindern und durch das Ausscheiden Österreichs, wäre auch die Herstellung einer Front on Frankreich bis auf den Balkan via Italien und der kroatischen Küste möglich gewesen.
Selbst wenn die Stellung im Westen noch irgendwie zu halten gewesen wäre, wäre man dann deutscherseits eben mittelfristig von Süd-Osten her aufgerollt worden.

Was also hätte es nutzen sollen ein paar englische Dampfer auf den Meeresgrund zu schicken, ab gesehen davon, dass es die Briten reichlich erzürnt und den Frieden damit härter gestaltet hätte?
 
Was wäre mit noch mehr Toten gewonnen gewesen? Inwiefern hätte es weniger Nachteile gegeben, wenn die Flotte dem Flottenbefehl nachgekommen wäre?

Ja das ist doch eben meine Frage. Wenn der Flottenbefehl durchgeführt worden wäre und zu einem überraschenden grossen Sieg geführt hätte, welche Vorteile hätte das dann für Deutschland noch im Hinblick auf den Kriegsausgang gehabt?

Vielleicht hätte das die Entente schwer erschüttert, die eigene Moral enorm gestärkt und strategische Vorteile gebracht, die einen baldigen Zusammenbruch verhindert hätte, was die Entente vielleicht bewegt hätte einen Waffenstillstand auch zu deutlich milderen Bedingungen zu akzeptieren?

Oder muss man es so sehen, dass selbst der grösste vorstellbare Sieg der Kriegsmarine Ende 1918 die Gesamtkapitualtion des Kaiserreiches zu diesen harten Bedingungen der Entente auf keinen Fall mehr hätte verhindern können?
 
Es ist mir schon klar, dass es nervig ist, auf meine Ausführungen einzugehen. Du müßtest Dich ja mal mit konkreten Fakten beschäftigen.

Ja das ist doch eben meine Frage. Wenn der Flottenbefehl durchgeführt worden wäre und zu einem überraschenden grossen Sieg geführt hätte, welche Vorteile hätte das dann für Deutschland noch im Hinblick auf den Kriegsausgang gehabt?

Du kannst doch sicherlich Lesen. Wieso ignorierst Du dann die Haltung der englischen Flotte und wieso ignorierst Du dann, was ich geschrieben habe, die deutschen Vorstellungen hinsichtlich der geplanten Route?

Wie soll ein großer Sieg zustande kommen, wenn man in Minenfelder fährt und keine feindlichen "Dickschiffe" bekämpfen kann? Man mag sogar spekulieren, dass es der SKL implizit sogar Recht gewesen wäre, in die Minenfelder zu fahren, da so die Schiffe "heldenhaft" im Kampf versenkt worden wären und so die drohende Auslieferung der Schiffe verhindert worden wäre.

Das hätte zur Folge, die "Ehre" gerettet zu haben, die Basis für einen "ehrenhaften" Neuanfang zu legen und gleichzeitig der verhaßten Regierung, dem Kanzler und dem aus Partei gebildeten Kriegskabinett, in Berlin zusätzliche Steine in den Weg zu legen.

Der Widerstand der Mannschaften, so eine Eintragung im Tagebuch eines Mitglieds der SKL, richtete sich dann auch dagegen, ...."dass sie passiven Widerstand gegen den Einsatz der Flotte üben würden, der zum Ziel habe, die Übergabe der Schiffe nach Abschluss der Waffenstillstandsverhandlungen durch ihre Versenkung bei der geplanten Unternehmung zu verhindern." (Deist, S. 204)

Der normale Soldat befürchtete somit wohl nicht zu Unrecht, dass die Hoffnung auf einen Frieden durch derartige Aktivität torpediert worden wäre und sich negativ auf die Waffenstillstandsverhandlungen auswirken würde, wie bei Shinigami angedeutet.

....dass es die Briten reichlich erzürnt und den Frieden damit härter gestaltet hätte?


Deist, Wilhelm (2009): Militär, Staat und Gesellschaft. Studien zur preußisch-deutschen Militärgeschichte. München: Oldenbourg
 
Zuletzt bearbeitet:
Naja, aus der Retrospektive hätte ein für Deutschland halbwegs ehrenvoller und gesichtswahrender Frieden sicher sehr viel weiteres Unheil im 20. Jahundert verhindert.
Das hätte ein bisschen mehr Vernunft und Mäßigung innerhalb der deutschen Gesellschaft und eine andere politische Kultur innerhalb des Weimarer Parlamentarismus (wenn man hier Winkler folgen möchte) ebenso verhindert.
Die folgenden Greuel die danach folgten in dieser Determination auf den Versailler Frieden zurück führe zu wollen ist eine ganz und gar unzulässige Verkürzung der Ereignisse.
Der Versailler Vertrag hat die Deutschen nicht gezwungen KPD, DNVP und NSDAP stark zu machen, auch nicht Polen zu überfallen.

Aus damaliger Perspektive wäre es doch verständlich, wenn ein Land alles versucht um den Krieg zu gewinnen oder zumindest mit möglichst geringen Nachteilen da rauszukommen.
Und eben wegen der geringeren Nachteile wäre es ja verheerend gewesen im Angesicht der (selbst nach Einschätzung Hindenburgs und Ludendorffs) nicht mehr abzuwendenden Niederlage den Feind auch noch wütender zu machen, als er das eh schon war.
Im besondern wäre es extrem ungeschickt gewesen die Engländer zu verärgern, denn die setzten sich innerhalb der Entente von vorn herein für die mildesten Friedensbedingungen ein, mindestens was die territorialen Veränderungen betraf (nicht zu letzt aus dem Ansinnen heraus, dass die deutsche Wirtschaft auch in der Lage sein müsse, die Reparationsforderungen zu begleichen).
Im November 1918 die Engländer verärgert, dann sind 1919 das Saarland, Oberschlesien und Masuren vollständig weg.


Mir will es irgendwie nicht in den Kopf, dass Deutschland kapituliert hat, während seine Truppen weit im Feindesland standen und man eine starke und intakte Kriegsmarine untätig im Hafen liegen hatte.
Eine Marine, die für den Kampf in Küstennahen feindlichen Gewässern überhaupt nicht geeignet war, da die schwerfälligen und unter der Wasserlinie schwach gepanzerten Schlachtschiffe, auf denen die Wilhelminische Flotte maßgeblich beruhte für die Torpedowaffe (schau dir das Schicksal der Szent István an) viel zu anfällig war.
Was im Feindeland stehende Truppen angeht, was nutzt es die Linien in Frankreich mit ach und Krach halten zu können, während der Nachschu versiegt und gleichzeitig die Balkanfront zusammenbricht?
Besser kapitulieren, so lange man selbst in Frankreich steht, als zu warten, bis die Franzosen am Rhein stehen, tun sie das nämlich einmal, geben sie den nicht wieder her.

Das hinterlässt bei mir den Eindruck, dass militärisch nicht alle Möglichkeiten bis zum Letzten ausgeschöpft wurden.
dann lass mal spaßeshalber hören, en detail auf welche Weise deiner Meinung nach, ohne Zuhilfenahme marsianischer Legionen das Blatt zu wenden gewesen wäre. Ich bin gespannt.

Ansonsten mag hier einfach gelten, dass zur verantwortungsvollen Menschenführung gehört zu wissen, wann man verloren hat und nicht vollkommen unnötig weitere Menschen in den Tod zu schicken, nur um eine Sache, die längst verloren ist noch ein paar Wochen länger am Leben zu erhalten.

Daher interessiert mich halt die Frage, was es vernichtender Sieg zur See noch hätte bringen können. Das wäre ja mit Sicherheit auch ein riesiger Schock für Grossbriannien gewesen.

Setz dich lieber mal mit den Kräfteverhältnisse auf See, den Eigenschaften der Schiffe, den Möglichkeiten an Rohstoffen, Werftkazpazitäten etc. auseinandern, dann weißt du, dass diese Frage auf Grund offensichtlicher Absurdität obsolet ist.
 
Ja das ist doch eben meine Frage. Wenn der Flottenbefehl durchgeführt worden wäre und zu einem überraschenden grossen Sieg geführt hätte,
und wenn dann der Kaiser noch ein Büschel Wunderwaffen aus dem Hut gezaubert hätte, dann hätte man den Krieg samt Weltherrschaft gewonnen... ich kann das nicht verstehen: ElQ hat doch deutliche Worte zu kontrafaktischen Fantastereien geäussert - warum wird dergleichen störrisch umfangreich "diskutiert"???
 
Mir will es irgendwie nicht in den Kopf, dass Deutschland kapituliert hat, während seine Truppen weit im Feindesland standen und man eine starke und intakte Kriegsmarine untätig im Hafen liegen hatte. Das hinterlässt bei mir den Eindruck, dass militärisch nicht alle Möglichkeiten bis zum Letzten ausgeschöpft wurden.

Die Kriegsmarine konnte schlecht an der Westfront eingreifen. Die Matrosen hätte man vielleicht zu Bodentruppen ausbilden können, aber ich bezweifele, dass das Personal der Marine wesentlich die Lage an der Westfront hätte verändern können. Zur Erinnerung: nach Einschätzung der Obersten Heeresleitung war die Front nicht mehr zu halten. Deswegen forderte sie die Reichsregierung auf, Waffenstillstandsbedingungen mit den Alliierten aufzunehmen.
 
Das klingt für mich nicht nach "Selbstmordkommando", sondern als hätte man schon begründete Hoffnung gehabt mit der Flotte noch etwas ausrichten zu können.
Unterstellen wir mal einen militärischen Sieg in einem Skagerak II, wie hätte er ausgenutzt werden sollen?
Die militärische Planung im Frühjahr bei Operation Michael war ja schon mehr Hoffnung als eine konkrete Überlegung.

Zu verlieren hatte Deutschland doch sowieso nichts mehr. Selbst wenn man die entscheidende grosse Seeschlacht verloren hätte, was hätte es dann am Ausgang des Krieges für Deutschland geendet? Wäre dasselbe Ergebnis gewesen.
Nein, denn politische Erfolge wären dadurch unmöglich geworden.

Interessant finde ich aber die Frage, was es gebracht hätte, wenn Deutschland die Grand Fleet vernichtend geschlagen hätte.
Mehr Tote, mehr Verhärtung zwischen den Kriegsteilnehmern.

Aber vielleicht hätte es die Möglichkeit eröffnet, das Kriegsende noch hinauszuzögern und bessere Waffenstillstandsbedingungen auszuhandeln?
Stellen wir uns vor, die Fernblockade hätte aufgehört. In den vier Jahren vorher wäre das ein enormer Erfolg gewesen. Aber November 1918? Nicht mehr kriegsentscheidend, die Situation hatte sich gründlich geändert.
 
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