Banditen, Piraten, Lokaldynasten- Roms "Wilder Osten"

Erwähnt werden sollten auch noch die Bukolen, über die man nur sehr wenig weiß:
Während der Kaiserzeit bildete sich mitten in Ägypten eine Art Räubervolk, die Bukolen („Rinderhirten“). Es handelte sich um ein paar Tausend Leute, die in einem großen Sumpf des Nildeltas hausten, wo sie auf Booten und Inseln lebten. Sie trugen lange Haare und griffen Vorbeireisende an, machten aber auch größere Züge. In ihre unübersichtlichen Sümpfe konnte man sie kaum verfolgen. Angeblich betrieben sie sogar kultischen Kannibalismus. Geführt wurden sie von einem Priester. Es gelang ihnen sogar, ein römisches Heer zu schlagen. Kaiser Mark Aurel schickte gegen sie seinen Feldherrn Avidius Cassius, den späteren Usurpator. Der ließ sich nicht auf eine Schlacht ein, sondern säte erfolgreich Zwietracht unter den Bukolen, sodass sie zerfielen. Wirklich in den Griff bekam man sie aber noch lange nicht; erst unter Diokletian wurden sie weitgehend geschlagen, aber noch Ende des 4. Jhdts. existierten Reste und widersetzten sich besonders hartnäckig der Christianisierung.

Die Bagauden hat Cato schon erwähnt, ich mach's ein bisschen ausführlicher
So nannte man eine große Räuberbande aus Bauern und Hirten, die in der zweiten Hälfte des 3. Jhdts. n. Chr. in Gallien ihr Unwesen trieb. Der Name leitet sich eventuell vom keltischen Wort baga=Kampf ab. Über ihre Anfänge ist wenig bekannt, man weiß auch nicht genau, inwieweit sie wirklich alle zusammenhingen oder unterschiedliche Gruppen waren.
Über den rechtlichen und sozialen Status der Bauern Galliens im 3. Jhdt. ist nur wenig bekannt. Teils waren es Ackersklaven, teils Pächter, teils Halbfreie. Jedenfalls war ihre Not groß, da sie unter der Abgabenlast, den Bürgerkriegen und den Germaneneinfällen litten. Schließlich hatten viele im nördlichen und östlichen Gallien genug von ihrem bisherigen Leben und gründeten Banden. Zunächst bettelten sie eher, aber bald wurden sie Räuber, die das offene Land ausplünderten. Sie konnten aber auch einige Städte einnehmen, indem ihnen der dortige Pöbel die Tore öffnete. Schließlich wurden sie ab 283 so zahlreich und stark, dass sie 285 zwei der ihrigen, Amandus und Aelianus, zu Kaisern ausriefen. Auf einer leicht zu verteidigenden Halbinsel in der Marne errichteten sie ihren Stützpunkt, von dem aus sie ihre Züge unternahmen. Es gelang ihnen sogar, Augustodunum (Autun) zu erobern, das sie gründlich ausplünderten und verwüsteten. Ihre Züge erstreckten sich bis nach Spanien. Schließlich zog der Caesar Maximianus (später Kaiser) gegen sie und besiegte sie relativ rasch, wobei ihm half, dass unter den Bagauden eine Seuche ausgebrochen war.
Im 4. Jhdt. war es dann ruhig, doch im 5. Jhdt. entstanden die Bagauden von Neuem und zogen bis nach Italien. 407 musste ihnen ein römischer Feldherr sogar Tribut zahlen, damit sie ihn die Alpen ungehindert passieren ließen. Mitte des 5. Jhdts. wurden sie jedoch von den Römern und den Westgoten vernichtet.

Noch ein paar Anekdoten über den schon erwähnten Felix Bulla:
Über ihn waren mannigfache Schelmengeschichten im Umlauf, deren Wahrheitsgehalt jeder selbst beurteilen möge:
- Als zwei Mitglieder seiner Bande verhaftet und zum Tierkampf in der Arena verurteilt wurden, verkleidete er sich als hochrangiger Beamter, ging als solcher zum Kerkermeister und ließ sich unter dem Vorwand, sie für angeblich von ihm zu veranstaltende Spiele verwenden zu wollen, die beiden Gefangenen mitgeben.
- Einmal versprach er als Centurio verkleidet die baldige Festnahme des Felix Bulla.
- Von einem mit seiner Verhaftung beauftragten Centurio ließ er sich als Häscher engagieren, lockte ihn in eine Falle, ließ ihm den Kopf kahl scheren und gab ihm den Tipp, die Sklavenhalter sollten ihre Sklaven besser behandeln, damit die nicht wegliefen und zu Räubern würden.
Septimius Severus beauftragte schließlich einen Tribunen mit der Festnahme Bullas, dem das auch tatsächlich gelang: Bulla wurde von seiner Geliebten verraten und in seinem Versteck, einer Höhle, im Schlaf überrascht. Er wurde in der Arena den Tieren vorgeworfen, und seine Bande zerfiel.
 
In gewisser Weise war der Bandit Maternus ein Vorläufer der Bagaudenbewegung und sozusagen ein Gegenentwurf zum "edlen Räuber" Bulla Felix.

Maternus hatte seine "Ausbildung" als Bandit sozusagen auf Staatskosten erhalten und war Soldat gewesen, ehe er eine Bande gründete, die sich zum größten Teil aus Deserteuren rekrutierte. Mit seinen Gefährten machte er Obergermanien und Teile Galliens unsicher,. Maternus Bande muss sehr zahlreich und gut ausgebildet gewesen sein, denn Maternus plünderte Güter, Villen, Gehöfte und ganze Dörfer. Herodian berichtet sogar von einem "bellum desertorum" einem regelrechten Krieg des Commodus gegen Maternus Deserteurbande. Dieser soll übrigens eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Kaiser gehabt haben und angeblich sogar ein Attentat auf Commodus geplant haben, um ihn vielleicht sogar zu ersetzen.
 
in der Bibel werden die Zöllner sehr abschätzig erwähnt. Warum abschätzig? Weil damals die Zöllner so ein Art Zwischending zwischen Zöllner und Banditen waren. Damals sah ja wohl meist niemand, wenn sie etwas für sich selbst abzweigten oder wenn eine Person mehrmals für denselben Zoll zur Kasse gebeten wurde.

Das Heilige Land gehörte damals ja auch zum römischen Reich.
 
in der Bibel werden die Zöllner sehr abschätzig erwähnt. Warum abschätzig? Weil damals die Zöllner so ein Art Zwischending zwischen Zöllner und Banditen waren. Damals sah ja wohl meist niemand, wenn sie etwas für sich selbst abzweigten oder wenn eine Person mehrmals für denselben Zoll zur Kasse gebeten wurde.

Das Heilige Land gehörte damals ja auch zum römischen Reich.


Als latrones bzw lestai wurden nicht nur Räuber im engeren Sinne, sondern auch Renegaten, Gegenkaiser, Usurpatoren, Rebellenführer, Seperatisten etc, etc. das Spektum reicht über verres, Catilina, Tacfarinas, Spartacus, Boudicca bis zu Clemens, dem falschen Agrippa Postumus. Allerdings wurden Zöllner nun gerade nicht mit Banditen identifiziert. Das solche Amtspersonen Halsabschneider gewesen sein mögen, macht sie noch lange nicht zu Banditen, auch nicht im weitesten Sinne.

Da du die biblische Geschichte magst, findest du die richtig schweren Jungs im Lukasevangelium, wo des Nachts Hirten ihre Herden weideten, die bekannt dafür waren, dass sie quasi unabhängig ihre relative Freiheit oft dazu nutzten, auf Viehdiebstahl auszugehen, oder Reisende zu überfallen.

Eine andere Berufsgruppe, die oft delinquent wurden, waren Soldaten. Solche Typen wie Maternus.
 
Um 206 machte der Räuber Bulla Felix die Via Appia unsicher und plünderte Reisende zwischen Rom und Brindusium aus.

...über den schon erwähnten Felix Bulla [...] waren mannigfache Schelmengeschichten im Umlauf, deren Wahrheitsgehalt jeder selbst beurteilen möge:

Werner Rieß geht sogar so weit, dass er Bulla Felix für eine literarische Fiktion hält und eben keine historische Figur.
Rieß, Werner: Bulla Felix: ein Sozialbandit zwischen Geschichte und Fiktion. In: Panzram/Rieß/Schäfer: Menschen und Orte der Antike. Festschrift für Helmut Halfmann zum 65. Geburtstag. Rahden/Westf. 2015, S. 287 - 301.
 
Das kann ich mir nicht vorstellen. Bulla trieb sein Unwesen unter Septimius Severus, und Cassius Dio berichtete ausführlich über ihn (77,10). Über Bulla schrieb also ein Zeitgenosse für Zeitgenossen (also anders als etwa im Fall von Robin Hood, der erst lange nach seinem angeblichen Tod erwähnt wurde), und das so ausführlich, dass man wohl vermuten kann, dass Bulla für einiges Aufsehen gesorgt haben muss. Obendrein soll Bulla nicht irgendwo im hintersten Britannien oder Kilikien gehaust haben, sondern mitten in Italien, wo Cassius' Senatskollegen ihre Landsitze hatten. Wieso sollte sich also Cassius Dio selbst seiner Glaubwürdigkeit berauben, indem er für die Leser völlig offensichtlich Erfundenes berichtet?
 
Das kann ich mir nicht vorstellen. Bulla trieb sein Unwesen unter Septimius Severus, und Cassius Dio berichtete ausführlich über ihn (77,10). Über Bulla schrieb also ein Zeitgenosse für Zeitgenossen (also anders als etwa im Fall von Robin Hood, der erst lange nach seinem angeblichen Tod erwähnt wurde), und das so ausführlich, dass man wohl vermuten kann, dass Bulla für einiges Aufsehen gesorgt haben muss. Obendrein soll Bulla nicht irgendwo im hintersten Britannien oder Kilikien gehaust haben, sondern mitten in Italien, wo Cassius' Senatskollegen ihre Landsitze hatten. Wieso sollte sich also Cassius Dio selbst seiner Glaubwürdigkeit berauben, indem er für die Leser völlig offensichtlich Erfundenes berichtet?
Ich hab den Artikel gestern Abend beim Survey entdeckt, aber noch nicht gelesen. Mit der Argumentation setze ich mich in den kommenden Tagen mal auseinander.
 
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