Bedeutung des NATO-Doppelbeschlusses für die BRD

foxbuster

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Aloha,

Im Zuge einer anstehenden Präsentation im Fach Geschichte (LK13) habe ich mich mit dem NATO-Doppelbeschluss im allgemeinen und auch mit der Bedeutung für die BRD zu beschäftigen.

Mir selber ist lediglich bekannt, das eine Welle des Protestes über das Land schwappte, aber dies ist ja auch nicht weit hergeholt.

Wem also etwas auf der Zunge liegt, ich bin für jegliche Hilfe sehr dankbar, evtl. kann auch jmd. als Zeitzeuge was beisteuern (meine wenigkeit war noch Quark in 'ner Schaufensterscheibe).

Auch suche ich nach (kopien) von Dokumenten und Tonaufnahmen und Videomaterial.

Danke im Vorraus,
Liebe Grüße.
 
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Als zwischen den Blöcken geteiltes Land war Deutschland sowieso schon potentieller Schauplatz von Kampfhandlungen falls sich der Kalte Krieg doch zu einem heißen Krieg entwicklen sollte. Mit der durch den Doppelbeschluss beschlossenen Stationierung von Mittelstreckenraketen im östlichen Teil Westeuropas wollten v.a. die USA die Bedrohung eines Atomkriegs von ihrem Territorium weiter entfernen, was für die Bevölkerung des östlichen Westeuropas bedeutet hätte, nicht nur Schuaplatz von Kampfhandlungen zu werden, sondern auch Ziel von Angriffen mit Massenvernichtungswaffen.

P.S.: Was man hier so interessantes über die Biographie mancher Mitglieder erfährt...
 
Mit der durch den Doppelbeschluss beschlossenen Stationierung von Mittelstreckenraketen im östlichen Teil Westeuropas wollten v.a. die USA die Bedrohung eines Atomkriegs von ihrem Territorium weiter entfernen, was für die Bevölkerung des östlichen Westeuropas bedeutet hätte, nicht nur Schuaplatz von Kampfhandlungen zu werden, sondern auch Ziel von Angriffen mit Massenvernichtungswaffen.

Hallo,

komisch, ich erinnere mich vor allem an drei Dinge,

die vorausgehende Stationierung der SS20 Mittelstreckenraketen mit Mehrfachsprengköpfen und die Reaktion mit Pershings und CM darauf

die Kontroverse in der SPD, die ein Bundeskanzler Schmidt gegen seine Partei führte, um den Nato-Doppelbeschluß durchzusetzen

die Aktionen im Hörsaal, indem Raketen auf Särgen zum Dozenten nach vorne getragen wurden (Begleitprogramm zur 1-Mio-Demo in Bonn)

Vielleicht habe ich da die falsche Erinnerung, aber die Logik der Abschreckung verlangte wohl, den russischen Mittelstreckenraketen (mit dem 20.001 Sprengkopf) Entsprechendes gegenüber zu stellen (den 20.002 Atomsprengkopf). Dabei war das Problem nicht neu, es gab reichlich taktische Atomwaffen für das gedachte mitteleuropäische Schlachtfeld. Wofür nun die SS20 oder die Pershings gedacht waren? Keine Ahnung, irgend jemand wird sie halt erfunden haben.

Geblieben sind die CM - als Präzisionswaffen.

Zur Bedeutung für die BRD: Belastungstest für die Bündnistreue in der Nato (jedenfalls von den Partnerländern so gesehen), Belastungstest für die Regierungskoalition und die SPD intern, Anfang vom ende der Regierungskoalition, Bedeutung für die Entwicklung der Friedensbewegung und die mit ihr verbundenen Grünen etc.

Soweit mal ein Statement als Zeitzeuge (Student/ledig) und interessierter Leser eines bestimmten Nachrichtenmagazins in dieser Zeit, bei dem sich zu dem Thema sicherlich reichlich Material findet.

Grüße
Thomas
 
ich war ebenfalls schüler, kurz vorm abi, dann student, aber vermutlich habe ich das falsche studiert, bei uns gabs keine demos im hörsaal (wiwis waren schon immer sehr angepasst).

ich war damals allerdings in der spd, allerdings ein schmidt-anhänger (und pro doppelbeschluss), davon gab es immer weniger. diskutieren ging nicht, was mich damals wütend machte, dass nicht vorhandene us-raketen für gefährlicher gehalten wurden als vorhandene sowjetische. die wurden in den diskussionen nur so am rande erwähnt ("jaja, die müssen natürlich auch weg, aber das können wir nicht beeinflussen"...).

die stimmung war ziemlich anti-amerikanisch, fast so wie zum irak-krieg vor 4 jahren. zu den demos bin ich natürlich nicht hingegangen. und letztendlich spielte der doppelbeschluss keine geringe rolle beim zusammenbruch des warschauer paktes, so gesehen hat die geschichte schmidt recht gegeben.
 
Zuletzt bearbeitet:
wiwis waren schon immer sehr angepasst
...und letztendlich spielte der doppelbeschluss keine geringe rolle beim zusammenbruch des warschauer paktes, so gesehen hat die geschichte schmidt recht gegeben.

Hallo collo,
wiwi war ich zu der Zeit auch! Bei den Demonstrationen wurde "vom Hausrecht " Gebrauch gemacht, die Demonstranten wurden also rausgeschmissen.
Bzgl. SS20: genau das war auch für mich die Kernfrage. Die SS20 waren/wurden aufgestellt, während man sich im Westen um die Reaktion zerrriß. Ich kann mich auch an Bilder von Demonstrationen in Frankreich und GB erinnern, in denen es um die "Nach"-Rüstung ging. Die zahlenmäßig stärkste Friedensbewegung gab es aber wohl in der BRD.

Zu Deiner Bemerkung der Folgen: Auch diese Milliarden der Mittelstreckenraketen wurden in den Volkswirtschaften der Nato sicher besser verkraftet als im Warschauer Pakt. Insofern pflichte ich Dir im Ergebnis bei.

Noch eine Erinnerung aus den Nachrichten, ein Schnappschuss: Schmidt und seine Rede auf dem SPD-Parteitag (ich weiss nicht wann, vielleicht 1981, ein einsamer Kanzler, und die Riege der Kontrahenten war beachtlich (Eppler, Brandt, Bahr undundund).

Grüße
Thomas
 
Bzgl. SS20: genau das war auch für mich die Kernfrage. Die SS20 waren/wurden aufgestellt, während man sich im Westen um die Reaktion zerrriß. Ich kann mich auch an Bilder von Demonstrationen in Frankreich und GB erinnern, in denen es um die "Nach"-Rüstung ging. Die zahlenmäßig stärkste Friedensbewegung gab es aber wohl in der BRD.

Eines Abends kam im Fernsehen Bilder einer Demonstration gegen den Nato-Doppelbeschluß in der DDR. Wurde eine Frau gefragt, ob sie sich vorstellen kann, dass sich eine Frau in der BRD von der SS20 bedroht fühlt. Sagte sie ohne zu zögern "Aber natürlich".

OT
In der gleichen Zeit habe ich beim Zahnarzt eine Illustrierte durchgeblättert, wurden Frauen gefragt, bei welchem Erlebnis sie sich am "meisten geniert hätten".
Eine Frau beschrieb: Menschenkette auf der Autobahn, ihr 5-jähriger riß sich los, stellte sich vor die Kette, grinste, zeigte mit dem Finger auf die Menschen und machte peng peng peng............

User mit Kindern werden dies uU nachempfinden können.

Grüße Repo
 
ich kann mich erinnern, dass im Zuge des Nato-Doppelbeschlusses eine Protestwelle entstanden ist, die weite Teile der Bevölkerung erfasst hat.
Es wurden Sitzblockaden organisiert, z.B. bei dem Munitionsbunker in Feucht. Um auf die Konfrontation mit der Polizei vorbereitet zu sein, wurde ein gewaltfreies Training im Vorfeld abgehalten, in welchem man die verschiedenen Situationen in Form von Rollenspielen trainierte. Die Teilnehmer waren in der Friedensbewegung organisiert und dort in Bezugsgruppen aufgeteilt.
Die Blockadeaktionen wurden als Nötigung und Widerstand gegen die Staatsgewalt gewertet. Teilnehmer, die daran teilnahmen bekamen ein entsprechendes Verfahren und eine politische Akte.
 
Weil sie heute in BR-alpha wiederholt wurde

Die Tagesschau vom 14. Februar 1982
• Bisher einmaliges DDR-Friedensforum


erinnerte ich mich auch daran:

Das Lichtermeer, das werde ich nie mehr in meinem Leben vergessen"; sagt Heinz-Jürgen Scheinert. Die Bilder vom 13. Februar 1982, wie auch die all der darauf folgenden Jahre, sind in seinem Kopf und Herzen geblieben. Unauslöschbar. Und er ist nicht der Einzige. Der heutige Mitarbeiter des Dresdner Landesjugendpfarramtes war am 13. Februar 1982 unter jenen gut 1.000 vor allem jungen Menschen, die von der Dresdner Kreuzkirche zur Ruine der Frauenkirche zogen. Und dazu gehörte Mut...

http://www.friedenskooperative.de/netzwerk/histo112.htm
 
Hallo, beschäftige mich ebenfalls mit dem Thema, wurden die Raketen denn eigentlich jemals aufgestellt? (also in der BRD)

Wenn ja, gibts denn ne Karte mit Standorten, oder ne Liste wo diese Raketen stationiert waren.

Danke
 
...Im Zuge einer anstehenden Präsentation im Fach Geschichte (LK13) habe ich mich mit dem NATO-Doppelbeschluss im allgemeinen und auch mit der Bedeutung für die BRD zu beschäftigen...Auch suche ich nach (kopien) von Dokumenten und Tonaufnahm...


Ein interessanter Teil der zeitgenössischen Argumentation zum NATO-Doppelbeschluss ist der "Strafanzeige des Bundesvorstandes der GRÜNEN wegen Vorbereitung eines Angriffskrieges" vom April 1981 zu entnehmen.
Siehe http://www.kokhavivpublications.com/kuckuck/review/bd04_084.html
 
In diesem Thread lese ich immer nur von der Nachrüstung, die dann zu den Demonstrationen und der Friedensbewegung geführt hat. Aber der andere wesentliche Teil des Doppelbeschlusses, war doch, dass mit der Sowjetunion verhandelt werden sollte um die Stationierung der SS-20 rückgängig zu machen und nur mit der Nachrüstung gedroht wurde, falls die Verhandlungen scheitern würden.(was dann ja auch passiert ist)

Dieser erste Teil des Doppelbeschlusses war im Grunde als Versuch der weiteren Entspannung gedacht, was am Ende 1987 auch geklappt hat, als die atomaren Mittelstreckenwaffen der Sowjets und der USA in Europa abgeschafft wurden.

Insgesamt wird der ganze Doppelbeschluss immer wieder von dem Nachrüstungsabschnitt überschattet, was dem ganzen aber nicht gerecht wird.
 
In der DDR waren die SS-20-Standorte weitestgehend unbekannt, da sie unter sowjetischer Kontrolle waren. Wir vermuteten sie allerdings überall, wo Russen waren. :pfeif:
Ich kann mich als Ossi an die Nachrichten der DDR entsinnen, die fast jeden zweiten Tag den NATO-Doppelbeschluss verurteilten und die Demos gegen den Doppelbeschluss ausführlich ausschlachteten.
 
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