Berber und Araber

Ladislav

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Welche war die Beziehung Berbern und Arabern? Können Sie Mir helfen? Noch eine Frage oder Theorie. War nicht die grosse Araberatakke zweite Völkerwanderung?
 
Wie ich Dir schon hier geschrieben habe, waren die Berber zunächst nach dem Zusammenbruch des byzantinischen Reiches in Nordafrika und dem Verlust des letzten byzantinischen Heeres hier die einzige Macht, welche das Vordringen der muslimisch-arabischen Heere militärisch einige Jahrzehnte aufhielt. Insbesondere der Stamm der Ǧirārah tat sich dabei hervor.
Später dann halfen islamisierte Berber bei der Eroberung des Westgotenreiches Spania, die eroberten Gebiet wurden dadurch zu al-Andalus. Eigentlich lag sogar die Hauptlast dieser Eroberung auf den Schultern der Berber. In der Folge kam es immer wieder zu Aufständen der Berber gegenüber den arabischen Machthabern, weil die Berber sich trotz der Islamisierung als Muslime zweiter Klasse fühlten. In al-Andalus (aber in Nordafrika wohl auch) bekamen die Araber die fruchtbaren Täler und die Berber die kargen Berge als Land zugewiesen (ähnliche Probleme gab es im Übrigen mit der einheimischen Bevölkerung, es waren nicht die spanischen Christen, welche regelmäßig gegen Córdoba rebellierten, sondern vielmehr die Muwalladūn, die zum Islam konvertierten Hispanoromanen und Hispanogoten, welche regelmäßig den Aufstand probten, eben weil sie zwar Muslime waren, aber sich nicht als vollwertig anerkannt fühlten). Als einige Jahre nach der Eroberung von al-Andalus ein syrisches Heer unter Balǧ ibn Bišr von Aufständischen in Marokko eigekesselt wurde, floh dieses Heer über die Straße von Gibraltar und siedelte sich in Granada an, was fortan den Namen andalusisches Damaskus trug. Auf den Veteranen dieses Heeres baute einige Jahre später der Umayyade 'Abd ar-Raḥmān, der den Abbasiden entwischt war, seine Macht auf. 'Abd ar-Raḥmān hatte im Übrigen der Überlieferung zufolge eine Mutter aus einem Berberstamm, der ihm bei seiner Flucht durch Nordafrika behilflich gewesen sein soll.
Auch eine andere, spätere Kalifendynastie, die einen großen Geographen hervorbrachte, der im Dienst eines Deutschen Kaisers stand entstand durch die Verbindung eines Muḥammad-Verwandten mit Berbern: Die Idrisiden/Ḥammudiden, die allerdings ihren Anspruch erst nach dem Zusammenbruch des andalusischen Kalifats der Umayyaden durchzusetzen versuchten. In al-Andalus gab es zu Beginn des 11. Jahrhunderts (christlicher Zeitrechnung) die fitna barbariyya, das ist der berberische Bürgerkrieg, so genannt von Ibn Ḥayyān, der als Jugendlicher die fitna miterlebte und aus Sicht eines arabischen Ministersohnes und Ministers, dessen Machtstellung durch die fitna verloren ging, darüber schrieb. Sehr empfehlenswert ist hierzu das Buch von Peter C. Scales The Fall of the Caliphate of Córdoba: Berbers and Andalusis in conflict. Leiden 1994.
Schon vor der fitna barbariyya hatten Berber in Stellvertreterkonflikten zwischen Fāṭimiden und Umayyaden gekämpft, hier insbesondere die Zīrīden (als Stellvertreter der Fāṭimiden) von der Stammeskonföderation der Ṣinhāǧa gegen die Birzāliden (als Stellvertreter der Umayyaden) von der Stammeskonföderation der Zanāta.
Als die Zīrīden sich von den Fāṭimiden lossagten, schickten diese ihnen die Banū Bilāl, einen arabischen Stamm auf ihre tunesische Pelle. Dazu vielleicht Hein Halm, The Empire of the Mahdi: The Rise of the Fatimids. Leiden 1996.
Die Glaubensbewegungen der Almoraviden und der Almohaden waren zwar berberischen Ursprungs, hier spielte aber der ethnische Konflikt keine Rolle, vielmehr der Stammeskonflikt zwischen Ṣinhāǧa, was die Almoraviden waren, und Masmuda, was die Almohaden waren.
 
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