Berufe

.... das scheint alles auf eine Diskussion über die Definition von "Beruf" hinauszulaufen.

Hier noch zum Thema "Müller u. unehrlich", Auszüge aus:

Einst galt der Müller als größter Dieb im Land
5. Teil der WELT-Serie über Namenforschung: Kein Beruf war häufiger und keiner außer dem des Bauern so wichtig - Aber warum war der Müller "ehrlos"? von Hans Markus Thomsen

"Für die Versorgung der Bevölkerung war der Müller unersetzlich. So unersetzlich, dass er nicht in den Krieg ziehen musste. Genauer: Er durfte nicht, wie auch die Schäfer und Hirten nicht, die ihre Herden nicht allein lassen konnten. Die alte germanische Standeseinteilung war aber durch Waffenrecht und Waffenpflicht bedingt. Wer weder berechtigt noch verpflichtet war, im Heer zu kämpfen, der gehörte zu keinem anerkannten Stand, er war standeslos. Und weil es außer der Waffenehre keine andeutungsweise so wichtige Ehre gab, so war der Müller - nach altem Sprachgebrauch - unehrlich.

Die gesellschaftliche Niedrigstellung der "Ehrlosigkeit" ging aber nicht so weit, dass etwa der Schwur des Müllers vor Gericht nichts galt. Aber er konnte nicht in die Ehrenämter der Gemeinde gewählt werden, keine achtbare Zunft oder Gilde nahm ihn auf. Und das Schlimmste: Er durfte keine "ehrbare Dirne" ehelichen. Noch im Jahre 1686 drohten in Hamburg die Reepschläger (Seiler) einem ihrer Meister, der eine Müllerstochter zur Frau nehmen wollte, den Ausschluss aus ihrer Zunft an. Der Meister rief den Rat der Stadt an. Und der erkannte - ganz fortschrittlich - diesen Teil der Zunftsatzung als nicht rechtsverbindlich und ordnete die "Zulassung" der Müllerstochter an.

Noch 1652 gab es im Herzogtum Braunschweig die Anweisung, den neu geborenen Müllerskindern die "Unehrlichkeit" in den Taufschein einzutragen. Und nach wie vor galt in allen deutschen Landen die Bestimmung, dass die Müller den Unehrlichsten von allen behilflich sein mussten. Sie hatten dem Henker bei einer Hinrichtung die Galgenleitern zu stellen.

Wie kein anderer Beruf saß der Müller also in vielen Zwickmühlen. So war auch der "Mühlenfriede" ein für ihn zweifelhaftes Privileg. Mühlenfriede bedeutete: Ein Übeltäter, der sich in eine Mühle geflüchtet hatte, durfte nicht mit Gewalt herausgeholt werden. Diese Bestimmung hatte einen ganz praktischen Grund: die Furcht, die Mühle könnte durch die Gewalthandlung Schaden nehmen. Wie der Müller aber mit dem Galgenvogel in seinem Haus zurechtkam, war seine Sache."
 
Es gibt ja auch noch einen zweiten Pfad: http://www.geschichtsforum.de/f51/berufe-18552/#post284346

Aber wie gesagt, Werte blieben ja v.a. wohl in katholischen Gebieten oder nicht?
:grübel:

Im Umgang mit Bettlern gab es jedoch keine Kontinuität über die Jahrhunderte hinweg. Ab dem 16. Jahrhundert mehren sich restriktive Beschlüsse gegen Bettler, wie man am Beispiel des Kölner Rates sieht. Da zuvor solche Aktionen so gut wie nicht auftauchen (sondern die Bettler als Mitglied der Societas Christiana in den Quellen dargestellt werden), kann man daraus schließen, dass sich die Einstellung gegenüber dieser Gruppe gewandelt hat - deshalb meine Beschränkung auf das Früh- und Hochmittelalter.
 
Im Umgang mit Bettlern gab es jedoch keine Kontinuität über die Jahrhunderte hinweg. Ab dem 16. Jahrhundert mehren sich restriktive Beschlüsse gegen Bettler, wie man am Beispiel des Kölner Rates sieht. Da zuvor solche Aktionen so gut wie nicht auftauchen (sondern die Bettler als Mitglied der Societas Christiana in den Quellen dargestellt werden), kann man daraus schließen, dass sich die Einstellung gegenüber dieser Gruppe gewandelt hat - deshalb meine Beschränkung auf das Früh- und Hochmittelalter.
Das mag sein. Ich entsinne mich aber auch an Erlässe im 18.Jh., welche den Schutz der eigenen Bettler gegen Konkurrenten von außen vorsah und ließ mich dadurch und durch Beispiele der Kunst dazu verleiten auch noch von einem gewissen bleibenden sozialen Engagement auszugehen. Aber das ist wirklich ein Gebiet der Kultur- und Alltagsgeschichte, zu dem ich mich nicht wirklich auskenne.

Freund Scorpio ist da doch der Kenner.:yes:
 
Das mag sein. Ich entsinne mich aber auch an Erlässe im 18.Jh., welche den Schutz der eigenen Bettler gegen Konkurrenten von außen vorsah und ließ mich dadurch und durch Beispiele der Kunst dazu verleiten auch noch von einem gewissen bleibenden sozialen Engagement auszugehen.

Das habe ich auch nicht in Abrede gestellt. Ich habe nur aufgezeigt, dass es am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit eine Phase gab, in der Bettler weitestgehend ihre gesellschaftlichen Integration verloren haben. Wie das dann in der Neuzeit weiterging, kann ich nicht sagen; da fehlt mir schlichtweg die Kompetenz.
 
Aus welcher Zeit ist das Beispiel? Ich meine, in Ländern ohne Bischof gab es auch Steinmetze. Wer bestimmte, wer Steinmetz wurde dann bei Leuten, welche nur auf weltlichen Baustellen (profane Steinbauten wie Rathäuser, Schlösser, Festungen) arbeiteten?

Das Beispiel stammt aus dem Roman (Ich weiss, dass ihr so etwas nicht mögt)

Der Ketzer von Naumburg,
Rosemarie Schuder
ISBN 3-89954-133-2

Hier eine Leseprobe.
Leseprobe: Der Ketzer von Naumburg
 
Das habe ich auch nicht in Abrede gestellt. Ich habe nur aufgezeigt, dass es am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit eine Phase gab, in der Bettler weitestgehend ihre gesellschaftlichen Integration verloren haben. Wie das dann in der Neuzeit weiterging, kann ich nicht sagen; da fehlt mir schlichtweg die Kompetenz.
Was hälst Du für diese Phase, die Du nennst, verantwortlich? Hat der Humanismus damit zu tun? Wäre ja eigentlich eine Ironie der Geschichte.

Wenn Du magst, kannst Du die Debatte auch als Moderatorin verschieben.

Interessieren tut es mich schon, ich bin halt neugierig, wenn mir solche Aspekte begegnen.

@ Flo
Danke für die Klärung.
 
Was hälst Du für diese Phase, die Du nennst, verantwortlich? Hat der Humanismus damit zu tun? Wäre ja eigentlich eine Ironie der Geschichte.

Ich denke nicht, dass der Humanismus damit zu tun hat, sondern meine Mutmaßung ist, dass schlicht und einfach das Wachstum der Städte dafür verantwortlich ist und damit verbunden das sprunghafte Ansteigen der Bettler. Irgendwann konnte die Gesellschaft die Masse der Almosenempfänger nicht mehr "durchbringen".
 
Ich denke nicht, dass der Humanismus damit zu tun hat, sondern meine Mutmaßung ist, dass schlicht und einfach das Wachstum der Städte dafür verantwortlich ist und damit verbunden das sprunghafte Ansteigen der Bettler. Irgendwann konnte die Gesellschaft die Masse der Almosenempfänger nicht mehr "durchbringen".
Klingt einleuchtend v.a. für große Städte, welche vom Bevölkerungswachstum der Frühen Neuzeit profitierten, aber eben auch unter den negativen Folgen litten. Die Rolle der Kirche darf man in der Frühen Neuzeit natürlich auch nicht unterschätzen. Man müsste dann schauen inwieweit diese, als Verantwortliche in vielen sozialen Fragen, denn finanziell z.B. mit der Zunahme der städtischen Unterschicht Schritt halten konnte.

Aber zurück zu den Berufen, wenn noch jemand was weiß. Dem Schneider als unehrlichen Beruf laut Wikipedia traue ich zum Beispiel auch nicht. Warum wohl?:scheinheilig:
 
Man sollte bedenken, dass in der alteuropäischen Gesellschaft keine freie Berufswahl existierte. Der Beruf wurde meist vom Vater übernommen, jedenfalls gab es eng begrenzte Möglichkeiten. Der Sohn eines Lodwebers hätte niemals den Beruf eines Goldschmieds oder Büchsenmachers ergreifen können, da er erstens kaum in die Zunft aufgenommen worden wäre und wohl auch kaum das Lehrgeld hätte bezahlen können. Der Beruf als Gauner oder Bettler wurde von den Rotwelschen durchaus als solcher gesehen. Bereits im 16. Jahrhundert warnte der Liber Vagatorum vor den Tricks eines professionellen Bettler- und Gaunertums. Sozusagen als ein Vorläufer von XY ungelöst. Es gab mehr als ein Dutzend verschiedene Bezeichnungen für Diebe- und ihre Vorgehensweise. Zur Subsistenzsicherung mußten auch Kinder beitragen, und es war nichts ungewöhnliches, wenn Jungen, aber auch Mädchen mit 12- 14 Jahren zu einem Bruch mitgenommen wurden. Die schwäbische Gaunerin Schleiferbärbel lernte ihre Kinder an, so daß die schon mit 10 Jahren Meister des Taschendiebstahls waren. Christina schettinger, die 2. Frau des Sonnenwirtle, Schillers "Verbrecher aus verlorener Ehre" war mit 12 Jahren eine begehrte Partie.


Bei den sogenannten "unehrlichen Berufen" warnt Ernst Schubert in seinen "Arme Leute Bettler und Gauner" davor, sich diese als Pariahs vorzustellen, wie Werner Dankert das in seiner Publikation tat. Es gab kaum ein Gewerbe, das nicht irgendwann einmal als "unehrlich" galt, und Müller, aber auch Scharfrichter konnten es durchaus zu einem gewissen Wohlstand bringen. Als besonders verfemt galten allerdings Prostituierte, Henker, Abdecker, Gerichtsdiener und Büttel. So schreibt noch um 1800 ein Kriminalist über den Räuber Schinderhannes, dass dieser als Abdecker der geringsten Sorte nur ein geringes Gefühl von Ehre besitzen könne.
 
Das war mal wieder typisch Scorpio und sehr interessant. :)

Bei dem Hinweis, dass jeder Beruf mal irgendwie angefeindet wurde, fällt mir ein bisschen OT eine meiner Lieblingserzählungen von Honoré de Balzac ein:
"Des Königs Liebste"

"Der Goldschmied schlug ein und obwohl der Freiersmann eine Affenfratze besaß, deren Backenfalten nur wenige Zahnstümpfe bargen, und er zudem vor Dreck stank wie alle, die zwischen fauligen Prozeßakten und ähnlich mulmigem Müll hocken, zwang er seiner Tochter diese Ehe auf."
(Manchmal kommt mir der mulmige Müll, wunderschöne Formulierung, auch ganz bekannt vor. :weinen::rofl: )
 
Ich frage mich, inwieweit das mit der "Unehrlichkeit" überhaupt stimmt. Der Wikipedia-Eintrag zum Müller enthält nichts dergleichen, und zum Wikipedia-Eintrag "Unehrlicher Beruf" ist folgendes zu erfahren:




Auf der Diskussionsseite ist zu erfahren, daß die Sache mit dem Müller (und dem Schäfer) offensichtlich auf einem Irrtum beruht:








Wo hast Du denn diese Behauptung her? Mit angeblichen Traditionen aus germanischer Zeit muß man immer besonders vorsichtig sein, denn erfahrungsgemäß werden immer dann irgendwelche "Traditionen" aus grauer Vorzeit frei erfunden, wenn es an seriösen historischen Quellen mangelt.


Schäfer übernahmen häufig Aufgaben eines Abdeckers, woraus die "Unehrlichkeit" resultierte. Bei einigen Berufen wie Leinwebern oder Badern waren es wohl eher Abgrenzungsmechanismen konkurrierender Zünfte, die bewirkten, dass auch sie regional zu den "unehrlichen Berufen" zählten. Auch wenn Wikipedia zu Müllern nichts schreibt, galten auch sie durchaus als verfemte Berufe.

Wenn man Wiki nicht immer trauen kann, Uwe Danker, Räuberbanden im Alten Reich um 1700) Werner Dankert (Die verfemten Berufe ), Ernst Schubert (Arme Leute, Bettler und Gauner in Franken), Kathrin Lange (Gesellschaft und Kriminalität) sind da jedenfalls ziemlich eindeutig.

Und Last but not least gibt es natürlich noch die Koryphäe Scorpio, bzw. dessen Alter Ego: Martin Lange, Räuber und Gauner ganz privat
 
@ Scorpio

Es geht ja hier im Thread um die gesamte Zeit des Absolutismus. Was meinst Du, ob die Encyclopédie mit der Vorstellung der Berufe durch Fachleute etwas bewirkte und dass die Aufklärung auf die Sichtweise auf verfemte Berufe Einfluss hatte?
 
Müller - unehrlicher Beruf

Zur Unehrlichkeit der Müller noch folgendes: ".... Hier mögen die Gründe der Zuordnung rechtlicher Natur gewesen sein, und der Begriff der Unehrlichkeit nähert sich am ehesten unserer heutigen Bedeutung: denn häufig waren Bürger und Bauern schlecht auf die Müller zu sprechen, sagten ihnen Betrügereien und dunkle Geschäftspraktiken nach. "Neben jeder Mühle steht ein Sandberg", lautet ein altes deutsches Sprichwort, ... 1577 erhielten die Müller überhaupt erst einmal das Zunftrecht, aber selbst bis 1700 blieb ihnen als äußeres Zeichen des Makels die Auflage, beim Errichten des Galgens zu helfen." aus: Deutsche Geschichte. Bd. 5; Hrsg.: Heinrich Pleticha. Bertelsmann Lexikon Verlag 1993

Welchen schlechten Ruf die Müller noch Mitte des 18.Jh besaßen, zeigt ein Blick in Zeidlers Universal-Lexicon von 1754, dort wird vor 34 "bey vielen Müllern üblichen Betrügereyen...." gewarnt: Zedlers Großes Universallexicon Online "Müller, sollen zuförderst der Mühl-Ordnung nachgehen"

Die Bäcker zählten übrigens nicht zu den verfemten Berufen, warum auch.
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Tschako

Schau mal unter Adam Ries und sein Werk "Ein Gerechent Büchlein/ auff den Schöffel/ Eimer/ vnd Pfundtgewicht" von 1536. Adam Ries - Wikipedia Soweit mir bekannt, wurde den Bäckern immer wieder und wohl auch bisweilen zu Recht unterstellt, für den selben Preis immer mal wieder kleinere Brote zu backen.
Oder hier ADAM RIES über "Adam Ries" - "Annaberger Brotordnung".
 
Ich erlaube mir mal Scorpios Beitrag auszugsweise hierher zu kopieren:

Scorpio:
Ungefähre Vorstellungen muss man immer in Relation sehen. Ein Vermögen von 200 fl erlaubte ein Leben knapp über dem Existenzminimum. In der Regel mussten Paare ein solches Vermögen nachweisen, um eine Heiratserlaubnis zu bekommen. Ebensoviel war den Obrigkeiten ein Soldat wert. 1673 lag der Monatsverdienst eines Tagelöhners bei 17 fl und 30 xr. Etwa ebensoviel verdiente eine Magd. Für 12 fl konnte man ein Kalb bekommen. 12 hessische Gulden und 17 Albus musste Abraham Gutkind aus Frielendorf im Jahre 1792 für seinen Schutzbrief zahlen. Gute Zahlen was zum absoluten Existenzminimum nötig war, geben Abrechnungen von Gefängnissen. Die Zahl des Unterhalts für einen Gefangenen variierte zwischen 5-7 Kreuzern. Etwa ebensoviel konnte eine Spinnerin in Heimarbeit verdienen.
(Den "Monatsverdienst" habe ich schon korrigiert.)

Erstaunlich daran finde ich, dass die Magd soviel verdient wie der Tagelöhner, obwohl sie erstens eine weibliche Person ist und zweitens frei Kost und Logis bekommt. Außerdem erscheinen mir 144 Gulden Jahresverdienst dann auch wieder recht viel vor. Die Magd hätte das Geld ja fast samt und sonders beiseite legen können und nach wenigen Jahren ein erstaunliches Vermögen erspart.
:grübel:
 
Ein weiterer beliebter und angesehener Berufszweig war der "Papyrer"

Der Papyper - oder Papiermacher - gehörte zu keiner Zunft, sondern einer unabhängigen Gruppe an, die eigene Regeln und Gesetze hatte.
Diese verschloss sich gegenüber anderen Handwerkern und versuchte, die Verbreitung ihrer Kenntnisse zu verhindern. Das Wissen um die Papierherstellung galt dabei als wichtigster Schutz gegen Armut.
Die Gesellen mussten sich unter Eid verpflichten, "nichts Altes wegzulassen, nichts Neues hinzuzufügen".
Für die Aufnahme eines Lehrlings erhielt der Papiermachermeister einen Taler. Der Lehrling erhielt dafür freie Kost und Logis sowie für seine Arbeit einen Jahresverdienst von zwei Talern.
Zum Ende seiner Lehrzeit musste jeder Lehrling den sogenannten "Lehrbraten" - ein mehrtägiges Gelage mit vorgegebener Speisenfolge - ausrichten. Zu diesen Festen waren meist auch die Papiermacher aus den umliegenden Mühlen eingeladen. Ein solcher Lehrbraten kostete rund 100 Taler - ein mehrfaches des Jahreseinkommens.
Die Lehrlinge mussten in der Regel etliche Jahre unentgeltlich bei ihrem Lehrherrn arbeiten um die Kosten dafür zurückzuzahlen.

Quelle: Passion Papier - Geschichte eines Kulturgutes.
 
[FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]Zu Löhnen von Mägden und Dienstpersonal habe ich noch folgendes gefunden ([/FONT][FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]Löhne und Preise schwankten natürlich regional, Bsp. hier gelten für das Berg. Land) [/FONT][FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]:

1673: Dienstbotenlohn
"Auf Befehl der Regierung und durch die früher übliche Bekanntmachung in der Kirche, wurde am 10. Sept. 1673 ein Jeder, welcher Knechte und Mägde halte, aufgefordert anzugeben, wie viel Lohn er ihnen geben müsse. Aus diesem Nachweise geht hervor, daß der Lohn eines Knechtes 16-34 Gulden, der einer Magd 5, 6-8 Gulden betragen hat."
[J.H. Klein, MBGV 2/1901, S. 44]

Quelle:
[/FONT]"Zeitspurensuche: Preise"- Übersicht über Löhne u. Preise vom 15.-19.Jh
 
Ich frage mich, inwieweit das mit der "Unehrlichkeit" überhaupt stimmt. Der Wikipedia-Eintrag zum Müller enthält nichts dergleichen, und zum Wikipedia-Eintrag "Unehrlicher Beruf" ist folgendes zu erfahren:

Auf der Diskussionsseite ist zu erfahren, daß die Sache mit dem Müller (und dem Schäfer) offensichtlich auf einem Irrtum beruht:


Wo hast Du denn diese Behauptung her? Mit angeblichen Traditionen aus germanischer Zeit muß man immer besonders vorsichtig sein, denn erfahrungsgemäß werden immer dann irgendwelche "Traditionen" aus grauer Vorzeit frei erfunden, wenn es an seriösen historischen Quellen mangelt.

Dazu noch ein Zitat aus: Deutsche Geschichte. Bd. 5; Hrsg.: Heinrich Pleticha. Bertelsmann Lexikon Verlag 1993:

"Es waren Menschen, auf die selbst der ärmste Handwerker oder Bauer noch verächtlich herabblickte, weil sie doch zu den "unehrlichen Leuten" gezählt wurden. Dabei hat diese Bezeichnung nichts mit "unehrlich" im modernen Sinn zu tun, sondern drückt vielmehr die Rechtlosigkeit dieser Menschen bzw. Berufe, ihre Abseits- und Outcaststellung aus. Die soziologischen, rechts- und religionsgeschichtlichen Wurzeln solcher Verfemung reichen weit zurück in die Antike und die germanischen Zeit. Im MA waren diese Formen bereits erstarrt, ließ sich manchmal schon gar nicht mehr festellen, warum ausgerechnet bestimmte Berufe als unehrlich galten. Bei einigen kann man es noch verstehen, wie etwa bei den Scharfrichtern, den Abdeckern(Wasenmeistern) oder den Totengräbern. Warum aber Leinweber, Bader, Müller und sogar Schornsteinfeger, unsere heutigen Glücksbringer, zu den verfemten Berufen gerechnet wurden, ist von der Forschung bis heute nicht ganz befriedigend geklärt worden."
 
@ Scorpio

Es geht ja hier im Thread um die gesamte Zeit des Absolutismus. Was meinst Du, ob die Encyclopédie mit der Vorstellung der Berufe durch Fachleute etwas bewirkte und dass die Aufklärung auf die Sichtweise auf verfemte Berufe Einfluss hatte?


Es fanden im 17. und 18. Jahrhundert auch die Vertreter des "allerunehrlichsten" Gewerbes, die Henker und Scharfrichter gelehrte Fürsprecher, die das amt des Scharfrichters aus der Bibel herleiteten. Um 1770 wurde per Reichsbeschluß auch die Unehrlichkeit der Abdecker und Henker beseitigt. Ob damit aber überkommene Normen und Vorurteile überwunden werden konnten, ist allerdings eine ganz andere Frage. "Unehrlichkeit" war ja keine moralische, sondern eine soziale Kategorie. Zunftbeschränkungen hatten häufig den Hintergrund dass sie eingesessene Handwerker bevorzugten, zumal die meisten Innungen auch überbesetzt waren. Das war im Scharfrichtergewerbe selbst ein großes Problem, dass einer begrenzten Stellenanzahl eine extrem hohe Zahl an Bewerbern gegenüberstand. Das Amt des Scharfrichters von Paris war generationenlang im Besitz der Familie Sanson, die eine Fülle prominenter Köpfe von Damiens bis Marie Antoinette betreuten.
 
[FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]Zu Löhnen von Mägden und Dienstpersonal habe ich noch folgendes gefunden ([/FONT][FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]Löhne und Preise schwankten natürlich regional, Bsp. hier gelten für das Berg. Land) [/FONT][FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]:[/FONT]

[FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]1673: Dienstbotenlohn [/FONT]
[FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]"Auf Befehl der Regierung und durch die früher übliche Bekanntmachung in der Kirche, wurde am 10. Sept. 1673 ein Jeder, welcher Knechte und Mägde halte, aufgefordert anzugeben, wie viel Lohn er ihnen geben müsse. Aus diesem Nachweise geht hervor, daß der Lohn eines Knechtes 16-34 Gulden, der einer Magd 5, 6-8 Gulden betragen hat."[/FONT]
[FONT=Arial, Helvetica, sans-serif][J.H. Klein, MBGV 2/1901, S. 44][/FONT]
Eine bemerkenswerte Aussage. Die Spanne von 16-34 Gulden für den Knecht ist natürlich auch interessant, erklärt sich allerdings aus der Diferenzierung bspw. zwischen Großknecht und weniger erfahrenen Knechten, ähnlich bei der Magd. Leider wird in dem Zitat, auch auf der verlinkten Homepage nicht angegeben für welchen Zeitraum dies gezahlt wurde.

Wenn man sich darunter aus dem 18.Jh. (1724) das Jahresgehalt von 12 Reichstalern für den Großknecht anschaut kommt man hinter die wirklichen Gehälter.
Ein Taler entsprach 90 Kreuzern, ein Gulden 60 Kreuzern. Also dürften die 34 Gulden als Jahresgehalt gemeint sein, womit auch bei Scorpios Anmerkungen auch das Monatsgehalt nicht stimmen kann, sondern ebenso, wie ich schon ahnte, das Jahresgehalt gemeint wäre!!!!:S
 
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