Geschichte als Weltflucht? Eigentlich befinden wir uns gerade in der Geschichte. Ich bin mir sehr sicher, dass man in 100 Jahren auf unsere Zeit als ein Epochenwechsel zurück blicken wird. Die euro/(WASP-)amerikanische Dominanz auf der Welt ist wohl schon zu Ende. Die Bevölkerung in den westlichen Ländern verändern sich massiv. Für die westliche Hälfte Europas ist die Veränderung in unserer Zeit die vielleicht gravierendste seit rund 1.600 Jahren. wenn man nicht sogar weiter zurückgehen müsste.
Da springt man doch gerne mal in die Vergangenheit zurück. Wenn man sich die ganze Reenactment Szene anschaut, ist das sicherlich eine Flucht. Der eine sieht sich als keltischer Händler, die andere als römische Matrone. Wieder andere geben sich als Wikinger und unzählige bevölkern Mittelalterfeste.
Geschichte kann aber auch Wissenssuche sein. Warum ist eine Hochkultur untergegangen? Oder auch nur, hätte der Krieg um Lummerland anders geendet, wenn der nördliche Flügel den Angriff durchgeführt hätte, anstatt dem destraströsen Vorstoß des Zentrums. Diese Suche haben wir im Forum alltäglich. Hätte, hätte, Fahrradkette.
Geschichte kann auch Erdung sein. Wer sich mit der Chirurgie auf einem Kriegsschiff im napoleonischen Zeitalter beschäftigt hat:
Amputationen ohne Betäubungs-/Schmerzmittel. Große Holzsplitter im Körper. Oder ein paar Nummern kleiner. Zahnschmerzen zu Martin Luthers Zeiten. Die Zange des Dorfschmiedes, anstatt der kompetenten Behandlung durch einen Zahnarzt unserer Tage.
Geschichte kann auch Erotik sein, wenn man sich die Gemälde vieler Künstler anschaut. Hier ein französischer Künstler des 19. Jahrhunderts, welcher einen römischen Sklavenmarkt seiner Phantasie entspringen lässt. Dann stehen junge nordische Frauen nackt auf einen Podest und die römische Bevölkerung betrachtet interessiert die "Ware". Da der geneigte Leser, als dem Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden nach der Schlacht von Slankamen der Harem des Großwesirs Köprülü Fazil Mustafa als Kriegsbeute in die Hände fiel.
Jedoch wird man schnell wieder geerdet, wenn man sich vergegenwärtigt, dass man wohl eher als Galeerensklave oder Arbeiter in einer Bleimine geendet hätte als ein römischer Gutsbesitzer, der sich von einer Sklavin mit Trauben füttern ließ.
Sicherlich hat die Beschäftigung viele Motivationen. Egal, welche genau nun diese sein mögen, es ist immer ein Gewinn
