Bildbände zu Martin van Meytens

Brissotin

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Kennt jemand Bildbände zu dem großen Künstler Martin van Meytens, der besonders in Wien um die Mitte des 18.Jh. tätig war?
Hier sieht man eines seiner berühmtesten Gemälde: http://nl.wikipedia.org/wiki/Afbeelding:Keizelijke_familie_%282%29.jpg
Meytens bildete sehr oft die kaiserliche Hofgesellschaft ab. Häufig sind diese Bilder zum Verständnis wie das Hofleben eigentlich aussah, sehr nützlich. Beispielhaft ist auch das große Gemälde "Damenkarussell in der Winterreitschule der Wiener Hofburg am 2. Jänner 1743". Leider kenne ich nur sehr wenige seiner Werke und diese sind dann auch noch über Bildbände zu Schlössern bzw. in anderer Sachliteratur meistens in zu kleinem Format und zu schlechter Qualität vorhanden. Dabei sieht man gerade auf den großformatigen Gemälden sehr schön die Hofmode und auch das Hofzeremoniel ist bis ins Detail ersichtlich.

Ein spannendes Detail auf einem seiner Gemälde zur Wahl des Römischen Königs, hier Joseph (II.), dass in dem großen Festsaal in Frankfurt aufgrund der Abwesenheit der weltlichen Kurfürsten, tatsächlich nur ihre Diplomaten neben den Sesseln ihrer Potentaten stehen. Von Berichten und zeitgenössischen Skizzen wissen wir, dass sich Meytens exakt an die tatsächliche Bestuhlungsordnung etc. gehalten hat.
 
Van Dyck der Gegenwart

Nachdem ich selbst in Wien, wo sich das Hauptschaffenswerk van Meytens abspielte keine Literatur zu ihm gefunden habe, frische ich dennoch mal kurz den Thread auf, weil ich mittlerweile aus ein paar Katalogen ein paar wesentliche Daten und Ansichten zu diesem Künstler zusammen getragen habe.

Van Meytens wurde um 1695 in Stockholm geboren. Eigenartigerweise und trotz seiner Berühmtheit zu seiner Zeit ist kein genaues Datum seiner Geburt oder eine Sicherstellung selbst des Geburtsjahres überliefert od. jedenfalls nicht der Kunsthistorie bekannt.
Man weiß, dass er vor allem van Dyck sehr schätzte und studierte, was darauf hin deutet, dass er wohl Zugang zu bedeutenden Sammlungen hatte. 1714 kam er nach England, 1717 nach Paris, wo er bereits mit viel Erfolg malte. Scheinbar bekam er dort oder sogar schon zuvor Kostproben der französischen Kunst seiner Zeit, wie die eines Rigaud. 1721 war er erstmalig in Wien, von 1723 bis '30 in Italien, was wohl der übliche Italienbesuch schon eines namenhaften Künstlers darstellte. Ab 1732 war er bereits Kammermaler des Hauses Österreich, ab 1759 wurde er Direktor der Akademie, was ihm einen großen Einfluss auf das Wiener Kunstleben eintrug, welches nicht zu unterschätzen ist. Hagedorn nannte ihn den "van Dyck der Gegenwart", viele Zeitgenossen lobten seine Vereinigung des französischen Stils mit der Beobachtungsgabe der Niederländer.

Nicht umsonst erhielt van Meytens erhebliche und wohl auch lukrative Aufträge vom kunstsinnigen Kaiserhof (die Erzherzöginnen wie auch Kaiserin Maria Theresia selbst zeichneten und malten gern). Gerade am Ende seiner Schaffensphase und auf deren Zenit in den 1750ern und 60ern muss er über ein gewaltiges Atelier verfügt haben, um das Arbeitspensum zu erfüllen, was die gewaltigen Gemälde zur Vermählung des Joseph (II.) und zur Krönung desselben zum Römischen König in Frankfurt (alle in Wien heute) in den 1760ern an ihn stellten. Hierbei mag manchmal die Qualität der Bilder gelitten haben, wenn es sich um Stücke der Schule van Meytens handelte, zwischen der aber und den alleinigen Werken des Meisters selbst schon die Zeitgenossen unterschieden.Immerhin dürfte die Bildkomposition dieser großformatigen Gemälde von ihm selbst stammen.

Berühmter war er jedoch wohl für seine Portraits, die teilweise einen erstaunlichen Realismus der Wiedergabe der Gesichter erreichen, ohne auf die feine Differenziertheit der Darstellung der Stoffe, wie es die französische Kunst gebot, zu verzichten, was man u.a. an einem Porträt Karl VI. erkennt, das sich in Berlin (Gemäldegalerie) befindet. Hierbei tritt die von Karl VI. gewünschte Würde im spanischen Hofkostüm gut hervor, welche allerdings durch die Strenge des Gesichtes und den dennoch auch menschlichen Zügen darin etwas relativiert wird.

Bis heute ist van Meytens noch nicht wieder die Bedeutung in der europäischen Malerei zugekommen, die ihm vielleicht gebühren würde, was dadurch unterstrichen wird, dass ich bis auf ein Werk aus den 1970ern bis jetzt noch keine Publikationen über ihn gefunden habe, die sich ausschließlich mit seinem Schaffen beschäftigen.
Hierfür gibt es verschiedene Gründe.
Zum einen wurden seine Werke schon kurz nach seinem Tode als etwas überholtes angesehen. Zum anderen lag sein Hauptschaffen gewissermaßen zwischen den Zeiten. Während der französische Stil eines Rigaud in Frankreich zusehends von der Generation von Fragonard, Boilly abgelöst wurde, entwickelte sich in England vor allen Dingen durch Thomas Gainsboroughs Spätwerk ein völlig neuer Stil heraus, der zumindest teilweise auch Einfluss auf die deutsche Kunst gewann. Außerdem drängen sich in Deutschland schlicht Namen wie Denner, Rode Mengs in den Fordergrund, wobei sicherlich Letzterer zu den Genies der Malerei überhaupt zu zählen ist. Überdies wurde Meytens Stil nicht als so wirklich eigenständig wahrgenommen, obwohl man in seiner Verschmelzung von franz. und niederländischer Manier eine eigene Originalität erkennen könnte. Nicht umsonst wurden viele seiner Werke nachgestochen, bzw. als Vorlagen für die großen Bilder von Zoffany bspw. verwendet.
Schließlich behindern die Gemälde selbst ihre Ausstellung und somit die Verbreitung des Oeuvre dieses Künstlers. Denn einige Bilder sind schlichtweg fest installiert wie das zu einem Damenkarouselle in der Hofreitschule (1740er) sowie die zur Vermählung Josephs usw. in Schloss Schönbrunn (wie bei den Bellottos übrigens auch in Warschau mittlerweile).
 
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