Birger Eriksen und die Festung Oskarsborg im Oslofjord

muheijo

Aktives Mitglied
Auf den Tag genau 75 Jahre ist es her, dass "wir" meine Wahlheimat überfallen haben. Dazu gibt es heute an vielen Orten Gedenkfeiern, und natuerlich auch auf der Festung Oscarsborg, von der aus die "Blücher" versenkt wurde.

Der Mann der Stunde war der kommandierende Oberst Birger Eriksen - er hat die Entscheidung getroffen, ohne Warnschuesse auf die Bluecher zu feuern. ("Ich werde entweder vor ein Kriegsgericht gestellt oder als Kreigsheld gefeiert")
Die Bluecher sank, Oslo wurde erst einige Stunden spæter besetzt, und dadurch konnten Kønig und Regierung samt einiger Tonnen Gold aus dem Staatsschatz gerade noch nordwærts fliehen.
Trotz seiner "Heldentat" wurde nach dem Krieg gegen ihn ermittelt, weil er die Festung dennoch frueher als nøtig uebergeben hætte. Das hat sich allerdings als haltlos erwiesen.

Gruss, muheijo
 
An der engsten Stelle des Oslofjordes – der Drøbak - Enge – wurde die Blücher versenkt. Dort befindet sich die Insel Håøya.
Alle Schiffe die von und nach Oslo fahren müssen dort vorbei.
Die Blücher liegt dort in ca. 90 m Tiefe.
Das Problem ist wohl, im Wrack der Blücher befindet sich noch immer Öl und dieses stellt eine Bedrohung der Umwelt dar. 1994 hatte man ja einen großen Teil abgepumpt, aber eben nicht alles.
 
An der engsten Stelle des Oslofjordes – der Drøbak - Enge – wurde die Blücher versenkt. Dort befindet sich die Insel Håøya.
Alle Schiffe die von und nach Oslo fahren müssen dort vorbei.

Ja, und wenn man mal mit dem Schiff in den Oslofjord gefahren ist, erkennt man auch als Laie die strategisch guenstige Lage von Oscarsborg.
Man wundert sich, wieso ausgerechnet das Flaggschiff als erstes dort passieren musste, zumal der Überraschungseffekt nicht gelungen war - die Norweger hatten den deutschen Flottenverband bei der Einfahrt gesichtet.

Man hat wohl nicht mit Widerstand gerechnet, oder die museumsreife Batterie mit einer nur halb bemannten und ungeuebten Besatzung dort unterschætzt.
Es war zudem nicht bestes Wetter...

Eriksen wurde nach seiner Gefangennahme von den Deutschen mit høchstem Respekt behandelt, obwohl mit der Versenkung etwa 830 Matrosen und Soldaten auf der Bluecher den Tod fanden.

Gruss, muheijo
 
Der Mann der Stunde war der kommandierende Oberst Birger Eriksen - er hat die Entscheidung getroffen, ohne Warnschuesse auf die Bluecher zu feuern. ("Ich werde entweder vor ein Kriegsgericht gestellt oder als Kreigsheld gefeiert")

Gerade noch nachgelesen:

Die norweg. Wikipedia geht relativ ausfuehrlich auf die Ereignisse ein. Aus der Sicht kann die Schwere der Entscheidung gar nicht gross genug gesehen werden: Er selbst war sich nicht einmal sicher, auf wen er da überhaupt feuerte. Die Information, dass es sich um einen deutschen Verband handelte war bis zum Zeitpunkt des Feuerbefehls irgendwo hængen geblieben.
Andererseits, welcher andere Verband war realistisch? Und auch ein beispielsweise engl. Verband wære als feindlich anzusehen gewesen, Norwegen war ja neutral.

Gruss, muheijo
 
.
Man wundert sich, wieso ausgerechnet das Flaggschiff als erstes dort passieren musste, zumal der Überraschungseffekt nicht gelungen war - die Norweger hatten den deutschen Flottenverband bei der Einfahrt gesichtet.

Man hat wohl nicht mit Widerstand gerechnet, oder die museumsreife Batterie mit einer nur halb bemannten und ungeuebten Besatzung dort unterschætzt.
Es war zudem nicht bestes Wetter...

Die Akten der deutschen Marineführung legen offen, dass man die Stärke der Befestigung kannte (wohl mit Ausnahme der Torpedobatterie).

Die Planung sah vor, die Enge nachts oder bei schlechter Sicht zu passieren, und - auch das belegt die kritische Einschätzung - erst (!) von Norden aus durch Anlandungen erst in Besitz zu nehmen. Die mehrmaligen Änderungen bei der Zusammensetzung (erst Lützow, dann Blücher, dann Lützow plus Blücher) lassen erahnen, dass man schlussendlich meinte, den Verband verstärken zu müssen.

Die Befehle sahen den Durchbruch vor, und ausdrücklich auch die Unpassierbarkeit, für deren Fall man Ersatzmassnahmen vorschrieb (südliche Anlandugen).

Der Ausbildungsstand der Blücher hatte mE mit dem Scheitern nichts zu tun.

Mit liegt eine deutsche Planskizze vor, in dem die vermutete Stärke der Befestigungen eingezeichnet ist, und auch die operativen Vorgaben. Im Prinzip hat man schon von der SKL alles auf eine Karte gesetzt, und das ist hier verlustreich ausgegangen.
 
Vielen Dank fuer die Zusatzinformationen. Kannst Du die Planskizze vielleicht einstellen? :winke:

Falls du mich hier missverstanden haben solltest:

Der Ausbildungsstand der Blücher hatte mE mit dem Scheitern nichts zu tun.

Ich meinte den Ausbildungsstand der norweg. Festungsbesatzung. Der war mehr als ungenuegend, zudem war man unterbesetzt. (etwa 50%)

Wahrscheinlich war es sogar ein Gluecksfall, dass der Kommandant der Torpedobatterie krank war, und Andreas Anderssen, eigentlich schon lange pensioniert, das Kommando übernahm. Der kannte sich mit den alten Torpedos noch aus, und konnte seine Militærschueler* (!) einweisen.
Er war zuletzt von 1910–1916 und von 1919–1928 Kommandant dort gewesen.

* seit etwa einer Woche im Dienst

Erstaunlich, dass man die Torpedobatterie nicht auf dem Schirm hatte, die gab's immerhin schon seit 1901 und war mit østerreich-ungarischen Whitehead-Torpedos bestueckt.
Die Zielerfassung war æusserst primitiv und vor allem vom Können, aber auch Glueck des Kommandanten abhængig.

Gruss, muheijo
 
Ah, dann war das ein Missverständnis.

Den Plan stelle ich Montag ein. Mit der Anweisung von Ende März 1940 über die Operation im Oslofjord.

Auf dem Plan ist keine TP- Batterie eingezeichnet. Da hat wohl die Aufklärung versagt.
 
...
..."Ich werde entweder vor ein Kriegsgericht gestellt oder als Kreigsheld gefeiert"....

...aber ein solches Ziel, lass ich mir nicht entgehen!

Es muss den alten Küstenartilleristen doch mächtig in den Fingern gekribbelt haben, mit solch einem kapitalen Dickschiff vor der Mündung.

Die Torpedobatterie soll im Laufe der Jahre über zweihundert Übungsschüsse abgefeuert haben. Schon überraschend, dass kein Marineattache auf diese Batterie aufmerksam geworden ist.
 
Den Plan stelle ich Montag ein. Mit der Anweisung von Ende März 1940 über die Operation im Oslofjord.

Auf dem Plan ist keine TP- Batterie eingezeichnet. Da hat wohl die Aufklärung versagt.

Hier der erste Teil für das Museum (unter Angabe von www.geschichtsforum.de :winke: ) mit dem Plan der Batterien von Dröbak für die Blücher/Lützow-Gruppe
 

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Und hier Operationsbefehl Nr. 1 für die "Oldenburg-Gruppe", unterzeichnet von Kummetz.

Oldenburg = Deckname für Oslo.
Wie man sieht, ist am 4.4. Lützow nicht vorgesehen, daher die improvisierte Schiffsübersicht von Ende März 1940: Blücher, noch mit Abstimm- und werftarbeiten beschäftigt, wird handschriftlich der Oslo-Gruppe zugeschlagen.



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Gibt es eigentlich in Norwegen Augenzeugenberichte der norwegischen Besatzung der Festung, den von Bdaian zitierten Marineartilleristen?

Wenn nicht, könnte ich einen Bericht des Artillerieoffiziers liefern, vom Gefecht mit Blücher und den anschließenden Beschuss durch Lützow sowie den Bombardierungen tagsüber.
 
Gibt es eigentlich in Norwegen Augenzeugenberichte der norwegischen Besatzung der Festung, den von Bdaian zitierten Marineartilleristen?

Wenn nicht, könnte ich einen Bericht des Artillerieoffiziers liefern, vom Gefecht mit Blücher und den anschließenden Beschuss durch Lützow sowie den Bombardierungen tagsüber.

Ich bin am gucken, was sich so findet. Gerade gestern habe ich mir noch eine "Mænner-Zeitschrift" gekauft, weil dort ueber Birger Eriksen und Per Askim berichtet wird - hab's aber noch nicht gelesen.
Aber der Bericht ist in jedem Fall interessant, bitte einstellen! :winke:

Gruss, muheijo
 
Hier die Schilderung aus norwegischer Sicht. Es handelt sich um die Vernehmung von Leutnant Bonsak.*

Quellenkritisch ist anzufügen, dass einige Schilderungen offenbar auf späterem Wissen beruhen (so die Kenntnis vom Schiffsnamen "Blücher", etc.), andere sind sachlich falsch (weitere Versenkung).

Gerade die Fehler machen das Dokument aber interessant, und - soweit es um die Vorgänge auf norwegischer Seite** geht - interessant. Der Feuerbefehl bestand offensichtlich schon vorher.*** Geschildert wird auch der Beschuss und die Bombardierung der Festung.

Deutlich wird auch, dass der Plan des "unbemerkten Durchbruchs" nebst Anlandung von Truppen nördlich Dröbak (in Feuerlee) komplett gescheitert ist, bzw. aufgrund der zuvor und südlich im Fjord erfolgenden Kriegshandlungen scheitern musste.

Es folgt noch ein deutscher Bericht eines Überlebenden des Untergangs, der sozusagen an Land "gegenüber" der Festung den weiteren Verlauf beobachtet hat.

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*muheijo: Läßt sich über diesen Leutnant etwas herausfinden?

** Interessant ist, dass die alten Kanonen nicht einmal vollzählig besetzt waren, und die Besatzung mit "Küchenpersonal" und kaum ausgebildeten Rekruten aufgefüllt werden musste. Ebenso interessant ist das "provisorische" Richten der Kanonen und die minderwertige und unzureichende Munitionsausstattung von nur ein paar Schuss.

*** Die Warnungen der Regierung ergingen offenbar kurz vor Mitternacht, Stunden vor dem Erscheinen der "Blücher".

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Zwei Meldungen von "Lützow" zu den Ereignissen am 9.4.1940 (die irrtümliche Meldungen einer Minensperre resultieren wohl daraus, dass zunächst nicht klar war, dass "Blücher" durch Torpedos getroffen wurde. Man vermutete auch Minen, die tatsächlich gelegt werden sollten, was aber auf Anweisung aus Oslo vorher unterblieben ist)
 

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Ergänzend die Tagebucheinträge der "Lützow". Daraus geht hervor, dass das Schiff am Morgen des 9.4. in dem Gefecht ebenfalls getroffen wurde, und eine systematische Beschießung etwa ab 1400 am 9.4. stattfand. Offenbar wurden dann Parlamentäre zur Übergabe geschickt. Die zweite Bombardierung scheint zeitgleich stattgefunden zu haben (die 1. vormittags). Die Übergabe der FEstung scheint abends stattgefunden zu haben, nachdem Oslo ebenfalls kapituliert hatte.

Quellen wie oben: NARA.
 

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Sehr interessant! Vielen Dank für das Einstellen.
Kurios finde ich die Korrektur der Ergebnisse des Entfernungsmessers durch den Kommandanten auf weniger als die Hälfte, womit er gerade richtig lag. Das ist natürlich der Vorteil eines ortskündigen und noch dazu erfahrenen Offiziers. Bei Nacht, ohne den Schiffstyp zu erkennen, war einem optischer Entfernungsmesser wohl nur bedingt zu vertrauen.
 
Kurios finde ich die Korrektur der Ergebnisse des Entfernungsmessers durch den Kommandanten auf weniger als die Hälfte, womit er gerade richtig lag. Das ist natürlich der Vorteil eines ortskündigen und noch dazu erfahrenen Offiziers. Bei Nacht, ohne den Schiffstyp zu erkennen, war einem optischer Entfernungsmesser wohl nur bedingt zu vertrauen.

Und mit den 1500 Meter lag er recht genau, wie die Trefferberichte ("15 hm") von "Lützow" zeigen (das Schiff erhielt sofort 3 Treffer, allerdings mit weniger Schaden als bei "Blücher") - interessant hier, dass man auch nicht über das Kaliber der Batterie informiert war - :

Bild 1-3: Treffer- und Schadensbericht Lützow
Bild 4: Übergabeforderung Festung Oscarburg
Bild 5: detaillierte Beschreibung der Festung nach Übergabe 10.4.1940
 

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Zuletzt bearbeitet:
Als Abschluss der Bericht eines Überlebenden vom Schiffsuntergang:
 

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und Teil II:
 

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