Bismarck: Der Lotse ist von Bord gegangen - Konsequenzen für die Politik

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Welche Auswirkungen traten in der Politik auf , nach dem Abgang von Bismarck ??
 
Vorgeschichte des Ersten Weltkrieges
Schon durch den Imperialismus (1870-1920) gab es heftige Streitigkeiten, auch Konkurrenz und Neid unter den Großmächten (Deutsche Reich, Großbritannien, Frankreich, Russland, Österreich/Ungarn).
Alle Staaten Europas waren durch Bündnisse, die Bismarck angeregt hatte, verpflichtet, sich in verschiedenen Situationen zu unterstützen. Vor allem die kleineren Länder suchten Schutz bei einer der fünf Großmächte.
Bismarck sorgte als wichtiger Politiker (1870-1890) dafür, dass es nicht zu einem großen Krieg kam.

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Ab 1890 übernahm Kaiser Wilhelm II die Regierung selbst, Bismarck wurde entlassen.

Durch Kündigung des Rückversicherungsvertrages mit Russland(Misstrauen) und einem intensiven Flottenbaus (England wollte immer zweimal soviele Schiffe haben wie ihre zwei stärksten Gegner) veränderte sich die Bündnisstruktur.

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[/FONT]Ab 1910 standen sich dann 2 Blöcke feindlich gegenüber:

Alliierten vs. Mittelmächte (Achsenmächte)
(GB, F, R) (DR; ÖU)

Nach vielen keinen Krisen und lokalen Kriegen auf dem Balkan wurde im Juli 1914 der österreichische Thronfolger in Sarajewo von serbischen Attentätern ermordet (=Anlass für den Weltkrieg)
 
Ich beschreibe nachfolgend die außenpolitischen Auswirkungen.

Als Wilhelm im Jahre 1888, dem Dreikaiserjahr, die Regentschaft übernahm, befand sich das Deutsche Reich in einer glänzenden außenpolitischen Ausgangssituation. Aber da Wilhelm in seinem Geltungsdrang sein eigener Bismarck sein sollte, wurde dieser im Jahre 1890 in Rente geschickt, ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, wo sich das Zarenreich um eine vorzeitige Verlängerung des Rückversicherungsvertrages bemühte. So wurde auf Betreiben des AA, hier ist besondern Friedrich Holstein zu nennen, der Rückversicherungsvertrag nicht erneuert. Begründung: Der Vertrag würde im Widerspruch zu den Vereinbarungen mit der k.u.k. Monarchie stehen. Als die Russen im Verlauf des Jahres 1890 dann anboten, die Bestimmungen des Rückversicherungsvertrages, die im Widerspruch zu dem Zweibund stehen, fallen zu lassen, hat man trotzdem abgelehnt.

Man war im deutschen Auswärtigen Amt entschlossen auf Sicht ein Bündnis mit Großbritannien ins Werk zu setzen. Dabei ging man denn auch noch so außerordentlich ungeschickt vor, dass daraus nichts wurde. Das Auswärtige Amt, hier Berchem, hat nämlich die unfassbare Dummheit begangen, die Briten darüber aufzuklären, dass das Deutsche Reich seinen enge Bindung mit dem Zarenreich gelöst hatte. Für den britischen Regierungschef Lord Salisbury bestand nun ganz gewiss keine Notwendigkeit mehr, trotz des für Großbritannien so vorteilhaften Helgoland-Sansibarabkommen, mit Deutschland ein Bündnis abzuschließen.

Was aber machte nun Russland? Verständlicherweise war man St.Petersburg darüber in Sorge, isoliert zu sein. Es geschah genau das, was schon immer Bismarcks Albtraum gewesenwar, nämlich es kam die französisch-russische Allianz von 1894 zustande. Das Deutsche Reich war zwischen den beiden kontinentalen Flügelmächten Europas eingeklemmt.

Das war schon sehr bedeutende Vorgänge bis 1894, die aufgrund einer nicht eben besonders befähigen deutschen Diplomatie des Deutschen Reichs, die bündispolitische Situation für das Deutsche Reich sehr nachteilig verändert haben.

Zwischen 1898 und 1901, gab es möglicherweise die Chance, zwischen Großbritannien und Deutschland zu einer Normalisierung und sogar zu Absprachen zu kommen und das trotz des Ärgers in den vergangene Jahren (Krüger-Depesche, Beginn des Ausbaus der Flotte, Bagdad-Bahn, Rivalität in Afrika).

Diese Möglichkeit wurde von den verantwortlichen Politkern in der Wilhelmstraße nicht ergriffen.

Bei dieser Iniative Großbritanniens ging es um die grundsätzliche Verbesserung der Beziehungen und ein Zusammenwirken auf anderen Schauplätzen wie beispielsweise in China. Die deutschen Politiker wollten sich aber nicht "vor den britischen Karren spannen lassen" und haben wohl nicht wirklich ernsthaft ausgelotet, was an Übereinkünften mit den britischen Staatsmännern möglich gewesen wäre.

England benötigte in jener zeit nämlich Verbündete. Für die Briten stellten nämlich bisher die Franzosen und Russen die Bedrohung dar. Mit Frankreich ist es Stichwort Faschoda Krise von 1898, fast zum Krieg gekommen. Russland hatte seinen Einfluss in Ostasien immer weiter ausgedehnt; es hatte sich in der Mandschurei Rechte gesichert gehabt. Großbitannien benötige also Unterstützung und es lag daher nahe, sich an das Deutsche Reich zu wenden. Das war eine Chance, die die deutsche Diplomatie nicht in ihrer vollen Tragweite erfasst hat.

Der einflussreiche britische Kolonialminister Chamberlain richtete dies Angebot sogar öffentlich an Deutschland und die USA. Chamberlain machte gegenüber den Deutschen aber auch deutlich, das so ein Angebot nicht beliebig wiederholt werden würde. Chamberlain äußerte im Verlaufe der Verhandlungen sogar, "dass die teutonischen Völker Großbritanniens, der Vereinigten Staaten und Deutschlands dazu berufen seien, künftig über die ganze nicht-weiße Welt zu herrschen." Chamberlain brachte dann auch ein englisch-deutsche Bündnis ins Gespräch.

Wilhelm II. versuchte dies Angebot mit einem billigen Versuch gegenüber den Zar Nikolaus II. für Deutschland auszunutzen, nur holte er sich dort eine glatte Abfuhr ein.

Die Briten waren bereit sich mit den Deutschen über Kolonialfragen zu unterhalten. Die deutsche Diplomatie wollte sich mit den Briten über Kolonien in Afrika einigen und dabei natürlich Gewinne einstreichen aber im Gegenzug war man nicht bereit mit den Briten in China zu kooperieren, denn man wollte nicht im Gegensatz zu Russland gelangen. Im Endeffekt haben die "Künstler" in der Wilhelmstraße es vollbracht, sich zwischen alle Stühle, mit den bekannten Folgen, zu setzen.

Was tat nun Großbritannien in der Folge. Wie Chamberlain schon gefordert hatte, wurden sämtliche Reibungsflächen mit den USA beseitigt. 1902 wurde mit Japan ein Bündnis abgeschlossen, 1904 kam es zur Entente Cordiale mit Frankreich und schließlich hat man im Jahre 1907 mit Russland seine Spannungen erfolgreich abgebaut.

Nun war die Bündiskonstellation so, wie Bismarck sie sich nicht einmal in seinen kühnsten Albträmen vorstellen konnte.

Und das Deutsche Reich hat selbst noch im Jahre 1912, Haldane-Mission, es versäumt, sich mit Großbritannien zu einigen um den sinnlosen, ruinösen Wettrüsten zur See ein Ende zu setzen, um dann in der Folge auch die weiteren Spannungen mit Großbritannien abzubauen. Und das vor dem Hintergrund, das sich 1912 eine Verlagerung des Rüstungscshwerpunkts auf das Heer abzeichnete. Im Zuge der Mission von Haldane hätte man so nicht besonders teuer etwas sehr wertvolles herausholen können.
 
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