Britische Verfassung?

Warum hat Großbritannien eigentlich keine schriftliche Verfassung?

Verfassung des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland

In der wissenschaftlichen Literatur zum britischen Regierungssystem wird vielfach festgestellt, dass es eine geschriebene britische Verfassung nicht gebe. Wenn man davon ausgeht, dass eine Verfassung ein zusammenhängendes und kompaktes Dokument im Sinne kontinentaleuropäischer Verfassungstheorie und -praxis ist - wie etwa das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland oder die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika - dann ist diese Feststellung zutreffend. Geht man hingegen davon aus, dass eine Verfassung ein System fundamentaler Prinzipien und Regeln darstellt, aufgrund dessen politisch-autoritative Entscheidungen und Werturteile getroffen werden, so kann man sehr wohl von einer britischen Verfassung sprechen, welche darüber hinaus in Gesetzen .und anderen verfassungsrechtlichen Dokumenten festgeschrieben wurde. Insoweit existiert auch eine geschriebene britische Verfassung, selbst wenn ein zusammenhängendes und alles erfassendes Dokument nicht vorhanden ist.
 
Der Link von florian erklärt es sehr gut.
Das Verfassungsrecht Großbritanniens ist nicht in einem einheitlichen Verfassungsdokument fixierte, sondern ein auf einer ganzen Reihe von Gesetzen, Konventionen und Praktiken beruhendes Verfassungsrecht.
Die bedeutendsten gesetzlichen Regelungen (laws), die das britische Verfassungsrecht ausmachen, finden sich in
1. der Magna Carta Libertatum von 1215,
2. der Petition of Right von 1628,
3. der Habeas-Corpus-Akte von 1679,
4. der Bill of Rights von 1689 (die im Wesentlichen das Verhältnis zwischen dem Monarchen und dem Parlament definiert),
5. dem Act of Settlement von 1701,
5. der Schottischen Unionsakte von 170,
6. den Representations of the Peoples Act (1832, 1918, 1928, 1948),
7. den Parliament Acts (1911, 1949) und
8.dem Westminster Statut (1931).
Ein zweiter wichtiger Bestandteil des britischen Verfassungsrechts sind die Konventionen (conventions), d. h. Übereinkommen, die nicht gesetzlich normiert sind und gegen die zu verstoßen nicht rechtswidrig wäre, wohl aber eine Verfassungskrise auslösen würde.
Die Konventionen betreffen vor allem die Pflichten der Regierung; sie verlangen etwa,
- dass ein Minister dem Parlament über die Tätigkeit seines Ressorts Rechenschaft ablegen muss;
- dass der Monarch eine Gesetzesvorlage des Parlaments nicht durch ein Veto verhindern darf; und
- dass Staatsbeamte zur politischen Neutralität verpflichtet sind.
Daneben bestimmen noch die ungeschriebenen festen Praktiken (established practices) die Verfassungswirklichkeit; sie regeln vor allem Verfahrensweisen, z. B. in Bezug auf die Arbeit der Regierung oder die Ernennung des Premierministers.
Eine weitere wesentliche Quelle des britischen Verfassungsrechts sind die Gerichtsentscheidungen über Verfassungsfragen, also das „Common Law“, soweit es sich mit der Verfassung befasst.
Die verschiedenen Bestandteile des britischen Verfassungsrechts wurden niemals in einem vereinheitlichten Dokument schriftlich fixiert, sondern finden sich – geschrieben oder ungeschrieben – verstreut quer durch die britische Verfassungs- und Rechtsgeschichte seit dem 13. Jahrhundert.
Ein wesentliches Merkmal der britischen Verfassung ist die Parlamentssouveränität, d. h. die durch keine Rechtsnormen oder ein höherrangiges Recht eingeschränkte gesetzgeberische Kompetenz des Parlaments. Das Parlament kann also im Prinzip beliebig Gesetze erlassen oder aufheben, und es gibt keine Instanz, die vom Parlament verabschiedete Gesetze revidieren oder für nichtig erklären könnte. Allerdings bedarf es zur Verabschiedung eines Gesetzes des Zusammenwirkens aller drei Teilgewalten des Parlaments: des Monarchen, des Oberhauses und des Unterhauses,
so dass der regierenden Mehrheitspartei in der Gesetzgebung doch einige Grenzen gesetzt sind.
 
Zusammenfassend: Die Briten sind einfach zu faul um mal alles zusammen in einem einziges Dokument schriftlich zu erfassen? :D
 
Umgekehrt wird ein Schuh draus. Alle anderen sind zu faul, sämtliche Gerichtsurteile aus 600 Jahren Rechtsgeschichte zu memorieren. ;)
 
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