Die Sammlung abendländischer historischer Bucheinbände, die in der Bayerischen Staatsbibliothek verwahrt wird, ist von einzigartiger Qualität. Sie umfaßt Beispiele der Einbandkunst von den Anfängen der mitteleuropäischen Buchkultur zur Zeit der Karolinger bis zu Künstlerbüchern des 20. Jahrhunderts und spiegelt so die technischen und stilistischen Entwicklungen in einem Zeitraum von mehr als 1000 Jahren. Die Breite und Vielfalt des Bestands verdankt sich fürstlicher Förderung ebenso wie gezielter Erwerbung, großzügigen Schenkungen, aber auch unfreiwilligen Abgaben. Es ist als Glücksfall zu betrachten, daß solche Ankäufe bei der Übernahme nicht mit neuen Einbänden versehen wurden, um der Hofbibliothek ein einheit-liches äußeres Erscheinungsbild zu verleihen, wie dies in vielen Fürstensammlungen geschah. Kaum mehr wird sich entscheiden lassen, welchen Erwägungen diese Zurückhaltung zu verdanken ist – einer sparsamen Scheu vor der Zerstörung von Altem, solange es noch seinen Zweck erfüllt, dem Bewußtsein, daß auch Spuren einer fremden Vergangenheit erhaltenswert sind, vielleicht aber auch einfach der Freude an der gewachsenen Vielfalt. Sicher war es jedoch nicht Desinteresse an den Außenansichten der Bücher, wie die zahlreichen aufwendigen Schmuckeinbände mit dekorativen Porträt- und Wappensupralibros erweisen, die für bayerische Herrscher angefertigt wurden.
