Buchtipp: Femina - Frauen im Mittelalter

ursi

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Ein wunderbares Buch - eine andere Sichtweise und toll geschrieben.

Aus dem Klappentext.
"Sie kämpften gegen Wikinger, vergifteten ihre Feinde und waren Spioninnen - die vergessenen Frauen des Mittelalters kümmerten sich beileibe nicht nur um Haus und Hof. Dennoch ist es genau dieses Bild einer patriarchalen Gesellschaft, die Frauen unterdrückte, das unsere Vorstellung vom Mittelalter prägt. Es waren Männer, die diese Geschichte schrieben und die Frauen des Mittelalters aus unserem kollektiven Gedächtnis verbannten. Die Oxford-Historikerin Janina Ramirez gibt in ihrem Buch Frauen ihren Platz in der Geschichtsschreibung zurück: Sie erzählt von der mächtigen Königin Jadwiga von Polen, der wilden Kriegerin Æthelflæd oder der außergewöhnlichen Heilerin Hildegard von Bingen und eröffnet uns so ein buntes Kaleidoskop an verschiedensten weiblichen Lebensrealitäten, die die ganze Vielfalt dieses "dunklen Zeitalters" abbilden".

Ramirez, Janina: Femina. Eine neue Geschichte des Mittelalters aus Sicht der Frauen. Aufbau Verlag. 2023. 517 Seiten.
 
Der doch recht marktschreierische Klappentext, den ich für ungeschickt halte, suggeriert dass Æthelflæd, Jadwiga, Hildegard (man könnte noch Elisabeth von Thüringen, Balthilde, Brunichilde, Isabella, Theophanu und einige andere hinzuaddieren) kaum bekannt seien - das sehe ich nicht so.
Aber man will ja keinen Klappentext, sondern ein Buch erstehen: ich bin gespannt, ob es gemessen an den Tagungsbänden "Frauen im Frühmittelalter" Neuigkeiten bringt, oder bekanntes/gewohntes neu interpretiert.
 
Wegen des unseriösen Klappentexts fällt es bei mir erst mal raus. Die Gefahr, dass es entweder nur oberflächlich oder der übliche Stuss ist, ist da zu groß. Aber schreibt mal, wenn ihr es gelesen habt, ob es taugt.

Ich bezweifle, dass es eine neue Geschichte ist. Es geht nur eins. *schnell wegsaus, bevor es Schläge gibt*
 
So kritisch über ein Buch von einer promovierten Historikerin?
Das ist noch kein Qualitätsmerkmal per se. Es gibt schlechte Dissertationen, die trotzdem zur Promotion führen. Und es gibt Leute, die ordentliche Dissertationen schreiben und danach trotzdem im schlechtesten Sinne populärwissenschaftliche Bücher schreiben. (Das ist weder ein Urteil über populärwissenschaftliche Literatur in cummulo, noch über das besprochene Buch.)
 
Aus dem Klappentext.

Der Klappentext wirkt auch auf mich eher abschreckend. Könntest du uns ein wenig darüber sagen, welches Spektrum das Werk abdeckt?
An und für sich, fändee ich das Thema durchaus interessant, aber bei dem Klappentext befürchte ich, ähnlich wie @dekumatland , dann vor allem ein Wideraufkochen hinlänglich bekannter Biographien von Ausnahmepersönlichkeiten, bzw. dass solche einen Großteil des Werkes einnehmen könnten.

Nicht, dass grundsätzlich etwas dagegen zu sagen wäre, aber wenn mit der Darstellung von weiblichen Lebensrealitäten geworben wird, irritieert es mich schon ein wenig, wenn Beispiele heranzitieert werden, die mit der tatsächlichen Lebensrealität von 98,5% der Frauen im Mittelalter nicht so viel zu tun hatten.
Von dem her würde ich gerne wissen, ob sich das Werk darauf beschränkt, oder ob auf weniger populäre, aber ddurchaus intressante Themen, wie etwa die Rolle von Frauen im städtischen Zunftwesen etc. Bezug genommen wird, oder ob es sich einfach um eine Ansammlung von Ausnahmebiographien handelt, die wenn man sich für die Lebensläufe interessiert sicherlich lesenswert ist, aber das implizite Versprechen der Darstellung von Lebensrealitäten von Frauen in den mittleren und unteren Gesellschaftsschichten nicht einlöst.

Auch würde mich interssieren, ob das Buch sich näher mit der Fragestellung beschäftigt, wann die Verdrängung der Frauen aus der Geschichte/Erinnerungskultur, die die Autorin postuliert, denn einsetzte.
Herausgekommen ist dabei irgendwann die Vorstellung, frühere Gesellschaften haben ausgesehen, wie man sich das bürgerliche Familienideal der viktorianischen Zeit wohl vorzustellen hat, aber das dürfte in dieser Form ja eine Vorstellung des 19. und frühen 20. Jahrhunderts sein.
In der Hinsicht würde mich nämlich interessieren, ob dieses Resultat Ergebnis eines längeren Prozesses ist und wann der einsetzte oder ob sich die Geschichtsbilder in dieser Hinsicht erst im 18. und 19. Jahrhundert dahin entwickelten die Frauen in der mittelalterlichen Geschichte zu marginalisieren.
 
Die Besprechung klingt nach Lügengeschichte. Es würde aus archäologischen Funden und schütteren Nachrichten sowie Alltagsgeschichte als Grundlage Fantasy geschrieben. So etwas nennte sich historischer Roman oder Ausschreiben der Quellen und Legendenbildung. Die erwähnten Namen sind zudem nicht unbekannt. Adelheid, Theophanu und Kunigunde, die zumindest zeitweise selbstständig regierten und zwar durchaus erfolgreich, sind anscheinend nicht erwähnt.

Eine neue historische Methode? Neben der Quellenkritik?

Nun, der Kritiker hat offensichtlich keine Ahnung vom Thema und ordnet auch die Auswahl der Frauen nicht ein. Die Autorin wird als Historikerin solche Fehler sicherlich nicht machen. Das ist keine Rezension, die mir hilft, das Werk einzuschützen. Da warte ich lieber noch.

Sensationsheischerei und so erwähne ich nur am Rande, damit mir nicht vorgeworfen wird, das zu ignorieren.
 
Ich habe mir das Buch besorgt, bin allerdings erst auf Seite 64. Bisher liest sich alles schlüssig, wenn auch ein wenig weitschweifig. Das Buch hat aber über 460 Seiten, mit Anmerkungen über 500, es wird also noch eine Zeitlang dauern, bis ich zu einem Urteil kommen kann.
 
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