Burg?

Siegesknecht schrieb:
hallo,
mir ist eben eine frage durch den kopf gegangen:
wie kam man auf den baustil der burg?

Wenn ein Knecht seinem Herrn beim Bau eines befestigten Schweinestalls half, war der Grundstein für künftige Entwicklungen gelegt.
Dann kam die Mauer um den Schweinestall. Da diese aber die Sicht nach tapferen Feinden versprerrte, wurde ein Turm errichtet.
So kam es, dass alle Burgen ein Bergfried zierte.
 
Die Vorläufer der Burgen waren die sog. "Motten". Das waren Holzfestungen (vllt mit einem Fort vergleichbar), die auch schon eine Art Proto-Bergfried besaßen. Der Name kommt aus dem Französischen (château à la motte), was von den typischen Erdhügeln stammt. Die Motten ware Weiterentwicklungen der germanische Befestigungen und der römischen Wachtürme. Die strategische Lage wurde wie bei den späteren Burgen gewählt. Irgendwann entschloss man sich eben, nicht mehr auf Holz sondern auf Stein zu bauen.
 
Siegesknecht schrieb:
... wie kam man auf den baustil der burg?

Noch ein Aspekt, der hier eine Rolle spielt, ist die Burg als Konglomerat des bis dahin bekannten Wehrbaus.
Anm.: Die Ausführungen beziehen sich auf West- und Mitteleuropa.

Von Wällen und Gräben umfriedete Schutzanlagen gab es bereits in der jüngeren Steinzeit, die ersten sog. Fluchtburgen.
Tore in Form von Kammertoren mit turmartigen Aufbauten sind nachweisbar ab der Zeit der Kelten, vermutet werden sie bereits für die Bronzezeit.
Steintürme als wehrtechnische Einzelbauwerke sind für Mitteleuropa eindeutig zuerst durch die Römer gegeben.

Am Anfang steht für das mittelalterliche Europa die befestigten Wohnsitze einer durch Dienstbarkeit zum Adel aufgestiegenen Schicht (später Ritter und Ministeriale).
Die Anfänge dieser Entwicklung liegen in der Umwandlung der fränkischen Verwaltungsstrukturen hin zum Lehnssystem.
Die befestigten Wohnsitze mußten der Berufs- und Lebensform jenes niederen Adels angepaßt sein - somit beginnt es mit dem befestigten Haus oder dem befestigten Hof.
Aus dem befestigten Haus entwickelt sich übrigens der Wohnturm bzw. die Turmburg - die bereits genannte Motte, später der Donjon.

Zusammengefaßt nach der Einleitung in Werner Meyer "Deutsche Burgen, Schlösser und Festungen"
 
Hallo Siegesknecht,

neben den eben genannten Aspekten, die sich eher damit befassen, wie es überhaupt zur Enstehung befestigter Wehrbauten kam, möchte ich Deine Frage nach dem Baustil auch in Hinblick auf den Zweck der Burg interpretieren...

Zunächst mal gab es befestigte Siedlungen in Westeuropa noch aus der Römerzeit. In vielen Fällen wurden diese bzw. alte Wehranlagen der Römer weiter bewohnt und entwickelten sich zu Städten, die sich innerhalb der alten Mauern entwickelten. Oftmals waren/wurden sie Bischofssitze oder andere zentralorte weltlciher Herrschaft. Die bestehenden Mauern und Türme wurden ausgebaut, repariert und erweitert. Zunächst mal bezeichnete man - zumindest im deutschen Sprachraum - jede befestigte Siedlung, auch ein zivile, als Burgus.

Im Verlauf des Mittelalters erfüllte die befestigte Siedlung jedoch weitergehende Bedürfnisse. Der schon erwähnte Donjon war - neben seiner Funktion als Wehrbau - auch Repräsentationsobjekt und spiegelte Macht und Bedeutung des Herren wider, der ihn bewohnte (manchmal bewohnte er ihn auch gar nicht, wie Überreste von Wohnhäusern in manchen Burgen beweisen).
Die erwähnten Motten - aus Nordfrankreich stammend - überzogen nach der Eroberung Englands durch Wilhelm den Eroberer alsbald das ganze Land; es waren Zwingburgen, dazu gedacht, die besiegte Bevölkerung niederzuhalten. Diese z.B. befanden sich häufig nicht in einer bereits befestigten Stadt, sondern mehr oder weniger neben dieser...

Im Reich war Burgenbau auch ab dem Hochmittelalter Landesausbau und spielte bei der Bildung der Territorien eine wichtige Rolle. Jede strategisch wichtige Stelle wurde mit einer Burg gesichert; Strassen, Pässe, Wasserwege usw. Hier bestimmten die örtlichen Gegebenheiten den Baustil (Beispiel: der Mäuseturm von Bingen ist eine alte Zollburg.

Andere Burgen wurden alsbald Herrschaftszentren und bedurften sodann auch repräsentativer Bauten (oder im Falle der Ritterorden entsprechender Versammlungs- und Verwaltungsgebäude).

Mit der Fähigkeit Höhenburgen anzulegen, entstanden ab dem 11.Jhdt. Bauten, die sich stark an die topographischen Gegebenheiten halten mussten...die Art der Befestigung wurde also praktisch vom Gelände aufgezwungen.

Schließlich nötigte die Erfindung des Schießpulvers und dessen immer effektivere Anwendung zum Umdenken im Burgenbau.
Ich glaube, das ist dann allerdings schon wieder fast ein eigenes Thema.
 
Ich würde sagen das ist recht einfach zu beantworten oder? Meiner Meinung nach war der Bauplan einer (wehrhaften ) Burg einfach nach den Verteidigungsnotwendigen Gesichtspunkten geplant.Wohlghemerkt nur bei Burgen die der reinen verteidigung dienten, welche die auch komfort un Ansehen bringen sollten waren wohl auch mehr darauf ausgerichtet.
 
hallo,
mir ist eben eine frage durch den kopf gegangen:
wie kam man auf den baustil der burg?

Der Baustil der Burg wird sich nach dem jeweilig vorherrschenden Baustil gerichtet haben. Romanik bzw. Gotik. Die Baustile sind vielfältigen Entwicklungen zuzurechnen, wobei der Aspekt, ob der Baustil nun für die Burg geeignet ist, damals wenig hinterfragt wurde. Zur Baustilkunde wie immer "Baustilkunde" von Wilfried Koch als Empfehlung. Er beschäftigt sich mit den verschiedenen Burgtypen in Europa.
Oder willst du darauf hinaus wie architektonisch an die Konzeption einer Burg herangegangen wurde? Wie legte man die Orte von Turm, Zugbrücke etc. fest? Wie sah die Absprache zwischen Baumeister und Bauherr aus? Problematisch gestaltet sich vor allem deswegen die Frage, weil von der Mehrzahl der Burgen nicht mehr der Urzustand erhalten ist. Turmburgen, bei denen nur die Lage und die eventuellen Gräben und Erdwälle einer näheren Konzeption bedurften, sind da eine Ausnahme.
 
Programm

mal hierzu eine Frage.
Bei Terra X z.B sieht man immer wieder wie alte Gebäude am PC anhand von Grunddaten ect. wieder auferstehen.
Mit welchen Programmen wird das gemacht..und hat evtl jemand sogar ein solches?
 
Das musst Du vielleicht eher Architekten und Ingenieure fragen. Eines dieser Programme heißt CADdy. Meines Wissens haben die ziemlich hohe Lizenzgebühren, wird sich also ein Laie nur dann kaufen, wenn er etwa freakig ist...
 
Eigentlich kann man dafür alle modernen Zeichenprogramme nehmen, so AutoCad oder Nemetschek. Einige Zeichenprogramme bieten Grundmodule auch verbilligt als Studentenversion an. Das 3-D-Video ist dabei eine übliche Imagefrage der Unternehmen, geht in Nemetschek meiner Erfahrung nach am leichtesten. Ich will aber keine Werbung machen. :still:
 
Um noch einmal auf den Ausgangspunkt zurückzukommen: es wurden ja inzwischen nun auch schon verschiedene Burgentypen angesprochen...

Oder willst du darauf hinaus wie architektonisch an die Konzeption einer Burg herangegangen wurde? Wie legte man die Orte von Turm, Zugbrücke etc. fest? Wie sah die Absprache zwischen Baumeister und Bauherr aus?

Einen qualitativen Einschnitt diesbezüglich brachten natürlich die Kreuzzüge mit sich, welche den Burgenbau im 12. und 13. Jh. revolutionierten.
Deutlich wird dies bspw. am bekanntesten Beispiel einer Abschnittsburg, wie sie in Syrien und Palästina entstand: dem Krak de Chevaliers. Diese Burganlage wurde mehrfach um- und ausgebaut, teils aus strategischen Gründen, teils aber auch wegen Erdbebenschäden.
Das Bauprinzip der Abschnittsburg - mit einer Kernburg sowie mehreren Mauer-, Wall- und Grabensystemen, die weitere "autonome" Burghöfe bildeten - verbreitete sich dann vom Nahen Osten aus auch nach Europa.

Noch ein paar Links dazu:
http://www.archaeologie-online.de/magazin/thema/2000/05/e1.php3
http://de.wikipedia.org/wiki/Krak_des_Chevaliers
http://turba-delirantium.skyrocket.de/architektur/syrien_krak.htm
 
@ Timotheus
Über die Veränderung der Bauten aus wehrtechnischer Sicht würde mich schon interessieren wie sich aus ästhetischer Sicht der Burgenbau änderte. Wurden Baustilblüten, besondere Gewölbe, Fenster etc. extra durch Burgenbau initiiert oder nahm der Palas als durchaus auch repräsentativer Bau, die Stilmittel der sakralen Baukunst nur auf? Gab es wie im Schlossbau Neuentwicklungen aufgrund des persönlichen Wunsches von Fürsten etc. (große Hallen etc. kennt man ja am ehesten von Pfalzen, die aber wie im Falle von Ranis auch sehr starken Burgcharakter haben konnten). Ich hoffe es ist leicht mir zu folgen, worauf ich hinaus will.
 
Ich hoffe es ist leicht mir zu folgen, worauf ich hinaus will.

Das paßt schon; und ich hoffe einmal, daß ich es richtig verstanden habe...

Über die Veränderung der Bauten aus wehrtechnischer Sicht würde mich schon interessieren wie sich aus ästhetischer Sicht der Burgenbau änderte. Wurden Baustilblüten, besondere Gewölbe, Fenster etc. extra durch Burgenbau initiiert oder nahm der Palas als durchaus auch repräsentativer Bau, die Stilmittel der sakralen Baukunst nur auf? Gab es wie im Schlossbau Neuentwicklungen aufgrund des persönlichen Wunsches von Fürsten etc. ?

Ich bin ja nun nicht gerade Baustilexperte, sondern kann auch nur über das schreiben, was ich in der Schule hatte bzw. später beim Studium im Rahmen der Wirtschafts- und Sozialgeographie fürs Lehramt.
Allerdings meine ich mich zu erinnern, daß ursprünglich - sowohl in der Vorromanik (merowingisch, karolingisch, ottonisch) als auch in der Romanik (obgleich bspw. die Basilika als Grundlage ein römischer Profanbau war) die Stilmittel zuerst bei Sakralbauten auftauchten.
In der Gotik war dies anfangs auch noch so, jedoch wandelte sich dies in der Spätgotik als eben bspw. im Burgenbau Stilmittel verwendet wurden, die zu einer neuen Qualität, dem Burgschloß, führten und damit für die Wandlung von der Burg zum Schloß verantwortlich waren.

Dazu ist natürlich auch noch zu sagen, daß der Anteil an Profanbauten während der Vorromanik vergleichsweise verschwindend gering und während der Romanik immer noch deutlich geringer als der der Sakralbauten war, sich während der Gotik dann aber stetig erhöhte.

Wie schon erwähnt, ist dies aber lediglich eine lose Wiedergabe "alter" Allgemeinkenntnisse, so daß ich für jegliche Ergänzungen und Korrekturen von Seiten der Experten dankbar bin... :fs:
 
@ Wittichis,
was meinst du mit Grunddaten? Grundriss zeichnen, ein paar Höhen eingeben, Enter drücken und das Gebäude erscheint auf dem Bildschirm?

Ich hab das in Terra X zwar noch nicht gesehen, aber ich vermute mal, dass es animationsmäßig aufbereitete CAD-Zeichnungen und/oder Renderings sind.
Mach dich mal schlau, wie das bei der Frauenkirche in Dresden gemacht wurde.
Letztendlich ist das immer Cad-basiert und es stecken in der Regel einige tausend Arbeitsstunden dahinter, dies trifft natürlich nicht auf einfache Grundkörper zu.

Zum Rumspielen im 3D Architekturbereich kann ich dir ArCon empfehlen, ist relativ leicht zu bedienen (nicht ganz aktuelle Versionen wurden mal bei Pearl vertrieben). Oder du ziehst dir die Demoversion vom Anbieter aus dem Netz (Vollversion, 30 Tage).
Versprich dir nicht zu viel, ohne Arbeit geht nix.
 
Geht die Königshalle nicht auf das germanische Hallenhaus zurück, oder ist das veralteter Forschungsstand? Obwohl... wenn ich weiterdenke*... die Basilika ist ja auch nichts anderes als die Königshalle (basileion gr. für 'König').

*erspart Euch die dummen Sprüche. Bitte!
 
... wenn ich weiterdenke... die Basilika ist ja auch nichts anderes als die Königshalle (basileion gr. für 'König').

Lt. dem Artikel http://de.wikipedia.org/wiki/Basilika leitet sich der Name genauso her:

http://de.wikipedia.org/wiki/Basilika schrieb:
Basilika (v. griech.: basiliké = „Königshalle“, lateinisch vollständig: basilica domus) war ursprünglich der Name großer, zu Gerichtssitzungen und Handelsgeschäften (z. B. Markthalle) bestimmter Prachtgebäude.
Im Zuge der Christianisierung übertrug sich der Begriff auf die nach dem Vorbild der antiken Basiliken gestalteten Kirchengebäude insbesondere aus romanischer Zeit...

Anm.: Der Artikel ist zudem als "Lesenswerter Artikel" gelistet...



Auch die Seite der Katholischen Kirche in der Steiermark spricht in Antworten auf häufig gestellte Fragen von einem derartigen profanen Ursprung:

Kath. Kirche in der Steiermark schrieb:
Der Bautyp der Basilika ist profanen Ursprungs, und war im römischen Weltreich ein Typ des Amtsgebäudes, das die Versammlungen zu öffentlichen Betätigungen aller Art (Gerichtsverhandlungen, Handels und Börsengeschäften, politischen Aktionen, kaum aber zu kultischen Zwecken) ermöglichte.



PS: Mein Latein Übersetzungsprogramm auf dem Laptop gibt für basilica aus:
- lange Halle mit Säulengang (als Gerichtshof/Markt)
- Kirche (Mittelalter);
und für basilica domus u.a.:
- königliches/fürstliches/prächtiges Haus
 
Wurden Baustilblüten, besondere Gewölbe, Fenster etc. extra durch Burgenbau initiiert oder nahm der Palas als durchaus auch repräsentativer Bau, die Stilmittel der sakralen Baukunst nur auf? Gab es wie im Schlossbau Neuentwicklungen aufgrund des persönlichen Wunsches von Fürsten etc.

Ja, hier haben wir den fugenlosen Übergang von Burg zum Schloss. Zu beobachten ist die Übergangsform bspw. in Heidelberg, wo einer durchaus funktionalen Burg ein Schloßgarten sowie mehrere repräsentative Palastgebäude angegliedert sind. Auch andere Burgen wie die Sababurg oder Burg (Schloß) Montabaur fallen mir ein, und sicher gibt es noch viele andere Burgen, die angesichts geänderter Militärtechniken und Herrschaftsverhältnisse das Hauptgewicht von Verteidigung und Dominanz auf Dominanz durch Repräsentation gelegt bekamen.

In den französichen Loire-Schlössern und den italienischen Renaissancepalästen sieht man übrigens häufig ein Weiterleben militärtechnischer Stilmittel nach dem Ende ihres eigentlichen Zwecks, so sind die Paläste im Erdgeschoss in Bossenmauerwerk aufgeführt wie eine Festung, sind aber eigentlich Häuser; und die Schlösschen strunzen mit Türmchen und Zinnchen, ohne eine nennenswerte Mauer zu besitzen.

Diese stilistische Hypertrophierung ist denn auch typisch für die "Wiederentdeckung" historischer Baustile im Historismus; Viollet-le-Duc zum Beispiel versah alles, was sich nicht wehrte, bei seinen "Rekonstruktionen" mit Spitztürmchen und engen Zinnenkränzen. Klarer Fall, dass diese Stilmittel dann auch beim Bau von Eisenbahnbrücken, und Bahnhofshallen angewandt wurden.
 
Im Mittelalter OT aber vielleicht doch interessant:

Die Burg Hohenzollern bei Hechingen wurde bei ihrem Neuaufbau Mitte des 19. Jahrhunderts als moderne Festung ausgeführt. Um der königl. preussischen Familie ein sicheres Refugium, nicht gegen äußere Feinde, aber gegen "Revolutionäre" zu verschaffen.
Ausgehend von den 1848/49er Erfahrungen.

Also nicht nur ein schwäbisch/preußisches Neuschwanstein sondern auch Burg mit verteidigungstechnischem Hintergrund.

Grüße Repo
 
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