Christliche Staaten in Outremer - Das Königreich Jerusalem

JcL1987

Neues Mitglied
Hallo!

Man spricht oft nur von den großen christlichen Staaten in Palästina und Syrien, nämlich dem Fürstentum Antiochia, den Grafschaft Edessa und Tripolis und letztendlich dem Königreich Jerusalem. In diesem Beitrag möchte ich die Herren der Lehnsgüter (chronologisch geordnet) vorstellen und Informationen über den inneren Aufbau und die Feudalstruktur des Königreichs Jerusalem geben.

Über jede Beteiligung am Thread würde ich mich freuen....

Grüße
JcL
 
Also zu den Kreuzzfahrerstaaten allgemein:
Nach dem ersten erfolgreichen Kreuzzug bildeten sich zum Schutz des heiligen Landes vor den "ungläubigen Moslems" die Kreuzfahererstaaten.
Die Kreuzfahrerstaaten lassen sich soweit erstmal in 4 größere, von einander unabhängige Staaten, unterteilen

Grafschaft Edessa, 1098-1144
Grafschaft Tripolis, 1109-1289
Königreich Jerusalem 1099-1229
Fürstentum Antiochia 1098-1268, (nach 1198 wurde der westliche Teil an das Königreich Kleinarmenien 1198-1375 verloren)

Eigentlich herrschte der König von Jerusalem, als Anführer über die Kreuzfahrerstaaten, über die selbigen, hatte aber praktisch gesehen, keinen wirklichen Einfluß auf die Staaten.
Die Kreuzfahrerstaaten selbst waren nach dem feudalen System errichtet worden und waren so gesehen, die Verbindung zwischen Orient und Okzident.

Die Staaten schützen sich durch Festungen zur Grenzverteidigung, sowie durch die Verstärkungen neuer Kreuzritter.Die Ritterorden schützen, die Straßen zum heiligen Land, oder waren ebenfalls zur Grenzverteidigung eingesetzt.Trotz militärischer Unterlegenheit, schafften es die Kreuzritter sich über 2Jh. im heiligen Land zu halten.
 
...
Eigentlich herrschte der König von Jerusalem, als Anführer über die Kreuzfahrerstaaten, über die selbigen, hatte aber praktisch gesehen, keinen wirklichen Einfluß auf die Staaten.
...

Wobei das Lehnsverhältnis Antiochias zu Jerusalem keineswegs eindeutig geklärt war. Im Vertrag von Devol, 1108, musste Bohemund sich zum Vasallen Byzanz erklären. Tankred wiederum, der der einzige der Kreuzfahrer war der einst den Lehnseid verweigerte, ignorierte den Vertrag. Nach dem Tod Bohemunds II. 1131, geriet Antiochia de facto unter die Herrschaft Jerusalems.
1138 musste jedoch Fürst Raimund de Poitiers Kaiser Johannes II. die Treue schwören, nachdem er gegen diesen im Kampf unterlag. Joscelin II. von Edessa vertrieb jedoch den Kaiser aus Antiochia womit die Unabhängigkeit wieder hergestellt wurde.
1158 zog schließlich Kaiser Manuel I. in Antiochia ein, nachdem er Rainald de Chatillon geschlagen hatte. Nachdem Rainald in muslimische Gefangenschaft geriet regierte der lateinische Patricharch.
Nach dem Untergang Jerusalems 1187 und der Eroberung Konstantinopels durch die Lateiner, 1204, war Antiochia faktisch unabhängig.
 
Ich hahlte überhaupt die Bezeichnung von Staaten im heutigen Sin als schwierig. Waren doch die z.B. die Ritterorden Staaten im Staat und hatten auch dieverse italienische Handelsstädte wie Venedig, Genua oder Pisa ,vor allem gegen Ende, als Jerusalem schon lange verloren war nicht unerheblichen Einfluss.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich hahlte überhaupt die Bezeichnung von Staaten im heutigen Sin als schwierig.
...

Die Frage was Staat ist und was nicht, trifft im Grunde auf die gesamte Mittelalterzeit bis weit in die Neuzeit hinein zu. Im Mittelalter war der Staat in erster Linie der jeweilige Herrscher bzw. die Dynastie. Dabei kam es noch nicht einmal unbedingt auf die Lehnsverhältnissse an (siehe die Feudalherren Frankreichs).
Noch heute sind staatliche Existensen nicht immer klar. (siehe die Warlords Afganistans oder die Kurden im Nordirak).

Die Kreuzfahrerherrschaften kann man getrost als Staaten bezeichnen. Immerhin konnten sie eine halbwegs stabile Kontinuität waren. Wobei der Grafschaft Edessa nur ein kurzes Leben beschieden worden ist.
 
Naja ich würde sagen, man könnte die Kreuzfahrerstaaten als eine Sonderform bezeichnen. Die Staatenbildung an sich, vollzieht sich ja ganz anders als normal üblich, daher würde ich jetzt mal flüchtig sagen, die ganze Kreuzfahrer Ära ist ein Sonderfall.

Das der Ritterorden ein sog. "Staat im Staate" war ist, meiner Meinung nach, nicht so unüblich. Auch das außenstehende Staaten, wie Venedig oder Genua, Einfluß nahmen, oder wie Byzanz intervenierten, ist keine unübliche Sache.
 
Naja ich würde sagen, man könnte die Kreuzfahrerstaaten als eine Sonderform bezeichnen. Die Staatenbildung an sich, vollzieht sich ja ganz anders als normal üblich, daher würde ich jetzt mal flüchtig sagen, die ganze Kreuzfahrer Ära ist ein Sonderfall.

Das der Ritterorden ein sog. "Staat im Staate" war ist, meiner Meinung nach, nicht so unüblich. Auch das außenstehende Staaten, wie Venedig oder Genua, Einfluß nahmen, oder wie Byzanz intervenierten, ist keine unübliche Sache.

So ein Sonderfall waren die Kreuzfahrerstaaten eigentlich nicht. Genauso wie sie sind auch die iberischen Königreiche (Aragon, Kastilien, Portugal) entstanden. Oder das Königreich Sizilien, dessen Begründung fast schon einem Probelauf für die Kreuzzüge gleichkommt.
 
Dann erlaube ich mir, auch noch etwas dazu zu schreiben...

Es waren definitiv Staaten im Sinne von Staatsgebieten gemäß status regalis, wenngleich dies - aufgrund der späteren Definition dieser Begrifflichkeiten - für das Mittelalter nicht ganz so einfach und eindeutig ist.
Anm.: status regalis bedeutet Stellung, Macht und Einfluß eines Herrschers bzw. eines Hofstaates.
Die großen Ritterorden waren durch ihre Großmeister im Kronrat von Jerusalem vertreten, also damit direkt am Hofstaat und damit der Herrschaft beteiligt, waren jedoch i.d.S. "Staaten im Staate", was ihre Privilegien bzw. Wahrnehmung, Ausübung und Ausbau dieser betraf. Derartiges galt jedoch auch für andere Vertreter von Adel und Klerus, was aber im Hochmittelalter weder untypisch noch einzigartig war - wie bereits angesprochen wurde.

Der Einfluß der Handelsmächte (Venedig, Genua) wiederum lag v.a. auf der ökonomischen Ebene und prägte das gesamte Mittelalter hindurch viele Staaten des Mediterran, nicht nur die Kreuzfahrerstaaten.
 
Stimmt eigentlich ist es ein Staat. Allerdings, wie ist es in diesem Fall den mit den Staatsvolk? Das waren doch zum größtenteil Moslems oder? Das kann doch nicht so ganz korrekt sein oder?
 
Allerdings, wie ist es in diesem Fall den mit den Staatsvolk? Das waren doch zum größtenteil Moslems oder? Das kann doch nicht so ganz korrekt sein oder?

IMHO wäre es trotzdem korrekt, denn das Staatsvolk ist mW diejenige Bevölkerung, welche auf dem entsprechenden Staatsgebiet lebt und der Staatsgewalt unterworfen ist.
Und das trifft ja wohl zu.
Welche Religion, Sprache, Kultur etc. der größte Teil dieses Staatsvolkes hat, sollte da keine Rolle spielen...
 
Dann waren die Kreuzfahrer eine Art von Kolonialherren. Was sich auch anhand der Wirtschaft beweisen lässt. Nachdem in den Bauernkreuzzügen, die meisten Bauern niedergemetzelt wurden, mussten die Feudalherren Einheimische Bauern für sich Arbeiten lassen. Sogar in der Verwaltung etablierte sich eine Kolonialwirtschaft/herrschaft. Die Lateiner bildeten sozuagen eine militärische Oberschicht, die über den Einheimischen stand. Selbige mussten für diese Oberschicht arbeiten. So kann man eingentlich doch sagen, das sich eine neue Form von Staat gebildet hatte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gar kein schlechter Vergleich eigentlich, wobei natürlich Ausbeutung durch die Kolonialherrn nicht im gleichen Stil vorhanden war wie später. Aber wenn man die doch großen (nach dem Verlust Transjordaniens vor allem wirtschaftlichen (Getreideimporte)und militärischen) Abhängigkeiten betrachtet lassen sich doch Vergleiche ziehen.
Wobei man beachten muss, dass sich im Gegensatz zu später, die Kreuzfahrer mehr den "Eingeborenen" angepasst haben als umgekehrt.
 
Die Anpassung der Kreuzfahrerstaaten, an ihr Umfeld spielt sogar eine wichtige Rolle. Sie zeigt, das auch die Europäer fähig waren, einen Staat zu führen, welcher in sich mehrere Glaubens und Völkerscharen vereinte. Eigentlich ist auch gerade diese Führung, ein Widerspruch zu den Zielen des Kreuzzuges, welcher ja ein vertreiben der "Ungläubigen" vorsah.
 
Eigentlich ist auch gerade diese Führung, ein Widerspruch zu den Zielen des Kreuzzuges, welcher ja ein vertreiben der "Ungläubigen" vorsah.

Diese Sicht auf die Ziele ist zwar recht populär, aber nicht richtig: das christliche Abendland hatte sich im 11. Jh. längst mit der Existenz eines mächtigen islamischen Reiches bzw. seiner Nachfolgeterritorien abgefunden und war zudem grundsätzlich an einer Art freidlicher Koexistenz interessiert.
Noch einmal: Jerusalem, die Heiligen Stätten und letztendlich das Heilige Land sollte aus den Händen der "Ungläubigen" (i.e. Muslime) befreit werden, weil es wie Europa nach Sichtweise der damaligen Zeit den Christen gehörte.
Aus diesem Grund und zu diesem Zweck galt es, die Muslime zu bekämpfen und zu besiegen; darüberhinaus aber die ansässigen Muslime zum Christentum zu bekehren oder sie gar zu vertreiben, war nie Ziel der Kreuzzüge gewesen...
 
...
Wobei man beachten muss, dass sich im Gegensatz zu später, die Kreuzfahrer mehr den "Eingeborenen" angepasst haben als umgekehrt.

Ähnliches vollzog sich in England nach der normannischen Eroberung. Spätestens in der Mitte des 13. Jahrhunderts war auch dort die franko-normannische Oberschicht gezwungen sich in das von ihnen eroberte Land zu integrieren. Dort waren die Vorraussetzungen allerdings weitaus günstiger (Religion, staatliche Organisation).

Militärisch waren die Krauzfahrer in der Tat abhängig von ihren europäischen "Mutterländern". Was Segen und Fluch zugleich war.
Die den ersten Kreuzrittern nachfolgenden Ritter hatten in der Regel kein Gespür für die politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten des Heiligen Landes. In der Aussicht das eigene Glück zu machen und im Bestreben es den ersten Kreuzfahrern gleich zu tun, scherrten diese sich nicht sonderlich darum. Dabei brachten sie die Nachkommen jener Ritter des I. Kreuzzuges, welche bereits im heiligen Land geboren waren, in arge Schwierigleiten mit ihren muslimischen Nachbarn. Ludwig VII. von Frankreich und Rainald de Chatillon sind dabei besonders zu nennen oder Hugo de Le Puiset. Auch Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen hat den einheimischen Baronen Outremers mehr Schaden als Nutzen gebracht.
Auf der anderen Seite waren eben diese Ritter die einzige Quelle militärischer Unterstützung die halbwegs dauerhaft den Kreuzfahrerstaaten zur Verfügung standen.

Desweiteren war da noch die wirtschaftliche Abhängigkeit zu den italienischen Seemächten (besonders Venedig, Genua und Pisa) die den Herren des Heiligen Landes vor allem im 13. Jahrhundert nicht immer zum Vorteil gereichten.
 
@Timo: Ich bin mir da nicht so sicher. Wenn man mal den Gedanken weiter denkt, die Bauernkreuzüge hätten nicht staatgefunden und es wären genug euorpäische Bauern zur Verfügung gewesen, dann kann ich mir nicht Vorstellen,das es eine friedliche Ko-Existenz gegeben hätte. Nur aus der Not heraus, wuchs ein Viel Religion-und Völkerstaat. Hätten die Kreuzzritter die Moslems besiegt, hätte sicherlich eine Europäerisierung des Orients stattgefunden. Die Ritterorden haben dies z.b in ihren Euorpäischen Besitztümern gemacht.
 
Nur aus der Not heraus, wuchs ein Viel Religion-und Völkerstaat. Hätten die Kreuzzritter die Moslems besiegt, hätte sicherlich eine Europäerisierung des Orients stattgefunden.

Auf dem Gebiet ihrer Staaten hatten sie die Muslime doch besiegt; und dennoch haben die Kreuzfahrer sie nicht zwangsbekehrt. Sie unternahmen nicht einmal Versuche in diese Richtung...
Alles andere, nämlich was geschehen wäre, wenn sie alle islamischen Nachbarn besiegt hätten oder aber es genügend europäische Bauern gegeben hätte, ist - abgesehen von der Unmöglichkeit eines derartigen Unterfangens - in höchstem Maße spekulativ.

Die Ritterorden haben dies z.b in ihren Euorpäischen Besitztümern gemacht.

Bitte etwas genauer: der Deutsche Orden christianisierte die bis dahin heidnischen - i.S.v. vorchristlich-polytheistischen - Pruzzen.
Dieser Fall liegt nun aber anders als der der Orientkreuzzüge, denn der Orden bekam das entsprechende Land unter der Maßgabe, die Pruzzen zu unterwerfen und Christen aus ihnen zu machen.
Außerdem ist der Kontext von einerseits Christentum vs. Islam und andererseits Christentum vs. vorchristliches "Heidentum" zu beachten - wie ja auch der Islam seinerseits mit den vorislamischen arabischen Kulten anders verfahren ist als mit den Buchreligionen Judentum und Christentum...
 
Alles andere, nämlich was geschehen wäre, wenn sie alle islamischen Nachbarn besiegt hätten oder aber es genügend europäische Bauern gegeben hätte, ist - abgesehen von der Unmöglichkeit eines derartigen Unterfangens - in höchstem Maße spekulativ.

Mir sit nur als Beispiel gerade Andausien eingefallen, wo die muslimische Bevölkerung sehrwohl vertrieben wurde und durch christliche Bauern teilweise ersetzt.
Trotzdem schliesse ich mich der Meinung an, das es schlichtweg um die Kontrolle der heiligen Städten und nicht unbeding um die Vertreibung und Vernichtung der Muslime ging.
 
Moment!!
Das der Schwerpunkt auf die Eroberung der heiligen Länder lag, daran hege ich ja auch keinen Zweifel. Ich sage nur, wenn das Material, in diesem Falle christliche Bauern, dagewesen wäre und nicht im Bauernkreuzzug niedergemetzelt worden, dann hätt es wohl, wie in Andausien ,weitere ersetzungen von christlichen Bauern für moslemischen gegeben.
Da es diese aber nicht gab, da der Bauernkreuzzug stattfand, ist es klar das eine Ko-Existenz stattfinden musste. Die Kreuzfahrer waren ja auf die Einheimischen Bauern angewiesen. Ansonsten wäre ja die Wirtschaft zusammengebrochen, wenn keine Bauern mehr da sind. Alos war diese Ko-Existenz, meiner Ansicht nach, eher Notgedrungen.
 
Zurück
Oben