Colmar v. d. Goltz-Pascha

Danke.
War Beseler nicht Gouverneur in Belgien? Oder erst Goltz, dann Beseler? Ich weiß es nicht mehr.
Ich möchte eine Anekdote erzählen:
Goltz war ein Mann von nicht nur physischem, sondern auch moralischem Mut. Das zeigte er schon als Leutnant, als er in einer Winterarbeit über die Schlacht bei Preußisch-Eylau schrieb, Napoleon habe ich in ihr taktische Fehler begangen. Ein kleiner Leutnant hielt dem Gott des Krieges vor, er habe Fehler gemacht und das 1807, auf der Höhe seines Könnens! Unmöglich. - Im Krieg von 1870 wurde er wegen seiner Französisch-Kenntnisse dem Stab des Feldmarschalls Friedrich-Carl v. Preußen zugeteilt, wo er wegen seiner guten Geländekenntnisse auffiel, aber nach dem Krieg landete Goltz als Hauptmann in Altenburg, was normalerweise das Ende der Karriere bedeutete, aber da luden die Franzosen deutsche Offiziere zu ihren Manövern ein. Man suchte also Majore, die Französisch konnten und legte sie dem Grafen Moltke vor. Der las die Liste und sagte dann: "Ich vermisse den Major v. d. Goltz!" "Aber, Exzellenz, wir haben keinen Major v.d. Goltz. Wir haben nur einen Hauptmann v.d. Goltz, ud der steht in Altenburg in Thüringen. Moltke: "Den Major v. d. Goltz meine ich!" Grund: Goltz hatte eine Biographie über Gambetta geschrieben, in der er diesen großen Gegner Bismarcks und Moltkes positiv gewürdigt hatte. Und am Ende des Werkes hatte Goltz, der durchaus deutschnational dachte, sinngemäß geschrieben, er wünsche, dass dem deutschen Volke, wenn es ins Uglück geriete, ein solcher Mann erstehe. Aus heutiger Sicht gibt es an Goltz sicherlich viel zu kritisieren, aber es gibt auch viel zu lernen.
 
Goltz hatte eine Biographie über Gambetta geschrieben, in der er diesen großen Gegner Bismarcks und Moltkes positiv gewürdigt hatte.
Ja, und nach Meinung einiger Kommissköpfe hatte er das nicht tun sollen! Ein unabhängiger Geist war er schon, trotz unvermeidlicher "milieubedingter Grenzen".

Das zitierte Buch von Wallach über die deutsche Militärhilfe in der Türkei habe ich quer gelesen und daraus entnommen:

  • Goltz hat sich mehr als jeder andere Militärberater auf seine Gastgeber eingelassen, ohne sich dabei zu verbiegen. [1]
  • Der praktische Erfolg von Goltz' Missionen blieb gering, bedingt durch die eklatanten strukturellen Probleme des Osmanischen Reiches.
  • Was gleichwohl nachwirkte, war die Wertschätzung, die ihm nach 1909 die "Jungtürken" entgegenbrachte - dieser Aspekt ist es, der in gewisser Weise die Jahrzehnte überdauert hat.

[1] Krasser Gegensatz: Liman von Sanders, über den ich nichts Gutes gelesen habe sowie einige andere Deutsche, die ihren Job dazu benutzt haben, Däumchen zu drehen und trotzdem jedes Jahr beim Sultan mehr "Honorar" zu fordern.
 
Ein unabhängiger Geist war er schon, trotz unvermeidlicher "milieubedingter Grenzen".
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Allerdings haben die Milieu-Grenzen ihn als preußischen Offizier offenbar nicht gehindert (im Gegensatz zu v. Bissing), Probleme bei der Behandlung Belgiens zu sehen, so dass er abgelöst wurde. Bemerkenswert!
Generalgouvernement Belgien ? Wikipedia
Moritz von Bissing ? Wikipedia

Weiß man darüber mehr, in
Horne/Kramer: Deutsche Kriegsgreuel 1914 (Belgien) ist mE nichts dazu erwähnt.
 
Ich freue mich, dass Goltz auch von denen, die offensichtlich sachkundiger sind als ich, positiv beurteilt. Natürlich gilt auch für - und für ihn besonders - dass seine Urteilsfähigkeit sehr begrenzt war. Er war kein Pazifist, nicht einmal ein Politiker, wohl aber ein Militär, der sich in der Kriegsgeschichte auskannte und seinen Clausewitz gelesen hatte. Und natürlich dachte er deutschnational, jedoch nicht völkisch. Und er war menschlich anständig, zumindest hatte er Sinn für Humor. Und wie geht es weiter? Wer nimmt den Stab auf?
 
Siehe den Auszug aus einem anderen Text, der aber zu kurz ist, um eine Bewertung zu gestatten (Wapedia - Wiki: Colmar Freiherr von der Goltz - dort 2.1.1).

Der insbesondere - außer einem Hitler-Zitat - keinen weiteren Verweise für die Darstellung enthält.

Das Hitler-Zitat ist außerdem inhaltlich falsch, siehe Horne/Kramer, S. 600. Goltz ließ nach einem einzelnen Sabotageakt an einer Eisenbahnlinie am 25.9.1914 Geiseln aus der Umgebung nehmen und drohte Vergeltung an. Der Vorgang wurde hier von Hitler zur Rechtfertigung des Krieges gegen Zivilbevölkerung benutzt, insbesondere zum Vernichtungskrieg im Osten. In den posthum veröffentlichten Erinnerungen erwähnte Goltz die Erschießung von Zivilisten bei Gent nach (angeblichen) Schüssen auf deutsche Truppen, Brief vom 11.10.1914.

Von daher sind die Äußerungen in dem link nicht belegt.


Abgesehen davon sind natürlich die sozialdarwinistischen Vorstellungen von Goltz belegt, die Kleinstaaten müssten "verschwinden". Ebenso sind seine abfälligen Äußerungen über die Haager Landkriegsordnung bekannt, die er als "verlogenes Geschwätz" abtat.
 
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