"Confino" in Italien Zwischenkriegszeit

Triere

Mitglied
Hi!

Ich komme mit meiner Frage hierher, weil ich keine Rechte für die Neuzeit habe.
Ich lese gerade das sehr gute Buch "Christus kam nur bis Eboli" von Carlo Levi, wo er darüber schreibt, wie er 1935 wegen antifaschistischer Aktivitäten nach "Lukanien" (Basilicata) verbannt wurde.
Ich habe über diese "confino" gegoogelt, aber nichts über die Gründe gefunden, warum das gemacht wurde, statt die Leute einfach ins Gefängnis zu stecken. Diese Art der Strafe ist mir zu der Zeit in Westeuropa bzw. grundsätzlich unbekannt. War das auch andernorts üblich?
Und, apropos, welche Leute betraf das, nur Regimegegner? Levi erwähnt auch, daß ein paar andere Konfinierte offenbar Opfer von Intrigen waren.
Ach ja, und wurden die Leute nur in die Basilicata verschickt, oder auch in andere Regionen?

Ist überhaupt nicht wichtig, ich schreibe keine Arbeit, ich bin nur neugierig. Also, wenn jemand was darüber weiß oder mich in die richtige Richtung linken kann, wäre ich sehr dankbar.
 
Hi!

Italienisch kann ich leider nicht, und im Text wird nicht näher darauf eingegangen. Ist aber auch nicht uninteressant.
Auf jeden Fall vielen Dank Euch beiden!
 
Was man manchmal im Keller so findet ...

Falls es dich noch interessiert (und Du noch nicht alles gefunden hast), Triere, hier noch ein Nachtrag:

Die KPI hat ja einen recht interessanten und eigenständigen Weg durchs 20. jh. gefunden, nicht zuletzt auch deshalb, weil der Blutzoll ihrer führenden Köpfe ein viel geringerer war und Mussolinis Politik mit dem mörderischen Austilgungsverfahren des NS-Regimes (in seinem gesamten europ. Machtbereich) nicht zu vergleichen ist.

Ich vermute, dass die Idee der Verbannung in trostlose Gegenden dem Romantizismus entsprungen ist und in der Berufung der italien. Faschisten auf die Nachfolge des röm. Reiches begründet ist. Aber nach Tomi am Schwarzen Meer konnte man keinen Ovid mehr wegschicken.

Mit der Auflösung der KPI durch die Faschisten 1926 wurden ihre führenden Köpfe in die Verbannung geschickt, fast geschlossen zuerst auf die Insel Ustica (Isola di Ustica - http://www.ustica.org/about.htm)
Parteiführer Gramsci konnte dort sogar "frech" seine theoretischen Ideen in einer von ihm gegründeten Schule fortentwickeln, ihm wurde also ein Prozess gemacht und er wurde (wohl exemplarisch) 1927 in ein Mailänder Gefängnis verbracht, in dem er 10 Jahre später starb.

Zu Gramsci auf Ustica: http://fcis.oise.utoronto.ca/~daniel_sch/assignment1/1926gramsci.html
Werke: http://antonio_gramsci.know-library.net/
(Und die italien. Wikipedia-Seite ist echt gut ... der Vollständigkeit halber http://it.wikipedia.org/wiki/Antonio_Gramsci)

Seine Parteiführungskollegen und die sympathisierenden antifaschistischen Geister (wie Levi) kamen also mit Handschellen in einsamen, abgeschlossenen und armen Gegenden an, wo sie sich dann unter Aufsicht "relativ" frei bewegen konnten und ihre Berufe ausüben durften.
Levi kam zB. in einer Basilicata an, die durch ein Jahrhundert bittere Verarmung eine Landflucht und Auswanderungswelle hinter sich hatte, wie keine andere Provinz Italiens. (Eine gute Geschichte zu Levis Lukanien: http://www.freitag.de/2003/10/03100901.php)

Amadeo Bordiga -den Gramsci 1924 in der Parteiführung abgelöst hatte- blieb bis zum Sturz Mussolinis auf Ustica und Ponza - offiziell, denn der Ingenieur war wichtig und durfte ab 1930 in Neapel arbeiten.
(http://www.left-dis.nl/d/unbebor.htm)

Onorato Damen hätte von dort auch 1938 zurückkehren können, wenn er nicht einen Gefangeneausbruch in Civitavecchia organisiert hätte, der ihm tatsächlich von 1933 bis 1935 ein Leben im Untergrund ermöglichte. Er wurde noch 2 mal geschnappt und 1943 befreit (http://fr.wikipedia.org/wiki/Onorato_Damen).
Ähnliche Lebensgeschichten schreiben Bruni Maffi (http://www.internationalism.org/french/ri/342_maffi.htm), perrone uvm.

Sie konnten überleben, ohne sie hätte es weder eine Internationale noch Eurokommunismus westl. Prägung oder eine Koalition mit den Christsozialen 30 jahre nach Kriegsende gegeben.

So gesehen kann man sagen: Zum Glück (für Italiens Antifaschisten) hat das alte Rom Ovid nach Tomi geschickt.
 
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