Das Geheimnis der Heunesäulen aus Franken

Mercy

unvergessen
Wurden Heunesäulen im Mittelalter gefertigt?

Die derzeit gängige Interpretation: Erzbischof Willigis baute den Dom zu Mainz neu, doch bei der Einweihung brannte das Gotteshaus ab. Sein Nachfolger Bardo schuf einen Neubau, der 1081 aber erneut den Flammen zum Opfer fiel. Bei beiden Baumaßnahmen war Felssandstein (aus der Miltenberger Gegend?) verwendet worden. Waren die Heunesäulen für den nächsten Dombau bestimmt?

Warum aber wurden sie nicht abtransportiert? Hatte man ihre Festigkeit überschätzt, bzw. nach deren Fertigstellung festgestellt, die Kreuzschichtung des Sandsteins könnte sich bei Belastung als problematisch erweisen?

Oder hat man damals - nach dem Vorbild des Kaiserdoms in Speyer, der damals gebaut wurde, - auf Säulen verzichtet? Pfeiler mit vorgeblendeten Halbsäulen waren leichter herzustellen und ermöglichten größere Bauhöhen.


Näheres:
Heunesäulen

Fragen über Fragen.
 
Ich glaube nicht, das die damaligen Baumeister etwas überschätzt haben. Sie hatten diese Zapfen am oberen Ende angebracht und hatten bestimmt nach der Fertigstellung der ersten Säule die Transportfähigkeit ausprobiert. Wenn das nicht geklappt hätte, hätten sie sicher nicht so viele aufwendig bearbeitet. Und so dumm waren sie ja auch nicht, das sie nicht einschätzen konnten, welche Belastungen so ein Material aushalten konnte. Ich vermute mal, den Bauherren ist das Geld ausgegangen oder irgend ein anderer Unfrieden war im Land.
Dann blieb das Zeug einfach liegen.

Selbst der Dom in Magdeburg ist mehrheitlich aus Elbsandstein gebaut.
Und der ist wesentlich " weicher ".
 
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Ausschussware als Kulturdenkmäler...

Zunächst mal der Einwand: "Heunesäulen" sind nicht gleich "Heunesäulen"!

Die Überlegung, dass jene "Heunesäulen" für den ersten Dombau bzw. zweiten Dombau (Wiederaufbau) in Mainz nach 1000 n. Chr. gedacht waren, bezieht sich wohl vor allem auf die Heunesäulen vom "Heuneberg" (Nähe Miltenberg / Unterfranken). Dieser Heuneberg ist meines Wissens ein Synonym für den "Bullauer Berg".

Ganz in der Nähe haben wir gleichbenannte "Heunesäulen" unterhalb des "Ringwalls Wannenberg" (bei Bürgstadt, also immer noch Nähe Miltenberg). Und bei diesem Ringwall liegen wiederum noch sogenannte "Heunefässer" (die als 4 m lange Teil-Säulen einer geplanten Groß-Säule zu verstehen sind) sowie ein "Heunestein".

So gibt es also in dieser Gegend am unteren Main jede Menge Werkstücke aus Sandstein (überwiegend Felssandstein, aus eiszeitlichen Felsenmeeren = Blockströmen stammend).

Ach ja, und zu dem ganzen Säulenzeug kommen noch die (Trapez-)Sarkophage aus Felssandstein sowie jede Menge Mühlsteine, die ebenfalls dort oben hergestellt wurden.

Von den beiden Ringwällen auf dem Miltenberger Greinberg und neben dem Bürgstadter Wannenberg will ich hier mal nicht weiter sprechen.

Zu sprechen wäre aber noch in aller Kürze vom Toutonenstein in Miltenberg, am Greinberger Ringwall.

:fs:

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Zu den ganzen Sandstein-Produkten ist zu sagen, dass sie offenbar - wie RÖDER 1960 nachweist - aus sehr unterschiedlichen Zeiten stammen können - aber nicht zwangsläufig müssen.

RÖDER schließt aus seiner ausführlichen Argmentation eine Entstehungszeit der meisten Werkstücke etwa zwischen dem 8. und 12. nachchristlichen Jahrhundert. Die Mühlsteine müssen teils später angefertigt worden sein.

Der Toutonenstein dürfte - schon aufgrund seiner (bruchstückhaften) römischen Beschriftung - ziemlich eindeutig aus der römischen Besatzungszeit stammen.

:fs:

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Zu den Ausgangsfragestellungen:

Mercy:
"Warum aber wurden sie nicht abtransportiert? Hatte man ihre Festigkeit überschätzt, bzw. nach deren Fertigstellung festgestellt, die Kreuzschichtung des Sandsteins könnte sich bei Belastung als problematisch erweisen?"

RÖDER macht ja einen hypothetischen Vorschlag dazu, nämlich dass Bardo, der den Mainzer Dom neu errichten ließ (zweite Weihe 1036, nach dem Abbrennen des ersten Doms 1009 am Tag der Weihe) möglicherweise von den ursprl. projektierten Säulen dann doch lieber auf Pfeiler umgestiegen sei, wodurch die Säulen nicht mehr geliefert wurden...

Mercy:
"Oder hat man damals - nach dem Vorbild des Kaiserdoms in Speyer, der damals gebaut wurde, - auf Säulen verzichtet? Pfeiler mit vorgeblendeten Halbsäulen waren leichter herzustellen und ermöglichten größere Bauhöhen."

...wie Mercy ja ebenfalls anführt. - Aber dies bleibt natürlich dennoch Spekulation.

:fs:

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Die angeführten Überlegungen beziehen sich vor allem auf die Heunesäulen des Bullauer Bergs, denke ich, denn die haben die erstaunliche Eigenschaft, dass sie - meines Wissens - eigentlich in tadellosem Zustand gewesen wären: Man hätte sie also ohne Weiteres für den Bau verwenden können, liefern können. Trotzdem blieben sie liegen...

Die meisten der Werkstücke aber, die wir heute auf den Bergen bei Miltenberg und Bürgstadt finden, sind mehr oder weniger beschädigte Relikte einer (mittelalterlichen) Sandsteinproduktion. Bei der Bearbeitung sind gewisse Produktionsfehler aufgetreten, insbesondere dadurch, dass eine zuvor nicht erkannte Schrägschichtung zu einem Bruch des Gesteins führte. Daher ließ man die Stücke vor Ort liegen, um sich einen neuen Rohling aus den "Felsenmeeren", mit denen die Hänge bestreut sind (oder waren) vorzuknöpfen.

Das heißt also mit anderen Worten, das, was wir heute so sehr als Kulturdenkmäler in Unterfranken schätzen, ist genau genommen der Abfall mittelalterlicher Sandsteniproduktion! Ausschuss!

Dies gilt für die "Heunefässer", den "Heunestein" und die "Heinesäulen" bei Bürgstadt sowie für diverse Sarkophag- und Mühlstein-Relikte vor Ort. - Alles Müll!

So gesehen spiegeln die ganzen Heunesteine eine banale, nackte Realität wider, die wir sozusagen unter trial and error subsummieren könnten.
Einen kläglich-realistischen Umgang mit Kulturgut pflege ich da, wie?! :autsch:

:still:

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Nicht aus dem 4 Jahrhundert n. d. Ztw. !

Noch kurz zur Fragestellung aus:
http://www.historisches-franken.de/index04/heunesaeulen.htm

"Oder sind die Heunesäulen doch älter?
Es ist aber durchaus denkbar, dass die Heunesäulen noch ein paar Jahrhunderte älter sind. Neben dem Dom zu Trier liegt der sagenumwobene "Domstein". Es handelt sich um eine gewaltige Säule, die zerbrochen ist. Es war eine von vier tragenden Säulen im Dom, die bei einem Brand infolge der Hitzewirkung zerborsten sind. Die Säulen waren ursprünglich 18 Meter hoch und bestanden jeweils aus einem Stück. Das Material: Granit aus dem Felsenmeer im Odenwald. Die Säulen für die Trierer Basilika sind in den Jahren 328 bis 337 unter Kaiser Konstantin im Odenwald gebrochen und zu ihrem Aufenthaltsort transportiert worden. Sind die jeweils aus einem Stück bestehenden Heunesäulen ebenfalls in der Zeit Kaiser Konstantins entstanden?"

Der Schlüssel zur Datierung liegt im Vergleich der Bearbeitungsmethoden! RÖDER 1960 führt meines Erachtens glaubhaft und nachvollziehbar an, dass bestimmte Methoden einfach nicht zu einer antiken oder bspw. zu einer römischen Bearbeitungsweise passen. An den Methoden kann man die historische Epoche festmachen.

Zur näheren zeitlichen Eingrenzung kommen natürlich noch weitere Aspekte, wie bspw. die Frage nach einem größeren historischen Bauprojekt, welches als Liefergebiet von Säulen in Frage kommen könnte. Auf dieser Grundlage kommt RÖDER ja auch zu der These, die Heunesäulen könnten für den ersten Mainzer Dombau bestimmt gewesen sein.

Grundlage der Datierung bleibt aber die Bearbeitungsmethode. Ich selbst bin kein Fachmann für solche Einschätzungen. Aber es leuchtet mir ein, dass bestimmte Fertigkeiten bei der Sandsteinbearbeitung (Spaltungsmethoden usw.) es zulassen, auf historische Zeiten zu schließen.

Somit weist RÖDER nach, dass die Heunesäulen aus Unterfranken nicht aus dem 4. nachchristlichen Jahrhundert stammen können.

Q.E.D. :yes:

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Sandstein-Sarkophage aus Unterfranken im Rheinland?

Die Trapez-Sarkophage..... - eine weitere interessante Geschichte. Offenbar wurden diese Sandstein-Särge unter anderem bei Milenberg hergestellt und bspw. ins Rheinland exportiert, vielleicht auch nach Norddeutschland, "Jütland", Holland, wo man ebenfals (Sandstein?-)Sarkophage vorfindet.

Ist hier jemand aus den genannten Gebieten, der Sandstein-Sarkophage vor seiner Haustür kennt? Gibt es bspw. aktuellere Untersuchungen zu den Rheinland-Sarkophagen, insbesondere hinsichtlich der Überlegung, dass viele aus Mainfranken (Raum Miltenberg) importiert worden sein könnten?

RÖDER 1960 konnte hierüber nur Vermutungen anstellen und machte auf ein Forschungsdefizit im Rheinland aufmerksam... Wurde dieses Defizit mittlerweile aufgefüllt???

:grübel:

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Naja, hier wimmelt es von Sandsteintrögen in Sarggrösse, landläufig als Pferdetränken bezeichnet.

Was bedeutet "HEUNE"!? Ist das ein Ort?
 
Micha schrieb:
Zu sprechen wäre aber noch in aller Kürze vom Toutonenstein in Miltenberg, am Greinberger Ringwall.

:fs:

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Der Toutonenstein dürfte - schon aufgrund seiner (bruchstückhaften) römischen Beschriftung - ziemlich eindeutig aus der römischen Besatzungszeit stammen.

:fs: ***

Der Toutonenstein stammt nicht aus der römischen Besatzungszeit, er ist keltischen Urprungs.
Begründungen folgen später, ich muß mich da erst einmal wieder einlesen.
 
"Heune" - "Hüne" - "hiune"

askan schrieb:
Was bedeutet "HEUNE"!? Ist das ein Ort?

"Heune" dürfte mit "Hüne" sprachverwandt sein; mittelhochdeutsch "hiune".

Aus den riesenhaften Steinen wurden offenbar die "Hünensteine" oder eben "Heune(n)steine" (auch einen "Hunnenstein" gibt es in der Nähe, was wohl ebenfalls in diese Sprachverwandtschaft gehört).

Ob diese Bezeichnung auf eine mythische Erklärung im Volksmund zurückgeht (so etwa: die riesenhaften Steine konnten ja nur von Riesen hergestellt worden sein) oder ob damit lediglich die riesengroßen Steine selbst mit gemeint waren, das bleibt wohl unklar.

Klar ist, dass es regionale Sagenmotive rund um Riesen und die Heunesäulen gibt, bspw. dieses:

"Die Riesen kamen einst auch nach Miltenberg und Freudenberg. Hier wollten sie eine Brücke über den Main bauen und holten dazu alle Steinmetzen der Gegend zusammen und ließen von Bürgstadt das Erfttal aufwärts große Steinmassen freilegen und Blöcke in Säulen verarbeiten. Das Werk aber ging langsam vonstatten, weil die geplagten Steinhauer nach und nach wegliefen. Die Brücke wurde deshalb nicht vollendet und die dazu bestimmten Steinblöcke und Säulen blieben, teils halb fertig, liegen."
(aus einem Zeitungsartikel, "Bote vom Untermain", 23.08.1972)

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Toutonenstein römisch oder keltisch oder...?

Mercy schrieb:
Der Toutonenstein stammt nicht aus der römischen Besatzungszeit, er ist keltischen Urprungs.
Begründungen folgen später, ich muß mich da erst einmal wieder einlesen.

Diesen Teil habe ich bei RÖDER bisher nicht genauer gelesen (weil ich mich mehr für andere Relikte interessierte); ich dachte aber, er ordnet den Toutonenstein in die römische Zeit. Die lateinische Inschrift würde ja auch dafür sprechen.

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Im Greinberger Ringwall bei Miltenberg (resp. in der Viereckschanze) ist seltsamerweise auch noch der Merkurtempel... Wie kommt der eigentlich in einen ja doch vermutlich keltischen Ringwall???

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Bin gespannt auf Deine / Ihre Gegendarstellung!

(Wie haltet ihr das in diesem Forum eigentlich mit "du" und "sie"?)

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