Das Heiligenstädter Testament

Alexx schrieb:
Wisst ihr warum Beethoven seinen Bruder Johann immer in Klammern schreibt?

Beethoven schreibt seinen Bruder nicht in Klammern. Die Klammern markieren Zusätze des Herausgebers. Beethoven hat den Namen weggelassen.

Hedwig M. von Asow (Hrsg.), Ludwig van Beethoven - Heiligenstädter Testament, Wien/München 1975 schreibt:

Auffällig ist, daß Beethoven nur den Namen seines Bruders Caspar Anton Carl (1774-1815) angibt, während er den Nikolaus Johanns (1776-1848) ausläßt. Was den Meister zu dieser Auslassung veranlaßte, läßt sich nicht mehr mit Sicherheit feststellen; vermuten kann man vielleicht, daß der Tonkünstler im Zweifel war, ob er Nikolaus schreiben sollte, wie sein Bruder zu Hause gerufen worden war, oder Johann, wie sich sein Bruder in Wien nannte.

Auf dem Faksimile sieht man, daß Beethoven immer einen Leerraum gelassen hat, um den Namen "Johann" (oder Nikolaus?) nachträglich noch einsetzen zu können. Der Leerraum scheint für "Nikolaus" etwas zu knapp bemessen; "Johann" würde gerade noch hineinpassen.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Und warum hat der Herausgeber den Namen dann eingefügt?
Der Grund, dass Beethoven einfach nicht wusste, wie er seinen Bruder nennen sollte finde ich ziemlich seltsam. Ich meine er hätte ja auch einfach den vollen Namen, also Nikolaus Johannes, benutzen können...
Das spielt doch in einem Testament nicht wirklich eine Rolle, wie man seinen Bruder anspricht, oder?
 
Alexx schrieb:
Und warum hat der Herausgeber den Namen dann eingefügt?

Weil das zur Arbeit eines Herausgebers gehört, schließlich soll der Text gut lesbar sein.

Im Original hat Beethoven etliche Wörter durchgestrichen, manches ist durch Tintenkleckse schlecht lesbar, und außerdem entspricht die Rechtschreibung nicht heutigen Standards. Beethoven schreibt z. B. "Feindseelig" (statt "feindselig"), "Misantropisch" (statt "misanthropisch") - und "Heiligenstadt" schreibt er sogar "Heiglnstadt".

In all diesen Fällen hat der Herausgeber seines Amtes gewaltet.


Der Grund, dass Beethoven einfach nicht wusste, wie er seinen Bruder nennen sollte finde ich ziemlich seltsam. Ich meine er hätte ja auch einfach den vollen Namen, also Nikolaus Johannes, benutzen können...
Klar ist es merkwürdig, was sich Beethoven dabei gedacht hat, läßt sich nun einmal nicht mehr "mit Sicherheit feststellen". Aber bei Carl hat er auch nicht den vollen Namen "Caspar Anton Carl" verwendet.
 
Seltsam...
Aber trotzdem vielen Dank für deine Hilfe!
Hat Beethoven das eigentlich irgendwie mit einem Notar besprochen oder so?
 
Alexx schrieb:
Seltsam...
Aber trotzdem vielen Dank für deine Hilfe!
Hat Beethoven das eigentlich irgendwie mit einem Notar besprochen oder so?

Es ist kein notarielles Testament ,sondern eine verzweifelte Zustandsbeschreibung.

"Hier verfasste er 1802 jenen an seinen Bruder gerichteten, jedoch nie abgesandten Brief, in welchem er seiner Verzweiflung über seine fortschreitende Taubheit Ausdruck verlieh, das „Heiligenstädter-Testament“.
 
Alexx schrieb:
Hat Beethoven das eigentlich irgendwie mit einem Notar besprochen oder so?

Wohl kaum - Beethoven hat sich seine Verzweiflung vom Leib geschrieben. Ein Notar hätte sich eher die Haare gerauft, denn die testamentarischen Verfügungen sind so vage und unverbindlich, daß nichts wirklich geregelt, sondern eher Streit vorprogrammiert ist:

Beethoven schrieb:
Zugleich erkläre ich euch beide hier für die Erben des kleinen Vermögens (wenn man es so nennen kann) von mir, theilt es redlich [...]
Die Instrumente von Fürst L. wünsche ich, daß sie doch mögen aufbewahrt werden bej einem von euch, doch entstehe des wegen kein Streit unter euch, sobald sie euch aber zu was nüzlicherm dienen können, so verkauft sie nur [...]
 
Ich weiß schon, dass Beethoven eigentlich nur seinen Zustand beschreibt, aber wie ist es dann eigentlich an die Öffentlichkeit gekommen, wenn er es nie einem Dritten gegeben hat? Haben seine Brüder das Testament dann später bekommen?
 
Alexx schrieb:
Ich weiß schon, dass Beethoven eigentlich nur seinen Zustand beschreibt, aber wie ist es dann eigentlich an die Öffentlichkeit gekommen, wenn er es nie einem Dritten gegeben hat? Haben seine Brüder das Testament dann später bekommen?

Erst nach Beethovens Tod im März 1827 wurde das Dokument gefunden, ebenso wie die rätselhaften Briefe an die unsterbliche Geliebte, und erhielt bald den Namen „Heiligenstädter Testament“.

http://de.wikipedia.org/wiki/Heiligenstädter_Testament
 
Zurück
Oben