Das Heliozentrische Weltbild - von wem als erstes artikuliert?

Jimmy Brand

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Johannes Keppler schuf die kepplerschen Gesetze. Gallileo Gallilei sagte, das die Erde sich um die Sonne bewegt. Aber auch die alten Griechen wie Aristoteles oder Archimedes und Phytagoras hatten schon lange Erkenntnisse, die heute offensichtlich sind, und Die jeder kennt. Seit wann also hat der Vatikan bewußt dieses Wissen unterdrückt, bzw. wer war wirklich der Erste?
Der wirklich Erste, der die Sonne in den Mittelpunkt der Welt gerückt hat?
Auf die Antworten bin ich sehr gespannt, denn ich denke an Aristoteles. Aber, man wird sehen.
 
Also Aristoteles war es ganz bestimmt nicht - der vertrat nämlich das geozentrische Weltbild. Aber es gab wohl ein paar Gelehrte in der griechischen Antike, die schon die Sonne im Zentrum verorteten. Sie haben sich nur nie durchsetzen können.
 
@ Jimmy Brand:
Im Gegenteil, Aristoteles lehnte die Vorstellung, die Erde könnte nicht der Mittelpunkt des Universums sein, ausdrücklich ab. Es gab zwar tatsächlich Griechen (Aristarchos von Samos, Seleukos von Seleukeia), die ein heliozentrisches Weltbild vertraten, jedoch blieben sie Außenseiter, deren Ansichten sich in der Antike nicht durchsetzten. Die Autorität mit dem nachhaltigsten Einfluss in der Spätantike und im Mittelalter (sowohl im christlichen Europa als auch im islamischen Raum), Claudius Ptolemaeus, hielt am geozentrischen Weltbild fest. Der Vatikan hat da gar nichts unterdrückt, das geozentrische Weltbild war einfach bis in die frühe Neuzeit hinein der "Stand der Wissenschaft".
Aber um Deine Frage zu beantworten: Der erste, der ein heliozentrisches Weltbild vertrat, scheint Aristarchos (3. Jhdt. v. Chr.) gewesen zu sein.

Noch ein paar Worte zu Pythagoras: Welche Erkenntnisse er wirklich hatte, lässt sich kaum feststellen, da von ihm keine Schriften überliefert sind. Schon in der Antike wurden einfach alle möglichen Lehren der "Pythagoreer" (also der Leute, die sich auf Pythagoras beriefen) Pythagoras zugeschrieben, obwohl vieles davon vermutlich erst von seinen Nachfolgern entwickelt wurde. (Auch beim berühmten "Satz des Pythagoras" ist unklar, ob er wirklich etwas damit zu tun hatte. Grundsätzlich bekannt war er jedenfalls schon den Babyloniern.) Unter den Pythagoreern gab es tatsächlich eine Strömung, die meinte, die Erde stünde nicht im Mittelpunkt des Universums - allerdings auch nicht die Sonne, sondern sie hatten ein auf Harmonie basierendes Weltbild, das eher mit Esoterik als Wissenschaft zu tun hatte, und in dessen Mittelpunkt ein "Feuer" (aber nicht die Sonne!) stehen sollte, weil Feuer das höchstwertige Element sei.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn man bedenkt das weder die Erde oder die Sonne im Mittelpunkt unserer Galaxies sind dann sind streng genommen beide Modelle falsch.
 
Aristoteles kann es schon mal gar nicht sein, sonst hätten sicher auch viele mittelalterliche Scholastiker das heliozentrische Weltbild vertreten.
 
Das heliozentrische Weltbild ist uns heute so vertraut und so unbezweifelt,
dass man geneigt sein kann anzunehmen,
dass jener der dieses Modell des Sonnensystems als erster oder zumindest früh vertrat, auch besonders gute Argumente hatte.

Nur ist schon so wie Ravenik sagt:
das war eben nicht wissenschaftliche Erkenntnis.
Denn wenn man weiß, dass die Entfernung zwischen Erde und Sonne groß sein muss, jedenfalls sehr viel größer als die Distanz zum Mond, dann müsste man auch eine jahreszeitlich perodische Sternparallaxe feststellen.
(Dazu als Erläuterung Bild 9 im Link )

Und diese Sternparallaxe war eben nicht nachweisbar und gelang indirekt erstmals durch James Bradley 1725 und direkt erst rund 100 Jahre später.
Erst dann war, so wie ich es verstehe, das heliozentrische Modell wissenschaftlich bewiesen und nicht mehr ein "Indizienbeweis" den Galilei z.B. durch die Beobachtung der Venusphasen führte.

Die angesprochene Rolle des Vatikan hierbei wäre einer gesonderten Betrachtung wert und ist wahrscheinlich ein bisserl komplizierter als häufig verstanden.
 
Zwei Literaturtipps zum Thema historische Kosmologien :

Arpad Szabo " Das geozentrische Weltbild"
Rudolf Simek " Erde und Kosmos im Mittelalter"
 
Die angesprochene Rolle des Vatikan hierbei wäre einer gesonderten Betrachtung wert und ist wahrscheinlich ein bisserl komplizierter als häufig verstanden.

Das stimmt. Ein paar kurze Anmerkungen seien dennoch erlaubt:

1) Ursprünglich ging es bei dem Konflikt nicht um Heliozentrik vs. Geozentrik, sondern um den wissenschaftstheoretischen Status des heliozentrischen Modells. Während Galileo den Heliozentrismus als erwiesene Tatsache hinstellte, hielt ihm der "Cheftheoretiker" des Vatikans, Kardinal Bellarmin, (völlig zu Recht) entgegen, es handle sich zwar um eine ausgezeichnete Arbeitshypothese, deren entscheidende Bestätigung aber noch ausstehe. Noch waren Modifikationen des ptolemäischen Modells oder das Modell von Tycho Brahe ebenbürtige Erklärungsmuster für die beobachteten Phänomene.

2) Galilei wurde daraufhin angewiesen, das von ihm favorisierte Modell in künftigen Publikationen sachgerecht nicht als erwiesene Tatsache, sondern als Hypothese zu behandeln.

3) Als Galilei das nicht tat und darüber hinaus in einer Publikation eine Figur als Witzfigur hinstellte, die die Argumente des Papstes vertrat, war man im Vatikan beleidigt und reagierte in der Folge selbst überzogen mit den bekannten Maßnahmen. Von da ab war jedenfalls die Dynamik des Geschehens nur mehr durch persönliche Befindlichkeiten und Intrigen der involvierten Personen bestimmt, weshalb hier kein sachlicher Konflikt zwischen "Kirche und Wissenschaft" diagnostiziert werden kann.

4) Fazit: solange Galilei sein polemisches Temperament unter Kontrolle hatte, hatte er in der Kirche die größten Fans, bei denen er auch gegen den Spott und die Kritik seiner weltlichen Kollegen Schutz fand. Erst als der persönliche Eitelkeitskonflikt zwischen Galileo und Papst Urban (seinem vormals guten Freund und Förderer) das Geschehen bestimmte, eskalierte die Angelegeheit einigermaßen.
 
Canabich,

so ungefähr kenn ich die Story auch.

Zu 3) Galilei behandelt die Sache weisungsgemäß als Hypothese.
Er macht einen Dialog ohne selbst direkt Stellung beziehen.
Der Papst erörtert das vorher mit ihm gibt seine Argumente kund.

Als der Dialog erscheint,
stellt Galilei den Argumenten des Papstes einen Deppen auf die Bühne.
Jedenfalls nach Empfinden des Papstes.

So hab ich das in Erinnerung.
Wie das genauer war müsste man recherchieren.

Die Radikalität mit der der Vatikan auf die Frechheit des gut vernetzten Galileis reagierte hat diesen wohl selber überrascht.
 
Die Berechnungen von Galilei waren auch falsch muss man dazu erwähnen. Wenn man die Form der Umlaufbahn der Erde als Kreis ansieht und nicht als Elipse.
 
Des war jetzt aber schon ein bisserl kleinlich. :)
Naja, immerhin hat Galileo die Arbeiten Keplers gekannt und stand mit ihm auch im Briefwechsel. Aber er hat die Keplerschen Resultate einfach ignoriert. Kepler schickte ihm sogar einige Exemplare seiner Bücher mit der Bitte, diese zwecks Verbreitung seiner Erkenntnisse zu verteilen. Aber Galileo kümmerte sich nicht darum.

Statt dessen versuchte er lieber, seine falsche Gezeitentheorie zu einem Hauptpfeiler für die Begründung der Heliozentrik zu machen.
 
Naja, immerhin hat Galileo die Arbeiten Keplers gekannt und stand mit ihm auch im Briefwechsel. Aber er hat die Keplerschen Resultate einfach ignoriert. Kepler schickte ihm sogar einige Exemplare seiner Bücher mit der Bitte, diese zwecks Verbreitung seiner Erkenntnisse zu verteilen. Aber Galileo kümmerte sich nicht darum.

Statt dessen versuchte er lieber, seine falsche Gezeitentheorie zu einem Hauptpfeiler für die Begründung der Heliozentrik zu machen.

Das mag ja sein, aber deswegen wurde er nicht angeklagt.
Das öffentliche Verkünden des heliozentrischen Weltbilds, mit anschließendem Beharren darauf, war strafbewehrt mit der Todesstrafe durch öffentliches Verbrennen bei lebendigem Leib.
Die haben ihr Welterklärungsmonopol durchgesetzt.
Was hätten sie wohl gemacht wenn sie den Kepler gekriegt hätten?

Na, damals waren die Zeiten wohl rauh.
 
Das mag ja sein, aber deswegen wurde er nicht angeklagt.
Die Anklage war auch gerade eben nicht das Thema.
Das öffentliche Verkünden des heliozentrischen Weltbilds, mit anschließendem Beharren darauf, war strafbewehrt mit der Todesstrafe durch öffentliches Verbrennen bei lebendigem Leib.
Die haben ihr Welterklärungsmonopol durchgesetzt.

Sechzig Jahre lang, seit Kopernikus mit enthusiastischer Unterstützung der Kirche seine Theorie publiziert (und dem Papst persönlich gewidmet) hatte, hatte die Kirche nicht das geringste Problem mit dem heliozentrischen Modell. Nur während einer kurzen Zeitspanne in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde die Lage angespannt, und das hatte weniger mit dem Welterklärungsmodell als mit den persönlichen Eitelkeiten der involvierten Personen zu tun.

Das Konzil von Trient hatte bereits ausdrücklich festgehalten, dass die Bibel ausschließlich in religiösen bzw. moralischen Fragen fehlerfrei sei, nicht aber in Fragen der Weltbeschreibung, in Bezug auf welche Bibelstellen oft metaphorisch oder didaktische zu deuten seien. Deshalb war auch gegen eine biblischen Texten widersprechende Beschreibung der relativen Position von Sonne und Erde a priori nichts einzuwenden.

Selbst Kardinal Bellarmin, ein - im Gegensatz zu den meisten Zeitgenossen - eher auf wörtliche Interpretation der Bibel ausgerichteter Mensch, erklärte in Bezug auf die heliozentrische These, die er in oberster Instanz zu beurteilen hatte:

"Wenn es einen echten Nachweis dafür gäbe, dass ... sich die Sonne nicht um die Erde dreht, sondern die Erde um die Sonne, dann sollten wir vorsichtig sein bei der Interpretation von Bibelstellen, die das Gegenteil zu lehren scheinen und eher davon ausgehen, dass wir diese nicht verstehen, als eine These für falsch zu erklären, die als wahr erwiesen wurde."

Und Papst Urban selbst versicherte Galilei, dass die Kirche den Heliozentrismus niemals zur Häresie erklärt hatte und das auch niemals tun werde.

Erst als Galilei durch seine unzähmbare Lust zur Polemik seinen vormals guten Freund und Bewunderer beleidigt und sich dessen Gegnerschaft zugezogen hatte, wendete sich das Blatt und man versuchte kirchlicherseits Gesicht und Autorität zu wahren und Galilei zu demütigen.

Aber auch der Prozess, der in der Folge zum Hauptinstrument der "Rache" wurde, wurde nur mit schlechtem Gewissen durchgezogen und war andauernd unterbrochen mit Angeboten und Versuchen einer Deeskalierung. Als Galilei dann auch noch versuchte, die Inquisitoren zu ver*rschen (nach dem Motto "ich verstehe mich eigentlich als Verteidiger des Geozentrismus"), da ist denen der Kragen geplatzt.

Dennoch beließ man es bei einer eher symbolischen Strafe ("damit er nicht ganz ungeschoren davonkomme"): Gutsituierter Hausarrest und ein paar Bußpsalmen. Papst Urban ließ später wiederholt wissen, dass ihm das alles gar nicht Recht gewesen sei und erkundigte sich immer wieder mit offenbar schlechtem Gewissen, wie es denn Galileo gehe, und ließ ausrichten, dass er keinen Groll mehr gegen ihn hege.

J.L. Heilbron, einer der maßgeblichen Historiker zum Thema schrieb:

"Informed contemporaries appreciated that the reference to heresy in connection with Galileo or Copernicus had no general or theological significance. Gassendi, in 1642, observed that the decision of the cardinals ... did not amount to an article of the faith; Riccoli, in 1651, that heliocentrism was not a heresy; Mengoli, in 1675, that interpretations of scripture can only bind Catholics if agreed to at a general council; and Baldigiani, in 1678, that everyone knew that all."

Und nur kurze Zeit nach der Galileo-Affäre begannen vor allem jesuitische Astronomen bereits wieder fröhlich dem Heliozentrismus zu frönen. Von einer einschüchternden Wissenschaftsfeindlichkeit einer um ihr "Welterklärungsmonopol" bangende Kirche war offenbar wenig zu spüren.
 
Cannabich,

so wie ich die Story kenn, kam der Kopernikus vorher auf den Index und die Vertretung seiner Thesen waren Häresie, mit schwer kalkulierbar hoher Strafandrohung bei Widerrufungsoption.
Man hatte wohl doch ein Problem mit dem Heliozentrischen Weltbild.
Ohne die Bezugnahme darauf, wäre Galileis Frechheit keine solche gewesen, vermute ich.

P.S.
Dass die katholische Kirche, zu dieser Zeit, ein hervorragender Förderer der Wissenschaften war, halte ich für recht wahrscheinlich.
Und freilich hat sie gleich daran weitergeforscht.

(Wenn man sich anschaut, welche christlichen Kirchen heute die etwa die Evolutionstheorie leugnen,
dann darf man auch einen Blick den Katholizismus werfen und sehen wie modern er noch immer ist.)
 
so wie ich die Story kenn, kam der Kopernikus vorher auf den Index
Erst 1616, also genau zu dem Zeitpunkt, als Galileo sich seine erste Standpauke im Vatikan abholen musste. Richtig ist allerdings, dass Galilei nicht die einzige Person war, die im Zusammenhang mit dem Heliozentrismus den Argwohn einiger Kirchenoberer erregte. Der angesehene Theologe Foscarini propagierte in Sachen Heliozentrik eine nicht wörtliche Interpretation der Bibel und stand damit in Opposition zum diesbezüglich gegnerisch gesinnten Bellarmin, der aber, wie gesagt, seine Bereitschaft bekundete, beim Vorliegen eines überzeugenden Nachweises klein beizugeben. Aber wenigstens sollte die Foscarini-Linie nicht direkt propagiert werden.

Im selben Ereigniszusammenhang versicherte Bellarmin Galileo, dass diesem überhaupt kein Vorwurf gemacht werde, solange er das heliozentrische Modell nur als Hypothese betrachte und es nicht als erwiesene Tatsache behaupte oder lehre. Anders ausgedrückt: Alles kein Problem, solange sich Galileo an die erwiesenen(!) Fakten halte.

Ohne die Bezugnahme darauf, wäre Galileis Frechheit keine solche gewesen, vermute ich.
Galileos "Frechheit" bestand (um 1616) hauptsächlich in dem Umstand, dass er sich als Nichttheologe anmaßte, die Bibel zu interpretieren und den Vertretern der Fachzunft predigte, wie diese die Bibel in bezug auf astronomische Fragen auszulegen hätten. Später dann war seine Hauptfrechheit, dass er seine im Dialog jämmerlich unterliegende Witzfigur "Simplicio" genau die Argumente von Papst Urban vortragen ließ und diesen dadurch der Lächerlichkeit preisgab.

P.S.
Dass die katholische Kirche, zu dieser Zeit, ein hervorragender Förderer der Wissenschaften war, halte ich für recht wahrscheinlich.
Nicht nur zu dieser Zeit. Bereits Kopernikus hat ja beschrieben, dass es allein der unermüdliche Zuspruch hoher Kirchenmänner bis hianuf zum Papst war, die ihm in seiner Angst vor dem Spott der weltlichen Astronomen den Rücken gestärkt haben und denen es schließlich gelang, ihn zur Publikation zu überredeten (und die auch die Druckkosten übernahmen).
 
Richtig, der Kopernikus kam erst 1616 auf den Index der verbotenen Bücher.
Danke für den Hinweis.

Jetzt wär es interessant zu ergründen, was da so besonders war zu diesem Zeitpunkt.

Dass der Kopernikus seine Förderer gepriesen hat, ist nicht ungewöhnlich.
Es entsprach wohl dem Stil der Zeit und ist letztlich auch heute noch der Inhalt jeglicher vorangestellter Danksagung wissenschaftlicher Arbeit.
Man betrachte hier auch vergleichend die Danksagung Galileis an CosimoII im Vorwort des bahnbrechenden "Sidereius Nuncius" von 1610.
(Leider hab ich keine deutsche Übersetzung gefunden aber ein englische. Latein kann ich bedauerlicherweise nicht, sonst könnt ich das "Original" betrachten )

Eine andere Frage wäre, ob ein Galilei oder Kepler oder auch Kopernikus überhaupt eine Welt denken konnten (oder auch durften) ohne das Zentrum derselben in "Gottes Wort" in Form der Bibel zu erblicken.
Somit wäre es naheliegend hier eine Unvermeidlichkeit zu vermuten.
... es wäre also überhaupt nicht möglich ohne Bibelbezug nach den Grundmustern der Welt zu spähen, sondern müsste einen Abgleich mit diesem zwingend vornehmen und dergestalt notwendigerweise einen Teil aus vorhanden Welterklärungsmonopolen herausbrechen.

Kepler z.B. ist der Ansicht, seine Erkenntnisse seien ein Gottesbeweis (!).
Das muss man sich mal geben..
Ein spinnerter Professor, der auch noch Astrologe ist, aus Prag, hat einen Gottesbeweis gefunden??
.. am Vorabend des 30-jährigen Krieges..

So schaut wohl die Geburt der modernen Wissenschaft aus.
Wer die Schöpfer waren, allen voran Galilei, (von dem Einstein sagte, er habe die Physik begründet), lesen wir heute in unseren Schulbüchern.

Wie die aber selber drauf waren, und in welchem Umfeld sie agierten, ist m. E. vor allem deshalb spannend, weil ich meine, dass sich das Geschichtsverständis bevorzugt bei den Nebensächlichkeiten enthüllt.
 
Richtig, der Kopernikus kam erst 1616 auf den Index der verbotenen Bücher.
Danke für den Hinweis.

Jetzt wär es interessant zu ergründen, was da so besonders war zu diesem Zeitpunkt.
Das Problem war Bellarmin. Der kirchliche Zeitgeist war nämlich gerade offen für eine ziemlich freie und weitgehend metaphorische Bibelinterpretation, die sich mit allen möglichen wissenschaftlichen Erkenntnisses vereinbaren ließ. Bellarmin war hingegen eine Persönlichkeit, die sehr am Wortlaut der Bibel klebte und sich damit als "Fels in der Brandung" sah. Als dann der nicht unbedeutende Theologe Foscarini für die Heliozentrik plädierte, sah sich Bellarmin - der die Macht dazu hatte -veranlasst, die Notbremse zu ziehen und einen Maulkorb zu verhängen. Galileo wurde en passant dezent vorgewarnt. Als Bellarmin dann tot war, hat sich die Lage auch ganz schnell wieder entspannt, wie meine Heilbron-Zitate zeigen.

Dass der Kopernikus seine Förderer gepriesen hat, ist nicht ungewöhnlich.
Nein.Mein Hinweis sollte ja auch nur darauf hinweisen, WER die Förderer waren. (und wer die Bremser!)

(Leider hab ich keine deutsche Übersetzung gefunden aber ein englische. Latein kann ich bedauerlicherweise nicht, sonst könnt ich das "Original" betrachten )
Literaturtipp: Finocchiaro: "The Essential Galilei". Da hast du die wichtigsten Texte zum Thema beisammen.

... es wäre also überhaupt nicht möglich ohne Bibelbezug nach den Grundmustern der Welt zu spähen
Doch. Zwei Ereignisse sind dafür von besonderer Bedeutung: Einerseits (ironischerweise) die Verdammungsurteile von 1277, die einen weitgehend freien Denk- und Forschungsrahmen durch eine Grenzziehung zwischen Theologie und Naturphilosophie ermöglichten. Und andererseits die Ergebnisse des Konzils von Trient, wonach die Bibel ausschließlich in theologischen und moralischen Belangen unfehlbar sei.

Kepler z.B. ist der Ansicht, seine Erkenntnisse seien ein Gottesbeweis (!).
Nein, kein Gottesbeweis. Er war der Ansicht, dass Gott sich in der mathematischen Struktur der Natur offenbare und diese Leitidee ließ ihn zunächst das Modell der platonischen Körper entwerfen und motivierte seine Forschung auch weiterhin. Dieser Leitgedanke der Erkennbarkeit der Natur aufgrund der mathematischen Offenbarung Gottes hat mehr oder weniger die ganze Naturwissenschaft der frühen Neuzeit getragen.

Übrigens: Gottesbeweise sind wider voll im Trend. Ein paar der fähigsten Logiker der Welt basteln gerade daran rum. Ist in der breiten Öffentlichkeit nicht so bekannt, ist aber so.

So schaut wohl die Geburt der modernen Wissenschaft aus.
Wer die Schöpfer waren, allen voran Galilei, (von dem Einstein sagte, er habe die Physik begründet), lesen wir heute in unseren Schulbüchern.
Ich halte dir Rolle Galileis bei der Entstehung der modernen Physik für stark überhöht. Was die Kinematik anbelangt, hat er eigentlich - überspitzt formuliert - lediglich vermarktet, was vor ihm bereits in Alexandria, Oxford und Salamanca erkannt wurde. Aber das wäre ein Thema für sich.
 
Das mag nun wohl wohldurchdacht erscheinen.
Allein indes, misse ich einen Link.
Ist es genug zu sagen, man verstünde etwas, indem man nur auf sich selbst baute?
 
Zuletzt bearbeitet:
Selbst Tycho Brahe hegte noch Zweifel am heliozentrischen Weltbild.
Erst James Bradley gelang es im Jahr 1729 zweifelsfrei die Eigenbewegung der Erde gegenüber der Fixsternsphäre nachzuweisen.
 
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