Das Jahr 1024: Königswahl Konrad II.

PaoloMakkaroni

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Zunächst vorweg. Ich weiß, dass es bereits ein Thema mit ähnlichem Namen gibt, doch der Inhalt stellt mich leider nicht zufrieden.

Zur damaligen Königswahl, so heiß es in der Gesta Chuonradi Imperatoris II. von Wipo, sind ausschließlich zwei Kandidaten, Konrad der Ältere und Konrad der Jüngere, zu Wahl gestellt. Gegenüber der vorherigen "Wahlen", welche eigentlich nur eine Ernennungen des Sohns, durch den König, zum legitimen Nachfolger ist, ist das ein grandioser Einschnitt in das damals bekannte System. Denn die Fürsten schienen wirklich einen neuen König zu wählen, der keine Verwandschaft zur vorherigen Dynastie der Ottonen hat. So berichtet zumindest der Chronist "Wipo".

ABER: Bekannte Wissenschaftler wie Weinfurter, und vorallem Franz Reiner Erkens berichten, das die Fürsten damals darauf geachtet haben einen möglichst Verwandten zur ottonischen Dynastie auszuwählen.

(Wipo versuchte dies wohl extra auszulassen, um andere Dinge, z.b. Tüchtigkeit und Demut der Könige zubetonen, dass dies ein Kriterium für die Königsernennung gewesen sei, um somit für zukünftige Königswahlen das alte Prinzip als veraltet darzustellen)

Warum aber fiel die wahl der Fürsten auf die beiden Konrade, welche im Gegensatz zu den Söhnen "Liudolf und Otto" von Ezzo eine deutliche geringere Verwandschaft hervorzeigen können.

Die Konrade sind "Urenkel" zu Otto II. Während die anderen beiden gar Enkel Otto II. sind.

Ich hoffe die Frage ist nicht zu tiefsinnig, und es gibt ein zwei Leute die sich der Frage annehmen können.

Wenn nicht, schade.

MfG

Paolo
 
Richtigstellung

"Die Konrade sind "Urenkel" zu Otto II. Während die anderen beiden gar Enkel Otto II. sind."

Die Konrade sind "Ururenkel" und die anderen "Urenkel".
Dennoch ist die Frage weiter offen.
 
Die beiden Konrads hatten erhebliche Landgüter und auch herzoglichen Rang (wenn sie vielleicht auch keine Territorialherzöge waren), also den höchsten Rang den sie unterhalb des Königsrangs bekleiden konnten.
Die Ezzonen besaßen zwar als Paladine die notwendige Königsnähe bzw. gute Verbindungen, hatten aber einen - wenn auch nur geringfügig - weniger hohen Rang.
Ist natürlich die Frage, ob das als Erklärung ausreichend ist.
Aber ich hab das zwei oder drei Forenmitglieder im Auge, die da sicherlich fundiertere Antworten oder zumindest fundiertere Spekulationen abgeben können ;)
 
Weinfurter ist noch von der alten Schule; auf explizite Verwandtschaftsgrade bei mittelalterlichen Königswahlen schauen ausschließlich Historiker des 20. Jahrhunderts, nicht jedoch die Zeitgenossen. Wipo umgeht da nichts und niemanden, sondern schreibt das, was seiner Meinung nach einen guten König ausmacht (Tüchtigkeit, Demut usw.). Dass nur die beiden Konrade zur Wahl standen hat vielleicht aber auch damit zu tun, dass nur sie sich zur Wahl stellten. Oder eben ganz banal damit, dass sie aufgrund ihrer Tüchtigkeit und Demut das höchste Ansehen besaßen.
Übrigens handelt es sich bei der Erhebung Heinrichs II. auch um einen Dynastiewechsel, da dieser mit seinem Vorgänger auch nur weitläufig verwandt war. Dazu gibt es auch schon einen guten Aufsatz von Steffen Patzold, der dir bei deiner Frage vielleicht auch helfen könnte. Hier habe ich das noch etwas genauer beschrieben:

http://www.geschichtsforum.de/465791-post41.html

Und ach ja, zu El Quijote: Was meinst du genau mit "herzoglichem Rang"? Meines Wissens war ja für moderne Historiker gerade das Überraschende, dass er keinen besonderen Rang oder besondere Güter besessen hatte.
 
Ich danke schonmal für eure Antworten.

Der spätere Konrad II. hatte keinen herzoglichen Rang, ich glaube bei Weinfurter das gelesen zu haben, dass er auf ein freies Herzogtum gewartet hatte um eingesetzt zu werden.

Wegen der Kandidatur der beiden Konrade heißt es ebenfalls in der Literatur, dass Wipo "extra die beiden Konrade gegeneinander antreten lässt" (Franz-Reiner Erkenz oder Hetwig Wolfram haben dies gesagt) ,um zu zeigen dass das Haus (Domus) der adeligen Salier so mächtig und deren Politik erfolgreich war. (Sie hatten unter anderem ja gegen Heinrich II. eine Fehde austragen müssen.)

Soll ich den Satz "extra gegeneinander antreten" so deuten, dass selbst dies nur gestellt ist? oder ist das nur eine kleine Anmerkung des Autoren, dass man nicht alles glauben soll?

Schließlich haben beide Konrade ja jenes Abkommen geschlossen, das die Königswahl entscheiden sollte. Und die Unterredung soll wirklich stattgefunden haben. Ist das nun eine Kontroverse, oder deute ich die Aussagen falsch?
 
Bei der Königswahl spielten sicher auch geblüts- und erbrechtliche Argumente eine bedeutende Rolle. Diese waren gewissermaßen die Voraussetzung, um überhaupt als König in Betracht zu kommen. Und diese Voraussetzung wurde von beiden Konraden über ihre Ur-Großmutter Liugard, die Tochter Ottos des Großen, bestens erfüllt.
Allerdings ist kaum anzunehmen, dass sich die Wähler von 1024 allein darauf beschränkt haben und lediglich auf Basis erbrechtlicher Gesichtspunkte ihre Entscheidung trafen.

Vielmehr muss man die besonderen Umstände nach dem Tod Heinrichs II. beachten. Dieser stirbt ohne Sohn und ohne für einen Nachfolger gesorgt zu haben, und setzt dazu noch die Kirche als seinen Erben ein. Ein "Tod von König und Königstum" musste also befürchtet werden, zudem Unruhe und Unfrieden - in einer Zeit, in der das Reich sowieso noch nicht gefestigt und stabil war.
Gerade Weinfurter hat nun ausführlich darauf verwiesen, dass es in dieser die Reichseinheit gefähdenden und als äußerst bedrohlich empfundenen Situation durchaus auch eine Vorstellung von den Eigenschaften und Qualitäten eines künftigen Königs gab und nicht nur strikt nach Erbrecht entschieden wurde.
Weinfurter hält fest, dass die Festigung der Einheit und auch ihre dauerhafte Gestaltung und damit auch eine über einen Einzelkönig greifende Konzeption von Königtum ein Bedarf der Zeit waren, und dass es sein könnte, dass solche Leistungen vor allem von den Saliern mit ihrem hochentwickelten Hausbewusstsein und ihrem modernen Herschaftsaufbau erwartet werden konnten.

Das Reich befand sich also in einer nicht unbedrohlichen Lage und Konrad traute man es wohl noch am ehesten zu, diese Lage zu meistern. Und wenn man Konrad als Person zu beurteilen versucht, so scheint dieser ja tatsächlich ein "Mann der Tat" mit außerordentlicher Entschlusskraft gewesen zu sein, der sich die Wahrung und Stärkung der Reichsrechte offenbar wie kaum ein zweiter König zum Ziel gemacht hat. Seine Wähler haben sich also nicht in ihm getäuscht.

Wenn man zudem tatsächlich das Bestreben hatte, die Reichseinheit dauerhaft zu festigen - mit der Betonung auf "dauerhaft" -, dann ist es nur folgerichtig keine einzelne Person, sondern ein ganzes Adelshaus mit der Königswürde zu betrauen.

Dass es nur gestellt sein soll, dass die beiden Konrade die einzigen oder letzten Kandidaten waren und schließlich in einem gemeinsamen Gespräch regelten, welcher Salier tatsächlich König wird, wäre mir neu. Die Meinung, dass dies tatsächlich so stattgefunden hat, scheint doch ziemlich eindeutig zu sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich denke nicht, dass Verwandtschaft mit dem Vorgänger eine "Voraussetzung" war. Zumindest was Heinrich II. angeht wurde seine Verwandtschaft zu Otto III. in den Quellen in einer Reihe mit seiner Verwandtschaft zu Karl dem Großen und Konrad von Burgund (!) gestellt und diese Verwandtschaft irgendwo in der Mitte zwischen zahlreichen anderen Gründen, die den Charakter und das Ansehen betrafen; eine besonders große Bedeutung hatte die unmittelbare Verwandtschaft zur Vorgängerdynastie nicht, zumal es diesen dynastischen Gedanken im zehnten und elften Jahrhundert noch gar nicht gab, so wie er heute besteht; immerhin gibt es auch in den damaligen Quellen keine Bezeichnung für das gesamte Königshaus. Mit "ottones" sind ausschließlich die drei Ottos gemeint; weder Heinrich I., noch Heinrich II. gehören dazu. Dieser dynastische Gedanke beganns ich erst ab Ende des 11. Jahrhunderts zu entwickeln.

Und noch etwas: Eine die Reichseinheit gefährdende Situation dürfte es nach dem Tod Heinrichs II. nicht gegeben haben, nur weil er die Kirche zu seinem Erben erklärt hatte; letzteres dürfte wohl eher auf seine privaten Güter bezogen worden sein. Und einen erbenlosen Tod hatte es 1002 auch schon gegeben, auch wenn man sich da noch nicht behelfen konnte. 1024 könnte man eher von der Situation nach dem Tod Heinrichs gelernt haben. Aber letztlich dürfte Weinfurter Recht haben, wenn er sagt, dass Charakter und Ansehen bei der Wahl des Königs von Bedeutung waren. In meinen Augen waren sie vielleicht sogar von größerer Bedeutung als das Erbrecht.
 
Unabhängig davon, ob die Situation die Reicheinheit nun tatsächlich gefährdete oder nicht, wurde dies von den Großen des Reiches zu dieser Zeit wohl zumindest befürchtet. So ist es auch zu erklären, dass man sich ungewöhnlich schnell nach schnellen Vorbereitungen schon zur Königswahl versammelte.

Und der Tod eines Königs ohne designierten Nachfolger war sicher keine unbedrohliche Situation, denn die Einheit des Reiches war immer noch an den König gebunden, der König war immer noch die zentrale integrative Kraft und von einer Stabilität des Reiches konnte noch immer keine Rede sein.
Dass Heinrich II. die Kirche als seinen Erben einsetzt, spielt dabei sicher nicht die entscheidende Rolle und wurde wohl auf seine privaten Güter bezogen, doch ist diese Handlung immerhin das Resultat seiner Vorstellung eines Zurückfließens seines Königstums zu Gott mit seinem Tod.

Es ist sicher richtig, dass Verwandschaft zu dem direkten Vorgänger keine Voraussetzung ist, aber trotzdem spielen erbrechtliche Argumente eine - bei Konrad II. und auch Heinrich II. letztlich sicher nicht entscheidende - Rolle, allein für das Ansehen eines Kandidaten. Eine Verwandschaft zum direkten Vorgänger muss nicht unbedingt vorliegen. Ganz ohne erbrechtliche Argumente, also ohne Abstammung herzoglich-adeliger Natur oder von zunächst Karl und Otto dem Großen stehen die Chancen aber sicher auch nicht gerade gut.
 
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