Das Pferd in Amerika/prä- und postkolumbianisch

silesia

Moderator
Teammitglied
Weil derzeit über Dissertationen und Verrisse debatiert wird: ein praktisches Anschauungsbeispiel, wie sich Dissertationen dem Diskurs zu stellen haben.

Es fängt harmlos:
Universität Fairbanks/Alaska. Keine schlechte Adresse in bestimmten Fächern. Online gut präsent. Professionell.

Ein massiver Streit tobt indessen "ums Pferd". Zwei Facetten:
1. ist es als "einheimisch" zu schützen. Naturschutzrechtlich wird darum verbissen in den USA gekämpft.
2. Stimmen die mündlichen Überlieferungen und Sagen, die indigene Bevölkerung habe das Pferd schon immer gekannt und als Nutztiert gehalten? Überlieferungen müssen stimmen? Was dagegen spricht, ist angeblich mainstream, Geschichte der Einwanderer und Sieger, evt. sogar rassistisch?

In dem Spannungsfeld entsteht eine Arbeit, von Yvette "Running Horse" Collin.
Der Name ist Programm.*
The relationship between the indigenous peoples of the Americas and the horse: deconstructing a Eurocentric myth
Die Promotionskommission breit besetzt:
Raymond Barnhardt, Ph.D., Committee Chair
Beth Ginondidoy Leonard, Ph.D., Committee Co-Chair
Theresa Arevgaq John, Ph.D., Committee Member
Marco A. Oviedo, Ph.D., Committee Member
Michael Koskey, Ph.D., Department Chair
Todd Sherman, M.F.A., Dean, College of Liberal Arts
Michael Castellini, Ph.D., Dean of the Graduate School

Und die Arbeit stößt auf Widerspruch (von konträren paleogenetischen Studien mal ganz abgesehen):
Pseudoarchaeological claims of Horses in the Americas - Archaeology Review

Wissenschaftliche Realität. 2017. Und nicht aus irgendwelchen Schmuddelecken.

_________
Für das Interesse:

Abstract: ~ deepL
Dieses Forschungsprojekt zielt darauf ab, die Geschichte des Pferdes in Amerika und seine Beziehung zu den indigenen Völkern in diesen Ländern neu zu schreiben.

Obwohl die westliche Wissenschaft zugibt, dass das Pferd aus Amerika stammt, behauptet sie, dass das Pferd während des letzten Gletschermaximums (vor etwa 13.000 bis 11.000 Jahren) auf diesen Kontinenten ausgestorben ist. Diese Version der "Geschichte" stammt von spanischen Konquistadoren und anderen frühen europäischen Entdeckern die Wiedereinführung des Pferdes in Amerika und ihre indigenen Völker.

Viele Indianer behaupten jedoch, dass sie "immer das Pferd hatten" und dass sie lange vor der Ankunft der Spanier gut etablierte Pferdekulturen hatten. Bis heute wurde "Geschichte" von westlichen Wissenschaftlern geschrieben, um ein eurozentrisches und koloniales Paradigma widerzuspiegeln. Das traditionelle Wissen (TK) der indigenen Völker Amerikas und alle Informationen, die im Widerspruch zu der akzeptierten westlichen akademischen Ansicht stehen, wurden allgemein ignoriert, gezielt ausgeschlossen oder neu konfiguriert, um dem akzeptierten akademischen Paradigma zu entsprechen.

Obwohl die etablierte Wissenschaft und die westliche Wissenschaft diese Native TK (Traditional Knowledge) bisher nicht bestätigen konnten, zeigt dieses Forschungsprojekt, dass es keinen Grund gibt - weder wissenschaftlich noch anderweitig -, warum dieser traditionelle Native Anspruch nicht als wahr angesehen werden sollte.

Die Ergebnisse dieser Arbeit kommen zu dem Schluss, dass das indigene Pferd des amerikanischen Kontinents die "Eiszeit" überlebte und die ursprünglichen Völker dieser Kontinente eine Beziehung zu ihnen hatten, von der pleistozänen Zeit bis zur Zeit des "First-Contact". In dieser Untersuchung werden Critical Indigenous Research Methodologies (CIRM) und Grounded Theory (GT) zusammen verwendet, um die Geschichte des Pferdes in Amerika zu dekonstruieren und zu rekonstruieren, um interkulturelle Übersetzungen, die TK vieler indigener Völker, westliche wissenschaftliche Beweise und historische Aufzeichnungen einzubeziehen.

Diese Dissertation deutet darauf hin, dass die neueste Technologie in Kombination mit der Anleitung und Information unserer indigenen Völker die Macht hat, die Geschichte des Pferdes in Amerika auf eine Weise zu rekonstruieren, die unvoreingenommen und genau ist. Dies wird neue Möglichkeiten für die Wissenschaft als Ganzes eröffnen und sowohl die einheimischen als auch die nicht-nationalen Gemeinschaften stärken.


Es ist immer suboptimal, wenn das Ergebnis schon feststeht, und die Arbeit auf Biegen und Brechen Nachweise bringen muss.
Pseudoarchäologie. Pseudopaleogenetik. Publiziert. Promoviert.
 
:eek:Obwohl die etablierte Wissenschaft und die westliche Wissenschaft diese Native TK (Traditional Knowledge) bisher nicht bestätigen konnten, zeigt dieses Forschungsprojekt, dass es keinen Grund gibt - weder wissenschaftlich noch anderweitig -, warum dieser traditionelle Native Anspruch nicht als wahr angesehen werden sollte. :confused:
Also das ist schon krass an der Grenze zu Pseudowissenschaft-heißt es doch nichts weniger als dass wir nicht bewiesene Behauptungen als wahr ansehen sollen nur weil sie ins Konzept einer bestimmten Weltsicht passen. Wenn so was in Fairbanks (das übrigens ein nettes Museum auf dem campus hat mit einem riesigen ausgestopften Grizzly) für ne Promotion reicht schreib ich mich auch dort ein:cool:
Wie wir wissen tauchen Abbildungen von Pferden und Reitern ja in Massen auf Petroglyphen und Abbildungen der präkolumbischen Idianerkulturen Mittel und Nordamerikas auf ,;)Über die genetik müsste das doch abschließend zu klären sein
 
Über die Genetik ist das derzeit nach ganz herrschender Meinung zurückgewiesen.
Es gibt - soweit ich das sehe, ich habe jedenfalls in den aktuellen Publikationen nichts gefunden - keinen Paleogenetiker, der die Auffassungen stützen würde.

Lesenswert ist die Rezension, die die Thesen komplett auseinander nimmt.

Ich habe das auch nur als Anschauungsbeispiel gepostet, da derzeit eine kritische Debatte über den Sinn hochkritischer Rezensionen von Dissertationsschriften im Forum lief.

Die zur Promotion angenommene Arbeit war für mich als solche irrelevant, mich interessierte nur die Führung der kritischen Diskussion (und mich würde brennend das Disputationsprotokoll interessieren).
 
Wie wir wissen tauchen Abbildungen von Pferden und Reitern ja in Massen auf Petroglyphen und Abbildungen der präkolumbischen Idianerkulturen Mittel und Nordamerikas auf ,;)Über die genetik müsste das doch abschließend zu klären sein
Vorsicht, manche Petroglyphen sind schwer zu datieren, vor allem solche, die über längere Zeiträume immer wieder ergänzt wurden. Da hängt die Datierung dann auch stark von den Inhalten ab. Wenn also jemand aus nativistischen Gründen ablehnt zu akzeptieren, dass das Pferd erst nach 1492 wieder in den Amerikas eingeführt wurde, wird er auch die Datierung von Zeichnungen (etwa im Crow Canyon in New Mexico) als postpräkolumbisch (;)) nicht akzeptieren. Dass Plainsindianer, lange bevor ein Mitglied ihres Stammes auch nur einen Europäer zu Gesicht bekam, bereits Pferde züchteten und ritten, ist dabei kein Widerspruch. Es müssen nur Cortés oder Narváez, den "Pilgervätern" etc. ein paar Pferde abhanden gekommen sein, deren Nachfahren dann als Mustangs, lange vor der Expedition der Herren Lewis und Clark den Weg zum Pazifik suchten, bereits zu den Plainsindianern gekommen waren und von ihnen geritten wurden. Da es präkolumbianischen Handel zwischen Perú und Mexiko und zwischen Mexiko und Ostkanada gab, wird auch die Information geflossen sein, dass diese großen, grasfressenden Hunde (apropos, es wäre mal zu untersuchen, wie das Pferd in den betreffenden Indianersprachen heißt, ggf. lassen sich auch daher Rückschlüsse ziehen, auf welchen Verbreitungswegen das Pferd woher wohin verhandelt wurde) sich gut als Reittiere eignen, weil man das bei Spaniern oder eben Kolonisten der nordamerikanischen Ostküste abschaute.
 
Dass Petroglyphen in postkolumbischer Zeit fortgeführt und ergänzt wurden ist ja allgemein bekannt
in dem Zusammenhang sind dann auch schon mal (europäische) Reiter mit Hut oder Helm dargestellt worden-und dass spanische Pferde ausgebüxt sind (darunter wohl etliche von den über 1500 Tieren der Coronado-Expeditionen) ist auch unbestritten Das Amercan Saddlebred Horse soll von diesen Ausreissern abstammen und bereits um 1600 soll sich zumindest eine grosse Herde gebildet haben-also zu einer Zeit , in der die westeuropäischen Länder erst erste dauerhafte Kolonien an der Ostküste zu gründen begannen
Ebenso unbestritten ist dass sich die Kulturen der Reiternomaden in den Plains erst Ende des 18. Jahrhunderts zu voller Blüte entwickelten
Narrative Traditionen soweit sie sich nicht auf konkret definierte Zeitpunkte beziehen sind kaum zeitlich zu erfassen sind -schon immer bedeutet da i,d,R,.vor 3 Generationen

Was mich interessieren würde wäre aus welchen Motiven heraus eine solche Arbeit zur Promotion zugelassen und auch noch ernsthaft diskutiert wird,
 
Zuletzt bearbeitet:
Nicht ganz so, wie ich gedacht habe, aber trotzdem interessant und zumindest die Überlieferung, dass Pferde erst wieder von den Europäern eingeführt wurden, bestätigend.

Das aztekische Cahuayoh geht auch ziemlich deutlich auf span. caballo zurück (und ist damit wahrscheinlich mit unserem Klepper verwandt). Navajo Łį́į́ʼ wird wohl eher nicht auf eine europäische Sprache zurückgehen.
 
Also das ist schon krass an der Grenze zu Pseudowissenschaft-heißt es doch nichts weniger als dass wir nicht bewiesene Behauptungen als wahr ansehen sollen nur weil sie ins Konzept einer bestimmten Weltsicht passen.
Das ist mir zu stark formuliert. Ich sehe hier nur eine schwächere Aussage: Eine nicht bewiesene (das müsste sogar noch definiert werden) Aussage soll nicht als wahr angesehen werden, sie soll nicht automatisch abgelehnt werden.

Was ist denn eine Wissenschaftliche Aussage und wann ist die Verwendung von "wahr" angemessen?

Für mich ist eine Aussage wissenschaftlich, wenn sie überprüfbar ist, ggf. unter genannten Randbedingungen. Die Überprüfung kann dann aufgrund bereits gemachter Beobachtungen oder eines noch durchzuführenden Experiments geschehen. Die Überprüfung kann ein ja oder ein nein zur Antwort haben oder auch eine gewisse Wahrscheinlichkeit. In einer wissenschaftlichen Arbeit gehören dabei Angaben zur Unsicherheit dazu, so kann eine Aussage z.B. lauten "Es gibt eine universelle Expansion des Universums. Eine stärkere Form der Aussage könnte zusätzlich einen Zahlenwert angeben, z.B. H0 ≈ ( 72 ± 8 ) km / s / Mpc.

Für die Frage nach praekolumbischen Pferden in Nordamerika könnten jetzt notwendige und hinreichende Bedingungen formuliert werden und diese Bedingungen dann mit Daten und Fragestellungen diskutiert werden. Die einzelnen Punkte können dann z.B. von einer Prüfungskommission bewertet werden und am Ende hätten wir ein Ergebnis, wie die Kommission eine Doktorarbeit einstuft. Diese Ergebnis könnte dann auch ggf. von einer zweiten Kommission überprüft werden.
 
Weil derzeit über Dissertationen und Verrisse debatiert wird: ein praktisches Anschauungsbeispiel, wie sich Dissertationen dem Diskurs zu stellen haben.
..
Pseudoarchäologie. Pseudopaleogenetik. Publiziert. Promoviert.

"Acknowledgements

This work is dedicated to the Creator of all life, the Ancestors, and to the next seven generations.
It is my prayer that this work honors you ...

Wopila (a deep thank you) to:

My husband and my children, for your love and your willingness to change your lives to support
this vision;
Nakota Wind, Cheyenne Faith, and the rest of my four-legged relatives ... you have taught me
about faith, truth, and the circle of life;"


Super Anfang.. :D:D

Es gibt ja wohl Branchen wo man einen "Doktor" braucht um überhaupt eine Arbeit zu finden.
Das ist das eigentlich Traurige.
 
Solwac das seh ich in diesem Falle anders
hier haben wir ja im Vorfeld bereits vorliegende Erkenntnisse aus der Evolutionsbiologie und Paläogenetik , die der aufgestellten These zuwiderlaufen bzw. diese geradezu ausschließen und hier offenbar aus was für Gründen auch immer ignoriert werden
Wäre so ähnlich wie wenn man das geozentrische Weltbild aufgrund alter Quellen als gegeben unterstellen würde ohne die "aktuellen" Erkenntnisse zur Heliozentrik zu berücksichtigen
 
Dass es vor 1492 Pferde in Amerika gegeben hat, steht ja außer Frage.
Nach dem derzeitigen Stand sind diese irgendwann nach der letzten Eiszeit verschwunden.

In der Arbeit wird dieser Aspekt auf 4 (vier!) Seiten zu den genetischen Studien abgehandelt, mit zwei Argumenten:
1. es sei vom mainstream „nicht richtig“ nach Gen-Spuren der älteren Population , die laut überlieferter Geschichten, Traditionen, Bräuche bis nach 1492 vorhanden sei, gesucht worden.
2. das Verschwinden der Prä-1492-Population sei durch das millionenfache Abschlachten und Exportieren derselben ab 1492 zu erklären.
 
Das hat jetzt nichts mit dem Pferd zu tun, aber auf S. XIV lesen wir (als Zitat) eine absurde Behauptung, die auch hier im Forum schon mal vogetragen wurde, nämlich dass Kolumbus sich nicht mit Indien vertan hätte sondern dass Indios eine Kontraktion vom spanischen Ausdruck Leute in Gott sei:

The other arguable explanation [for the selection of this term] was Columbus’s use of the
term “una gest in Dios” or “a people in God” which was reduced to “Indios” for everyday
usage by the Spaniards and later was further changed to "Indian" as the word moved
north. And what’s more we hear that in 1492 Columbus could not have thought he had
reached the Indies because at that time there was no Indies, but they instead were called
Hindustan.
Das ist leicht zu widerlegen:

Ich hab mal extra naiv gefragt, weil ich dachte im Geschichtsforum weiß man mehr.

...Man sagt, der Begriff "Indianer" sei abgeleitet von "Inder", weil Christoph Columbus fälschlich glaubte, er sei in Indien gelandet: Doch Christoph Columbus wusste nichts von Indien, denn zu seiner Zeit wurde das Land am Ganges Hindustan genannt. Christoph Columbus schrieb, dass die Menschen die er dort antraf "ein Volk in Gott", "una gentre en dio" sind. Aus "en dio" wurde das spanische "Indio". Im englischen wurde "Indians" daraus, wovon das deutsche Wort "Indianer" abgeleitet wurde. Konfusion herrscht im englischen Sprachraum, weil die englische Sprache keinen Unterschied zwischen einem Inder und einem Indianer kennt.

Was soll man glauben?
Zunächst einmal ist -stan eine persische Silbe, die soviel wie 'Land' oder 'Heimat' bedeutet. Sie ist erst relativ spät in den Wortschatz der europäischen Sprachen eingeflossen. Zum anderen war natürlich Plinius mit seiner Naturalis Historia über das Mittelalter bekannt, der darin auch von India spricht. Auch im Mittelalter, z.B. im Brief des Priesterkönigs Johannes an den Kaiser von Byzanz (der in Wirklichkeit wohl aus dem deutschen Reich stammte und dem Papst zugespielt wurde), ist auch von India die Rede. Ebenso in der Milione, dem Reisebericht des Marco Polo dessen 154. Kapitel mit Qui conincia tutte le maravigliose cose de l'India ("Hier beginnen all die wunderbaren Dinge Indiens") überschrieben ist.
Nicht zuletzt darf man nicht vergessen, dass Kolumbus als Genuese das /h/ allenfalls aus dem Südspanischen kannte, wo es damals noch gesprochen wurde (sofern es von im Lateinischen mit /f/ anlautenden Etyma stammte), also von seinen Matrosen, nordspanisch, italienisch und portugiesisch hätte er das /h/ phonetisch nicht gekannt.
Zum dritten schau mal in die Karten: Die Weltkarte der Schedelschen Weltchronik von 1493 zeigt ein India intra Ganges (Indien mit dem Ganges, der indische Subkontinent) und ein India ex Ganges (Indien jenseits des Ganges, Indochina). In der Ebstorfer Weltkarte findest du nur ein großes I und einen Pergamentflicken, aber am Rand ist der Oceanus als Indicus verzeichnet.Letzteres basiert natürlich auf der Erdbeschreibung Isidors von Sevilla, aus dessen Etymologien, der meistabgeschriebenen Schrift im Mittelalter mit Ausnahme der Bibel.

Schlussfolgerung: Das ganze Mittelalter kannte den Begriff India und auch in Kolumbus' wichtigster Quelle (eben den Reisen des Marco Polo) taucht dieser Begriff in dieser Form auf. Ergo gibt es keinen Grund an der Darstellung, dass Kolumbus die Kariben und Taínos als Indianer bezeichnete, weil er dachte, dass er in Asien gelandet sei - zumal er selbst in seinem Diario de a bordo selbst von Indien und vom Großkhan schreibt.

Das ist wirklich Blödsinn. Im Tagebuch von Kolumbus spricht er eindeutig an verschiedenen Stellen von "las Indias" als das Land und von "los indios" als dessen Bewohner, aber nirgendwo davon, dass diese ein Volk "in Gott" gewesen wären. Wäre ja noch schöner, schliesslich hat er gleich einige davon entführt und mitgenommen.

http://es.wikisource.org/wiki/Diario_de_a_bordo_del_primer_viaje_de_Cristóbal_Colón:_texto_completo

Das Zitat enthält ja einen auffälligen Schreibfehler - statt "gente" steht dort "gentre. Ich habe vorhin in der Form danach gegoogelt - in allen Sprachen 13.500 Ergebnisse... Allerdings eingegrenzt auf Ergebnisse nur in deutscher Sprache: 11.700....

Aha, es hat also mal ein Vollpfosten was aufgeschnappt und auf seine Webseite gesetzt - und viele, viele weitere [...] haben es abgeschrieben. Und alle halten es für die reine, lautere Wahrheit, weil: stand doch so auf der oder jener Seite.

Um es sehr erhellend gegenüberzustellen:
"una gentre en dios"
alle Sprachen: 13.500 Ergebnisse
deutsch: 11.700 Ergebnisse

"una gente en dios"
alle Sprachen: 414 Ergebnisse
deutsch: 300 Ergebnisse.

Allein daran ist schon zu sehen, wie seriös das ist und wie ernst das genommen werden sollte...

Hätte Yvette Running Horse Collin doch einfach mal in ein kleines deutsches Forum geschaut, da war 2013 schon mit einfachsten Mittel widerlegt, was sie 2016 in ihrer Dissertation veröffentlichte.
 
Solwac das seh ich in diesem Falle anders
hier haben wir ja im Vorfeld bereits vorliegende Erkenntnisse aus der Evolutionsbiologie und Paläogenetik , die der aufgestellten These zuwiderlaufen bzw. diese geradezu ausschließen und hier offenbar aus was für Gründen auch immer ignoriert werden
Wäre so ähnlich wie wenn man das geozentrische Weltbild aufgrund alter Quellen als gegeben unterstellen würde ohne die "aktuellen" Erkenntnisse zur Heliozentrik zu berücksichtigen
Diese vorliegenden Erkenntnisse sind doch nicht absolut oder sakrosankt. Wenn eine andere Schlussfolgerung gezogen wird, dann müssen diese entgegen stehenden Erkenntnisse halt diskutiert werden. Und wenn es grundsätzliche Probleme gibt, dann muss diese Diskussion umfangreicher geführt werden bis hin zu dem Punkt, dass die eigenen Details zurück gestellt werden müssen um erst die Grundsatzzdiskussion zu führen. Wenn es jetzt also Belege für Pferde in Nordamerika vor einigen tausend Jahren gibt, dann müsste eine postulierte Überlieferungskette die Lücke zwischen diesen letzten Belegen und Kolumbus schließen. Sei es durch Diskussion der Jahreszahl des Verschwindens, neuen Funden mit einer späteren Datierung oder einer Diskussion wie die Überlieferung in Geschichten und Mythen die Zeit ohne Pferde im Alltag überbrücken konnte.

Dieses Vorgehen sollte eine Prüfungskommision prüfen können.
 
Sei es durch Diskussion der Jahreszahl des Verschwindens, neuen Funden mit einer späteren Datierung oder einer Diskussion wie die Überlieferung in Geschichten und Mythen die Zeit ohne Pferde im Alltag überbrücken konnte.

Vor einigen Jahren habe ich mich mal mit den Mythen der Hopi (Südwesten der USA) beschäftigt. Da kamen Flugzeuge ebenso drin vor, wie Menschen verschiedener Herkünfte, etwa der Mythos von der Erschaffung der Menschen. Danach habe der Schöpfer den Menschen aus Mais gebacken, dabei habe er den Menschen mal zu lang im Ofen gelassen (daher die Schwarzen) oder zu kurz (daher die Weißen), erst nach zahlreichen Versuchen habe er den Menschen zum richtigen Zeitpunkt aus dem Ofen genommmen, so, dass er nicht zu dunkel und nicht zu bleich war: die ersten Hopi.

Dieser Mythos hat sicherlich seine alten Schichten, nämlich, dass der Schöpfer den Menschen aus Maismehl im Ofen gebacken hat. Die verschiedenen Hautfarben können aber eigentlich erst postkontakt in den Mythos gekommen sein, ebenso die Flugzeuge. Trotzdem sind die Hopi (oder waren es 1960) sich sicher, dass dies ihre überlieferten Erzählungen seit Anbeginn der Zeit seien. Insofern wären indianische Mythen als Quelle, so sie nicht schriftlich oder bildlich überliefert sind (und die Überlieferung am besten taq 1491), äußerst problematisch.
 
Diese vorliegenden Erkenntnisse sind doch nicht absolut oder sakrosankt.
Darum geht es nicht.
Du kannst in einer Diss vorliegende Erkenntnisse selbstverständlich in Frage stellen.
Dafür ist aber zunächst erforderlich, den Forschungsstand und vorliegende Erkenntnisse umfassend darzustellen und zu untersuchen, bevor Du etwas in Zweifel ziehst.

Um kurz die Basis zu skizzieren:
1. nach den genetischen Erkenntnissen (Genentwicklung etc,) besteht eine Präsenzlücke prehistorischer Pferde in den Americas mindestens von mehreren Jahrtausenden - Sachverhalt 1 -
2. keine Analyse von Pferde-DNA ab 1500 liefert Hinweise auf die ausgestorbene Population, sondern sämtlich auf die ab 1492 importierte Population - Sachverhalt 2 -

Gegenargumente

1. die Forschungen seien selektiv und manipuliert, weil nach Spuren nicht gesucht worden seien. Kein Nachweis erfolgt für diese These.
2. zeitgenössische mündliche Überlieferungen, deren zeitlicher Rückbezug unklar ist, werden als authentisch bis vor 1492 bezogen. Kein Nachweis außer Analogieschlüssen.
3. Beeinflussung der Mythen ab 1492 durch von ElQ beschriebene "Einträge" wird ausgeschlossen. Keine Begründung.
4. die unbelegte Hypothese einer Ausrottung der ursprünglichen - angeblich 1492 noch existenten - Population wird auf die Ausgangshypothese aufgetürmt.

Das Ergebnis einer Arbeit interessiert weniger, als der Weg dorthin. Oder anders: die Meinungsbilder des Autors interessieren bei der wissenschaftlichen Bewertung weniger als die Darstellung des Forschungsstandes und der professionelle Gang der Untersuchung.

Auch in Beurteilungen kann der Gutachter mit Positionen des Autors nicht konform gehen, völlig konträr liegen, dagegen den Forschungsbeitrag und Diskurs loben.
 
@silesia Volle Zustimmung. Hier beim Pferd scheint der Stand der Forschung weder diskutiert worden zu sein noch entspricht die Darstellung der These wissenschaftlichen Standards zu folgen. Das hätte die Prüfungskommission monieren müssen. Ich bin nur über @zaphodB.s Aussage gestolpert. Die Wissenschaftlichkeit einer Arbeit hängt für mich weniger an der Aussage und mehr am Umgang. Es ist ja möglich, eine gut formulierte These unwissenschaftlich zu behandeln. So etwas wäre in meinen Augen aber für Dissertation nicht passend.
 
Das Problem, was ich darüber hinaus an der Diss. sehe, ist, dass die Autorin den völlig legitimen Fokus auf die Geschichtssicht der indigenen Bevölkerung und ihr Anstemmen gegen die Marginalisierung einer solchen Geschichtssicht durch eine mehrheitlich von nichtindigenen bestimmten Geschichtssicht mit ihren naiven und pseudowissenschaftlichen Argumentation einen Bärendienst erweist. Also die indigene Geschichtssicht nicht stärkt, sondern vielmehr durch leicht als solchen zu entlarvenden Unsinn, Argumenta ad antiquitatem (Verweis auf die indianischen Überlieferungen) und Mutmaßungen schwächt.
 
Ich stimme Euch beiden auch zu.
Mit der Attitüde wurde eine an sich beachtenswerte Chance versemmelt.

Ursprünglich hatte ich das aber eingestellt, um ein Beispiel für zugespitzt kritischen Umgang mit der publizierten Schrift zu zeigen.
 
In den Indianer-Sprachen wurde wohl eine Bezeichnung heiliger Hund für das Pferd benutzt:

Sacred Dog – Wikipedia

Hmpfffff. Der verlinkte Artikel ist allerdings einer, für den Tante Wiki sich ganz fürchterlich doll schämen muß... Ganze zwei Beispiele - L/N/Dakota und Comanche - letzteres sogar noch beleglos! Ich mein, so bei gut über 1000 indigenen Sprachen ist das ja überwältigend viel.

Der Artikel hatte übrigens einen noch schamvolleren Vorgänger zum Lemma "Zauberhund" (ogottogottogott - würg), der so besch....eiden aufgestellt war, daß er ruckzuck in den Orkus geschoben wurde - Kommentar: hier zu löschen, eignet sich für die Kinder-Wikipedia.

Die Neuauflage macht es nicht besser, da eines der eingeflossenen -äh: Werke (siehe Literaturliste) von einem gewissen Donald Panther-Yates stammt, der sich völlig zu Unrecht ua als Cherokee ausgibt/ ausgab und mit der indigenen Nummer ua seiner Firma aufhelfen möchte, die Gentests an die Kundschaft bringen will, mit denen sie der Kundschaft deren ethnische Abstammung nachweisen können wollen... Hatten wir hier auch schon mal alles im Forum (mit dem war dieser [...] Agusto angehüpft gekommen...).

Und nein, so pauschal kann das nicht gesagt werden, von wg "bei den Indianern hieß es". Dafür sind die Sprachen und auch die Kulturen zu unterschiedlich.

Bezüglich der Diss: Ja, sowas ist bedauerlich. Menschlich immerhin verständlich bei Personen, die Ethnien angehören, die jahrhundertelange Verfolgung hinter sich haben, deren Kulturen heute noch gering geschätzt werden etc. Das ist sozus der Pendelausschlag in die zweite Richtung (die erste ist die rassistische Rezeption dieser Kulturen und der ihnen angehörenden Menschen durch "domcult" - die dominant culture). Dem Namen und dem Dankeschön in der Widmung nach würde ich die Autorin bei den Lakota verorten; da ist also ein Interesse gegeben, die eigene Ethnie nicht so blöd aussehen zu lassen. Wobei dann ein erhebliches Stück übers Ziel hinausgeprescht wurde. So eine Diss wird allerdings auch mal angenommen, wenn der Doktorvater so ein "alter weißer Mann" ist, der sich nicht traut, Wissenschaft dagegen zu halten. Allerdings wäre es auch durchaus eine Diss wert, diesen Pendel-Gegenausschlag mal zu untersuchen, den es im übrigen ja nicht nur im Bereich Native American Studies, sondern auch bei den Black Studies gibt.
 
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