Das Reich von Kusch

Andronikos

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Die Ursprünge

In Napata in der Nähe des 4. Nilkataraktes am Fuße des heiligen Gebel Barkal, wo schon die Pharaonen des Neuen Reiches Tempel bauen ließen, entstand um 780 v. Chr. das Reich von Kusch. Dessen erster Herrscher war Alara (780-760), er ist uns jedoch nur aus späteren Quellen bekannt, über die Größe seines Reiches und seine Politik lässt sich daher wenig sagen, die Südgrenze lag vermutlich in der Gegend des heutigen Karthum.. Sein Bruder und Nachfolger Kaschta (760-747), tritt da schon deutlicher hervor. Er erobert Assuan und Elephantine und ist damit der erste kuschitische Herrscher, der in Ägypten bezeugt ist. Sein Sohn Pije (747-716) ist schon Herr über Oberägypten bis nach Theben. Etwa im Jahr 727 v.Chr. reagiert er auf die expansiven Bestrebungen des Tefnacht von Sais und dringt bis nach Unterägypten vor, dort nimmt er die Unterwerfung aller damaligen ägyptischen Kleinkönige entgegen und zieht sich daraufhin nach Napata zurück, was bald darauf zum erneuten Chaos in Ägypten führt.

Die 25. Pharaonendynastie

Sein Bruder und Nachfolger Schabaka (716-702), dringt 713 erneut bis ins Delta vor und lässt Bokchoris, den Nachfolger Tefnachts, verbrennen. Daraufhin krönt man ihn zum Pharao, er wird damit zum Begründer der 25. Dynastie. In kultureller Hinsicht beginnt damit eine Zeit der Renaissance. Der ägyptisch/sudanesische Raum ist unter ihnen letztmalig vereint. Sein Nachfolger wird sein Neffe, der Sohn des Pije Schabataka (702-690). Das bedeutenste Ereignis während seiner Herrschaft ist eine Schlacht gegen Sanherib von Assyrien (701) in Palästina. Das vereinte Heer aus ägyptischen und lokalen Truppen wird besiegt. Sein Nachfolger Taharqa (690-664) ist der bedeutenste Herrscher der Dynastie. Seine Bautätigkeit ist überall in Ägypten und Kusch bezeugt. Allerdings wurden in seiner Regierungszeit die Assyrer immer mächtiger, ohne die nubische Heermacht wäre Ägypten zweifellos noch eher ihr Opfer geworden. Einem ersten assyrischen Vorstoß auf ägyptisches Kernland 674 konnte Taharqa noch begegnen und die Assyrer wieder vertreiben. 3 Jahre darauf griffen die Assyrer erneut an und eroberten das alte ägyptische Machtzentrum Memphis. Die Assyrer konnten sich im Norden Ägyptens behaupten, Taharqa musste sich nach Theben zurückziehen. Die im Norden eingesetzten ägyptischen Fürsten scheinen allerdings nicht zuverlässig gewesen zu sein. 669 marschiert Assarhaddon erneut in Ägypten ein, er erkrankt jedoch und stirbt. Taharqa nutzt diese Situation und dehnt seinen Einfluß erneut auf Unterägypten aus. 667/66 wird er von Assurbanipal, Assarhaddons Nachfolger, erneut geschlagen und zieht sich bis nach Napata zurück. Assurbanipal rückt bis Theben vor. Doch als die assyrischen Truppen Ägypten verlassen, wenden sich dessen Fürsten wieder Taharqa zu. In der Folge werden sie nach Ninive verschleppt, Ägypten ist nun assyrischer Vasallenstaat. Taharqas Nachfolger Tanwetamani (764-756) kann nochmals bis ins Delta vorrücken, wo er den assyrischen Vasallenherrscher Necho schlägt. http://www.sennefer.de/tempel/nubien/Traumstele.htm
Doch die Assyrer antworten sofort, erobern Memphis zurück und rücken bis Theben vor, das gründlich geplündert wird. Tanwetamani behauptet sich bis 756 noch in Teilen Oberägyptens, danach ist er noch bis 753 weiter Herrscher über Kusch. Sein Pyramidengrab befindet sich in El Kurru.
Die Herrscher der 25. Dynastie, mit Ausnahme des Taharqa, ließen sich in der Nähe von Napata auf dem Friedhof von El Kurru in Pyramiden bestatten. Taharqa begründete einen neuen Friedhof in Nuri, der auch in der Folge von den Kuschitenherrschern genutzt wurde.

Die Napatanische Periode des Reiches von Kusch

Die Nachfolger Tanwetamanis in Kusch nannten sich in der Tradition der Pharaonen der 25. Dynastie weiterhin Herrscher von Ober-und Unterägypten, dies war allerdings ein bloßer Titel ohne tatsächliche Macht in Ägypten.
Von Tanwetamanis Nachfolgern Atlanersa (653-643) und Senkamanisken (643-623) ist wenig bekannt. Sie bauten Tempel in Napata und wurden in Nuri in Pyramiden bestattet.
Anlamani (623-593) errichtete in Kawa, wo schon Tut-Anch-Amun einen Tempel für Amun errichtet hatte, eine Stele, die die starke Stellung der Königmutter bezeugt und von Feldzügen gegen Nomaden berichtet. Der Nachfolger von Anlamani wurde sein Bruder Aspelta (593-568). Aushackungen seines Namens und Brandschichten sprechen für eine Unterbrechung der regulären Thronfolge. Aspelta ist als Bauherr von mehreren Tempeln bezeugt, eine Statue von ihm zeigt ihn in der Tradition der kuschitischen Pharaonen der 25. Dynastie. Pharao Psammetich II. führt ca. 593 einen Feldzug gegen Kusch, währenddessen ägyptische Truppen vermutlich bis nach Napata vorstießen, ohne jedoch eine dauerhafte Kontrolle über Kusch zu gewinnen. Der Feldzug scheint das Reich von Kusch trotzdem stark getroffen zu haben. Über Aspeltas Nachfolger ist außer ihren Namen und Grabstätten nichts weiteres bekannt.
Erst die Zeit Irikemananote (431-405) ist wieder deutlicher. Als sein Vorgänger Talakhamani starb kam es zu einer Revolte der Wüstenbewohner. Man einigte sich auf den 41 jährigen Irikemananote, der den Aufstand niederschlug. Danach wurde er in Napata gekrönt und trat seine Krönungsreise zu den verschieden Amuntempeln des Landes an.
Auch vom übernächsten Herrscher Harsiotef (405-469) ist eine große Stele aus seinem 35. Regierungsjahr gefunden worden. Sie berichtet vom Bau von Tempeln, der Niederschlagung von Aufständen und einem Feldzug, bei dem Elephantine in Südägypten erreicht wurde. Außerdem geht aus dem Bericht hervor, das Unternubien unter ihm wieder zum Kuschitenreich gehört.
Der letzte bekannte König der napatanischen Epoche ist Nastasen (335-315). Auch von ihm fand man eine Stele mit dem üblichen Text, von seiner Auswahl als König, der Krönung, der Krönungsreise und im zweiten Teil seinen Feldzügen. Einer führte ihn auch nach Ägypten, vermutlich gegen den Führer des Aufstandes in Oberägypten gegen die Perserherrschaft. Der Hieroglyphentext der Stele spricht durch viele Fehler für ein Fremdheit der ägyptischen Sprache - in der Folge entsteht ein eigenes meroeitisches Alphabet, das leider bis heute nicht entschlüsselt werden konnte.
Nach Nastasen verließen die Herrscher von Kusch die Hauptstadt Napata und den Friedhof von Nuri zugunsten der neuen Hauptstadt Meroe. Napata blieb allerdings religiöses Zentum des Reiches, die folgenden 3 Herrscher wurden direkt am gebel Barkal in Napata begraben, bis auch der Königsfriedhof nach Meroe verlegt wurde.

Der Friedhof von Nuri: http://www.dignubia.org/maps/timeline/bce-0525.htm
Kuschitische Königsliste: http://kemit.club.fr/cartouches_pharaons/page_cartouches/souverains_de_napata_.htm
Überblick über Napata: http://www.dainst.org/medien/de/virtnil_05k.jpg
Gebel Barkal in kuschitischer Zeit: http://www.learningsites.com/GebelBarkal-2/GB-index.htm
und heute: http://www.dignubia.org/maps/timeline/img/b1540b-gebel-barkal-view.jpg



Die Meroeitische Epoche von Kusch folgt...
 
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Die meroitische Epoche des Reiches von Kusch - Das Reich von Meroë
(ca. 275 v. Chr.-330 n.Chr.)


Die Unkenntnis der meroitischen Schrift macht die Quellenlage in dieser Zeit schwierig, oft weiß man näheres über die Regierungszeit der jeweiligen Herrscher, wenn überhaupt, nur aus griechischen, später dann römischen Quellen. Das Grenzgebiet zu Ägypten bildete in dieser Zeit das Zwölfmeilenland (Dodekaschoinos), ein Gebiet südlich von Philae, in dem auch der Zugang zu den Goldminen von Wadi Allaqi lag. Dieses Gebiet wurde von einem der letzten ägyptischen Pharaonen, Nektanebos I., dem Isis-Tempel von Philae geschenkt. Meist war dieses Gebiet ägyptisch und bildete eine Art Puffer zum Reich von Meroë. Ab etwa 300 v.Chr. war das Ptolemäerreich der nördliche Nachbar von Kusch, damit kam es in den Kontakt zum hellenistischen Kulturkreis.

Der erste bedeutende Herrscher von Meroë war Arkamani I. (ca. 275-260), auch Arqamaniko, auf griechisch Ergamenes. Mit einem Feldzug sicherte sich Ptolemaios II. 274 das Dodekaschoinos, ein Philon unternimmt eine Prospektionsreise nach Meroë, vermutlich um die Möglichkeiten des Fangs von Elefanten zu untersuchen. Arkamani I. begann den Bau des Tempels von Dakka in Unternubien.
Arkamanis Pyramide.
von den folgenden Herrschern ist wieder sehr wenig bekannt. Die wichtigeren:

Amanislo (ca. 260-250) Granitlöwe von ihm
Arnekhamani (235-218)
Adikhalamani (200-185), Baubeginn am Tempel von Debod, der heute in Madrid steht.
Schanadakhete (170-150) Pyramide mit Kapelle
Taneyidamani (100-75 oder 110-90)

kurzer Abriß der Konflike mit dem Ptolemäerreich:
Nach dem Sieg Ptolemaios II. 274 v. Chr. gehörte das Dodekaschoinos zunächst wieder zu Ägypten. Als in Ägypten jedoch 206 ein Aufstand gegen die Ptolemäer losbricht, nehmen die Kuschiten Unternubien wieder in Besitz. Ihre Bautätigkeit, wie die von Adikhalamani in Debod bezeugt dies. 197-189 ist sogar Elephantine in Südägypten in ihrer Gewalt. Ptolemaios V. kann jedoch den Aufstand in Ägypten niederwerfen und die ägyptischen Gebiete zurückerobern. Sein Nachfolger Ptolemaios VI. erobert Unternubien zurück (um 157) und erweitert das Zwölfmeilenland zum Dreißigmeilenland (Trikontaschoinos), zu ungunsten des kuschitischen Besitzes in Unternubien. 91 bricht unter Ptolemaios X. erneut ein Aufstand in Ägypten aus, Unternubien geht daraufhin erneut an Meroe verloren.

Ab dem Jahr 30 v.Chr. herrschte Rom über Ägypten. Cornelius Gallus der erste römische Präfekt von Ägypten, führte 29 v.Chr. einen Feldzug nach Unternubien, er empfing Gesandte aus Meroë und setzte einen meroitischen tyrannos über das Dreissigmeilenland ein. Nominell gehörte es also zu Meroë aber nur unter einem Herrscher von Roms Gnaden. 25/24 v. griffen die Meroiten Philae, Elephantine und Syene an. Die Römer begegneten diesem Angriff mit einem Gegenschlag. Geführt wurden die Meroiten von einer Kandake (=Königsmutter), von der man annimmt, es handele sich um Amanischakheto (41-12 v.C.) (in ihrer Pyramide fand man einen berühmten Schatz, der heute in den Museen von Berlin und München zu sehen ist.) Die Römer gewannen zwar die Schlacht bei Dakka, doch waren die 21/20 v.C. auf Samos ausgehandelten Friedensbedingungen günstig für Meroë. Rom verzichtete auf das Dreissigmeilenland und beanspruchte nur das Zwölfmeilenland für sich. Es folgte eine lange Friedenszeit, in der wechselseitig Gesandschaften und Geschenke ausgetauscht wurden. In Kunst und Baukunst zeigen sich nun auch in Meroë römische Einflüsse, was sich u.A. am "römischen Kiosk" von Naqa zeigt. Unter König Natakamani und seiner Königin Amanitore (ca. 1-20) herrscht rege Bautätigkeit, besonders in Naqa wo der Löwentempel erbaut wird.
Kaiser Nero plante einen Feldzug und schickte dafür Kundschafter los (64-68), unklar ist wie weit südlich sie vordringen konnten. Zu einem Feldzug kam es nie.
Die nächsten 2 Jahrhunderte sind sehr arm an Quellen. In der lateinischen Literatur wird Meroë ein mystisches Wunderland. Das Zwölfmeilenland wird im 2. Jahrhundert vermutlich von Meroë annektiert. 298 verlegt Kaiser Diokletian die Grenze auch offiziell zurück nach Assuan. Doch nicht lange danach zerfällt das Reich von Kusch in die 3 Königreiche Nobatia (vom 1-3. Nilkatarakt; Hauptstadt Faras), Makuria (vom 3. Katarakt bis etwa nach Meroe; Hauptstadt Dongola) und Alodia (südlich von Meroe bis südlich des Zusammenfluss von weißem und blauem Nil; Hauptstadt Soba). Man nimmt heute an, dieser Zerfall resultierte aus der Überbeanspruchung der natürlichen Grundlagen durch die Eisenverhüttung - die Abholzung für die Holzkohlegewinnung hat massiv zur Verwüstung des Kernlandes um Meroe geführt.
Doch auch noch 450 griffen Truppen aus Nobatia wiederum Ägypten an. Sie wurden 453 von General Maximianus geschlagen, der Geiseln nahm. Als Maximinus bald darauf starb, überfielen sie Philae erneut und befreiten die Geiseln.
Besonders der Tempel von Philae an der Südgrenze Ägyptens war auch für die Kuschiten ein großes Pilgerzentrum. Vermutlich deshalb blieb dieser Tempel für lange Zeit der letzte heidnische Tempel im Römischen Reich. Erst 535/537 beendete Kaiser Justinian hier gewaltsam den Kultbetrieb für Isis. In der Folge setzte sich das Christentum auch in den kuschitischen Königreichen durch.

Von 780 v.Chr. - 330 n.Chr. bestand dieses wohl langlebigste Reich Schwarzafrikas. Kunst und Kultur waren zunächst stark ägyptisiert. Doch als die Kuschitenherrscher aus Ägypten vertrieben wurden, konnte sich in Kusch selbst eine nun viel stärker afrikanisch gepägte Kultur herausbilden. Das innerlich gefestigte Reich konnte sich auch gegen übermächtige Gegner wie das Römische Reich behaupten und diente damit als Vermittler von afrikanischen Waren in den Mittelmeerraum.

Links:
Liste der Kuschitenkönige: http://home.arcor.de/aegypten22/nubien/nubkoenige/nubtabelle.html
Karte der wichtigsten Orte im Reich von Kusch:
http://home.arcor.de/aegypten22/nubien/nubkarte/nubstaedte.html
Die Götter:
http://home.arcor.de/aegypten22/nubien/nubsons/nubmyth.htmlhttp://www.orientalistica.ru/eng/resour/meroe/map.gif
die sogenannte "Venus von Meroe":
http://www.jacobins.mairie-toulouse.fr/expos/pharaons/francais/legende/pm36_leg.htm
"Stadtplan" von Meroe:
http://www.digitalegypt.ucl.ac.uk/nubia/meroe.html
Pyramiden von Meroe:
http://www.catchthepig.co.uk/images/pics/photo_album_1/images/090503/pyramids_at_meroe.jpg
Meroitisches Alphabet:
http://library.thinkquest.org/22845/art/meroit.jpg

Quellen:
Kemet 3/2002 und 1/2003 und verlinkte Internetseiten.
 
Hast recht, den Link hatte ich vergessen. :hoch:


Noch ein paar Buchtips:
Friedrich W. Hinkel, "Auszug aus Nubien", Akademie Verlag (1978)
-beschreibt den Abbau nubischer Tempel infolge des Assuanstaudamms, geht darüberhinaus auf die Geschichte Nubiens ein und schildert den Aufbau des Nationalmuseums in Khartum
-im Antiquariat oder bei eBay relativ preiswert erhältlich

Dietrich Wildung, "Sudan - Antike Königreiche am Nil, 1996
z.B. bei amazon : http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3803030846/erwinssammelsuri/028-9778637-5373318
 
Wenn man das so liest, scheinen weder Assyrer und Perser noch Ptolemäer oder Römer wirklich echtes Interesse an der Eroberung von Kusch gehabt zu haben. Scheint ihnen viel zu schwer zum Kontrollieren gewesen zu sein, zumal Kusch ressourcentechnisch nicht mehr das war, was im Neuen Reich gewesen ist: Das Goldland schlechthin. Oder täuscht das ?
 
Den Römern hat es wohl gereicht, an ihrer Südflanke (nach den ersten Konflikten) einen befreundeten Staat zu haben, der die Grenzen nicht gefährdet. Es ist ja von keiner Seite eine bedeutende Aggression ausgegangen. Zudem sollte man sich das Grenzgebiet einmal näher betrachten. Wo es in Ägypten noch einen oft kilometerbreiten Streifen bewässerten Landes gibt, ist in Unternubien kaum noch Fruchtland vorhanden. Größere Truppenkonzentrationen zu versorgen dürfte in diesem Gebiet nicht einfach gewesen sein.

Für Assyrer und Perser wäre durch eine Eroberung von Kusch die Gefahr einer Grenzüberdehnung zu groß gewesen sein, da gab es für beide naheliegendere Ziele. Man muss auch das Problem einer späteren Verwaltung des Gebietes sehen. Einen Vasallenherrscher zu kontrollieren, der seine Hauptstadt am Südrand der Sahara hat, ist ohne ständige eigene Truppenkonzentrationen in dem Gebiet auf Dauer unmöglich.

Darüberhinaus hatten sowohl Perser als auch Ptolomäer als Fremdherrscher mit fast permanenten Aufständen in Oberägypten zu tun. Mit diesen Problemen in Ägypten konnte man sich nicht noch um Kusch kümmern - und dann die ägyptischen Aufständischen im Rücken haben.

Hier mal eine kleine Karte, die die Lage von Kusch im Vergleich zum Römischen Reich und dem Partherreich verdeutlicht: http://www.washburn.edu/cas/history/stucker/MeroeInflMap.jpg

Thema Ressourcen:
Der Goldabbau war noch in Betrieb (ist er mit viel geringeren Ausbeuten bis heute), die damaligen Fördermengen lassen sich schwer ermitteln. Vermutlich war tatsächlich nicht mehr soviel zu holen wie noch im Neuen Reich (der 100 kg schwere Goldsarg ist nur aus einem kleinen Teil des Goldes gefertigt worden, das allein in einer Kampange unter Tut-Anch-Amun in Nubien als Tribut eingetrieben wurde). Allerdings bezeugen der Grabschatz der Amanishakheto und andere Funde, dass auch die Könige von Kusch mit großem Prunk bestattet wurden.

Außerdem war Meroë ein großes Zentrum der Eisenverhüttung und war damit sicherlich auch für Ägypten von großer Bedeutung, das keine bedeutenden Eisenlagerstätten/ Eisenindustrie hatte. Eisen, klingt vielleicht banal, war es damals aber gar nicht.
 
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Andronikos schrieb:
Eisen, klingt vielleicht banal, war es damals aber gar nicht.
Das mit großer Sicherheit. Im Grab Tut-Anch-Amuns fand man einen einzigen Dolch aus Eisen. Dieser war so kostbar, dass er dem König mit in die Mumienbinden gewickelt wurde. So als ob es sich um ein wichtiges Amulett handeln würde. Eisenwaffen waren eine überlegene Technologie und daher von enormer Bedeutung. Ja man darf wohl Eisen mit dem Wert von Gold vergleichen.
 
Wobei der Dolch Tut-Anch-Amuns vermutlich aus dem Hethiterreich kommt, wo zu dieser Zeit die Eisenverhüttung erfunden wurde. Eisen war zu Tut-Anch-Amuns Zeiten - es ist Bronzezeit! - noch ein göttliches Metall, da man bis dahin nur als Kometeneisen kannte, welches von den "Göttern gesandt" war.

Die meroitische Eisenzeit ist da später anzusetzen, etwa ab 600 v. Chr.
 
Der Niedergang des Reiches

Unter Natakamani, der in den ersten 20 Jahren nach Christus über das Reich von Meroe herrschte, wurde noch überall im Reich gebaut, das meroitische Reich befand sich in seiner Blüte. Die Südgrenze des Reiches lag unter ihm vermutlich etwa bei Malakal (dazu diese Karte). Aber schon unter ihm gibt es Zeichen eines beginnenden Niederganges. So wurden zwei 7 Meter hohe und 30 Tonnen schwere Statuen des Königs zwar bis zum Tempel von Tebo auf der Nilinsel Argo hintransportiert, dem archäologischen Befund nach allerdings nie aufgestellt (1972 wurden sie nach Khartum transportiert und dort vor dem Nationalmuseum aufgestellt,
http://www.sudan-embassy.co.uk/images/pics/arch.jpg
In den folgenden 3 Jahrhunderten beobachtet man einen ständigen Rückgang in der meroitischen Kunst und Kultur. Der Handel geht zurück und verlagert sich zum günstig am Roten Meer gelegenen Königreich Axum im heutigen Äthiopien. Mitte des 4. Jahrhunderts fällt der axumitische König Ezana mit einer Expedition den Atbara (einem Nilnebenfluß) entlang nach Meroe ein und vernichtet das schon geschwächte Reich. Die Nachfolge treten zunächst eine Reihe kleiner Fürstentümer entlang des Nils an, in der Wissenschaft werden diese unverbindlich X-Gruppe genannt. Um 400 bilden sich dann die 3 Königreiche Nobatia, Makuria und Alodia/Alwa aus.


Link, Nationalmuseum in Khartum:
meroitische Löwenskulpturen aus der Zeit von König Amanikhabale (50-40 v. Chr.), vom Tempel von Basa im Eingangsbereich des Museums
http://p.vtourist.com/1160704-Museum_entrance-Khartoum.jpg
http://www.sudan-embassy.co.uk/images/pics/museum.jpg
 
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Wenn man das so liest, scheinen weder Assyrer und Perser noch Ptolemäer oder Römer wirklich echtes Interesse an der Eroberung von Kusch gehabt zu haben.
Ist zwar lange her, aber ich habe jetzt gelesen, dass Herodot von einem Kriegszug des Kambyses gegen Kusch berichtet. Zum Wahrheitsgehalt dieser Erzählung kann man jedoch nichts sagen. Der archäologische Beweis für die Existenz dieses Eroberungsversuches steht aus.
 
Leider ist dieser Thread auch schon etwas älter, allerdings sind die antiken Reiche im Sudan mein selbsterwähltes Lieblingsthema. Ich hoffe daher, man wird mir meinen Wiederbelebungsversuch nicht krumm nehmen :)

Beim Lesen der (im Übrigen sehr gut recherchierten) Beiträge von Andronikos ist mir aufgefallen, dass die breite Öffentlichkeit davon auszugehen scheint, der "Startschuss" zur Staatenbildung am Mittleren Nil wäre in Napata gefallen. Das ist so nicht ganz richtig. Bereits um 3000 v. Christus entstehen in der Umgebung des heutigen Kerma, etwas südlich des 3. Kataraktes, erste befestige Siedlungen. Wir haben es hier mit einer sehr afrikanisch geprägten Kultur zu tun, deren Bevölkerung in kleinen Rundhütten lebte und v.a. Ackerbau und Viehzucht betrieb. Man spricht hier von der sogenannten "Prä-Kerma - Zeit" (oder Pre-Kerma Period, da es im Grunde nur englisch- bzw. französischsprachige Literatur zum Thema gibt).

Gegen Ende des ägyptischen Alten Reiches (um 2500 v.Chr.) entwickelte sich aus besagter Dorfkultur ein Königreich mit einer urbanen Siedlung in der Nähe des bereits erwähnten Kerma als Zentrum. Dieses in ägyptischen Texten bereits mit "Kusch" titulierte Reich stellte für nahezu 1000 Jahre lang einen militärisch und wirtschaftlich ernstzunehmenden Nachbarn für das Pharaonenreich dar, bis es schließlich von den ägyptischen Herrschern der 18.Dynastie überrannt wurde.

Es folgten mehrere hundert Jahre unter ägyptischer Kolonialherrschaft, bis aus den Scherben des 1. Königreichs von Kusch (manchmal auch als "Königreich von Kerma" bezeichnet) schließlich das bereits erwähnte 2. Königreich von Kusch (oder "Reich von Napata") entstand.


Die Stadtanlage von Kerma wird seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts von Charles Bonnet (Genf) und in jüngster Zeit von Matthieu Honnegger (Neuburg) ausgegraben. Es handelt sich um die älteste, archäologisch erfasste urbane Siedlung auf dem afrikanischen Kontinent außerhalb Ägyptens. Architektonische Evidenzien legen nahe, dass die Kerma-Kultur sozusagen ein Schmelztiegel verschiedenster Einflüsse aus Nord und Süd war. Während sich Lehmziegelarchitektur mit Ähnlichkeit zu ägyptischen Bauten findet, waren auch Rundhütten aus Holz weit verbreitet. Die verschiedenen Baustile wurden auch gerne kombiniert, z.B. in einer Rundhütte auf Lehmziegel-Fundament, die wohl als Audienzsaal diente.

Über die religiösen Vorstellungen sowie die Staatsform des Reiches von Kerma ist uns leider nichts bekannt, da man hier keine Schrift kannte. Äußerst interessant sind allerdings die großen Tumuli, in denen Herrscher und hochrangige Beamte bestattet wurden. In manchen dieser Tumuli finden sich mehrere hundert Skelette, die gewaltsam zu Tode kamen. Offenbar praktizierte man in Kerma Menschenopfer, evtl. sogar rituellen Königsmord.

Erst vor Kurzem habe ich in einem Buch über das Königreich Buganda (wo man rituellen Königsmord praktizierte) einen Verweis auf rituellen Königsmord im Sudan der Neuzeit gefunden. Leider konnte ich bisher keine näheren Infos ausgraben - sollte also jemand Näheres wissen, würde ich mich über Rückmeldung sehr freuen :)

LG
Die_Schweigende
 
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