Das Untier von Rhodos, Wahrheit oder Legende

Ehrlich gesagt kenne ich diese Sage gar nicht so detailliert und ausgeschmückt, aber ganz allgemein ist im Gebiet der Sagen und Legenden der Kern ja oft sehr klein und mit viel Phantasie eingepackt - daß da wirklich ein Drache existierte, glaubt ja vermutlich eh niemand? Was würdest Du denn als Tatsache und was als reine Erfindung vermuten?
 
Naja das der Drache nicht als Drache existierte ist ja mal klar (Was eine Formulierung :D). Also ich kann die Sage ja einmal kurz zusammenfassen: In der Amtszeit des Großmeisters Helion de Villeneuve soll ein Drache in dem düsteren Tal Malpasson oder in einer Höhle des Berges St. Stephano gehaust haben. Der edle Ritter Dieudonne de Gozon soll eines Tages den Großmeister gebeten haben den Drachen zu erlegen. Dieser lehnte aber ab, da schon mehrere Ritter bei diesem Versuch gestorben waren. Daraufhin soll de Gozon in seine Heimat Languedoc gereist sein und habe dort mithilfe einer Drachenattrape sein Pferd und zwei Jagddoggen abgerichtet haben. Als er soweit war kehrte er nach Rhodos zurück und erlegte den Drachen nach einem langen Todeskampf. Als der Großmeister das erfuhr war er garnicht erfreut, wie erwartet, sondern züchtigte den Ritter wegen seiner Ungehorsamkeit. Später versöhnen sich die beiden aber wieder und die Einwohner von Rhodos sind begeistert. Die Moral von der Geschichte sollte wohl die jungen Johanniter belehren, dass der Gehorsam auch bei vermeindlich guten Taten, die zur Verteidigung der Christenheit beitrugen nicht aufgegeben werden darf.

So, dass zu der Legende. Ich denke mal diese moralischen Anklänge sind sicher inszeniert worden, demnach nicht wahr. Aber die Art wie der Kampf gegen den Drachen geführt wird ( Hunde spielen eine wichtige Rolle) ist so spezifisch, dass ich mir nicht so gut vorstellen kann das es sich um ein Ereigniss handelt, welches "alle paar Tage mal passierte". Auch, dass der Ritter so bekannt war, er war schließlich später der neue Großmeister, lässt darauf schließen, dass es sich nicht nur um irgendeine "Nullachtfufzehn-Legende" handelte.

So dass mus ersteinmal reichen ;)
 
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Allerdings kann es nicht ohne menschliches Zutun dorthin gekommen sein, das nächste (damalige) natürliche Vorkommen war das Nildelta. Eine Riesenschlange oder eine großer Waran scheiden aus, da gibt es erst südlich der Sahara bzw. in Südostasien potentielle Kandidaten.

Na ja, wenn man die damaligen Handelsverbindungen zwischen Mittelmeer,dem Orient und Südostasien berücksichtigt, dann könnten mit menschlicher Hilfe auch eine Python oder ein Komodowaran auf die Insel gekommen und dort ausgebüxt sein.
Würde auch eher zum Drachenthema passen,denn Krokos müßten den Rhodesiern eigentlich aus dem nahen Ägypten bekannt gewesen sein.
Auch die Aufenthaltsorte des Tieres (Höhle und Felsschlucht ) sprechen eigentlich gegen Krokodielen.

Interessant ist die Herkunft des drachentöters aus dem Languedoc.Dort und in der Provende gibt es nämlich sagenhafte Drachen am Fließband.Den Tarasc in Tarascon, und auch Beaucaire,Arles , Narbonne und noch einige andere Städtlein haben so ein Vieh in irgend einer lokalen Legende.
dagegen hat Nimes hat ein Kroko im Wappen ,das aber auch immer als Krokodil bezeichnet wurde.
 
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Auch die Aufenthaltsorte des Tieres (Höhle und Felsschlucht) sprechen eigentlich gegen Krokodile.
Nicht unbedingt. In Mauretanien gibt es Nilkrokodile, einige tausend km vom Nil entfernt. Diese leben in der Trockenzeit in unterirdischen Löchern, in denen sie warten, bis es wieder regnet.
 
@elQuijote, wobei allerdings Mauretanien noch weiter von Rhodos entfernt ist als Ägypten. Aber wenn ich recht verstanden habe, hauste der Drache ja eher in einer Gebirgsgegend, also untypisch für Krokos.
Das grundlegende Problem ist doch: Wenn man Krokodile kannte, warum sollte man sie dann als so was exotisches wie Drachen bezeichnen ?.
 
Das grundlegende Problem ist doch: Wenn man Krokodile kannte, warum sollte man sie dann als so was exotisches wie Drachen bezeichnen ?.

Naja, vielleicht hat de Gozon ein überdurchschnittlich großes (aufgrund der äußeren Umstände) Krokodil erlegt, welches die Rhodosier bereits eine lange Zeit plagte. Dann kam er zurück in die Stadt und ein unbeteiligter Reisender bekam die Aufregung mit, dieser kannte vielleicht noch keines dieser exotischen Tierchen und machte daraus einen mächtigen Drachen. Diese ich will es mal Übertreibung nennen mindert die Tat des Ritters meiner Meinung nach aber keineswegs.

Das sind zwar alles Spekulationen, aber sie erklären diese Frage eigentlich ganz gut.
 
Im Bericht des Michael Heberer "Aegyptiaca Servitus", der End des 16. Jh. drei Jahre als Sklave auf einer osmanischen Galeere verbrachte, findet sich auch eine Erwähnung des Ungeheuers von Rhodos. Zitat: " Aber ein anderes Wunder erblickte ich mit eigenen Augen, am Seetor, bei dem Hafen an eisernen Ketten aufgehängt war ein gräuliches Drachenhaupt zum Gedächtnis an einen mannhaften Rhodiserritter , der auf seinem mutigen Pferd mit zwei abgerichteten Hunden das grimmige Ungetüm erlegte und Tuesserpent, das ist ,Drachentöter genannt und 1344 zum Großmeister der Rhodiserritter erwählt wurde, wie ich nachher in Malta lesen konnte".
Der Drachenkopf war demnach noch unter der osmanischen Herrschaft über die Insel zu sehen. Heberer kannte aber auch Nilkrokodile von seinem Aufenthalt in Ägypten. Der Kopf eines Nilwarans, der in mittelalterlichen Beschreibungen ,wie die von Felix Fabri, als Salamander bezeichnet wurde, ist meines Erachtens nach nicht als Ungeheuer geeignet. Besonders sein nicht sehr großer Kopf dürfte über dem Seetor kaum zu sehen gewesen sein. Ebenso ist das Haupt einer Riesenschlange nicht sehr stattlich. Kommodowarane leben nicht in Höhlen und brauchen ein tropisches Klima. Ich könnte mir eher vorstellen, dass der tapfere Ritter den Schädel einer urzeitlichen Echse in der Höhle gefunden hat.
 
Ein versteinertes Dinoskelett wäre natürlich auch eine Möglichkeit, nur dürfte das kaum in Gänze erhalten geblieben sein und der Fundort Höhle passt da auch nicht ganz.Außerdem soll das Vieh ja vorher die Gegend terrorisiert haben und im Wege einer gezielten Jagdaktion zur Strecke gebracht worden sein. Das spricht eigentlich gegen ein zufällig aufgefundenes Dinohaupt.
 
Ziehen wir die Geschichte doch mal von der anderen Seite auf. Die Kreuzfahrer sind aller Orten auf dem Rückzug. Letzte Bastion im Nahen Osten (relativ) ist Rhodos, welches immer wieder von den Türken angegriffen wird. Die Kreuzzugsidee ist ziemlich tot und der Großmeister der Johanniter steht vor der schwierigen Aufgabe, Ritter zu bewegen, nach Rhodos zu kommen. Was macht er also? Er weckt den Jagdinstinkt der Herren Ritter, indem er die Geschichte von einem Drachen verbreiten lässt und erhofft sich so, zumindest zeitweise die Reihen der Johanniter mit Kämpfern auffüllen zu können. Und für diese ist das Angebot ja auch reizvoll: Eine Jagdtrophäe, von der man nur träumen kann, möglicherweise ginge das Untier auch ins Fammilienwappen ein und wäre mehr als nur heraldischer Schmuck...
 
@El, an dieser These ist was dran. Ganz sicher hat es auf Rhodos weder einen großen Waran noch irgendwelche großen Krokodile oder sonst ein vergleichbares Tier gegeben.
 
Wäre natürlich auch eine Variante,aber wo kam dann das mehrfach bezeugte Drachenhaupt her ? Irgend ein Vieh müssen sie dafür ja hergenommen haben.
Und durften geistliche Ritter eigentlich so dreist Lügen erfinden ? :scheinheilig:
 
Sehe ich ähnlich. Ich meine diese ganze Sache, wie der "Drache" erlegt wurde und so, das kann ja erfunden sein. Aber woher nimmt man dann den Kopf, ich meine ganz blöd waren die ja auch nicht damals, also könnte man da nicht einfach eine Stoffpuppe hinhängen =).
 
"bei dem Hafen an eisernen Ketten aufgehängt war ein gräuliches Drachenhaupt zum Gedächtnis an einen mannhaften Rhodiserritter"

Da fällt mir doch noch eine andere Theorie ein. Wenn dieser Text aus dem Original kommt, der Wortlaut also identisch mit dem originalen Bericht ist, dann lese ich da zum Gedächtnis . Das könnte also auch bedeuten, dass es sich um beispielsweise eine Steinskulptur handelt, die als Mahnmal am Hafen angebracht wurde um die Kraft, Stärke usw. der Ritter dem angreifendem Feind nochmal ins Gedächtnis zu rufen. Oder dieses Werk spielt auf eine Sage, an die schon lange auf der Insel kursiert und ein Bildhauer hat sich dann ein Herz gefasst und drauflosgebildhauert ;).
 
Irgend ein Vieh müssen sie dafür ja hergenommen haben.
Ja, irgendein Vieh wird es gewesen sein.
In Europa hielt die fossilen Schädel der ausgestorbenen Höhlenbären für Drachenköpfe. Die Chinesen hielten sogar die keineswegs gigantischen Knochen des Peking-Menschen, besser bekannt als homo erectus, für medizinisch verwertbare Drachenknochen.
Wer sagt eigentlich das Drachen Reptilien sind? Das ist doch nur so ein Vorurteil der moderner Fantasy.
Dinosaurier kannte ohnehin niemand. Anatomische Kenntnisse waren nicht sonderlich weit verbreitet. Man kann so gut wie jeden Schädel eines großen Tieres als Drachenhaupt präsentieren.:grübel:
 
drauflosgebildhauert
Stimmt, holzgeschnitzt oder in Bimsstein gearbeitet und angemalt oder noch besser mit Tierhaut bezogen müßte auch ausgereicht haben. Und da wären der Fantasie dann keine Grenzen gesetzt gewesen.Und der Propagandaeffekt wäre enorm gewesen.
 
"bei dem Hafen an eisernen Ketten aufgehängt war ein gräuliches Drachenhaupt zum Gedächtnis an einen mannhaften Rhodiserritter"

Da fällt mir doch noch eine andere Theorie ein. Wenn dieser Text aus dem Original kommt, der Wortlaut also identisch mit dem originalen Bericht ist, dann lese ich da zum Gedächtnis .

Mich verwundert bei dem Bericht des Michael Heberer ,dass er sich in seinem Text sehr häufig über angebliche Wunder, lustig macht. Er macht mir einen sehr aufgeklärten Eindruck und als Protestant war er ohnehin nicht besonders wundergläubig. Den Drachen schildert er aber als Tatsache, ohne den geringsten Zweifel anzumelden.
 
Arnold von Harff, der 1494/95 eine Reise in den Orient und dann noch einen nach Santiago de Compostela unternahm, war für acht Tage auf Rhodos. Er berichtet sehr detailliert über die Befestigungsanlagen (Menge der Türme, Breite der Mauern und Gräben), dass 500 Johanniter auf Rhodos stationiert seien, listet Reliquien auf, die sich in der Kathedrale befinden und erzählt vom vergangenen Erdbeben, dessen Spuren noch überall zu sehen seien und vom Vogel Strauß, der seine Eier "mit sijnem scharpen gesicht" ausbrütet und - wie er erzählt bekommen habe - "ouch waert ir gesaicht sij verdeuweden stayll ind ijser, des ich aber neit gesiene en hain..." Er berichtet über die Unterschiede von Griechen und Türken auf Rhodos, aber nichts über unser Ungeheuer. Aber eine solche Geschichte hätte sich Harff nicht entgehen lassen. Die Pilgerfahrt des Ritters Arnold ... - Google Bücher S. 69 - 74.
 
Auch Felix Fabri ,der um die gleiche Zeit einen Pilgerbericht schrieb, erwähnt den Drachen mit keiner Silbe. Vielleicht wurd erst später dieser besagte Kopf über dem Tor angebracht. Michael Heberer war 100 Jahre später als Harff und Fabri auf Rhodos.
 
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