Das Weltbild Japans vor der "Entdeckung"

askan

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Ist eigentlich überliefert, welche Vorstellungen die Japanaer über die Welt hatten, bvor die ersten "Gaijins" übers Meer kamen?

Glaubten sie die Welt wäre eine Scheibe? Oder wussten sie ähnlich wie China das es weit im Westen einige exotische Länder gab?

Und wie verarbeiteten sie die Erkenntnis, das die Welt wesentlich grösser ist?

Ich habe gehört, das der Shugon, nachdem er von dem Briten, von Mexiko usw. erfahren hat plante eine Flotte zu bauen um auch in Amerika sein Banner zu pflanzen. Ich stelle mir gerade vor wie die Geschichte Lateinamerikas verlaufen wäre, wenn das Shogunat dort mitgemischt hätte. *Würden wir es Nippoamerika nennen?*
 
Wer waren denn die ersten Gaijins? Die Mongolen im 13. Jhd (mit denen man sich allerdings imho kaum unterhalten hat), noch früher landende chinesische Händler oder ist der Begriff für Europäer reserviert?
Ich habe gehört, das der Shugon, nachdem er von dem Briten, von Mexiko usw. erfahren hat plante eine Flotte zu bauen um auch in Amerika sein Banner zu pflanzen.
Kann ich mir nich vorstellen. Seit dem 14. Jhd war in Japan politisches Chaos. Wenn es einen Shôgun gab, hatte der andere Sorgen als eine Invasion Amerikas. Erst Tokugawa Iesayu war mWn. wieder ein wirklich mächtiger Shôgun und mit ihm begann die Isolation Japans, sodass ich mir solche Pläne von ihm nicht vorstellen kann.
 
Mit erste Gajins meinte ich die Portugiesen.


Iesayu war es, der eine Überseeflotte plante, obwohl durch ihn das Inselreich in die Isolation geriet.
 
In Noel Perrins „Japans weg zurück zum Schwert“ steht, dass ein Italiener den kulturellen Stand der Japaner im 16. Jhd dem seiner Heimat als überlegen ansieht. Dies zeigt sich u.a. am Alphabetisierungsgrad, der Japan wohl Weltspitze darstellte. Ich halte daher eine kuglige Vorstellung von der Welt in japanischen Köpfen als nicht europäischen Ursprungs an. Toyotomi Hideyoshi hatte Pläne Korea, China und die Philippinen zu erobern (in dieser Reihenfolge), was ihm einen Zusammenstoß mit den Spaniern eingebracht hätte, welchen er vermutlich bestanden hätte (gleiche Quelle). Pläne für Amerika habe ich dort nicht gefunden.
 
In Noel Perrins „Japans weg zurück zum Schwert“ steht, dass ein Italiener den kulturellen Stand der Japaner im 16. Jhd dem seiner Heimat als überlegen ansieht.


Bedenken muss man, dass Europäer damals gern Stereotype prägten, da sie neue Länder besonders für die Handelskompanien attraktiv machen wollten und daher oft das rhetorische Superlativ bemühten. Den überlegenen kulturellen Stand wirst du oft in Verbindung mit neu entdeckten Gebieten finden, so auch bei Japan. Aber ganz für bare Münze darf man das nicht nehmen. Im zivilisatorischen Stand der Zeit brauchten wir Europäer sicherlicher keine Minderwertigkeitskomplexe im Vergleich mit Fernost bekommen. Besonders die ital. Jesuiten waren und sind bekannt für ihre Übertreibungen und kulturellen Überhöhungen während der Frühen Neuzeit, womit sie verstärktes Interesse wecken wollten und so der Dringlichkeit der Missionierung mehr Ausdruck geben wollten.

Ich halte daher eine kuglige Vorstellung von der Welt in japanischen Köpfen als nicht europäischen Ursprungs an.


Ich fürchte genau so war es aber dennoch. Die Japaner hatten konsequent das Weltbild der Chinesen übernommen, also die Vorstellung einer runden Scheibenwelt. Durch den Kontakt mit den Europäern und besonders den besagten Jesuitenpatern verbreiteten sich die europäischen Kenntnisse der Welt in Fernost. Großen Einfluss hatte hier Matteo Ricci, der die Chinesen über die tatsächliche Verteilung der Landmassen und über die Kugelform aufklärte. Von ihm aus verbreiteten sich die geografischen Kenntnisse der Europäer in ganz Fernost.

http://de.wikipedia.org/wiki/Matteo_Ricci

Toyotomi Hideyoshi hatte Pläne Korea, China und die Philippinen zu erobern (in dieser Reihenfolge), was ihm einen Zusammenstoß mit den Spaniern eingebracht hätte, welchen er vermutlich bestanden hätte (gleiche Quelle). Pläne für Amerika habe ich dort nicht gefunden.


Da möchte ich aber massive Bedenken anmelden. Zunächst hätten die Japaner die Philippinen mit einer Invasionsstreitmacht zur See erreichen müssen. Aber für ihren Schiffbau waren die Japaner nicht gerade berühmt. Während Toyotomis Invasionsversuch in Korea (Imjin-Krieg 1592–1598) wurde die japanische Flotte dreimal von der chinesisch-koreanischen Flotte unter dem Befehl von Yi Sunsin vernichtend geschlagen, die Japaner gewannen kein einziges Mal. Die europäischen Kriegsschiffe waren aber noch sehr viel stärker und schneller als die Chinas und Koreas. Schon mit einer kleinen Flotte aus Galeonen oder Karacken hätte die Spanier jeden Invasionsversuch einer fernöstlichen Macht leicht abwehren können.

Und wenn die Landung dennoch geglückt wäre, dann hätten die Japaner ein noch viel größeres Problem gehabt: die Philippinen waren bereits zur Festung ausgebaut worden und das nach dem modernsten Stand der europäischen Festungstechik. Eine Befestigungsart die für die jap. Kriegstechnik schlicht unüberwundbar gewesen war. Nicht nur, dass die Japaner nichteinmal ansatzweise über die nötige Artillerie verfügten, sie hätte die Festungen belagern müssen. Dazu hätten sie regelmäßig Nachschub aus Japan holen müssen, wo wir wieder bei dem Problem der Seeüberlegenheit der Spanier wären. Von einer offenen Feldschlacht zwischen Spaniern und Japanern ganz abgesehen, da hätte sie nur eine zahlenmässige Überlegenheit anführen können, denn kriegstechnisch hätte es wieder schlecht für die Japaner ausgesehen. Vom spanischen Nachschub an Kriegsleuten ganz abgsehen.

Zur Festung Manila, welche seit 1571 ausgebaut wurde:

http://de.wikipedia.org/wiki/Fuerza_de_Santiago
http://www.aenet.org/manila-expo/page13.htm
 
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Glaubten sie die Welt wäre eine Scheibe? Oder wussten sie ähnlich wie China das es weit im Westen einige exotische Länder gab?


Wie bereits erwähnt glaubten auch die Japaner an die Idealvorstellung einer runden Scheibe, in deren Zentrum die quadratische Landmasse sitzt. Schön kann man diese Vorstellung in den Münzen wiederfinden:

http://www.sportstune.com/chinese/coins/japanese/kuaneirev.html

Auch lässt sich in ganz Fernost die Vorstellung finden, dass diese Scheibe der Rücken einer Schildkröte ist, die im endlosen kosmischen Ozean schwimmt.

Dass die Landmasse aber in Wirklichkeit kein richtiges Quadrat bildete, war Chinesen und Japanern natürlich klar. Die Kenntnise von fremden Ländern in Fernost vor der Ankunft der europäischen Entdecker spiegelt sehr schön eine bekannte Weltkarte wieder. Sie wurde in Korea hergestellt und beruhte auf chinesischen Quellen. Ich denke, dass die dortigen Kenntnisse auch für die Japaner repräsentativ sind:

http://en.wikipedia.org/wiki/Kangnido_map
 
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Ahh, ich wollte schon immer wissen, warum diese Münzen ein (unpraktisches) quadratisches Loch in der Mitte hatten! *Wieder etwas schlauer geworden!*

Auch die Karte ist sehr interessant! Erstaunlich, Europa ist zwar sehr verzerrt dargestellt, aber im groben Schema doch erkennbar. http://en.wikipedia.org/wiki/Image:649px-KangnidoPoliticalDetails.jpg

Aber nahmen die Japaner die Erkenntnis auf, als plötzlich europäische Schiffe in japanischen Gewässern kreuzten? *Gestern noch fast Fabelwesen und heute wollen sie hier Dinge verkaufen*

Und das Wissen über Amerika? Ieyasu erfuhr doch von der span. Eroberung des Aztekenreiches. Gab es ein verwundertes Echo darauf das der Planet doch grösser ist als vorher gedacht?
 
Ahh, ich wollte schon immer wissen, warum diese Münzen ein (unpraktisches) quadratisches Loch in der Mitte hatten! *Wieder etwas schlauer geworden!*


Das Loch hatte aber den sehr praktischen Vorteil, dass man die Münzen so auf einen Faden aufziehen konnte. Da die Münzen im Vergleich zu europäischen Münzen nur sehr wenig Wert waren, musste man sie zu Schnüren aufwerten um was größeres zu kaufen. Mit europäischen Gold- und Silbermünzen war das unnötig, da reichte meist schon eine Münze.

Auch die Karte ist sehr interessant! Erstaunlich, Europa ist zwar sehr verzerrt dargestellt, aber im groben Schema doch erkennbar. http://en.wikipedia.org/wiki/Image:649px-KangnidoPoliticalDetails.jpg


Für das 14. Jahrhundert kann man ruhigen Gewissens festhalten, dass sowohl abendländische wie auch fernöstliche Welt voneinander wussten und grob die Umrisse der fremden Länder kannten. Wie ja auch die De Virga Weltkarte und die Fra Mauro Karte schon zeigen.

http://en.wikipedia.org/wiki/De_Virga_world_map
http://en.wikipedia.org/wiki/Fra_Mauro_map

Aber nahmen die Japaner die Erkenntnis auf, als plötzlich europäische Schiffe in japanischen Gewässern kreuzten? *Gestern noch fast Fabelwesen und heute wollen sie hier Dinge verkaufen*


Sowohl als auch. Die Japaner dürften mit dem westlichen Forschungsstand sowohl direkt über Portugiesen, Spanier und Holländer erfahren haben, als auch indirekt über China, wo die Europäer schon viel länger präsent waren.

Und das Wissen über Amerika? Ieyasu erfuhr doch von der span. Eroberung des Aztekenreiches. Gab es ein verwundertes Echo darauf das der Planet doch grösser ist als vorher gedacht?


Das sicherlich, aber Neugierde war ja ebenso vorhanden. Als Beispiel dient wieder Matteo Ricci in China, der für den Kaiserhof eine komplette Weltkarte anfertigen musste.
 
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