Der Begriff "Deutsches Reich"

Dieses Thema im Forum "Das Heilige Römische Reich" wurde erstellt von udaipur99, 16. Mai 2005.

  1. MacX

    MacX Neues Mitglied

    Ok, davon will ich aber gar nicht sprechen. Dass man sich als Deutsche fühlte, ist ja ausreichend dokumentiert.
    Mich interessiert eigentlich mehr, ob "Deutschland" in irgendeiner Form für das HRR in seiner Gesamtheit gebraucht wurde (also da müssen wir ja von einer Zeit sprechen, als es noch nicht-deutsche Teilreiche im HRR gab) oder ob es bewusst die Unterscheidung zwischen dem HRR und dem deutschen regnum unterstreichen sollte, wie zB. in der Goldenen Bulle.
     
  2. timotheus

    timotheus Aktives Mitglied

    Bis ins 15. Jh. sprach man nur vom Heiligen Römischen Reich - bzw. bis 1157 vom Regnum Francorum (orientalium). Die Bezeichnung Heiliges Römischen Reich Deutscher Nation wurde zunächst inoffiziell verwendet, offiziell ab 1512.
    Deutschland als Bezeichnung für das HRR zu verwenden, ist zudem unhistorisch, da das Reich kein Nationalstaat, ja überhaupt kein Staat im modernen Sinne war, sondern ein Herrschaftsbereich.
    Heiliges Römisches Reich deutscher Nation
    Heiliges Römisches Reich - Wikipedia
    Heiliges Römisches Reich - regionalgeschichte.net
    Heiliges Römisches Reich, 1 - Gebiet und Institutionen
     
  3. Dieter

    Dieter Premiummitglied

    Wie schon oben gesagt: Da das "Heilige Römische Reich" ein föderales Gebilde war, wird für das Ganze nie der Name "Deutschland" gebraucht. Im 10. Jh. taucht allerdings erstmals der Begriff "rex teutonicum" auf und im 16. Jh. erfolgt offiziell der Zusatz "Nationis Germanicae" - also "deutscher Nation" - zum Heiligen Römischen Reich.

    Dieser sich schon früher entwickelnde Namenszusatz zeigt, dass es durchaus die Vorstellung gab, dass der deutsche ("germanische") Reichsteil innerhalb dieses multinationalen Gebildes eine bestimmende und zentrale Funktion hatte.
     
  4. MacX

    MacX Neues Mitglied

    Und wer sagt, dass "Deutschland" ein (National-)Staat sein muss?
    Der Begriff wurde auch sehr rege zwischen 1806 und 1871 gebraucht, wo weder HRR noch Preußisch-Deutsches Reich bestanden.

    In der Regel kann man festhalten, dass "Deutschland" immer den deutschen Sprachraum meinte, aber unabhängig davon auch politische Verbände...

    Die Bezeichnungen "Deutschland" oder "Deutsches Reich" kommen auch in prä-1806 Quellen vor. Jetzt ist natürlich die Frage, ob damit ein Reich im Reich gemeint war, oder eben das HRR in seiner Gänze, wobei nicht-deutsche Gebiete außen vor gelassen wurden.

    Also ich stimme mit euch überein, dass "Deutschland" nicht genügt, um das HRR zu beschreiben, aber ob das Zeitgenossen so strikt getrennt haben, wage ich zu bezweifeln. Immerhin, kam auch durchaus die Bezweichnung des "Deutschen Kaisers" vor.
     
  5. timotheus

    timotheus Aktives Mitglied

    "Deutschland" stand aber in jenen Jahren sehr wohl für ein Gebiet, für welches ein einheitlicher Nationalstaat angestrebt wurde.

    Das ist nicht richtig: bereits im 13. Jh. gab es deutschsprachige Gebiete, die nie zu Deutschland gezählt wurden - z.B. die Zips (in der heutigen Slowakei) oder Siebenbürgen (im heutigen Rumänien). Für spätere Zeiten ließen sich noch mehr Unterscheidungen zwischen "Deutschland" und "deutschem Sprachraum" treffen...

    Waren die bisherigen Beiträge so undeutlich?
    Germania oder Deutschland (sobald mit diesem Namen faßbar) war Teil des HRR, wenn auch der hauptsächliche Teil; das HRR wurde um etwa 1500 zum HRRDN, als die nichtdeutschen Reichsteile kaum noch relevant waren.

    Auch hier die Frage: war das bislang so undeutlich?
    Die Zeitgenossen - wenn wir es denn so pauschal sagen wollen (denn normalerweise müssen wir unterscheiden zwischen Adel, Fürsten etc. auf der einen und einfachen Bürgern, dem "gemeinen Volk" etc. auf der anderen Seite) - sprachen vom regnum, imperium u. dgl., wenn sie den Herrschaftsbereich des Kaisers meinten, von deutschen Landen u.ä., wenn sie gemeinhin von den Gebieten diesseits der Alpen sprachen.
    Die Bezeichnung Deutscher Kaiser taucht etwa ab dem 18. Jh. auf; bis dahin hieß er offiziell stets Römischer Kaiser... :fs:
     
  6. MacX

    MacX Neues Mitglied

    Naja, ich sprach selbstverständlich vom zusammenhängenden deutschen Sprachraum Mitteleuropas.
    Allerdings bin ich mir nicht sicher, wie man mit dem Deutschordensland umging, ob das auch zu "Deutschland" gezählt wurde, also vor dem 19.Jhd.



    Was heißt undeutlich... Ich sehe es ja nicht anders. Nur meine ich, dass der damalige Sprachgebrauch nicht so strikt unterschied. Vielleicht find ich noch entsprechende Aussagen.
    Aber danke für die Antworten bisher.
     
  7. timotheus

    timotheus Aktives Mitglied

    Dann wird es zumindest bei den Schweizern ab 1291 schwierig.

    Meinst Du damit jetzt Siebenbürgen oder das spätere Herzogtum Preußen?
    Ist letztendlich auch egal: Siebenbürgen gehörte im Mittelalter zu Ungarn, und auch das Deutschordensland im Baltikum wurde nie als Teil des HRR gezählt (der Kaiser verfügte die Schenkung an den Orden jedoch sehr wohl aufgrund seines Anspruchs, oberster Herr über alle christlichen Lande zu sein) - vgl. zu letzterem bspw. auch Kapitel IV "Der Deutsche Orden in Preußen und Livland" auf Deutscher Orden

    Wie ich bereits schrieb, müssen wir uns dabei einigen, ob wir über offizielle Bezeichnungen oder inoffizielle Bezeichnungen bzw. umgangssprachliche Floskeln sprechen. Zur offiziellen Bezeichnung dürfte sich die Diskussion mE inzwischen erübrigen... :fs:
     
  8. MacX

    MacX Neues Mitglied



    Ich meine Preußen. Und ich meine nicht die Zugehörigkeit zum HRR, sondern zu "Deutschland", dessen Wortbedeutung ich nicht für so offensichtlich geklärt halte.
     
  9. timotheus

    timotheus Aktives Mitglied

    Ich kann Dir aber nur bzgl. der Grenzen und der offiziellen Staatsgebilde weiterhelfen: Preußen - im Sinne der historischen Region, nicht im Sinne des späteren Brandenburg-Preußen bzw. Königreich Preußen (welches bekanntlich mehr Ländereien umfaßte) - lag
    - außerhalb der Grenzen des HRR bzw. HRRDN
    - außerhalb der Grenzen des Rheinbundes
    - außerhalb der Grenzen des Deutschen Bundes
    - innerhalb der Grenzen des Deutschen (Wilhelminischen) Kaiserreichs
    Anm.: Die Betrachtung nach 1918 habe ich an der Stelle einmal außen vor gelassen...
     
  10. Joinville

    Joinville Aktives Mitglied

    Ich glaube darum ging es MacX in der Diskussion die ganze Zeit.

    Und auch ich meine das es für die Menschen des Mittelalters ein "Deutschland" gegeben haben muss. Zum Beispiel für einen Joinville der zu Beginn des 14. Jahrhunderts von einem "l'empereur d'Allemagne" schreib.
    Joinville: Le vieux de la Montagne et saint Louis

    Und wie schon MacX schrieb ist nun die Frage wie die einfachen Menschen jener Zeit "Deutschland" definierten.
     
  11. timotheus

    timotheus Aktives Mitglied

    So weit waren wir aber schon bei Beitrag #78, der sich auf die Goldene Bulle von 1356 bezog:
    Ich habe dem also an keiner Stelle widersprochen.

    Und in Beitrag #85 schrieb ich:
    Wo also ist das Problem?



    PS: Daß im Französischen von einem 'empereur d'Allemagne längst gesprochen wurde, bezweifle ich ebensowenig. Andersherum nannten die römisch-deutschen Herrscher alle anderen Nachbarkönige zumindest bis in die Stauferzeit reguli (Kleinkönige).
    Die Fremdbezeichnungen waren in den wenigsten Fällen adäquat... ;)
     
    Zuletzt bearbeitet: 19. Dezember 2007
  12. MacX

    MacX Neues Mitglied

    Für Italien ist das nachvollziehbar...
    Wie steht es beispielsweise mit dem Königreich Böhmen? Wurde das auch einfach als "Deutschland" vereinnahmt, da Teil des deutschen regnums, oder gab es da auch Unterscheidungen?
     
  13. Demoiselle

    Demoiselle Neues Mitglied

    Schlafenden Teutschen Rapier-Hund geweckt

    Mir liegt völlig fern, mit andern Quellenfündigen zu wetteifern, wer denn die älteste aufzubieten hätte. Das Ludwigslied (9.Jhdt.) war denn auch mehr ein Korn gewesen, das ich zufällig aufgepickt hatte. In Originallitteratur vor dem 17.Jahrhundert habe ich mich vor Jahren nur in einem wenige Monate dauernden Ausflug eingelesen. Es erschien mir damals sinnvoll, einen Eindruck von der prægalanten Welt zu erhalten. Die litterarische Kost erschien mir denn auch ungewohnt deftig - ja roh. Nicht zu unrecht spricht man heute noch vom "Grobianismus". Und da ist "Freyfechter" Joachim Meyer ein treffliches Beispiel.

    In Meyers Vorwort von 1570, zu seinem Fechtbuch, stößt man immer wieder auf echten nationalteutschen Heldenstolz. Dieser Lectüre bediene ich mich noch nicht allzu lange, rieb mir denn auch etliche Male irritiert die Augen, bzw. erging mich in unfreiwilliger Heiterkeit. An Artigkeit schwer zu überbieten, mögen daraus einige Citate dem gemeinen Divertissement dienlich sein ...

    Ersteres scheint für dieses Lemma höchst aufschlußreich:
    Meyer sieht die Teutschen also "berufen" und hier spricht er eben die Rolle dieser Nation als Erbe der Römischen Käyserkrone an. Das Karolingerreich teutscht er complett ein. Natürlich bedient er da Mythen, welche ganz gewiß nicht auf seinem Mist gewachsen waren. Man könnte freilich denken, daß Nationalstolz dieser Quelle so selbstverständlich entströmt, daß dieses Bewußtsein natürlichem Urzustande der 'alten Teutschen' entsprungen sein müsse. Ich vermute aber stark, daß gerade dieses Buch von Meyer das Nationalbewußtsein ganz erheblich mit angeheizt haben dürfte, denn es war wirklich weit verbreitet und der Verfasser soetwas wie eine Teutscher Fechtpapst. Ganz allgemein vermute ich, daß der Buchdruck dieses Teutsche Bewustsein epidemieartig im Volke verbreitet haben wird. Des Lesens Unkundige ließen sich gerne vorlesen - wie es denn gerade auch in "Wirthshäusern" eine rege Vorlesecultur gegeben hat. Unter solchen Vorzeichen kann der Nationalgedanke spontan und rasch ausgebreitet werden, sobald er auf günstige Bedingungen trifft.

    Oben citierte Stelle ist bei Meyer übrigens keine Ausnahme. Seine beiden Vorreden wimmeln geradezu von Teutschem Heldenmut.
    Was ich besonders erquicklich finde, ist der Umstand, daß Stechen ihm offensichtlich unteutsch, eben wenig ritterlich und heldenmäßig, vorkommt. Denn er betont, daß die alten Teutschen wie selbstverständlich gehauen hätten. Das Stechen, Stoßen hätte man notgedrungen von anderen Völkern übernommen, weil die's ja auch betrieben hätten und man sich schließlich hätte wehren müssen.***
    Ich interpretiere das schlicht so, daß seinen Teutschen Helden Muskelkraft über alles ging, sie aber verspüren mußten, daß mit roher Gewalt eben nicht alles geht. Und so mußten die minder gehobelten „ritterlichen“ Teutschen wohl oder übel etwas von der ausgefeilten welschen Fechtkunst übernehmen. - Germania war schlechterdings ein Entwicklungsgebiet und der ganze Teutsche Heldenstolz scheint mir diesen Umstand überdecken zu wollen.

    Auf Seite 2 Meyers "Das dritten Theil dieses Buchs" findet man das Bildnis seines offensichtlichen Teutschen Helden abgeschildert: Man fragt sich, wie der vor Kraft noch gehen könne. Mit Rondatschen behangen. Doch abgesehen von der Parierstange, vermißt man ein schützendes Gefäß an seiner Waffe. Ein heldenmäßiger Teutscher ist wohl nicht so zimperlich, wo er was auf die Finger bekommt. Mir ist indes Angst, daß er ständig so grimmig dreinblicken muß. Ist das der vielcitierte Abgrund unserer melancholischen Teutonenseele? Daß man nur zufrieden sein kann, sobald man sich hauen (nicht stechen!) darf?
    Ja, ich vermisse bei Meyer soetwas wie Lebensfreude. Von Humor ist da keine Spur - Ironie scheint ihm ganz fremd - geschweige denn Selbstironie.
    Dieser Geist atmet für mich ein irgendwie anderes hl. röm. Reich, denn jener der galanten Welt. Es fehlt noch der feine Französische Humor, der für galante Litteratur später auch in Teutschland wesenstypisch sein wird.

    Ich kann ihn mir einbilden, den tragischen Teutschen Helden: Die spitze Ironie seines welschen Contrahenten treibt ihn zur Weißglut, läßt ihn wutentbrannt zum Rapier greifen. Und dann muß er auch noch erfahren, daß nicht allein die Französische Zunge gewitzter ist, sondern auch deren Fechtkunst.
    Das ist bitter. Aber ich glaube, wir haben unseren Nachbarn einiges zu verdanken, wo sie uns mit allerhand 'Bey- und Nachhülfe' auf die Sprünge halfen. Die wollten uns nämlich die Ehre als Stammhalter Roms abjagen. Da dies nie vollständig gelang, können unsere Voreltern so blöd auch wieder nicht gewesen sein.
    ;)

    Der verhängnisvolle Reigen wird sich dereinst nach dem 2.Weltkriege schließen, wo man sich in deutsch-französischer Freundschaft ergehen möchte. Wir alle wissen, daß die EU dem Boden dieser Verbindung entsprossen ist. - Also teutscht mir Europa bitte nicht in das Römisch=Teutsche Reich ein! Sonst erblicken unsere welschen Freunde womöglich wieder den alten Teutschen Heldenmut(willen) ...


    * zurittet – zerrittet – zerrüttet
    ** Klingt da nicht "Am deutschen Wesen soll die Welt genesen" schon ein klein wenig an??
    *** Ich denke mal, daß Meyer sich vor der Öffentlichkeit, als Meister der frembdländischen Rapierkunst, zu rechtfertigen genötigt sah. Dies nur, um dem Meister gerecht zu werden, der culturell durchaus ein wenig zwischen den Stühlen sitzt.
     
  14. Demoiselle

    Demoiselle Neues Mitglied

    Heldisch Teutscher Nachgesang

    Diejenigen, denen mein Stil irgendwie unbegreiflich erscheint, sollen das jetzt einfach mal so runter schlucken. Ich zappe nicht gern Jahrhunderte durch, sondern hake mich im Gegenteil gern an einem Detail fest, um es zu secieren. Und ich schlage dabei mehrere Fliegen mit einer Klappe.

    Darf Geschichtskunde ironisch verfaßt sein? Oder soll es rein factenbezogen und trocken herüber kommen. Das letzte ist meine Sache ganz und gar nicht! Wer anders tendiert, kann sich darüber ärgern, kann es aber auch bleiben lassen ...

    Nebenbei habe ich noch etwas gelernt. Schon vor Jahren mißtraute im Stillen ich mir selbst, wo ich das Teutsche dem gefallenen Deutschen als unschuldiger vorzog. Aber neben der bescheidenlichen Manier kennt auch das Teutsche Wesen die Großspurigkeit. In der Tat waren nicht alle artige Tichter, Dencker, emsige Handtwercker ect. - Und so war mein Briefaufkleber: „Am Teutschen Wesen niemahl must die Welt genesen“, eben nur bedingt zutreffend. Aber wann ist Werbung schon wahrhaftig? Auch wenn es um ein privates Project geht. :)

    Das Geheimnis des Hl. Römisch=Teutschen Reichs habe hier nicht entdecken/lüften/aufdecken können. Wie unschuldig sind diese Teutschen? Damals waren sie freilich eher Spielball, denn active Täter. Ein Spielball, der sich erstaunlich gut im Europäischen Wettstreit über Wasser halten konnte.
    Am Ende schlief dieses Hl. Römische Reich quasi still ein – kein lärmender Abgang. Das ist schwer zu begreifen. Vor allem wenn man die wilhelminischen ‚Falken’ dagegen hält: Es hing ja – abgesehen vom Doppeladler - das Opferlamm (Jesus) mit im alten Käyserlichen Wappen. Und wenn ich der großen Frömmigkeit Leopold I. gedenke ... der immer eher schwach wirkte ... und trotzdem ging das Reich nicht unter – bei allem Ansturm von Türcken, Frantzosen, Curruzen ...

    Aus welchem Loch kamen die Teutschen einst gekrochen? Und wo sind sie hin? D.h.: Wie Römisch=Teutsch sind wir heute noch? Da kratze ich mir am Kopf. Es steht zwar unter meinem Avatar, meine Wohnstatt sei in jenem Reich. Aber unbegreiflich ist es allemal. An Wunder glaube ich nicht eigentlich. Aber es ist irgendwie doch Miraculös.
     
  15. Dieter

    Dieter Premiummitglied

    Den politischen oder besser verfassungsrechtlichen Begriff "Deutschland" hat es bis in die Neuzeit hinein nicht gegeben. Wie oben mehrfach ausgeführt, heißt das aber nicht, dass "Deutschland" umgangssprachlich oder im Bewusstsein der Bevölkerung nicht existent war.

    Interessanterweise wird aber fast immer von den "teutschen lanten" gesprochen, d.h. im Plural. Das wird erst dann verständlich wenn man bedenkt, dass der deutsche Teil des Heiligen Römischen Reichs aus über 300 mehr oder weniger selbstständigen Territorien bestand, lässt man die Gebiete der Reichsritterschaft einmal draußen vor. Insofern fühlten sich Menschen - anders als in England oder Frankreich - in erster Linie als Sachsen, Hessen oder Bayern und erst in zweiter als "Deutsche".

    Eine politische Aussage wird erstmals im 16. Jh. mit dem Zusatz "Nationis Germanicae" zum "Sacrum Romanum Imperium" gemacht, den man durchaus mit "deutscher Nation" übersetzen darf. Rund 250 Jahre später finden wir dann den "Deutschen Bund", woraus ersichtlich wird, dass sich hinsichtlich des Nationalbewusstseins eine erhebliche Veränderung vollzogen hat.
     
  16. MacX

    MacX Neues Mitglied

    Dass es sich nur um einen umgangssprachlichen Term handelt, bezweifle ich. Sonst wäre er nicht in der Goldenen Bulle aufgetaucht, und zwar als politischer Begriff.
    Nochmal die Frage: zählt Böhmen dazu?
     
  17. timotheus

    timotheus Aktives Mitglied

    Noch einmal zu diesem Kontext: in der offiziellen Goldenen Bulle (lateinisch) steht Germania, lediglich die älteste deutschsprachige übersetzung spricht von Dutschelant. Diese ist aber kein offizielles Dokument - denn wie bereits geschrieben gab es nie eine offizielle deutsche Übersetzung -, sondern die vom damaligen Stadtschreiber von Frankfurt/M. niedergeschriebene Fassung, welche zudem als dem Original zwar sehr ähnlich, aber eben nicht mit diesem vollkommen identisch angesehen werden muß (und dies bezieht sich nicht auf den Unterschied der Sprachen Latein und Deutsch).

    Kann ich nicht Bestimmtheit sagen, halte es aber für möglich, da es Territorium im Reich (und noch dazu kein unwichtiges - Stichwort: Kurfürsten) war.
     
  18. Tekker

    Tekker Gast

    Hatte Böhmen nicht aber zumindest eine "besondere" Stellung im Reich, zumal es eben Königreich (!) war? Woraus sich eben auch eine "Unterscheidung" ergeben könnte? :grübel:
     
  19. Joinville

    Joinville Aktives Mitglied

    Dabei ist allerdings zu beachten das Böhmen erst 1197 ein erbliches Königtum erhielt. Verliehen von König Philipp von Schwaben.
    Davor waren die Herrscher der Premysliden-Dynastie Herzöge. Lediglich die Herzöge Vratislav II. und Vladislav II. wurden als Könige anerkannt. Ersterer 1085, Letzterer 1158.
     
  20. MacX

    MacX Neues Mitglied

    Ich denke, man kann getrost sagen, dass "Germania" und "Dutschelant" gleichbedeutend sind. Wüsste nicht, wo da jemals ein Unterschied gemacht wurde.
     

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