Der deutsche Blankoscheck

Paolino

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Ich habe versucht eine Interpretation über den deutschen Blankoschek zu schreiben. Ich würde mich freuen, wenn ihr mir ein paar Meinungen dazu schreiben würde.

Der deutsche Blankoscheck

Die Quelle „der deutsche Blankoscheck“ spiegelt die Haltung Kaiser Wilhelms über das weitere Vorgehen Österreich – Ungarns im Falle einer kriegerischen Auseinandersetzung gegen Serbien wieder.
Dabei geht Kaiser Wilhelm darauf ein, dass er Österreich bei einem Krieg gegen Serbien unterstützen würde, dennoch müsse er sich noch mit dem Reichskanzler beraten, da er einen Eintritt Russlands in den Krieg befürchte.
Obwohl in der Reichsverfassung steht, dass der Kaiser das alleinige Recht über das Heer hat und er außerdem im Vorfeld schon Rüstungsanstrengungen unternommen hat, möchte er, den Rat des Kanzlers ersuchen.

Wilhelm macht sich nicht nur Sorgen, um den Eintritt Russlands. Er ist sich schließlich sicher, dass Russland zum derzeitigen Standpunkt der Lage nicht „kriegsbereit“ sei und noch nicht an „die Waffen appellieren“ würde.
Viel eher sorgt er sich darum, dass Russland die Trippelentente, also auch Frankreich und Großbritannien, auf das Reich „hetzen“ würde.

Wilhelm, und wie er auch sagt der Kanzler, sind gewillt in den Krieg einzutreten, da man sicher ist Russland in einem schnellen Sieg, wegen der im Vorfeld betriebenen Mobilisierung zu besiegen.
Die vorher betriebene Rüstungspolitik zeigt, dass Wilhelm sicher in den Krieg einsteigen wird.
Dieser ist aber nicht nur auf den Serbischen – Österreichischen Konflikt mit einem eventuellen Eintritt Russlands bedacht, sondern er möchte diesen günstigen Moment nutzen, um Deutschlands eigene Stellung zu verbessern.

Wilhelm weiß ganz genau, dass ein Krieg im Balkan auch die anderen Großmächte an den Tag rufen würde und somit der Krieg auf ganz Europa expandieren würde. Ihm ist also die „ernste europäische Komplikation, die er im Auge behalten müsse“ bewusst.
Er geht also ein kalkuliertes Risiko ein, denn er möchte nicht nur in den Serbischen – Österreichischen Konflikt eintreten, sondern er denkt daran „in diesen so günstigen“ Moment seine Chance zu nutzen, um selbst die eigenen Bedürfnisse zu stillen. Das heißt er sieht nun Deutschlands Möglichkeit in die Weltmachtpolitik einzuschreiten. Ansonsten hätte er niemals die vorherigen Kriegsanstrengungen getätigt. Dieser Konflikt scheint nun für ihn der perfekter Moment zu sein.
Jedoch war dies auch ein Sprung ins Dunkle, weil er niemals in einen Krieg eingetreten wäre, der am Ende solch ein Ausmaß der Verwüstung gezeigt hätte. Keiner konnte diesen Kriegsverlauf erahnen.

 
Kannst du uns mal angeben, wo wir diese Quelle finden? Immerhin zitierst du daraus.

Die Schlußfolgerungen sind im großen und ganzen richtig. Deine Aussage ist, soweit ich das sehe, dass Wilhelm II. den 1. Weltkrieg bewußt vom Zaun gebrochen hat (oder ihn zumindest in Kauf nahm), als er Österreich die unbedingte Unterstützung zusage. Sein Ziel war, für Deutschland ein Vormacht in der Welt zu erringen.

Für diese Aussage kommt mir jedoch Wilhelm II. in deinem Text zu gut weg. Mit dem letzten Satz implizierst du, dass Wilhelm II. niemals den 1. Weltkrieg gestartet hätte, wenn er das Ergebnis (Niederlage Deutschlands) im vorhinein gewußt hätte. Natürlich fängt niemand einen Krieg an, wenn er weiß dass er diesen Krieg verlieren wird.
Aber Wilhelm wusste dies 1914 ja nicht. Er baute 1914 auf den Schliefen-Plan, der den Sieg bringen sollte und in der Fehleinschätzung begründet war, Russland bräuchte recht lange für die Mobilisierung. Der Schliefenplan scheiterte daran, dass Russland schneller mobil machen konnte als erwartet und in Ostpreussen einfiehl. Dadurch was das Oberkommando des Heeres gezwungen, Truppen von der Westfront nach Ostpreussen zu verlegen, was zur Niederlage in der Marneschlacht beitrug.

Wenn du also Wilhelm II. Rolle beim Ausbruch des Krieges beurteilen willst, dann darst du nicht damit argumentieren: "Was wäre wenn?", sondern aus welche Gründen entscheidet sich Wilhelm II., die Blankovollmacht zu erteilen und welche Konsequenzen nimmt er damit in Kauf.
 
Kannst du uns mal angeben, wo wir diese Quelle finden? Immerhin zitierst du daraus.

Der deutsche Botschafter in Wien, Heinrich von Tschirschky und Boegendorff, warnte davor, auf dem Balkan einzugreifen, aber Kaiser Wilhelm II. schrieb an den Rand seines Berichtes vom 30. Juni: "Mit den Serben muss aufgeräumt werden, und zwar bald. – Jetzt oder nie."
Als der österreichische Sondergesandte Alexander Graf von Hoyos und der österreichische Botschafter in Berlin, Ladislaus Graf Szögyény-Marich, den deutschen Standpunkt sondierten (Hoyos-Mission, 4. - 6. Juli 1914), sagte der Kaiser am 5. Juli die deutsche Rückendeckung auch für den Fall einer Ausweitung des Konfliktes zu ("Blankoscheck"), und der Reichskanzler bestätigte dies am folgenden Tag in einer Unterredung mit den Grafen Hoyos und Szögyény.

Hier die Dokumente:
Die Österreichisch-Ungarischen Dokumente zum Kriegsausbruch / Austro-Hungarian Documents on the Outbreak of War, 1 July 1914 - 27 August 1914
 
Ich finde da fehlen ein paar wichtige Details die den Blankocheck betreffen.
1. Der Kaiser und die Führung wussten über ihre schlechte strategische Aufstellung, sie wussten aber auch das diese Stellung sich noch verschlechtern konnte. Verschlechtern heisst in diesem Falle eine aggression gegen das Reich selbst, wobei der Beistand Österreich-Ungarns mehr als fraglich gewesen wäre. Die KuK Monarchie war eben das was der Name schon sagt eine Monarchie ohne Nationalstaatscharkter dessen Bevölkerung zu über 60% slawische Wurzeln hatte und dessen Zusammenhalt nur auf Basis des ausgleichenden Kaisertums geeint bleiben konnte. Bei einer einseitigen aggresion Richtung DR hätte demnach ein Grossteil der in Österreich-Ungarn lebenden Bevölkerung ein Problem damit gehabt auf Seite der deutschen zu kämpfen weil sie rein garnichts mit denen verbunden hätte. Das österreich-ungarischen Kaisertum würde wohl besseres tun als das ihrer Familie angestantem Herrschertum für Deutschland aufs Spiel zu setzen.
Um wenigstens diesen wichtigen Bündispartner zu halten, dessen agieren kausal für den kommenden Krieg sein wird und somit die volle Bündistreue seinerseits beinhaltet, dieser Blankocheck.

2. Du schreibst "Die vorher betriebene Rüstungspolitik zeigt, dass Wilhelm sicher in den Krieg einsteigen wird."
dabei muss auch die Rüstungsintensivierung der anderen europäischen Staaten beachtet werden. Deffensiv,aggresiv? Waren sie alle aggressiv? Welche terretorialen Forderungen hatte Frankreich bezüglich Deutschland und gab es welche in umgekehrter Sichtweise?

3. Du schreibst ""Wilhelm weiß ganz genau, dass ein Krieg im Balkan auch die anderen Großmächte an den Tag rufen würde und somit der Krieg auf ganz Europa expandieren würde. Ihm ist also die „ernste europäische Komplikation, die er im Auge behalten müsse“ bewusst. ""
Dann musst das auch begründen, zb warum sollte England bzw Frankreich auf Seiten Serbiens in Krieg ziehen? Schliesslich reden wir hier vom anderen Ende Europas. Unmittelbar den Blankocheck als Begründung geben? Als ob Frankreich keine andere Wahl hätte....Hat Österreich das Ultimatum an Frankreich gesant?

4. Zitat "Er geht also ein kalkuliertes Risiko ein, denn er möchte nicht nur in den Serbischen – Österreichischen Konflikt eintreten, sondern er denkt daran „in diesen so günstigen“ Moment seine Chance zu nutzen, um selbst die eigenen Bedürfnisse zu stillen. Das heißt er sieht nun Deutschlands Möglichkeit in die Weltmachtpolitik einzuschreiten. Ansonsten hätte er niemals die vorherigen Kriegsanstrengungen getätigt. Dieser Konflikt scheint nun für ihn der perfekter Moment zu sein"
Bedürfnisse hatten erstmal vornehmlich andere Staaten in Europa.
Fakt ist: Das deutsche Reich war im Handel, in der Wissenschaft, Industrie und in der sozialstruktur weltweit führend, es besass keine terretorialen Forderungen innerhalb Europas, was kolonien anbelangt hat es Interessen verfolgt wie jedes andere Kolonieinnehabende europäische Land.
Dagegen hatte Frankreich Bedürfnisse, Elsass -Lothringen zu annektieren und die kontinentale Vormachtstellung wiederzuerlangen, die zu diesem Zeitpunkt das Reich inne hatte. Englands Wohlstand bestand nur noch im Handel da es industriell vom Reich abgehängt wurde und gerade auf diesem Gebiet holte das reich immens auf. Russland betrieb Panslawismus und wartete nurnoch bis es für grossserbische reich in den Krieg eintreten konnte.
Was auch immer übersehen wurde oder eher verkannt wird, die Ermordung des Kronprinzen. Einen Präsidenten etc. ermorden ist nicht so innenpolitisch gravierend wie die Ermordung des Kronprinzen da gerade in der existens dieser person die KuK Monarchie ihre Anspruch und ihre Einheit begründete. Ohne Nachfolge keine KuK Monarchie und es wurden zu damaliger und auch leider jetzigen Zeit aus viel niederen Beweggründen Kriege geführt.

Meiner meinung nach wurde aus obigen Beweggründen der Blankocheck erteilt,
wissend dass das Reich sich aussenpolitisch im Notstand befand. Ohne diesen Blankocheck hätte es seinen letzten wankelnden Bündnissparter Europas vieleicht verloren. Diesen Notstand kannten auch die anderen Staaten wie England und Frankreich, diese haben jedoch nichts zur deeskaltion beigetragen, weil Bedürfnisse eben gestillt werden mussten.
Es war nur die Frage: Mit Österreich-Ungarn oder ohne gegen fast den Rest Europas.
So das war in Kürze meine meinung:)


 
Hey Leute

ich danke euch für eure Gedanken und Anregungen meinen kleinen Text zu verbessern und zu perfektionieren. :winke:
 
Paolino schrieb:
Die vorher betriebene Rüstungspolitik zeigt, dass Wilhelm sicher in den Krieg einsteigen wird.

Das ist Unsinn! Demnach hätte das Deutsche Reich ja schon 1912/13 aggressiv auftreten müssen; das Gegenteil war aber der Fall.

Dieser ist aber nicht nur auf den Serbischen – Österreichischen Konflikt mit einem eventuellen Eintritt Russlands bedacht, sondern er möchte diesen günstigen Moment nutzen, um Deutschlands eigene Stellung zu verbessern.

So, so. Und weshalb bitte hat Wilhelm nach Kenntnisnahme der serbischen Antwortnote, die ihm übrigens vorsätzlich vom AA verzögert vorgelegt wurde, festgestellt, das nunmehr kein Grund für eine kriegerische Auseinandersetzung vorläge und das AA entsprechend in Wien vorstellig werden solle.

Außerdem ging es gar nicht um die Stellung des Deutschen Reiches, sondern die um des einzig verbliebenen Bündnispartners Österreich-Ungarn und dessen Stellung als Großmacht.

Wilhelm weiß ganz genau, dass ein Krieg im Balkan auch die anderen Großmächte an den Tag rufen würde und somit der Krieg auf ganz Europa expandieren würde. Ihm ist also die „ernste europäische Komplikation, die er im Auge behalten müsse“ bewusst.

Das wußte er eben nicht mit Sicherheit, denn es war die erklärte Absicht einen lokalisierten Krieg zwischen Österreich-Ungarn und Serbien herbeizuführen und dieser sollte diplomatisch abgedeckt werden.

Dagegen hatte Frankreich Bedürfnisse, Elsass -Lothringen zu annektieren und die kontinentale Vormachtstellung wiederzuerlangen, die zu diesem Zeitpunkt das Reich inne hatte.

Sicher, Frankreich wollte seine Provinzen zurück, war dafür aber nicht bereit Krieg zu führen. Auf der anderen Seite war man aber auch nicht willens dies je zu vergessen und normale nachbarschaftliche Beziehungen zum Deutschen Reich aufzubauen. Nach der Jahrhundertwende ging man zielstrebig daran, das Deutsche Reich zu isolieren, in dem man den Ausgleich mit Großbritannien suchte. Deutschland wurde als Störenfried empfunden.

Englands Wohlstand bestand nur noch im Handel da es industriell vom Reich abgehängt wurde und gerade auf diesem Gebiet holte das reich immens auf.

Wie kommt es denn, das Großbritannien beispielsweise, insbesondere nach 1905, über die mit Abstand größte Flotte der Welt verfügte. Flotten waren und sind nicht gerade billig.

Russland betrieb Panslawismus und wartete nurnoch bis es für grossserbische reich in den Krieg eintreten konnte.

Den betrieb das Zarenreich schon seit Jahrzehnten ohne das es zum Weltkrieg gekommen wäre. Und es gab Zeiten, das Russland Serbien gar nicht so freundlich gegenüberstand.

Meiner meinung nach wurde aus obigen Beweggründen der Blankocheck erteilt,
wissend dass das Reich sich aussenpolitisch im Notstand befand. Ohne diesen Blankocheck hätte es seinen letzten wankelnden Bündnissparter Europas vieleicht verloren. Diesen Notstand kannten auch die anderen Staaten wie England und Frankreich, diese haben jedoch nichts zur deeskaltion beigetragen, weil Bedürfnisse eben gestillt werden mussten.
Es war nur die Frage: Mit Österreich-Ungarn oder ohne gegen fast den Rest Europas.
So das war in Kürze meine Meinung:)


Der "Blankoscheck" wurde erteilt, er wurde in Wien auch etwas eigenwillig interpretiert, um die Großmachtstellung Österreich-Ungarns zu erhalten! Und nein, ich glaube nicht, das eine souveräne und überlegene deutsche Diplomatie, genau wie 1912/13, den Krieg hätte verhindern können und es nicht das Ende des Zweibundes bedeutet hätte. Der Zweibund war auch für Wien alternativlos.
 
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